Gulda: Bach Air - Noten?

Das ist die Bachsche Originalbezeichnung in der Originalfassung für die Instrumentenbesetzung [...] vier Seiteninstrumente [...] mein Latinum ist ca. 30 Jahre her.

Na, ich springe mal ein und erklär's:
Um "sulla quarta corda" zu übersetzen, benötigt man kein Latinum, es ist italienisch und heißt "auf der vierten Saite". Das stammt nicht von Bach, sondern von einem Geiger namens August Wilhelmj (1845–1908, Wikipedia hat ihn verzeichnet). Seit der nämlich das Air der Orchestersuite für die g-Saite, der vierten der Geige bearbeitet hat, geistert das Stück unter diesem blödsinnigen Titel umher -- meist in englisch als "Air on the G-String". Und das, obwohl Bach selber sicher nie auf die Idee gekommen wäre, ein Geigenstück nur für die g-Saite zu schreiben, denn solchen Zirkusstückchen stand er fern. Und obendrein, obwohl es in der Wilhemj-Fassung für die g-Saite (C-dur) nicht in der Originaltonart (D-dur) gesetzt ist.
Ich hatte vor längerer Zeit das Vergnügen, Air on the G-String für Kontrabaß begleiten zu müssendürfen. Beim Kontrabaß ist die G-Saite die prima corda, also die erste. Seltsamerweise stand aber diese Fassung in D-dur, und der Kontrabaßspieler hatte dafür seine G-Saite auf A hochzustimmen. So erklang in einer denkwürdigen Aufführung "Air on the G-String" oder "aria sulla quarta corda" als "aria sulla prima corda" oder Air on the A-String that actually is a G-String.
Sachen gibt's -- aber auch Beethoven ist ja vielen vornehmlich bekannt durch sein Moonlight-Dingens.
 
Kernbeisser, Danke für die umfassene Erläuterung!

Komme ja aus Viersen und wie sagte schon der große Hanns Dieter Hüsch: Der Niederrheiner weiss nix, kann aber Alles erklären:-). Und schreibe dann auch noch Seiten- statt Saiteninstrumente, Aua!
 
Und schreibe dann auch noch Seiten- statt Saiteninstrumente, Aua!

Jeder vertippt sich mal und rät auch mal daneben. Das wird nur dann zum Problem, wenn jemand Tippfehler nur sich selbst, aber nicht anderen nachsieht
(siehe https://www.clavio.de/forum/vorstellungsrunde/16188-eddy-kreativitaet-ist-alles-3.html#post258203 ):

Zitat von https://www.clavio.de/forum/klavierspielen-klavierueben/16217-wundermittel-langsames-und-leises-uben-post258558.html#post258558:
Ja, das weiß ich. Weshalb ich auch weiß, das es
nicht der "Klärung eines Sachverhaltes" dient.

Auch falsches Zitieren sieht mancher nur sich selbst nach:

Zitat von http://www.quickrelease.me/:
Nikolaus Franz Niembsch Edler von Strehlenau sagt es so:

Kommen und Scheiden

So oft sie kam, erschien mir die Gestalt
so lieblich wie das erste Grün im Wald.
Und was sie sprach, drang mir zum Herzen ein,
süß, wie des Frühlings erstes Lied [hier fehlt: im Hain].
Und als Lebwohl, [hier ist das Komma falsch] sie winkte mit der Hand,
war's, ob der letzte Jugendtraum mir schwand.

Nein, so sagt er es nicht, das ist nicht von Lenau. Der fehlende Reim "im Hain" geht auf Schumanns op. 90 zurück, nicht auf Lenau. Woher das sinnentstellende Komma nach "Lebwohl" stammt, weiß ich nicht, ich hab's sonst nirgends gefunden, auch bei Schumann nicht.
(Nein, ich weiß das nicht auswendig, ich muß das nachschlagen; mir kam die Fassung fehlerhaft vor, also habe ich's nachgeschlagen. Und laut Gomez ist das mindeste, was man verlangen kann, daß man ein Zitat 'verifiziert', bevor man es benutzt:
https://www.clavio.de/forum/vorstellungsrunde/16188-eddy-kreativitaet-ist-alles-5.html#post258770 )

An Gomez, falls er dies liest:
Ich spiele hier mal wieder den Zebulon, aber was soll ich machen? -- jemand, der so selbstherrlich daherkommt, erregt nun einmal mehr Aufmerksamkeit als andere. Gewiß, ich könnte schweigen,
aber wie's immer so ist,
I couldn't resist.
 
@ Kernbeisser: Den blöden "Eddy"-Faden hierher zu verlagern ist - unabhängig von sachlicher Richtigkeit und moralischer Berechtigung - nicht so gut.
 
Ich greife diesen alten thread wieder auf und frage mal, ob jemand inzwischen eine Transkription der Gulda/ Air gefunden hat. Gefällt mir auch sehr gut. Sie ist ja eher schlicht, und dadurch umso ergreifender...
 
Ja, ich habe damals eine Transkription angefertigt und sie ist ziemlich genau. Aber selbst, wenn sie perfekt jeden einzelnen Ton, den Gulda spielt, haargenau wiedergibt, hätte ich mir die Arbeit eigentlich sparen können. Es geht bei Guldas Einspielung gar nicht um einzelne Töne.

Gulda hätte aus jeder denkbaren Version von Bachs "Air" ein Meisterwerk gemacht. So wie er das spielt, schafft das von uns keiner.

CW
 
Gulda, btw, hat ja mehrere seiner Werke / Aktivitäten bei einem Verlag namens Papageno, Wien, der zu diesem gehört,

https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Weinberger_Musikverlagszentrum_Wien

drucken lassen. Anscheinend jedoch ( auf den ersten ungenauen Blick ) nicht diese Bach-Version aus der Threadfrage. Es gibt zwar ein gedrucktes darunter, das - wohl u.a. - "Aria" heißt, das ist aber zu 100% ein anderes Werk.

Ob man den Papageno-Verlag kontaktieren kann, ob da Chancen bestehen, dass das gesuchte Bach-Ding irgendwo herumliegt, halte ich für fraglich. Mehrere andere evtl. interessante Kompositionen und Aktivitäten Guldas sind aber auf jeden Fall gedruckt worden.

LG, Olli
 
Zuletzt bearbeitet:
Doch, man kann den Papageno-Verlag kontaktieren, das habe ich vor fünf Jahren gemacht. Die waren auch sehr hilfsbereit, aber den gesuchten Notentext hatten sie nicht.

Ich habe auch den Sohn, Paul Gulda, angesprochen und auch der konnte mir nicht weiterhelfen.

CW
 
Zuletzt bearbeitet:

Es gibt zwar ein gedrucktes darunter, das - wohl u.a. - "Aria" heißt, das ist aber zu 100% ein anderes Werk.

Das ist eine nette kleine Originalkomposition in D-Dur von Gulda, bei dem insbesondere die Fetischisten von Verzierungen auf ihre Kosten kommen;-). Ich spiele das ganz gerne, ist auch nicht allzu schwer, auf jeden Fall viel leichter als die größeren Kompositionen von ihm. Gibt davon einige Aufnahmen mit Gulda auf YT.

Viele Grüße
Christian
 
hehe, @pianochris66 :

hörthört! Da schleicht Chris in den KELLER ( der neulich bereits erwähnt wurde...) ... und pfeift sich die geilen Gulda-Dinger rein, die dort...zu HAUFEN lagern, wette ich meinem Kopf..!! :-D:-D:-D

hmm, kannste nicht 300-600 MB pdf-KOPIEN für JEDERMANN hier machen, von den Dingern...lechzzz...Verzierungen!!! ( War nur Spaß ! :-);-)) - aber war ja klar, dass DU welche von den Gulda-Dingern hast :-D:drink:

Chris, weiterhin viel Spaß damit, ich häng mich vielleicht auch mal an ein oder 2 dran, dieses "Sonatine" oder wie das heißt, klingt für mich spannend. Dieses "Aria", das ja laut einer Titelaufnahme auch Nina CHIARINA :-Doder so ( Carina ? ) heißen soll, das auch!

Herzliche Grüße, - Olli -!
 
dieses "Sonatine" oder wie das heißt, klingt für mich spannend.

Wenn Du die Sonatine angehen möchtest solltest Du auch gut improvisieren und nach Akkordbezeichnungen spielen können, das ist nämlich im 2. Satz fast komplett und im 3. Satz über weite Teile, sprich den ganzen Chorussen des Shuffle, gefordert.

Fang mal mit einigen Stücken aus den 10 Übungsstücken von Play Piano Play an, die wirklich Freude beim spielen bereiten, und arbeite Dich dann bis zu den Variationen über Light my fire von den Doors vor:puh:;-).
 
Wenn Du die Sonatine angehen möchtest solltest Du auch gut improvisieren und nach Akkordbezeichnungen spielen können, das ist nämlich im 2. Satz fast komplett und im 3. Satz über weite Teile, sprich den ganzen Chorussen des Shuffle, gefordert.

Fang mal mit einigen Stücken aus den 10 Übungsstücken von Play Piano Play an, die wirklich Freude beim spielen bereiten, und arbeite Dich dann bis zu den Variationen über Light my fire von den Doors vor:puh:;-).

Naguut, Chris, habe den LERNVERLAUF kopiert und gesaved!

Danke Dir ganz herzlich, und HG vom: Olli!!
 
Ich habe vor einiger Zeit ein Lead Sheet von Bach's "Air" angefertigt.
Auch dabei sollte man gut improvisieren und nach Akkordbezeichnungen spielen können.
 
Aber selbst, wenn sie perfekt jeden einzelnen Ton, den Gulda spielt, haargenau wiedergibt, hätte ich mir die Arbeit eigentlich sparen können. Es geht bei Guldas Einspielung gar nicht um einzelne Töne.
Gulda hätte aus jeder denkbaren Version von Bachs "Air" ein Meisterwerk gemacht. So wie er das spielt, schafft das von uns keiner.
CW

Nun, ich finde, dass ihm diese kleine Version von Air überaus gelungen ist. Einfach, klar, aber auch etwas verspielt. Da die Transkription vom spielerischen Aspekt - auch für Anfänger - nicht sonderlich schwer zu sein scheint (sagen wir mal im Vergleich zu einer ausgewachsenen Bach- Fuge), würde ich es - da ich dieses Stück Musik so liebe - durchaus auf einen Versuch ankommen lassen, mich daran zu versuchen. Außerhalb der Air fand ich Gulda ja nicht so überzeugend für Bach- Werke, bei einigen der Fugen aus WTK war ich schon dabei, den Stopp- Knopf zu drücken... Vom Charakter wa er - nach meiner Einschätzung - ja eher ein intellektueller Typ voller Ironie, nicht das, was ich bei einem Bach- Interpreten suchen würde. Ich hab mir aber ein 1- stündiges Portrait auf YT angesehen, was er über sein Verhältnis zum Klassik- Betrieb sagte, sprach mir immerhin aus der Seele.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier hab ich noch eine Aufnahme auf YT gefunden, die mir deutlich besser gefallen hat als die meisten anderen - er spielt nicht so selbstverständlich und so fein wie Gulda, aber die Aufnahme hat mich dennoch berührt.

View: https://www.youtube.com/watch?v=GmBXN-505gA
 
Der Titel "Air On The G String" ist mindestens so bescheuert wie "Turkish March" oder "Moonlight Sonata #1".

Davon abgesehen finde ich diese gefühlsduselige Interpretation, die die ganze Kontrapunktik des Satzes im Akkordnebel erstickt, unerträglich. Mal abgesehen von der ungeschickten und stilistisch grottenfalschen Aussetzung des Continuo.

Von Gulda ist das nun wirklich Lichtjahre entfernt.
 

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