Frage an Klavierbauer: Umgang mit klemmenden Tastengarnierungen

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Hallo zusammen,

ich habe vor, in meiner Übeorgel die vorhandenen Fatar-Tastaturen auszutauschen durch gebrauchte Kirchenorgelmanuale, die ich regulieren möchte und anschließend mit einer Druckpunktsimulation, ggfs. mechanischer Manualkoppelmöglichkeit und Midifizieriun versehen möchte.
Bin jetzt glücklicher Besitzer eines Manualblocks bestehend aus 3 Orgelmanualen. Die Tastengarnierungen sind mehr oder weniger identisch zu denen von Klavieren, daher stelle ich die Frage hier rein.
Der Vorgänger hat bei einem Manual selber die Filze gewechselt für den Führungsstift vorne und am Waagebalken. Leider sind diese Tasten schwergängig geworden, entweder Filz zu dick oder nicht richtig angedrückt beim Einleimen mit Knochenleim.

Jetzt meine Frage: Wenn die vordere Führung schwergängig ist, kann ich z.B. die Taste in einen Schraubstock spannen, und mit z.B. einer Zange innen versuchen, den Schlitz zu weiten? Durch den Schraubstock sollte ja das Holz außen nicht kaputt gehen können. Ich will mir nicht bei Weiblen so eine teure Garnierungszange kaufen für über 100€, vielleicht kommt man mit Schraubstock und mehr oder weniger geeignetem Werkzeug (großer Schraubenzieher oder dünne Zange oder ...??? ) auch zum Ziel?
 
Hmm.. Ich würde das niemals mit einem Schraubenzieher versuchen!
Borge Dir das nötige Werkzeug für einen Tag aus, wenn Du es nicht neu kaufen willst und spendiere dem Orgelbauer ein Glas Bier.

Und wenn es nicht funktioniert mit "drücken" musst Du sowieso die Garnierungen wechseln und die richtige Stärke Kasimir verarbeiten.

LG
Michael
 
Michael, du sprichst von so einer Zange? :
http://www.weiblen.de/spezialwerkzeuge/werkzeuge-fuer-klaviaturen/klaviaturdruckzange/

Ich kann mir ja vorstellen, dass diese Zange hilft, wenn man keinen Schraubstock vor Ort hat beim Kunden.
Aber ich habe einen großen Schraubstock, wo die Taste seitlich eingespannt werden könnte. Dadurch würde beim Weiten das Holz außen doch nicht belastet werden - ich würde vermuten, dass das sogar besser ist als eine Zange, bei der sowohl außen als auch innen Druck auftritt?
 
Ja, das ist ne Druckzange für Tastengarnierungen. Niemand spannt Tasten in den Schraubstock.. auch nicht in der Werkstatt!

LG
Michael
 
Danke für die Info, aber verzeihe die dummen Fragen:
Die Zangen drücken innen gegen die Garnierung und von außen gegen das Holz auf der Außenseite. Wenn diese Seite der Zange auch nur wenig mehr Fläche hat als als die andere Zangenseite, ist da nicht die Gefahr da, dass von außen das Holz eingedrückt wird?
Wohingegen in einem Schraubstock außen großfächig absolut nix eingedrüct werden kann, Hauptsache man findet ein Werkzeug, was innen den Schlitz weitet?
Irgendwas muß ich da ganz falsch sehen, fürchte ich....
Kann natürlich meinen Klavierbauer nach so einer Zange fragen zum Ausleihen, aber ich möchte es verstehen, warum ein Schraubstock nicht eigentlich besser ist, um den Gegendruck abzuleiten aufgrund der großen Fläche?
 
Gelegentlich sind die Tasten nach unten leicht konisch, da geht es schon mal nach der Methode nicht.
Der Schraubenzieher drückt den Filz nicht parallel, daher würde ich auch davon abraten.

Grüße

Toni

P:S. Sind das die Eisenschmid-Manuale;-)
 
Wenn Du die Tastel in den Schraubstock spannst, wie drückst Du dann? Insbesondere sollte man ja auch konisch drücken, so dass es innen weiter wird und nicht konisch von Außen nach innen.
Die Außenfläche der Zange ist groß genug, dass nicht das Holz Schaden nimmt. Eher nimmt das Holz Schaden in einem Schraubstock.
Wenn Du derart stark drücken musst, damit sich etwas bewegt ist sowieso Hopfen und Malz verloren. Dann geht das Ganze wieder zurück und die Tasten stecken erneut.

LG
Michael
 
Wenn Du die Tastel in den Schraubstock spannst, wie drückst Du dann? Insbesondere sollte man ja auch konisch drücken, so dass es innen weiter wird und nicht konisch von Außen nach innen.
Die Außenfläche der Zange ist groß genug, dass nicht das Holz Schaden nimmt. Eher nimmt das Holz Schaden in einem Schraubstock.

Ich hätte gedacht, die Taste so einspannen, dass der Tastenbelag unten ist (und natürlich nicht mit eingespannt ist), sodass die Taste schonend ganzflächig eingeklemmt ist und ein Weiten des inneren Schlitzes nix, aber auch gar nix außen am Holz anrichten kann.
Ich wußte aber auch nicht, dass konisch gedrückt werden soll, im Schitzinneren weiter als außen am Schlitz. Werde also mir doch wohl eine Zange ausleihen oder besorgen. Danke für die Tipps!!

Wenn Du derart stark drücken musst, damit sich etwas bewegt ist sowieso Hopfen und Malz verloren. Dann geht das Ganze wieder zurück und die Tasten stecken erneut.

So schlimm ist es wahrscheinlich doch nicht.


Ja, diese hier (ganz wunderbare solide Verarbeitung):
P1000083.JPG
 
...und hast Du mittlerweile eine Ahnung woher die sind?
Gab es da wohl einen Dulzian und Oktavkoppeln? ;-);-)

Schau mal hier:
Die sind auch von Eisenschmid, vom Micha veredelt:
https://www.clavio.de/klavierforum/...andere-musikinstrument.5061/page-2#post-87769

Grüße

Toni

Hallo Toni,

ja, natürlich, Dulzian - aber keine Oktavkoppeln, mir geht es um Manualkopplung zwecks Üben für das Spielgefühl von gekoppelten mechanischen Orgeltastaturen.

Wo die her sind, weiß ich leider immer noch nicht - würde mir was bedeuten, herauszubekommen. Immerhin waren es mal 4 Manuale, und man konnte eine Chor- und Evangelienorgel damit steuern (also ziemlich große Kirche).

Danke auch für den Link auf Michas Übeorgel - lese ich mir nochmal durch.
Ja, die Tastaturen sehen ziemlich ähnlich aus, auch von den Wangen her.
 

@Mindenblues
Ich bin kein Klavierbauer, las aber im englischen Forum PianoWorld kürzlich vom Klavierbauer Bill Spurlock, der seine Garnierungen mit Messingbäckchen weitet. Er heizt das Bäckchen vorher auf ca. 80°C (in seinem Fall als Aufsatz an einem thermostatgeregelten Lötkolben), und durch kürzes Einführen wird die Garnierung bis auf genau das richtige Maß "gebügelt". Damit erzielt er sehr konsequente Ergebnisse - und schont das Holz. Die Dicke des Bäckchens muss man freilich vorher durch Experiment ermitteln.

Nur ein Vorschlag...
 
@Mindenblues
Ich bin kein Klavierbauer, las aber im englischen Forum PianoWorld kürzlich vom Klavierbauer Bill Spurlock, der seine Garnierungen mit Messingbäckchen weitet. Er heizt das Bäckchen vorher auf ca. 80°C (in seinem Fall als Aufsatz an einem thermostatgeregelten Lötkolben), und durch kürzes Einführen wird die Garnierung bis auf genau das richtige Maß "gebügelt".

Der Vorschlag leuchtet mir insofern auch schon sehr gut ein, weil in diesem Fall die Filze mit Knochenleim eingeleimt sind. Und durch die Erhitzung wird ja vielleicht der Knochenleim wieder flüssig und der Filz/Kasimir lässt sich besser drücken/bügeln?

Im übrigen bzgl. Zange bin ich zumindest, was die Tastenseiten angeht, nach wie vor der Meinung, dass ein breitseitiges Einspannen in einen Schraubstock wesentlich tastenschonender sein sollte, als der Zangengegendruck der Tastengarnierungszangen. Aber ich sehe ein, dass man ohne Spezialwerkzeug wohl kaum innen konisch drücken kann, sodass der Schlitz weiter innen mehr geweitet ist als außen.

Insofern, am besten wohl dann eine Tastengarnierungszange, die man im Backofen auf 80 Grad aufgeheizt hat und per Handschuh dann bedient (wenn man eine Zange ganz aus Metall hat)?
 
Knochenleim verflüssigt sich nicht ohne Wasser.
Aber bitte jetzt die Garnierung nicht mit Wasser benetzen und dann das heiße Eisen mit Handschuh einführen. :-D
Wahrscheinlich garniert der Kollege in den USA zunächst alles mit zu starkem Filz, damit er dann seine Heißebacken-Erfindung zur Anwendung bringen kann...:lol:
Anleitung zum: "Wie kann man etwas verkomplizieren, das auch einfach geht" gibt es scheinbar im Überfluss! :blöd:

LG
Michael
 
Wahrscheinlich garniert der Kollege in den USA zunächst alles mit zu starkem Filz, damit er dann seine Heißebacken-Erfindung zur Anwendung bringen kann...:lol:

Nein, das tut der Kollege nicht (sei so gut, Michael, und räume ihm etwas mehr Verstand ein, bitte). Es geht um die Behebung von zu engen Tastengarnierungen, wo die Garniturzange langfristig schon versagt hat. Es geht also genau um den Fall, wo du weiter oben schriebst, dass die Garnierungen zwingend ausgetauscht werden müssen. In solchen Fällen hat der Kollege (und andere im Forum, die die Methode benutzen) die Erfahrung gemacht, dass das Plätten mit den heißen Messingbacken Erfolg brachte, und zwar sehr genaue, konsequente Ergebnisse. Daran ist nichts "verkompliziert" - im Gegenteil: es geht, wenn man die Stärke der Backe, die Temperatur und die Zeitdauer pro Taste heraus hat, wesentlich schneller und einfacher als ein neuer Satz Garnierungen.

Ich habe das noch nicht selber gemacht, aber nehme den jeweiligen Technikern nach jahrelangem Mitlesen ihr Renommé unbedacht ab.

Anleitung zum: "Wie kann man etwas verkomplizieren, das auch einfach geht" gibt es scheinbar im Überfluss! :blöd:

Das stimmt wohl. Was es aber (leider) ebenso im Überfluss gibt, ist die Veräppelung nicht-traditioneller Methoden. Schade. Naja, soll Mindenblues mit seiner Tastatur machen, was er will. Ich wollte nur eine Alternative ins Gespräch bringen, die nicht sofort eine Pauschalerneuerung der Garnierungen erfordert.
 
Es geht also genau um den Fall, wo du weiter oben schriebst, dass die Garnierungen zwingend ausgetauscht werden müssen. In solchen Fällen ...
Ja, genau diese Info fehlte! Wenn man keine Ahnung hat von Tastengarnierungen bearbeiten und sie in einen Schraubstock einspannen will, sollte zunächst mal geklärt werden, warum die Zange da ist. In 99% der Fälle genügt es mit der Zange umgehen zu können. Es wird kein Holz außen beschädigt und die Garnierungen laufen 1A bis ans Lebensende.. Das wird in Klavierfabriken tagtäglich gemacht und es gibt keine Klaviatur, die nur garniert wird ohne der Nachbearbeitung mit der (kalten) Zange.

Für jemand, der das noch nie gemacht hat und als nächsten Tipp eine heiße Methode mit angefertigten Messingplatten (ohne Zusatzerklärung) erfährt, denkt er dies wäre der bessere "Standard". Als nächstes las ich, dass sich Mindenblues die Zange in den Backofen legen möchte und vielleicht doch noch jede einzeln in den Schraubstock einspannen will, weil ja das Holz sonst leiden würde..

Die "Außergewöhnlichmethoden" müssen als solche gekennzeichnet und veräppelt werden dürfen. Mir reicht übrigens eine Spirituslampe um die Zange kurzfristig zu erwärmen, falls die ein oder andere Garnierung zu fest bleibt. Dazu hat der Handwerker kein elektrisches digitales Hitzemessgerät und für jede Garnierung speziell angefertigte Messingplatten. Wie bitte soll dieser Unfug gerechtfertigt werden? Können die Platten konisch nach innen gerückt werden?

LG
Michael
 
Michael & Klimperer, ich will nicht um jeden Preis eine "Außergewöhnlichmethode" anwenden. In Ermangelung einer Zange hatte ich bei einer Spinettsanierung die Tasten eben seitlich im Schraubstock eingespannt, was mit Sicherheit einen viel geringeren Flächendruck ergibt als der Außendruck einer Zange. Von daher sehe ich erstmal nix verwerfliches daran, eine Taste mit den Holzseitenteilen (natürlich ohne an den Tastenbelag zu kommen) moderat im Schraubstock einzuspannen, um innen mit geeignetem Werkzeug etwas zu weiten. Damit habe ich nicht gesagt, dass eine Zange außen Schaden anrichten könnte. Nur, dass es der Schraubstock auch und erst recht nicht tut.

Viel spannender ist daher für mich, wie ich innen den Schlitz - wie ich hier dankenswerterweise gelernt habe - konisch und nachhaltig um die erforderlichen paar 10-tel Millimeter weiten kann, damit keine Reibung mehr entsteht.
Und für dieses konische Weiten komme ich wohl um eine Spezial-Garnierungszange nicht drum herum. Werde mir das von meinem Klavierbauer mal ausborgen, dann sehe ich weiter.

Vielen Dank für die hilfreichen Tipps so weit!

PS: kann man was an die Stifte machen, um alles gleitfähiger zu machen? Ich habe mal was von Protec gelesen, auch von Hirschtalg - jedoch ein Spinettbauer hat mir von all dem dringend abgeraten. Gleiche Meinung auch bei den Klavierbauern?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Michael,

Ich will dir nicht an den Karren fahren.

Ein digitales Hitzemessgerät ist nun wirklich übertrieben, war auch nirgends zur Sprache, sondern (als eine Alternative) schlicht ein regelbarer Lötkolben, wie es ihn überall zu kaufen gibt. Der Techniker aus Amerika schreibt selber, dass es belanglos ist, wie man die Platte erhitzt; was zählt, ist die grobe Temperatur, bis ein aufgelegter Wassertropfen allmählich zu sieden anfängt. Ob Mindenblues das nun per Ofen oder Spiritus- oder Lötlampe machen wollte, ist doch eh sein Bier.

Der Amitechniker fertigt auch nicht eine Platte pro Garnierung, sondern eine pro Stiftdurchmesser. Die erhitzte Platte bleibt nur ein, zwei Sekunden in der Taste, und in ein paar Minuten ist die gesamte Klaviatur fertig. Das alles hätte ich Mindenblues noch dazugeschrieben - oder hätte den Link geschickt - kam aber gar nicht dazu.

Das alles jetzt als Unfug abzutun...

Jedenfalls wurde auch jetzt aus deiner Antwort zum ersten Mal deutlich, dass manchmal sehr wohl Hitze erforderlich (und angemessen) ist.

Dass die Garnierungen konisch laufen, also wie du beschreibst: innen (oben?) weiter als außen (unten?), war mir neu - bon, wieder was dazugelernt. Allerdings frage ich mich: Beim Neu-garnieren mit Hilfe von Holz-, Plastik- oder Metallplättchen bekommt man das auch nicht hin. Wie soll die Garnierung oben im Loch kleben bleiben, wenn sie vom Plättchen gar nicht ans Holz gedrückt wird?

@ MB:

Viel Erfolgwasauchimmerundsoweiter.
 
Dass die Garnierungen konisch laufen, also wie du beschreibst: innen (oben?) weiter als außen (unten?), war mir neu - bon, wieder was dazugelernt. Allerdings frage ich mich: Beim Neu-garnieren mit Hilfe von Holz-, Plastik- oder Metallplättchen bekommt man das auch nicht hin. Wie soll die Garnierung oben im Loch kleben bleiben, wenn sie vom Plättchen gar nicht ans Holz gedrückt wird?

Ich habe von Weiblen Garnierklammern und Vorderstift-Garnierkllötzchen mit den Orgelmanualen dankenswerterweise mitbekommen, es handelt sich um folgende:
www.weiblen.de/spezialwerkzeuge/werkzeuge-fuer-klaviaturen/garnierklammern-60-stueck/

Die Garnierklötzchen haben je nach Farbe unterschiedliche Dicken, sind aber nicht konisch (geht ja auch kaum, wenn es innen breiter sein soll, und Michael sprach doch von konisch nach innen (und nicht außen von oben nach unten, jedenfalls habe ich das so aufgefasst)). Die Stahl-Garnierklammer ist vielleicht etwas konisch und drückt innen mehr (vielleicht, eine Nuance, mehr nicht). Insofern kann es sein, dass mittels der Garnierklammer innen der Filz schon ans Holz gedrückt werden kann, obwohl es leicht konisch ist.
Allerdings sind auch die Schlitze überhaupt nicht konisch, jedenfalls nicht bei meinen Orgeltasten.
Soweit meine laienhafte Überlegung bzw. Beobachtung.
 

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