In sich ruhendes, ausgeglichenes Klavierspiel

Stilblüte

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Ja, der Titel klingt etwas merkwürdig, bitte nicht lustig machen!
Ich meine das ganz Ernst :cool:
Angeregt durch eine im Scherzo-Workshop und per PN begonnene Diskussion über "ruhiges Klavierspiel" starte ich mal einen Extrafaden.

Erst nochmal die Erklärung, worum geht es:

Vergleicht man Aufnahmen von Jugendlichen mit Aufnahmen von älteren (erfahreneren) Pianisten, stellt man manchmal folgendes fest:
Die Aufnahmen der jüngeren wirken öfters etwas gehetzt, unter Strom stehend, hektisch, wie "mit erhöhtem Puls".
Bei "gereiften" Pianisten dagegen hat man den Eindruck, dass das Stück in sich vollkommen ist und in sich ruht, es klingt völlig ausgeglichen, auf eine Art und Weise "zufrieden", der Kreis schließt sich, alles klingt gleichmäßig, fügt sich ein und passt zusammen.

Dabei betone ich ganz ausdrücklich das meine Ausführungen hier nichts mit dem Tempo, Rhythmus, Charakter, Stil des Stückes zu tun haben.
Was ich meine gilt für eine Mozartsonate (egal ob langsamer oder schneller Satz!) genauso wie für Chopins B-Moll-Scherzo, Prokofievs Toccata oder sonstige wilde Literatur.

Also grämt euch nicht, wenn ihr aus meinem Beitrag nicht schlau werdet, das ist mit Worten nicht leicht auszudrücken.

Es stellt sich also die Frage, wie man diesen "unreifen" Charakter aus seinen Stücken eliminieren kann.
Das Problem liegt wohl darin, dass das einem selbst nicht so sehr auffällt. Gerade bei leidenschaftlichen Stücken pulsiert der Enthusiasmus, und die Ruhe kommt zu kurz...

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Eine Möglichkeit ist natürlich, sich aufzunehmen und hinzuhören, evtl. mit anderen Aufnahmen zu vergleichen.

Außerdem hilft es sicher, die "gröbere Agogik" (meine Güte ist das eine Ausdrucksweise...) extremer zu gestalten. Mir fällt immer wieder auf, wie unglaublich lang manche Pausen von Pianisten ausgehalten werden. Das würde sich ein kleiner Klavierschüler nie trauen.

Und da sind wir schon beim nächsten Punkt: Je länger ich Klavierspiele, desto mehr stelle ich fest, dass man zu ängstlich agiert. Natürlich gibt es gewisse Regeln, an die es ratsam ist sich zu halten. Aber es ist viel mehr möglich, als man glaubt. Ich höre oft Dinge, wo ich mir denke, wahnsinn, ist das eine gute Idee, klingt klasse - hätte ich nie gewagt. Oder anders ausgedrückt: Es lebe die Frechheit!

Gut, eine weitere Möglichkeit wäre noch, die eigene (!) Grundhaltung, Stimmung, auch Sitzposition zu verbessern. Wer schon nervös und aufgeputscht zu spielen beginnt, wird keinen Ruhepol im Stück anlegen können. Wer verankert sitzt wie ein Fels wird dagegen nicht überhektisch spielen. - Vor dem Spielen einmal Lächeln lässt einen optimistischer werden, einmal Durchatmen macht ruhiger, auch Augen schließen beruhigt.

Vielleicht hat jemand ernsthafte Erfahrung mit dem Thema und kann etwas beitragen?
 
Ha, Blüte, das ist genau, was mich bewegt (obwohl ich Anfänger bin). Ich denke, mit Deinen Vorschlägen hast Du bereits wesentliches angeführt. Atemtechnik, Entspannung (Zunge, Unterkiefer!!!) gehören dazu --- und dann kommt (vielleicht) der "Flow" der schon anderer Stele beschrieben wurde.

Generell ist es aber das Aushalten, evtl das "Überreizen", das diesen Eindruck hervorruft. Das ist übrigens bei anderen künstlerischen Disziplinen, in denen Zeit eine Rolle spielt, (bis hin zur Rhetorik) genau so. Wer einen guten Film machen will, muss Szenen "aussitzen" und andere "überreizen". Bei Reden sind die Pausen (oder auch kurz mal eine "unangemessene" Lautstärke) das, was eloquente Redner ausmacht.
 
Fisherman, das war ein Kompliment an dich!

Nein, im Ernst:
Was soll ich mit der Aussage anfangen?
Denkst du nicht, dass ich da auch schon drauf gekommen bin? :rolleyes:
Ich hätte es in meinen Beitrag aufnehmen können, aber ich dachte, ich beschränke mich auf etwas schneller realisierbare Optionen :D
 
Ich denke, es ist auch eine Temperamentsfrage. Der eine ist eher ein hektischer Typ, der andere ist ruhiger. Vllt hat es mit menschlicher Reife zu tun, sich die Ruhe zu nehmen, Dinge auszuspielen, draufzudrücken, etwas zu wagen. Pausen auszukosten und Klänge zu genießen.

Ich habe festgestellt, dass ich bei mir auch der Musikgeschmack geändert hat. Früher mochte ich zum Beispiel Haydn nicht, heute immer mehr. Früher mochte ich weitaus lieber romatische Musik.

Ich glaube, manches erschließt sich auch erst mit größerer Lebenserfahung.
Viele Situtationen erlebt zu haben, erweitert den emotionalen Horizont ungemein. Und das schlägt sich schon im Spielen nieder.

LG
VP
 
Entspannung (Zunge, Unterkiefer!!!) gehören dazu ---
Kann ich absolut unterstreichen!
Mir ist heute mehrmals an mir selbst aufgefallen, daß ich bei kritischen Stellen (die noch nicht so gut sitzen und wo ich mich gern verspiele) mit völlig verkrampften, grimassenhaft verzogenen Lippen am Klavier saß - schrecklich!! Zum Glück sah ja keiner zu.... aber Himmel, wenn das automatisch passiert :oops:
Mußte mich dann selbst korrigieren und habe versucht, das ganze Stück durch scheinbar entspannt durchzuspielen.... :cool:
 
Ich hab noch einen Grund vergessen:

Mangelndes Selbstbewusstsein - oder auch mangelnde Ignoranz...

Man spielt doch (auch) deshalb schneller, um klanglose Stille zu überbrücken - aus Angst, die Zuhörer könnten sich langweilien.
Statt die bohrenden "Blicke des ungeduldigen Wartens" spüren zu müssen, die in Wirklichkeit vielleicht gar nicht existieren, spielt man lieber etwas schneller, um die Pausen nicht aushalten zu müssen - in jeglichem Sinne des Wortes...

Man braucht einfach das Selbstbewusstsein: Ich sitze jetzt hier, ihr seid gekommen um mich zu hören, und ihr werdet das jetzt ertragen, so wie ich es spiele, ob euch das gefällt oder nicht.
Oder noch besser: Es ist mir egal, was das Publikum über mich denkt, egal, was es über meine Interpretation denkt, egal, ob es zuhört oder nicht - die Musik spielt hier bei mir, mehr muss mich nicht interessieren :cool:

Dann kommt auch mehr Ruhe heraus.
 
Vergleicht man Aufnahmen von Jugendlichen mit Aufnahmen von älteren (erfahreneren) Pianisten, stellt man manchmal folgendes fest:
Die Aufnahmen der jüngeren wirken öfters etwas gehetzt, unter Strom stehend, hektisch, wie "mit erhöhtem Puls".
Bei "gereiften" Pianisten dagegen hat man den Eindruck, dass das Stück in sich vollkommen ist und in sich ruht, es klingt völlig ausgeglichen, auf eine Art und Weise "zufrieden", der Kreis schließt sich, alles klingt gleichmäßig, fügt sich ein und passt zusammen.

Die Beobachtung habe ich oft auch, aber ich sehe es eine Nuance anders:

Jugendliche Spieler neigen zu sehr temperamentvollen Interpretationen. Das sehe ich nicht unbedingt als Nachteil an. Ältere Spieler neigen zu ruhigeren Interpretationen. Das sehe ich nicht unbedingt als Vorteil an. Ich finde es nicht schlimm, dass man manchmal das Alter oder die Jugend raushört - sehe ich wertfrei.

Aber weder das eine noch das andere muß hektisch sein. Mit anderen Worten: Es gibt Jugendliche, die hektisch spielen und Ältere, die hektisch spielen. Das würde ich eine Frage des (technischen) Könnens bezeichnen, was Jugendliche genauso wie Ältere aufweisen können. Und auch eine Frage des Selbstbewußtseins, wie du geschrieben hast. Die große Frage ist, ob das Selbstbewußtsein abhängig vom Alter ist - das sehe ich nämlich NICHT so.

Das andere ist eine Frage des Charakters - der eine spielt temperamentvoller, auch gerne flotter, der andere lieber "layed back" und gezügelter. Das ist eine Frage der persönlichen Interpretation, die sich aber sicherlich - da gebe ich dir Recht, Stilblüte - im Laufe des Lebens wandeln kann (aber nicht muß).
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Fisherman, das war ein Kompliment an dich!
Dafür kann ich gar nix - das passiert einfach so. Daher kann es auch kein Kompliment sein...

@ Nicola: Es geht auch andersrum! Bringe Zunge, Backen und Unterkiefer in totale Entspannung (sieht doof aus, ich weiß) - und der Rest des Körpers folgt.
 
@ Nicola: Es geht auch andersrum! Bringe Zunge, Backen und Unterkiefer in totale Entspannung (sieht doof aus, ich weiß) - und der Rest des Körpers folgt.
Also fishy, ich verstehs nicht. Wie schaffst du es denn immer, deinen Mund zu verspannen? Ich hab noch nie gemerkt, dass bei mir irgendwas im Mund verspannt war - oder muss ich da genau drauf achten, um das zu merken?
 
Man spielt doch (auch) deshalb schneller, um klanglose Stille zu überbrücken - aus Angst, die Zuhörer könnten sich langweilen. [...]
Man braucht einfach das Selbstbewusstsein [...]
Damit hast Du die wichtigsten Aspekte genannt. Musizieren ist wie das Schauspielern eine extrem extrovertierte Form der Kunstausübung. Der Maler kann sich hinter seiner Leinwand verstecken, der Schriftsteller hinter seinen Büchern. Nur der Interpret, der Darsteller ist dem Publikum hilflos ausgeliefert. Und wenn erst einmal der Fluchtinstinkt gegriffen hat, ist es enorm schwierig, das richtige Timing zu finden (während man ja alle Hände voll zu tun hat). In schnellen Passagen führt es dazu, daß Passagen verhuscht werden und eine große Geste gar nicht erst möglich ist. Der Fluchtinstinkt ist es auch, der verhindert, daß man Pausen (Stille) und lange Noten irhem Wert entsprechend hält (obwohl man glaubt, korrekt auszuzählen!).

In der Schauspiel- und Sprecherausbildung lernt man, daß es einer klaren (in gewissem Rahmen durchaus übertriebenen und exaltierten) Geste/Artikulation bedarf, um auch noch in der zwanzigsten Reihe wahrgenommen zu werden. Instrumentalunterricht und das tägliche Üben finden meist in (zu) kleinen Räumen statt. Und entsprechend klein bleiben auch die musikalische und spielerische Geste. Da glaubt man wunders welche Akzente zu setzen, aber schon in fünf Metern Entfernung ist nichts mehr davon zu hören, weil der Spieler (mit dem Ohr irekt am insrument) zu "klein" denkt.

Auch ist in einem großen Saal das Timing allein schon wegen längerer Schall-Laufzeiten ein anderer. Es hilft also nicht unbedingt, sauber auszuzählen, sondern man muß ein Gespür dafür entwickeln, wann das Spannungsmoment ausgereizt ist. Tonaufnahmen können helfen, das Ohr zu schärfen. Auch wenn das Gehirn Klänge anders aufnimmt als ein Mikrophon, so kann es doch aufschlußreich sein, das eigene Spiel aus dem entferntesten Winkel aufzuzeichnen, um eine Ahnung zu bekommen, welche inhaltlich-gestalterischen Übertragungsverluste mit zunehmender Entfernung auftreten.

Interessant zu beobachten: Kinder haben häufig ein naives Gespür dafür - es verliert sich, wie so vieles andere, in der Pubertät.
 

Wenn ich es richtig verstanden habe, dann geht es Stilblüte nicht in erster Linie um körperliche An- bzw. Entspannung beim Spielen, sondern darum, sie man sich "beim Spielen breit macht", ausbreitet, so dass es selbstverständlich wirkt und Ruhe in sich hat.
Da ist meiner Meinung nach koelnklavier auf der richtigen Fährte.
Das Spielen zuhause und für Publikum in einem Saal sind völlig zweierlei.

Im großen Saal muss man überreiben, um den gleichen Effekt zu erzielen wie in einem kleinen Raum. Eine größere Geste muss her, damit der Zuhörer mitbekommt, was der Spieler darlegen will.

Und man muss natürlichim Sinne von selbstverständlich den Raum einnehmen und ausfüllen mit sich und der eigenen Darbietung. Von sich und seinem Tun überzeugt sein. Das wäre dann das Selbstbewusstsein, von dem Stilblüte sprach.

Ich glaube, die Faszination des Musizierens geht von der überzeugenden Darbietung der eigenen Interpretation aus, davon, mit welche Selbstverständlickeit ein Musiker es versteht, hinter dem zu stehen, was er tut.
 
ich empfinde mein klavierspiel auch als hektisch und unausgeglichen. aber in guten momenten gelingt es mir während des spielens, dass ich mir folgendes klar mache:

der interpret darf die verschiedenen spannungszustände eines stückes niemals selbst auflösen, sondern er muss sie an den hörer weitergeben. der hörer sollte bei einer pause das gefühl haben: warum geht es nicht weiter? wenn der spieler selber diesem gefühl schon nicht standhalten kann, kann er diese spannung an den hörer nicht weitergeben, und die wirkung verpufft ...

ähnlich ist es bei dramatischen steigerungen. weil ich ja schon als spieler das gefühl habe, dass da etwas geschehen muß, weil ich den komponierten "überdruck" nicht aushalten kann, werde ich nicht nur lauter, sondern gerne auch schneller. damit löse ich am instrument schon auf, was eigentlich dem hörer zugedacht ist.

mein lehrer versucht im unterricht gerne, meine "pianistische persönlichkeit" zu spalten: in einen teil, der spielt, und einen teil, der zuhört. wenn ich die spannungszustände nicht mehr hörend empfinde, weil der spieler in mir diese spannung schon aufgelöst hat, dann ist bei meinem spiel etwas schief gelaufen.

dies ist wohl auch der unterschied zwischen profi und dilletant. der liebhaber spielt für sich, d.h. er befriedigt sein bedürfnis, den spannungen, die er hört, nachzugeben und sie aufzulösen. der profi muss ihnen standhalten.

alle klarheiten beseitigt? ich fand es anfangs auch kompliziert, aber mit der zeit leuchtet es ein. nur bei der praktischen umsetzung hapert es dann meistens. (wahrscheinlich bin ich nicht schizophren genug ... :floet:)

lg
a.
 
ich empfinde mein klavierspiel auch als hektisch und unausgeglichen. aber in guten momenten gelingt es mir während des spielens, dass ich mir folgendes klar mache:

der interpret darf die verschiedenen spannungszustände eines stückes niemals selbst auflösen, sondern er muss sie an den hörer weitergeben. der hörer sollte bei einer pause das gefühl haben: warum geht es nicht weiter? wenn der spieler selber diesem gefühl schon nicht standhalten kann, kann er diese spannung an den hörer nicht weitergeben, und die wirkung verpufft ...

ähnlich ist es bei dramatischen steigerungen. weil ich ja schon als spieler das gefühl habe, dass da etwas geschehen muß, weil ich den komponierten "überdruck" nicht aushalten kann, werde ich nicht nur lauter, sondern gerne auch schneller. damit löse ich am instrument schon auf, was eigentlich dem hörer zugedacht ist.

mein lehrer versucht im unterricht gerne, meine "pianistische persönlichkeit" zu spalten: in einen teil, der spielt, und einen teil, der zuhört. wenn ich die spannungszustände nicht mehr hörend empfinde, weil der spieler in mir diese spannung schon aufgelöst hat, dann ist bei meinem spiel etwas schief gelaufen.

ariadne, das hast du wunderbar beschrieben! Ein ganz wichtiger Teil der Musik - für mich eigentlich der wichtigste - ist die Ungewißheit: "wie wird es weitergehen?". Diese Ungewißheit dem Zuhörer zu vermitteln ist garnicht so einfach, schließlich steht ja bis aufs i-Tüpfelchen alles Kommende genau in den Noten - wenn es gelingt, wird die Musik zu einem wirklichen Erlebnis - und eben nicht nur zu einem artistischen Kabinettstückchen.

Die Unterscheidung zwischen Profi und Dilettanten würde ich in dem Punkt allerdings nicht machen. Es gibt durchaus Dilettanten, die dieses Erlebnis vermitteln können und es gibt Profis, wo es gerade daran außerordentlich mangelt - trotz aller technischen Sicherheit und Ausgefeiltheit.

Muß ein guter Musiker schizophren sein? ;)

Ich denke, er muß nicht - aber es hilft :D
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
was mich in diesem faden wundert: die "angst" der interpreten, dass sich das publikum langweilt. mir persönlich geht es so, dass ich genau DIE konzerte in erinnerung behalte, wo ich buchstäblich in atemloser spannung warte, wie und wann es weitergeht. das heisst, mich als zuhörerin nimmt das "auf die folter gespannt werden" emotional viel mehr gefangen, als wenn es durchgehend immer weiter geht. es gibt jetzt noch konzerte, wo ich mich erinnere, dass man buchstäblich die stecknadel hätte fallen hören können vor (positiver) spannung, und das sind auch solche konzerte, aus denen ich viel erfüllter rausgehe als aus den glatten, "netten". aber das nur als zuhörerin, in der situation der vorspielenden bin ich noch lange nicht....

lavendel
 
Ich finde diesen Faden toll.

Es gibt gewiss verschiedene Betrachtungswinkel warum es manchem gelingt, Ruhe auszuströmen oder nicht. Ich dachte bisher auch immer, dass erlebte Gefühle leichter mitzuteilen sind, als Einstudierte. Als Jugendlicher bzw. im kindlichem Alter verstand ich doch vieles nicht so, wie heute.

Wenn meine Mutter klagte, sie habe Kopfschmerzen, dann wusste ich nicht so recht, was sie damit meint. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, was Kopfschmerzen sind. Es hat ihr ja niemand auf den Schädel gehauen. Wie kann es dann weh tun? Dass im Körper irgendetwas von sich aus weh tut, ohne äußere Einwirkung lag außerhalb meiner Vorstellungskraft. Ich erinnere mich heute daran, als obs gestern gewesen wäre.

Das ist nur ein Beispiel von vielen, die einen gewissen Unterschied machen, ob etwas künstlich erzeugt oder tatsächlich empfunden bzw. aus dem gelebten Leben geholt werden kann. Kopfschmerzen sind vielleicht ein weniger interessanter Aspekt als Emotionen, die man bei bestimmten Gelegenheiten im Leben tatsächlich empfunden hat und die sich dadurch authentisch reproduzieren lassen.

Ruhe kann man ausströmen, wenn man bestimmte Dinge erreicht hat und diese erreichten Dinge teilt man mit. Man teilt sie nicht förmlich mit, aber sie Schwingen mit, bei dem was man tut. Sie geben einem Sicherheit in der realen Welt und in der gespielten Welt.

Es stimmt auch was Mindenblues gesagt hat bzgl. der Qualität. Ich möchte nicht blos ruhige sondern auch mal ungestüme Interpretationen hören - sie spenden auf ganz andere Weise Glücksgefühle, die ich nicht missen möchte beim Musik hören.

Liebe Grüße
Klaviermacher
 
Ich war gestern in der Schule beim monatlichen "Schülervorspiel" dabei - dort dürfen die angehenden Pianisten ;) vor Publikum spielen, einfach um diese Atmosphäre immer wieder zu üben, um Angst abzubauen.

Tja was soll ich sagen - mein Sohn (10) hat sein "Running hard" dermaßen schnell vorgespielt daß mir fast Angst dabei wurde.
Es war fehlerfrei, aber in diesem rasanten Tempo hatte er es nie zuvor gespielt. Als wäre jemand mit der Peitsche hinter ihm gestanden und hätte ihn angetrieben, schneller, schneller!
Er hat es gar nicht gemerkt - ich schätze das war Adrenalin pur und eine riesige Portion Aufregung, und das kam dann dabei heraus ;)
 
@ Klaviermacher: ich mag es nicht, wenn man leichthin behauptet, jüngere hätten weniger Erfahrungen...kann auch ganz umgekehrt sein. Und manche Stücke habe ich schon gespielt, die bekannetrweise genau zu einem Zeitpunkt geschrieben wurden, wo dedr Kompnist ähnliches erlebt hat wie ich gerade erlebt hatte...und deswegen kann man trotzdem völlig daneben hauen.

Ich glaube, solange man sich darum kümmert, durchzukommen und bitte ohne Fehler, spielt man nicht frei. Es geht ja, anders formuliert, um freies Spiel. Das geht am leichtesten, wenn man genau weiß, dass man die Sachen eh beherrscht, und man sich getrost um die Musik kümmern kann. Macht auch mehr Spaß, finde ich *lach*
Und ansonsten: "Kind, zügle dein Temperament und steiger dich nicht so rein, zum Donnerwetter " ^^

lg
 
...Tja was soll ich sagen - mein Sohn (10) hat sein "Running hard" dermaßen schnell vorgespielt daß mir fast Angst dabei wurde....

Das passiert wohl selbst Profis. Ich habe vor kurzem ein Radiointerview mit Martin Stadtfeld gehört. Er erzählte von einem Konzert, in dem er am Anfang eine Scarlatti-Sonate spielte und dabei immer schneller wurde und dies nicht abstellen konnte. Nach dem Konzert entschuldigte er sich beim Publikum und spielte den Scarlatti als Zugabe nochmal im richtigen Tempo.

Gruss
Moderato
 

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