Hammerköpfe erneuern - Werkstattvideo

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26. Apr. 2008
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Hallo liebe Clavionisten :p

Wenn es jemand interessiert, ich habe ein neues Werkstattvideo zusammen gestellt. Gezeigt wird die Erneuerung der Hammerstiele mit Kapsel und Hammerköpfe mit Naturfilz bei einem alten Bechstein Flügel. Das Videomaterial ist schon ein gutes Jahr alt - und endlich hatte ich mir Zeit und Muße genommen alles zusammen zu schneiden. Hinweis: Es ist kein Lehrvideo, bei dem alle Schritte der Arbeit dokumentiert werden. Zweck ist es lediglich zu zeigen, dass es ganz schön viel Arbeit gibt und so darf man mir wieder etwas über die Schultern gucken. :cool:

Die Musik im Hintergrund kommt diesmal von Stilblüte. Sie spielt von J.S.Bach die Französische Suite No 5 in G Dur BWV 816. Aufgenommen bei einem kleinen Hauskonzert vor 1,5 Jahren.

LG
Michael
 
17 Minuten geht doch noch. :D
Danke für das sehr interessante Video! Macht Spaß, zuzuschauen. Wie viel Stunden gehen dabei so drauf?
Die Zeit die Kamera richtig zu positionieren hab ich nicht notiert.
Das Video (ca. 2 GB und 1,5 Stunden Filmmaterial) hatte ich in ungefähr 10 Stunden geschnitten, so dass ich auf knapp 18 Minuten komme. Das Rendern dauerte etwa 1,5 Stunden und das Hochladen auf Youtube 3,5 Stunden (ungefähr 700mb). Also alles zusammen so etwa 15 Stunden.

Das wolltest Du doch wissen :D :cool:

LG
Michael
 
Michael, ganz großes Kino einem Meister seines Faches bei der Arbeit zuzuschauen. Und dazu noch der wunderbare Bach von Stilblüte als Begleitung, was will man mehr? Vielen Dank dafür!

LG
Christian
 
Hallo Michael,
ein tolles Video und eine spannende Arbeit. Vielen Dank für den Einblick in Deine Arbeit. Leider ist der "Klavierbauzug" für mich abgefahren, hätte ich mir mal vorher überlegen sollen, aber als Restauratorin sitze ich jetzt auch nicht im Jammertal, ist auch ein toller Job.
Gruß Ivory
 
Hallo Michael,

ein tolles Video. Ein komplette Lehrvideo ist es nicht, aber es ist schön zu sehen, wie Du die verschiedenen Schritte machst.

Ich habe noch ein paar Fragen:
- Macht Du das schmal hobeln der Hammerschwänze immer oder war es vom Platz her einfach notwendig?
- Bei dem Bechstein sind die Kapseln mit diesen Drähten fest ausgerichtet. Werden die beim Kapsel richten verbogen? Hast Du sie deshalb erst einmal gerade geklopft?

Dein Bohrschlitten ist cool.

Beim Feilen der Schwänze verwendet Du einen Originalhammer als Schablone. Habe ich das richtig gesehen? Der andere Hammer ist nur der Anschlag für Schleifen und Feilen, oder?

Liebe Grüße,
Mawima
 
(Kurzer Zwischenruf: Hey, klaviermacher, echt, cooles Vid...ich weiß gar nicht wie a) die ganzen Sachen heißen, die Du da so selbstverständlich handhabst, und b) ich dachte erst, das ist n Drink, da in der Kanne, bis Du was eingetunkt hast, irgendeinen Holzstab..) :D

Ganz LG, Olli !
 
Sieht man dort gegen Ende etwa eine Packung Marlboro? Wusste ich gar nicht... ;)
 

AAAAAlso ^^

Danke für die Postsings an alle.

Peter, die Arbeit wie gezeigt ist ja unfertig. So spielt der Flügel nicht.
Als nächstes muss die Mechanik auf die neuen Stiele und Hämmer abgestimmt werden. Dazu habe ich leider kein Video gemacht, werde es aber kurz erklären. Die Schwebung grob einstellen an den Piloten. Danach Die Hämmer auf Chor richten. Mawima, die meisten Kollegen entfernen die Stifte, damit lässt es sich dann leichter arbeiten. Etwas Spiel ist ja auch in der Kapselbohrung und beim Chor richten löst man jeweils die Schraube und richtet den Hammer auf Chor. Bei ein oder zwei Kapseln musste ich den Schlitz ein klein wenig größer feilen. Die alten Kapseln hatten insgesamt einen tieferen Schlitz, weshalb ich die Stifte etwas zurück geklopft habe.

Die nächste Arbeit ist dann an den Hebegliedern. Sie müssen unter die Röllchen gestellt werden. Dazu löst man die Gliederkapsel und bewegt das Glied - Bei einigen muss man Schieberpapier parat haben. Danach stellt man die Stoßzunge ein, so dass sie nur den nötigsten Weg am Röllchen machen muss. Vorausgesetzt an der Klaviatur stimmt bereits alles (Also Geradelegen, Verkantete und der Tiefgang) wird als nächstes der Fänger genau zu den Hammerschwänzen gekröpft. Die Neigung der Fänger stellt man als nächstes ein und grob die Fangposition. Ist das geschehen, stellt man das Auslösen (Abfallen) und das Abnicken grob ein. Danach kann man mit der Einstellung der Repetierfedern beginnen. Wenn die Federspannung halbwegs schön passt, hat man die Regulation das Erste Mal durch. Jetzt kann man auswiegen und dann muss man alles nochmal genauer einstellen in etwa der gleichen Reihenfolge. Auch die Dämpfung wird nun genau eingerichtet. Danach ist das Spielwerk soweit fertig, dass man zum intonieren kommt. Davon habe ich dann ein weiteres Video gemacht. Ich muss es aber erst noch schneiden. Ein paar Tage werden wohl noch vergehen bis ich dazu komme. Wenn man schnell arbeitet und exakt kann man alles in allem in drei Tagen durch kommen. Da darf aber nichts grob dazu kommen wie z.b. Garnieren oder Glieder Achsen etc...

Die Erklärung zu dem gesehenen kann ich auch kurz machen, LMG :p
Hammerstiele mit Kapsel und den alten Hämmern abschrauben, außer Erste und Letzte jeder Spreize, welche das Maß für die Neuen sind;
Hammerstiele abklingen und sortieren;
Fixierstifte neu ausrichten;
Neue Hammerstiele mit Kapsel montieren;
Hammerstiele Winkel tragen (das ist eine grobe Vorarbeit - genauer wird es dann mit den montierten Hämmern gemacht und ist im Video nicht zu sehen)
Hammerkopfbohrungslinie anzeichnen und andeuten mit dem Andeuter (Spitzes Werkzeug);
Nicht im Video: Bohrschräge vermessen und notieren;
Hämmer bohren;
Hammerschwänze hobeln; (Mawima - das mache ich so wie das Original war. Gekaufte angespitzte Schwänze sind mir zu spitz )
Bohrloch konisch aufreiben und auf den jeweiligen Stiel anpassen. Es darf nur ganz wenig "Luft" sein, wenn man mit Warmleim (kein Gesöff, LMG) leimt.
Hämmer leimen;
Erste und Letzte der alten Hämmer je Spreize dienen als Anhaltspunkt und auch die Schwänze müssen dort sein wo die alten waren. Jeder Hammer wird mit dem Richtscheid montiert. An drei Punkte muss man anhalten und nachgucken und beim heraus steigen müssen die Hämmer stets mittig sein. Trocken lassen und danach die Schwänze bearbeiten.
Zuerst werden die Hammerstielenden abgesägt;
Danach bringe ich die Schwänze mit der Powerfeile schön in den Winkel; (Was man nicht sieht, dass man mit dem Richtscheid noch kleine Korrekturen vornimmt, wenn mal alle im Winkel grob vorgefeilt sind)
Danach mit einer feinen Feile glatt feilen;
Danach die Kurve mit einer Riffelfeile bearbeiten, damit der Fänger greifen kann;
Am Ende werden die Kanten gebrochen mit Schleifpapier bzw. Schleifschwamm; (Der Hammer darf sich keine Kanten in den Fänger graben)
Nun wird der Hammerkopf das erste Mal mit einer Hammerkopffeile abgezogen, damit eine Ebene am Anschlagspunkt entsteht. Ende von Teil Eins

Keine Ahnung ob ich nun was vergessen habe. :D
Ach ja, der Bohrschlitten ist mindestens 150 Jahre alt. :cool: Da gabs noch keine elektrische Bohrmaschine.. Wie man trotzdem bohren konnte, kann ich Euch an einem anderen Exemplar mal zeigen falls Lust besteht.
Die Schablone zum bearbeiten der Hammerschwänze ist selbst gemacht und Höhenverstellbar Ein alter Hammer dient als Anschlag und danach ist ein weiterer dran geklebt - ebenfalls als Anschlag.
Klimperer.. Ertappt :roll:

LG
Michael
 
hallo Michi!

das ist echt ein tolles video. als filmmcher wärst sicher genau so gut wie als klaviermacher! und natürlich, sehr schöne arbeit, die man da sehen kann! ;)

eine frage habe ich trotz dem... deine bohrvorrichtung schaut ja mega geil aus! und funktionieren tut sie genau so super. warum machst da nicht noch einen anschlag der dir ermöglicht die köpfe ohne anzeichnen und ankörnen zu bohren?
sonst machst ja alles so wie ich (wir... weißt eh... :) ) nur, dass du kein chaos umatum host. :D :D

liebste grüße
emmanuel
 
hallo Michi!

das ist echt ein tolles video. als filmmcher wärst sicher genau so gut wie als klaviermacher! und natürlich, sehr schöne arbeit, die man da sehen kann!

eine frage habe ich trotz dem... deine bohrvorrichtung schaut ja mega geil aus! und funktionieren tut sie genau so super. warum machst da nicht noch einen anschlag der dir ermöglicht die köpfe ohne anzeichnen und ankörnen zu bohren?
sonst machst ja alles so wie ich (wir... weißt eh... :) ) nur, dass du kein chaos umatum host. :D

liebste grüße
emmanuel

Oh, doch ! Es gibt Chaos, wie in fast jeder Werkstatt ;-)
Wie Du an der Bohrlinie beim Anzeichnen schon siehst, ist ja die Linie bei jedem Kopf anders. Wo sollte ich da noch einen Höhenanschlag oder sonst was machen? Es funktioniert prima und ohne schauen bohren - so eine Arbeit will ich gar nicht. So hab ich es gelernt vor 40 Jahren und daran ändere ich nichts ^^
Ich kann den Holzaufsatz vom Schlitten übrigens noch höhenverstellen. Das stelle ich vielleicht 3, 4 mal um, je nach dem wieviel Holz bis zum Filz ist...

LG
Michael
P.S. Olli Du hast es gecheckt :p
 
Siehste - wie gesagt, ohne schauen will ich nicht arbeiten!

Erinnert mich etwas an Cheffes Saitenspinnmaschine - Kupferdraht war ned viel drauf, meine Jacke aber dafür vollständig :D :D :D

Beweist mal wieder; ein Werkzeug kann nur so gut sein wie der welcher es bedient - eine mehrere 100 € teure Hammerkopfvorrichtung von Jahn wird weniger effektiv in der Hand eines "Unkundigen" sein, als eine selbtgebaute in den Händen eines Fachmannes :)

Viele Grüße

Styx
 
Super tolles Video, Michael!! Vielen Dank!! Und auch an Stilblüte eine Dankeschön!

Es macht solchen Spaß, dir bei der Arbeit zuzusehen. Bei jedem Handgriff habe ich das Gefühl, bzw. man sieht es förmlich, dass da enorm viel Erfahrung dahintersteckt. Ich kann das natürlich nicht beurteilen, aber da ich dich ja auch schon mehrmals live erlebt habe und die entsprechenden Ergebnisse genießen darf, weiß ich, dass die Instrumente unter deinen Händen aufblühen. Das ist schon kein Handwerk mehr, sondern Kunst.

LG, Sesam

P.S. Und du bist sicher, dass die Hammerköpfe beim Blüthner noch nicht gewechselt werden müssen? :D
 
P.S. Und du bist sicher, dass die Hammerköpfe beim Blüthner noch nicht gewechselt werden müssen?

Nun, ich persönlich gehöre ja zu den Verfechtern welche auf jeden Fall für neue Hammerköpfe/Hammerkopffilz plädieren so fern die alten "übern Jordan" sind. Das Abziehen und neu herrichten der alten Hammerköpfe ist in meinen Augen eine preiswerte Alternative für Kunden welche einen Mehraufwand ned zahlen können oder wollen, aber letztendlich ist es doch nur eine zeitbegrenzte Erhaltung "von Ruinen". Ein neuer Hammerkopf(filz) von einem Fachmann gemacht hingegen, wird auch noch den Erben Freude machen.

Viele Grüße

Styx
 

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