Geistige Behinderung und Klavierspielen

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Ich krame mal mein Biologie-Wissen raus :-) (das ist nicht aus einem Fachbuch - ich erinnere mich nur an das, was ich Anno 2013 gelernt habe - gerne mit Ergänzung und Korrektur durch Profis)

Ich denke, dass man hier leicht mit den Begrifflichkeiten durcheinander kommt. Meines Wissens nach definiert eine geistige Behinderung eine deutlich messbar unterdurchschnittliche Intelligenz - also weit ab der goldenen 100er Mitte. Die Trisomie 21 ist eine Genommutation, die Ursache für so eine Behinderung sein kann, genauso wie ein unterentwickeltes Gehirn des Kindes das z.B. durch Nährstoff/Sauerstoffmangel während der Schwangerschaft passieren kann.

Lernschwächen wie die Legasthenie haben nichts mit einer geistigen Behinderung zu tun. Solche Menschen stehen der Intelligenz eines Durchschnittlichen in nichts nach, haben aber in manchen Lerngebieten Nachteile, deren Ursachen nicht immer zu 100% klar sind.

Der Autismus hat auch nichts mit einer geistigen Behinderung zu tun, sondern wird eher als Entwicklungsstörung betrachtet, die eher mit sozialen als logischen Defiziten einhergeht - eine Sonderform ist das Asperger-Syndrom, bei dem die Betroffenen durchaus zu einem selbstständigem Leben fähig sind, aber in ihrem Sozialverhalten trotzdem auffallen, indem sie z.B. nicht in der Lage sind, Meta-Ebenen in sprachlicher Kommunikation wahrzunehmen.

Jeder der einzelnen Punkte ist sicher für ein Elternteil sehr anstrengend. Dennoch darf man nicht vergessen, das jede dieser "Erkrankungen" eine andere Art von Förderung braucht und das Kind trotzdem Gefühle, eine Persönlichkeit, Stärken und Schwächen wie ein jeder andere besitzt.
Ich bin in allen Punkten ganz bei Dir. Leider ist es sehr selten, dass ein Mensch mit einer autistischen Störung einen IQ von über 100 hat. Ausgenommen ein Mensch mit Asperger, da ist es eher die Regel.
Bei der LRS besteht meiner Meinung nach noch viel Aufklärungsbedarf unter der Bevölkerung. Eine LRS kann ja auch viele Ursachen haben. Auch können viele Lehrkräfte nicht angemessen damit umgehen, auch wenn der Betroffene einen Nachteilsausgleich hat. Da sind dringend entsprechende Fortbildungen nötig.
 

Hervorragende Karikatur - bringt es auf den Punkt.

Mitunter reicht es auch sich zu vergegenwärtigen, dass die "Unterschiede" graduell sind. Es gibt keinen konkreten Wert X, ab dem der Mensch unwiederbringlich in eine bestimmte Schublade muss. Wesenszüge, die man "Asperger-.Autisten" zuschreibt, können auch bei Leuten auftreten, die als "normal" gelten.

"Normal" ist ohnehin ein kritisches Wort. Letztlich bezeichnet es einen statistischen Zustand. Insofern finde ich den heutzutage praktizierten Ansatz, so weit wie möglich und so früh wie möglich zu fördern, deutlich humanistischer als das frühere Schubladendenken.

Ein Kumpel von mir (Musiker, Sonderpädadoge) sagt: Unterdurchschnittliche IQ-Werte bedeuten, dass bei einem IQ-Test zu einem bestimmten Zeitpunkt bestimmte Arten von Aufgaben gegenüber dem statistischen Durchschnitt unterdurchschnittlich erfüllt wurden. Nicht mehr, nicht weniger.

Ein Kind, das vom familiären Umfeld keine intellektuellen und sozialen Anreize gesetzt bekomme, schneide allein deshalb regelmäßig schlechter bei IQ-Tests ab als ein Kind, dessen Eltern sich kümmern. Ein Kind, dessen häusliches Umfeld von Sorgen, Streit oder sogar Gewalt geprägt ist, zeigt meistens ebenso unterdurchschnittliche Testergebnisse. Im Bereich der Sonderpädagogik seien IQ-Tests daher ein umstrittenes Thema, da sie - egal um wie viel Fairness die Test-Designer sich bemühen - von einer kulturellen Erwartungshaltung geprägt seien. Überspitztes Beispiel: Ein Kind aus z. B. einer analphabetisch lebenden Nomadenfamilie im afrikanischen Outback hat grundsätzlich einen niedrigeren Wert bei IQ-Tests als wenn dasselbe Kind z. B. in Mitteleuropa in einer akademisch geprägten Familie aufgewachsen wäre (in der optimaler Weise nur ein Elternteil außerhäusige berufliche Verpflichtungen hat). Nicht, weil es "dümmer" ist, sondern weil das Design der Tests sich daran orientiert, was i. w. S. "westlich" geprägte Intelligenzforscher als zu erwartende Skills der entsprechenden Alterskohorte gesetzt haben. Rassisten leiten daraus ganz fix eine Minderwertigkeit ganzer Menschengruppen ab.

IRGENDEINE statistische Minderbegabung haben vermutlich die allermeisten Menschen. Diese muss noch nicht mal strikt intellektuell sein. Es gibt dem Vernehmen nach nicht wenige schulische Underachiever, die aus unterschiedlichen Gründen nicht den Erwartungen entsprechen, die eine Regelschule nun einmal an die zu Beschulenden stellt. Nach übereinstimmender Überzeugung ihres Umfeld seien sie aber "keineswegs doof" sondern ... anders, unter Umständen sogar deutlich anders als der statistische Durchschnitt, an dem die Regelschule sich ausrichtet.

Sie können sich womöglich einfach nicht wie gefordert konzentrieren oder haben ein besonderes Bewegungsbedürfnis, das auszutoben ihnen die Wohnung im 5. Stock des Hochhauses keinen hinreichenden Spielraum bietet. Oder: Eine sehr gute Freundin von mir wurde engagiert, um einem kleinen Jungen Nachhilfe zu geben, weil er in der Grundschule (!!!) hinten und vorn nicht mitkam. Tja, der Junge hatte ein medizinisches Problem mit dem Hörapparat. Darauf musste erst die Nachhilfelehrerin kommen - niemand hat es zuvor registriert, dass der Junge schlecht hört! Das Problem, einmal erkannt, ließ sich übrigens leicht beheben, und sofort verschwanden auch die Schulprobleme.

Wo zieht man da die Grenze zwischen "behindert" und "nicht-behindert"? Die Gesellschaft muss langfristig sowieso mit allen klarkommen (und umgekehrt).

Da ist es absolut sinnvoll, Kindern, die (egal aus welchen Gründen) nicht den Normerwartungen entsprechen, eine spezifische Förderung zukommen zu lassen. Den Overachievern übrigens genauso!
 
Zuletzt bearbeitet:
Letztendlich ist es völlig gleichgültig, welche Bezeichnung ich für andere Menschen verwende - die entscheidende Frage ist doch immer, ob ich ihnen Achtung und Respekt entgegenbringe. Das kann ich ebenso tun, wenn ich sie als "geistig behindert" oder aber als "XYZ" bezeichne. Jede Bezeichnung kann in kurzer Zeit oder über einen längeren Zeitraum negativ konnotiert werden.

Anderen Achtung und Respekt entgegenzubringen kostet nichts, allenfalls manchmal ein wenig Mühe beim Eingehen auf jemanden. Jeder ist frei in seiner Entscheidung, dies zu tun oder auch nicht. Staatlich verordnet werden kann es jedenfalls nicht (auch wenn es im GG steht).

Es ist sicher kein Trost für Eltern mit behinderten Kindern/Kindern mit Einschränkungen, dass ihre Kinder bisweilen ausgegrenzt werden, aber es darf nicht verschwiegen werden, dass Ausgrenzung auch andere Personengruppen betrifft; Z.B. die "Flichtlingskinder" (mit dem negativ konnotierten "i" statt eines "ü" - da meine ich die Kinder der 40er und 50er Jahre. Oder - arme bzw. Unterschichtskinder; wer kennt noch Degenhardts Lied "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern"?
Und genauso - interessierte, intelligente, neugierige Kinder! Die erhalten in der deutschen Gesellschaft das Etikett "Streber".

Sowohl für die Menschen mit Trisomie 21 als auch für die mit Autismus gilt übrigens, dass es ein großes Spektrum gibt. Das kann bei der Trisomie 21 z.B. von mehrfach (und damit schwerst) behindert gehen - in BaWü gab es hingegen zumindest einen Fall, wo ein Mädchen ein Gymnasium besuchte, und das über lange Jahre ohne jegliches Medieninteresse.

Das Beispiel mit der Ausgrenzung der Neurodermitis-Kindern zeigt übrigens eine (nicht die einzige) Motivation von Menschen/Eltern, andere auszugrenzen: Angst! Angst vor Ansteckung (in diesem Fall natürlich absoluter Schwachsinn), vor "schlechtem Einfluss" (was immer das auch sein mag), vor eigenem "sozialem Abstieg", wenn man sich mit anderen, die nicht als Starke dastehen, abgibt und beschäftigt.

Den Hinweis von Eltern mit Kindern, die behindert/eingeschränkt oder was auch immer sind, an andere Eltern, dass es plötzlich auch ganz anders sein kann, halte ich für mehr als berechtigt. Viele Menschen denken nicht ein einziges Mal darüber nach, dass z.B. ein Unfall das Leben einer ganzen Familie komplett über den Haufen werfen kann.
 
Ich bin gerade durch Zufall auf dieses Thema gestoßen und muss sagen Ich überrascht bin, das das hier so ein großes Thema ist.

Kurz mal zu mir: 2011 wurde bei mir eine Mischung aus Asperger/High-function Autismus diagnostiziert. Ich habe seit meiner Geburt Neurodermitis und seit Ende 2014 aufgrund eines "gewissen Vorfalls in einer Klinik" einen derzeit Unbekannten Hautausschlag der seit 2014 kontinuierlich mit Kortison, Montelukast usw... Versucht wird zu behandeln.

Da recht am Anfang meine Lebensqualität ziemlich darunter litt,(aufgrund von Mobbing, gesellschaftlicher Ausstoßung,.....) suchte ich etwas wo man sozusagen "abtauchen" kann.
Das Klavierspielen hatt mir essentiell dabei geholfen, mit meinen Krankheiten klarzukommen.
Das soll jetzt nicht heißen das Musik komplett alle Probleme beseitigt.

Es ist immer noch grausam, mitten in der Nacht aufgrund eines starken Neurodermitisschubes wachzuwerden und sich ungewollt dabei das Gesicht (in meinen fall) Blutig zu kratzen. Es ist immer noch grausam, keinen Sport machen zu können da durch den Schweis unter anderen Neurodermitisschübe entstehen.
Es ist nicht schön in Sommer nahezu gezwungen zu sein, in gut klimatisierten räumen bleiben zu sollten, weil es sonst zu warm währe und man wieder schwitzen würde.

Ich kann bis jetzt zu diesen Jahr fast nichts schlimmes behaupten (Ausbildungsplatz, Klavierunterricht, ein neues E-piano).

Beim Autismus habe ich eher Glück gehabt. Der Autismus fällt bei mir eher durch einer Hochbegabung bzw. Inselbegabung in Wissenschaftlich-Musischen bereich auf wodurch man viele sachen in diesen bereichen viel einfacher und schneller versteht.

Es gibt zwar schon viele Leute die Menschen wie mich respektieren aber, leider auch viele genau das Gegenteil davon machen. Hoffentlich wird unsere Gesellschaft in diesen Punkt noch tolleranter.
 
Es gibt zwar schon viele Leute die Menschen wie mich respektieren aber, leider auch viele genau das Gegenteil davon machen. Hoffentlich wird unsere Gesellschaft in diesen Punkt noch tolleranter.

Ja geh her, unsere Gesellschaft ist schon sehr tolerant, die Intoleranz gegenüber Menschen mit Behinderung ist nicht sehr groß, sie schmerzt halt nur am meisten und daher wird sie intensiver aufgenommen.
Wir bieten zum Beispiel auch Menschen mit Behinderungen Praktikumsplätze an. siehe:

http://www.piano-hall.de/ueber-uns.htm

LG
Henry
 
Ja geh her, unsere Gesellschaft ist schon sehr tolerant, die Intoleranz gegenüber Menschen mit Behinderung ist nicht sehr groß
Toleranz ist interessanterweise direkt proportional zur eigenen Nachvollziehbarkeit von Behinderungen.

Kriegsversehrte und Opfer von Verkehrsunfällen haben es deshalb am leichtesten - und ein passendes Merkzeichen G im Ausweis. Je weiter sich die speziellen Bedürfnisse des behinderten Menschen vom Mainstream entfernen, desto intoleranter wird die Gesellschaft gegenüber diesen. Insbesondere bei extrem seltenen Einschränkungen braucht jemand nicht auf Verständnis oder Förderung zu hoffen. Die meisten schauen dann, wie sie die "spezielle Schneeflocke" schnell wieder los werden.
 
Toleranz ist interessanterweise direkt proportional zur eigenen Nachvollziehbarkeit von Behinderungen.

Ein absolut zentraler Aspekt. Wichtig zu erwähnen. :super:

Insbesondere bei extrem seltenen Einschränkungen braucht jemand nicht auf Verständnis oder Förderung zu hoffen.

Jedenfalls nicht von Außenstehenden, falls sie - wie aufgrund der Eigenschaft "außenstehend" eo ipso zu erwarten - die speziellen Hintergründe nicht kennen oder (da sollte man ehrlich sein) auch kein Interesse daran haben, die Tragik jedes fremden Einzelschicksals empathisch auszuloten.

Ehrliches Desinteresse kann umgänglicher sein als eine als übertrieben empfundene Betulichkeit, die den Betroffenen zu einer Art "seltenem Insekt" degradiert, dessen Morphologie mit zoologisch anmutender Neugier seziert wird.
 
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@NoelStorks :

Hast Du es einmal mit Einreiben mit ganz normalem Olivenöl versucht? Das war das, was bei unseren Kindern nach X Therapieversuchen letztendlich geholfen hat. Sie sind seit langen Jahren symptomfrei.
 

@Klafina Ja das haben wir. Ich war auch schon letztes Jahr auf Borkum in einer Rehaklinik wo die Ärzte mir am Ende der Reha geraten haben, mich mal bei der Uniklinik Düsseldorf vorzustellen weil die Ärzte wirklich alles mögliche versucht haben und nichts angeschlagen hat. Die in der Uniklinik sagten auch, dass das wahrscheinlich was mit meinen Inumsystem und der Genetik zutun hatt und das man das gesamte Inumsystem "auf Null setzen" müsste, um eventuell meine Krankheit behandeln zu können.
 
Das Inumsystem auf Null und dafür das Immunsystem systematisch und ausreichend stärken! Mal was von Vitamin D gehört? Wenn ich das schon lese, dass man sich nur in geschlossenen Räumen aufhält usw... :denken:
 
Immunsystem herunterfahren ist nicht so ohne - jede noch so kleine Erkältung kann da letal enden.

LG
Henry
 
So etwas hat eine weitläufige Bekannte in der Uniklinik Mainz gemacht bekommen. Das Ergebnis war aber auf lange Sicht nicht 100%ig zufriedenstellend.
Nachvollziehbar. Aber was will man sonst machen wenn sogar schon die Ätzte von der Rehaklinik sagen müssen, das sie sonst keinen Behandlungs weg kennen würden? Man muss es leider austesten, weil seit über 2 Jahren Kortison und Zink kremen zusichnehmen ist ja auch keine Lösung. Wobei ich wegen genau diesen Punkt auch in der Reha war, die sogar bis auf ein paar Strapazen (An einen Wochenende von Borkum nach Emden mit einer Fähre ins Krankenhaus zu kommen weil der Hubschrauber aufgrund der Wetterbedingungen nicht fliegen durfte..... Blinddarmdurchbruch sei dank.) relativ angenehm war.
Wobei es jetzt auch meiner Meinung ein bissen spät wäre, mit der Behandlung anzufangen weil, ich Ende September ja meine Ausbildung anfange.
 
Verstehe ich jetzt nicht. Du könntest dann die Ausbildung wahrscheinlich knicken, meinst Du das? :krank::angst:
Ich denke schon weil ich soweit ich es weis, in der Klinik bleiben müsste.
Zurzeit geht es meiner Haut ganz ok aber, man kann nie sagen wann es wieder ausbricht und wie schlimm es dann wäre. Und solange es nicht wieder so schlimm ist, das mein ganzes Gesicht voll Pappel hafter, entzündeter Schorf ist, geht es ja noch.
nach den etwas mehr als 2 Jahre konnten wir es zum glück so regulieren, dass es zwar immer noch ausbricht aber, nicht mehr so extrem.
 
@NoelStorks Ich kenne eine Person gut, die als Kind starkes Neurodermitis hatte. Aufgrund von besonderer Diät (keine Milchprodukte, Süßigkeiten etc.) war die Person dann ziemlich lang, auch später ohne die Diät einzuhalten, symptomfrei. Mit Ende der Pubertät hat es wieder angefangen. Nach sehr, sehr langem suchen und ausprobieren hat sie nun herausgefunden, dass es (diesmal?) kein richtiges Neurodermitis ist, sondern eine bestimmte Nahrungsmittelunverträglichkeit. Im Selbstversuch kann die Person beweisen, dass die Stärke des Ausschlags direkt damit zusammenhängt, was sie isst, obwohl die meisten Ärzte das nicht wahrhaben wollen.
Nahrungsmittelunverträglichkeiten gelten als Modeerscheinung, vermutlich, weil viele Menschen die sich das einbilden auch keine haben. Auf der anderen Seite sollte man aber sehen, dass früher einfach die Ursachen unbekannt waren, wenn eine N. vorgelegen haben könnte...

Falls du das nicht hast, lohnt sich evtl. ein Blick in solche Bereiche. Da gibt es alles mögliche, was ursächlich sein kann - Laktose, Fructose, Histamin, Weißmehl usw. Ich kenne mich da nicht so gut aus, aber vielleicht wäre das eine Idee.
 
@Stilblüte Danke für diesen lieb gemeinten Tipp. Ich habe mal so eine Diät versucht wo lediglich bei herauskam, das ich damals eine Laktoseintoleranz hatte. Aber an der Sache mit der Pubertät könnte was dran sein weil, seit beginn meiner pubertät es wieder mit den Neurodermitisschüben anfing. Wer weis? Mehr als warten und hoffen kann man da nicht machen.
 

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