Frage zu Fingersatz legato bei "choer du voix humaines" von léfebure wély

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multimax

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Moin zusammn, dies ist mein erster Beitrag. Ich komme vom Klavier und autodidakt an der Orgel.

Nachdem ich nun "Prière a notre Dame" von Boellmann erfolgreich nach einem Jahr gemeistert habe, bin ich auf ein neues Stück gekommen:

"choer du voix humaines" von léfebure wély.



Beim Boellmann habe ich einen Fingersatz erstellt, der mir ein legato weitestgehend ermöglicht.
Hier aber habe ich so meine Probleme. Unten habe ich meinen bisherigen Fingersatz für die Linke Hand angehängt.
Um diese erweichende Melodie angemessen legato zu spielen kostet mich das derartige Verrenkungen, das ich nach einigen Tagen leichte Hand- und Fingerschmerzen bekomme.
Insbesondere zwischen 2. und 3. Finger durch die Spreizung.

Weiß vielleicht jemand Abhilfe?
Ich erware jetzt keine Ausarbeitung eines Fingersatzes, aber vielleicht gehe ich das ja falsch an und es kann mir jemand grundsätzlich etwas zum legato sagen, das ja in der Romantik sehr wichtig sein soll. Und außerdem finde ich das bei dieser Melodie einfach unumgänglich, sonst kommt der Schmalz nicht richtig rüber :)

Hinweis: die neuere Note aus dem Video entspricht nicht der alten Version im Anhang , die ich als Grundlage zur Transkription hatte.

Viele Grüße
Multimax
 

Anhänge

  • choer de voix humaines mit finger.pdf
    125,6 KB · Aufrufe: 31
Um Gottes Willen! Diese FS sind sogar im gemütlichen Tempo Folter.
Fingerwechsel und dichteres Legato nur in der Melodie-/Oberstimme. Übe ein gutes Fastlegato mit dem Daumen (von Schwarz nach Weiß gleiten, aber auch von Weiß nach Weiß sind Sekunden fast lückenlos zu binden).
In den Mittelstimmen braucht es dieses dichte Legato eher nicht und den Bass hat sowieso das Pedal!
Als Übevariante (klingt auf der Orgel recht nett!) die Oberstimme binden und die anderen Akkordtöne der Linken nur kurz (1Achtel) halten.
 
Ok, verstehe. Also zuviel des Guten.
Ich dachte, das wär so üblich, weil ich das bei vielen Aufnahmen dieses Stücks bei Youtube gesehen habe, dass dort während eines gehaltenen Akkoderdes spinnengleich über die Tasten gehuscht wird um die Anbindung des nächsten Akkords vorzubereiten. Als ob um jeden Preis alles Legato gespielt werden muss.

Wie würdest du mit der Maßgabe Fingerwechsel und dichtes Legato nur in der Oberstimme die Stelle von Takt 5 bis 7 realisieren, damit ich mal ne Vorstellung bekomme?

Es geht ja dann scheinbar ums Priorisieren: Oberstimme dicht gebunden, Rest nur wenn Haltebogen, oder wenn Fingertechnisch erreichbar und musikalisch erwünscht.

EDIT:
In einem Video habe ich sogar gesehen, wie jemand einen Finger der rechten Hand benutzt hat, um links kurz bei einem Legato auszuhelfen. Also wieder Motto: In der Romantik Legato um jeden Preis...?!
 
Wie sehr das Legato sein soll ist natürlich immer sehr subjektiv. Wenn man Aufnahmen des hochgelobten Dupré hört, habe zumindest ich den Eindruck, dass ich ersticke. Wir haben durch Barockmusik natürlich eine etwas andere Toleranzschwelle und andere Hörgewohnheiten. Daher ist es immer schwer zu sagen, was nun "richtig" ist. Ja, die Melodie links sollte man als solche erkennen. Am Ende ist es bei 3 Stimmen in einer Hand und den üblichen 5 Fingern doch immer so, dass in mindestens einer Stimme gepfuscht werden muss. Am wenigsten hört man es in den Mittelstimmen. Und dann gibt es ja auch noch die Akustik, die hilft. Ich würde da undogmatisch nach Gehör vorgehen.
 
Bezüglich der "Richtigkeit" eines strengen Legatos habe ich jetzt einiges gelesen und stelle fest, dass es dort viele kontroverse Meinungen gibt.
Ich würde da undogmatisch nach Gehör vorgehen.
Wie in vielen Interpretationsfragen ist das wahrscheinlich die beste Lösung.

Für mich ist bei diesem Stück eine gewisse Sanglichkeit in der Melodie, die ich zum Ausdruck bringen möchte. Und so wie beim Singen irgendwann auch geatmet werden muss, muss man Kompromisse eingehen.

Darüber hinaus habe ich festgestellt, dass wie auch beim Klavier ein Ruhen auf der Taste zwischendurch etwas Entspannung in die Hand bringt.
Beim Üben passiert es leicht, dass ich bei anspruchsvollen Passagen eine Dauerspannung halte, die gar nicht von Nöten ist.
Wenn ich solche Stellen beim Üben so spiele, als würde ich sie schon beherrschen, gibts auch viel weniger Anspannung und demzufolge auch keine Ver-Spannung.

Ich kann also an gewissen Stellen, wenn es mir sehr wichtig ist, auch Folterfingersätze verwenden, solange ein gewisses Maß an Verrenkung nicht überschritten wird, und das nicht bei jedem zweiten Griff passiert.
 
Du hast zwar im Eingangsbeitrag gesagt, dass Du vom Klavier kommst, aber nicht, auf welchem Level Du spielst.
Ich stimme @Axel zu, dass Du a) in den Mittelstimmen "tricksen" kannst und b) dass vor allem das Ohr und der Raumklang maßgeblich sind. Und natürlich musst Du schauen, was zu Deinen Händen passt. Aber da an vielen Orgeln die Tasten etwas schmaler sind als am Klavier, könnte es eigentlich möglich sein, z.B. den ersten Akkord mit 5-3-1 zu beginnen und dann stumm auf 5-4-2 zu wechseln, so dass beim nächsten Akkord die 4 schon am Platz ist, die Oberstimme mit 1 gespielt und entsprechend gebunden wird und die Unterstimme halt einen kleinen Schritt macht. Wenn die Akustiv nicht furztrocken ist, hört das kein Mensch. Und selbst dann müsste man schon sehr genau horchen.
Mit ein bisserl Spreizung könnte ich beim zweiten Akkord kurz vor dem Wechsel den Zeigefinger aufs g nehmen, dann ist wieder eine Bindung da für den Schritt zum nächsten Oberton. Muss man halt ausprobieren(*). Aber stumme Fingerwechsel sind an der Orgel keine Seltenheit.
Und: Mut zur Lücke - auf jeden Fall in den Mittelstimmen. Du sollst nicht verkrampfen beim Spielen.

(*) Ich hab das Stück noch nicht gespielt, nur mal gerade am Klavier ein bisserl rumgefingert.
 
Mein Level würde ich als fortgeschritten beschreiben (Unterricht mit 8 Jahren begonnen. Im Alter von 12 - 14 dann Pause. Dann von 14 - 18 mit Pausen zwischendurch). Also geht schon ein bisschen was.

Deine Vorschläge hatte ich exakt in einem ersten Entwurf schonmal selbst gefunden und probiert. Da ich durchschnittliche Männerhände habe, war mir die häufige Spreizung zwischen Mittel- und Zeigefinger einfach zu viel und führte zu Schmerzen. Deshalb habe ich das Daumenlegato, das auch der Tastendrücker erwähnt hat, neu für mich entdeckt.

(Anatomisch wäre die Rechte Hand übrigens viel geeigneter, da für die Oberstimme dann die Finger 3-4-5 zur Verfügung stünden.)

Was die Tastengröße angeht, übe ich zuhause auf einem Klavier (E-Piano) und erstelle dort die Fingersätze.
Zweimanualig und mit Pedal übe ich an einer Crumar Mojo Classic mit Vollpedal.
Dort sind die Tasten allerdings viel schmaler.

Ich hatte immer das Gefühl, das unsere Orgel in der Kirche (BJ 1902) die gleiche Tastenbreite wie ein Klavier hat. Also habe ich für die Fingersätze bisher das Motto gehabt: "Wenns am Klavier passt, dann an der Orgel auf jeden Fall."
Ich werde mir auf jeden Fall, wenn ich das nächste Mal an der Orgel bin, ein Maßband mitnehmen.

Außerdem muss ich unbedingt mal die Akustik in der Kirche checken. Dann habe ich ein besseres Maß für die Bindung.
 
Ja, ich meine nur den Fingersatz im Bezug auf die Tastengröße. Druckpunkt, Tastengewicht usw. ist ja alles anders.
 

Bezüglich der "Richtigkeit" eines strengen Legatos habe ich jetzt einiges gelesen und stelle fest, dass es dort viele kontroverse Meinungen gibt.
Das absolute Legato ist halt eher eine Erfindung der Schule Lemmens-Widor-Dupré. Und dann wurde halt postuliert, das sei der einzig würdevolle Anschlag für die Orgel.
Wenn man die alten Aufnahmen heute hört, frage ich mich immer, was die Leute daran gefunden haben.
Ein krasses Gegenbeispiel: W. Rübsam
Auch das ist natürlich diskutabel, ob man bei romantischer Musik so vorgehen sollte.
 
Es ist halt ein ganz eigener Stil. Für mich war es eine Art Erlebnis der dritten Art, als ich in Amiens oder Rouen (weiß ich nicht mehr) in einer Kathedrale war. Es war die zweite, nicht so große in der Stadt und dementsprechend auch nicht touristisch besucht. Wir waren nur zu zweit und es war sehr still und dunkel. Plötzlich und völlig unerwartet kam von irgendwo oben dieser warme Synthie-eske Klang. Wahrscheinlich waren es voix celestes oder so...

Jedenfalls war das pure Magie. Eben dieser französiche ätherische Sound. Ganz anders als das barok mathematische, was man so kennt.

Jeder Stil hat wohl seine Berechtigung und genau wie im richtigen Leben sind pauschale Regeln auch bei Musik und Interpretationsfragen nicht sehr hilfreich.

Ich hab den Rübsam auch gelesen und fand den Artikel anregend. Allerdings spricht mir da ein wenig zu viel Abneigung gegenüber dem Romantischen Klang.

Um aber die Eingangsfrage noch mal aufzugreifen, habe ich dank der Hinweise hier im Beitrag den Fingersatz dahingehend vereinfach, dass ich ein Legato in der Melodieführung anstrebe, sofern es fingertechnisch möglich ist. Die Unterstimmen werden so angebunden, dass es keinen Fingerknoten und kein zwanghaftes Spinnenlegato gibt. Das entspannt die Hand schonmal um einiges.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wo formuliert er dann eine Abneigung gegenüber romantischen Klängen? Wenn man ihn spielen hört, eher nicht:
 
Ich gebe zu, ihn noch nicht spielen gehört zu haben. Ich korrigiere auch noch mal meine Formulierung: Die gewisse Abneigung betrifft ihm Artikel eher die enge Spielweise:

"abscheuliche Spreiztechnik"
"entsetzliche Legato-Spielgewohnheiten"
"...klebrigen Velveta-Schmelzkäse-artigen Klangbild."

"Unsere Hörgewohnheiten haben sich derart gewandelt, dass schmelzkäseartiger Anschlag in romantischer Musik heute nur unter großen Schmerzen zu ertragen ist."
"schmieriges Klebelegato"
"...schmieriges Snowboard-Daumenlegato empfohlen, ein schlichtweg schauderhafter Effekt in so eindrucksvollem Forteklang."
 
Da lese ich ihn insgesamt eher so, dass er eine Abneigung gegen zu komplizierte Bewegungsabläufe hat.

Und dann gibt es ja noch die Akustik...Und er hat natürlich recht, dass sich Hörgewohnheiten ändern.



Widor spielt seine 9. Sinfonie. Das ist mir selbst da, wo es mit Sicherheit ja sehr authentisch ist, einfach zu dicht.
Wie das damals bei barocker Musik klang, demonstriert Vierne eindrucksvoll:

 
Um noch mal zum Ausgangsthema zurückzukommen:
Ich habe - auch wenn ich noch lang nicht sicher im Stück bin - mal ein Aufnahme mit GrandOrgue gemacht. Der Nachhall entspricht etwa unserer Kirche, wie ich anhand einer Aufnahme, die ich mal gemacht hatte, verglichen habe.

Ergebnis: Die Akustik erlaubt locker, einen bequemeren Fingersatz zu verwenden.

Man sehe mir meine hörbare Unsicherheit in der Aufnahme bitte nach :)
 

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  • probe-choer-dv-humaines.mp3
    2 MB
Ich hab mal reingehört. In der Oberstimme der linken Hand, was ja faktisch die Melodie ist, hört man doch ein paar Stellen, die nicht gut gebunden sind. Dafür kann ich nicht sagen, was du mit den anderen Stimmen links machst, die hört man nicht wirklich, aber das gibt natürlich genug Möglichkeiten zum pfuschen. Vielleicht ist es auch eine Frage, wo Du selbst mit deiner Aufmerksamkeit bist. Ich denke, rechts muss so automatisch laufen, dass du die Melodie links im Blick hast. Das ist natürlich nicht ganz einfach, weil rechts einfach mehr Noten stehen.
 

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