...nämlich, dass der Herr mit größter Wahrscheinlichkeit ein Scharlatan ist (ein eingebildeter noch dazu). :)
Der Eindruck hat sich mir auch aufgedrängt, nachdem ich mir gestern Nacht dann doch noch seine Einführung zum Thema durchgelesen habe.
Kurz gefasst, er schreibt da von sich selbst in der dritten Person und vergleicht sich und seine "Entdeckung" des Bachschen Temposystems mit dem Apostel Paul und mit Mohammed, und mit deren "Entdeckung" des Monotheismus. Dann nennt er einige Aspekte, wie Bach seine Stücke in gewisse Tempoverhältnisse setzt (Präludium-Fuge-Paare z.B. in genau gewolltem Tempoverhältnis - kann ich mir sogar noch vorstellen irgendwie), sowie dass Bach die genaue Dauer seiner Stücke vor der Komposition plante, also die genau Taktanzahl und das absolute Tempo schon feststand, bevor überhaupt ein Ton niedergeschrieben wurde - das halte ich für Quatsch.
Auch finde ich es etwas sehr vermessen, sich selbst mit Religionsgründern zu vergleichen.
Dazu kommt, dass der Monotheismus an sich genau so richtig oder falsch ist, weil unbeweisbar, wie der Polytheismus und der Atheismus. Womit der Vergleich damit nicht nur vermessen ist, sondern auch an Beweiskraft mangeln lässt.
Abgesehen davon, findet sich in der Einführung vieles, jedoch nirgendwo ein wissenschaftlicher Beleg, oder eine Herleitung für die Tempotheorie.
In den Kommentaren, die man bei Youtube zu seiner Einführung abgeben kann, verweist er hierbei auf seine wissenschaftliche Arbeiten, die seine Theorie auch belegen. Diese sind aber nur für Geld auf einer Homepage von ihm zu erwerben (z.B. 20 Seiten PDF Tempoanalyse irgendeines Bachschen Werks für "nur" 11,99 Dollar...).
Außerdem kann man den Kommentaren auf Youtube entnehmen, dass dieser BachScholar anscheinend auch unbequeme kritische Meinungen teilweise einfach löscht, anstatt auf diese einzugehen, oder Leute einfach diskreditiert, weil sie ja erst 20 Jahre alt sind, und man ja erwiesenermaßen erst ab etwa 25 Jahren fähig sei, solche komplexen Dinge komplett zu verstehen. Auch nicht gerade die feine Art.
Und wenn man dann tatsächlich mal ein Stück von ihm anhört, und dazu den Kommentar liest, dann ergeben sich schon die nächsten Ungereimtheiten...
So kann man laut seinen Erläuterungen anscheinend herausfinden, dass Präludium und Fuge Nr. 1 (C-Dur) aus dem WTK I beide ganz genau 2:00 Minuten dauern sollten in Bachs Planung und dazu dann auch noch das Verhältis der Geschwindigkeit der beats per minute in einem geplanten ganzzahligen Verhältnis stehen...
...das alles mit der "kleinen" tolerablen Abweichung, dass hierfür das Präludium 36 Takte haben müsste, und nicht 35. Da frage ich mich doch, warum Bach, wenn er sich schon so komplizierte Temposysteme ausklügelt und einhalten will, dann nicht auch tatsächlich 36 Takte komponiert hat, was er bestimmt hätte tun können, sondern nur 35...
Und so weiter, und so fort...
Nee danke, das ist nix für mich.