Fehlerfrei üben/spielen/vorspielen

„Falsche Töne interessieren mich nicht.
Das nimmt auch im Unterricht schon mal eine Menge Streß aus der Vorspielsituation.
Das Problem ist ja nicht der Lehrer, sondern der Schüler. Meinem KL sind falsche Töne auch egal, meist kommentiert er die nur wenn sie zum dritten Mal falsch waren, weil er dann zu Recht vermutet, dass ich's falsch eingeübt habe. ICH will das "fehlerfrei" vortragen und zwar damit der Zuhörer die Musik stressfrei erleben (besser noch genießen) kann und nicht in den Modus "fremdschämen" kommt.

Ich war vor vielen Jahren mal auf einem Hauskonzert, wo (vermtl) die Eltern eines Schülers meinten der müsse - vor den Profis - etwas vorspielen und das war so peinlich, weil er sein Zeug (überhaupt) nicht gekonnt hat, dass ich mir gedacht habe, das willst Du selbst nie selbst erleben müssen. Daher rührt der Wunsch wenigstens so vorzutragen, dass der Zuhörer nicht auf das - hoffentlich bald eintretende - Ende des Vortrags lauert.

die Kreuze am Wegesrand und die Leichen im Schnee beim Spielen
Solange da nicht ganze Friedhöfe für den Hörer zu durchwandern sind ;-)
 
"Musik" entsteht ja nicht automatisch, nur wenn ein Stück lediglich ohne Fehler wiedergegeben wird.
Ein falscher Ton wiegt bei weitem nicht so viel wie durchgehend fehlende Musikalität.
Beides völlig richtig. Über EINEN Fehler würde ich mich ja auch nicht aufregen, aber bei mehreren Fehlern in einer Viertelstunde ist aus meiner Sicht die Zumutungsgrenze eines anständigen Vortrags überschritten.

Die Diskussion geht jetzt in Richtung "Fehler tolerieren", statt "Fehler vermeiden". Mein eigentliches Ansinnen war zu erfahren ob und welche Strategien es gibt so zu üben, dass die Fehlerzahl minimiert wird.
 
die Eltern eines Schülers meinten der müsse - vor den Profis - etwas vorspielen und das war so peinlich, weil er sein Zeug (überhaupt) nicht gekonnt hat, dass ich mir gedacht habe, das willst Du selbst nie selbst erleben müssen.

nicht in den Modus "fremdschämen" kommt.

Dieses Denken kenn ich von mir auch und es ist sooooowas von falsch! Das wäre das erste was ich versuchen würde abzulegen. Ein Garant fürs Verkacken ist das. Bei mir fiel der Groschen als ich DiplomPrüfungen von Freunden beiwohnte, einige in Bach Partita in jedem Satz mind. 1 mal stolperten, wenn nicht schlimmer und es war auch kein Problem. Ich hab bewusst auf die Reaktionen der anderen geachtet, die waren tiefenentspannt. Das hab ich dann auch angenommen.
Mein Prof. sagt immer „was glauben Sie was gestandene Pianisten schon alles abgeliefert haben. Man muss lernen weiter zu spielen, schlimm ist nur wer das nicht kann.“

Also provokative Frage. Wenn das für Studenten und Profis normal ist, dass sowas passiert.,,.,wenn Beethoven und Brahms und wer noch alles, die eigenen Werke nicht fehlerfrei präsentiert haben(!) …..warum erwartest du als Amateur das besser machen zu können? Konzentrier dich auf die Musik, nicht auf fehlerfreies Spiel. Wenn du es eh schaffst weiterzuspielen ….! Ist das doch hervorragend! Dann fehlt nur dass du dir das nicht anmerken lässt wie es dich fertig macht. Dann ist es auch keinem peinlich.

Ich wünsch mir immer nur eines „wenn ich vorn anfange, will ich hinten aufhören können“.
 
Hallo ChristianN,
mir geht es in gewisser Weise ähnlich. Ich spiele erst seit ein paar Jahren Klavier (Kindheitstraum mit über 40 Jahren erfüllt). Nie vom Blatt (daran arbeite ich hart), sondern auswendig.
Auch mir passieren beim Vorspielen Fehler. Entweder weiß ich plötzlich nicht mehr weiter oder aber spiele falsche Noten, die dazu führen, dass ich völlig aus dem Tritt bin und nicht mehr weiterspielen kann. Am ärgerlichsten ist, dass es immer an unterschiedlichen Stellen passiert. Bekannte „Hängestellen“ kann man ja gezielt üben.
Meinen Frust darüber fängt dann meine KL auf und erklärt mir, dass das Stück eben nicht sitzt und abrufbar ist. Da hilft dann letztendlich nur üben, üben, üben.
Wir üben gezielt, „irgendwo“ im Stück anzufangen (das kann ich nämlich nicht, weil ich immer den musikalischen Bogen/Melodie benötige). Zu Hause übe ich dann, Stück A spielen und daran arbeiten und dann spontan einmal Stück B durchspielen. Da merke ich dann immer sofort, dass Stück B gar nicht abrufbar ist, weil ich gedanklich so sehr mit Stück A beschäftigt bin.
ich glaube auch nicht, dass das Ungewöhnliches ist - auch wenn der Frust und die Erwartungshaltung hoch ist. Wenn man bedenkt, wieviel Zeit Profis in ihrem Leben mit Musik und ihrem Instrument verbringen.
 
"Musik" entsteht ja nicht automatisch, nur wenn ein Stück lediglich ohne Fehler wiedergegeben wird.
Ein falscher Ton wiegt bei weitem nicht so viel wie durchgehend fehlende Musikalität. Wenn die "Musik" aber auch noch fehlerfrei ist, ist das natürlich außergewöhnlich und überragend.
"Eine falsche Note zu spielen ist unwichtig, aber ohne Leidenschaft zu spielen ist unverzeihlich!"
Ludwig van Beethoven
 
Als Persiflage wäre es ganz nett, aber länger als 30 Sekunden halte ich sowas nicht wirklich durch...

@Carnina: Du kennst mich ja schon ein bisschen vom Forum, daher frage ich mal provokativ: Wenn Du Mitte Juli bei Feurich in der Finalrunde am Flügel sitzt...wirst Du bestimmt auch "fehlerminimiert" spielen wollen, oder ? Du hast ja Recht, dass auch die persönliche Einstellung (zu den eigenen Fehlern) eine wichtige Rolle spielt, aber mir ging es in diesem Faden darum wie man die Rate minimiert.
 
Als Persiflage wäre es ganz nett, aber länger als 30 Sekunden halte ich sowas nicht wirklich durch...

@Carnina: Du kennst mich ja schon ein bisschen vom Forum, daher frage ich mal provokativ: Wenn Du Mitte Juli bei Feurich in der Finalrunde am Flügel sitzt...wirst Du bestimmt auch "fehlerminimiert" spielen wollen, oder ? Du hast ja Recht, dass auch die persönliche Einstellung (zu den eigenen Fehlern) eine wichtige Rolle spielt, aber mir ging es in diesem Faden darum wie man die Rate minimiert.
Ja klar will ich das 🤣🙏🙏🙏🙏 Aber du sagst es schon Fehler“minimiert“. Es gibt dort keine eigene Amateurkategorie, nur eine gemeinsame offene für Studenten/Pianisten/Amateure. Ich hab die der letzten Jahre gegoogelt und mache mir keine Illusionen. Ich kann nur mein Möglichstes tun, das werde ich tun und das kann ich nicht, wenn ich mich vorher auch noch hemme.

Ich TUE einfach täglich meine Bestes und dann HOFFE ich auf das Beste. Und mit dem Thema dass was schiefgehen könnte, versuche ich mich nicht zu befassen. Ich werd einfach Freude haben dort zu spielen und es ist einfach eine Riesen Ehre für mich mit so tollen Leuten spielen zu dürfen.

Nein im Ernst. Ich hab’s beim Beethoven gemerkt, ich hab mich intensiv 1 Woche drangesetzt und dann wurde der viel sauberer und weniger ungenau. Ich setz mich abends nochmal hin und spiele langsam und bewusst die schweren Stellen, dann all die die ich kann auch und versuche da reinzufühlen, tagsüber spiele ich das ganze Stück, steige auch an verschiedenen Stellen ein und aus, spiele regelmäßig durch, in mäßigem Tempo, ab und zu im Tempo. Wacklige Stellen spiele ich langsam übertrieben und im fortissimo. Spiele auf verschiedenen Instrumenten. Und ich denke bei jeder Gelegenheit an da Stück. An einzelne Passagen, an die Musik, an meine zahlreichen Fehler was ich alles nicht tun soll, höre Aufnahmen, lese dazu Noten, höre eigene Aufnahmen und überlege was mir nicht gefällt, singe es mit und schau wo ich aus technischer Schwäche von dem abweiche was ich anders singen würde. Also ich verbringe viel viel Zeit mit dem Stück.

Der nächste Schritt ist dann Beten, geweihte Kerzen anzünden, Pilgerfahrt, fasten, Schweigekloster, Almosen, und dann HOFFEN 🤣

Wie du siehst, mein Ansatz ist folgenden Wunsch zu erreichen „ich will vorn anfangen und hinten aufhören können“ 😁

Und ich Teil hier fleißig auch weniger gutes, um mich von dem Zwang „es muss perfekt sein“ zu befreien. Würd ich jedem raten, wozu gibts die Fäden sonst?
 

ICH will das "fehlerfrei" vortragen und zwar damit der Zuhörer die Musik stressfrei erleben (besser noch genießen) kann und nicht in den Modus "fremdschämen" kommt.
In welchem Rahmen?
Soll es ein Konzert sein, mit Bühne, Publikum, still sitzen, etc?

Denn sobald der Rahmen etwas lockerer wird, sind die Zuhörer sehr viel gnädiger, als man glaubt.
Ich spiele immer wieder an einem Ort, wo es öffentlich gehört wird. Und da übe ich ungeniert, mit falschen Tönen, Stellen mehrmals wiederholen, etc. und dann bedanken sich Leute für das "so schöne Konzert".

Ja, ich weiß, das ist wieder keine Antwort auf deine Frage. Aber vielleicht läufst du zu sehr der falschen Karotte nach.
 
Soll es ein Konzert sein, mit Bühne, Publikum, still sitzen, etc?
Natürlich nicht !!!!!! Aber ich glaube das ist nicht der Punkt. Ich "ärgere" mich auch dann wenn keiner zugehört hat, wenn ich an Stellen Mist spiele, die vorher x-mal gut geklappt haben. Irgendwann muss das doch mal zuverlässig klappen. Das nagt am Vertrauen ins eigene Können, wenn dauernd an anderen Stellen Unfälle passieren. Im meinem Beruf (Ingenieur) kann ich auch nicht sagen: "Passt schon, heute ist ja nur der dritte Brückenpfeiler eingestürzt und morgen ist es vlt. nur der Fünfte." (Ich baue zum Glück keine Brücken;-) )

Ja, ich weiß, das ist wieder keine Antwort auf deine Frage. Aber vielleicht läufst du zu sehr der falschen Karotte nach.
Das mag sein. Ich werd' im Urlaub mal drüber nachdenken.
 
auch nicht sagen: "Passt schon, heute ist ja nur der dritte Brückenpfeiler eingestürzt und morgen ist es vlt. nur der Fünfte."
Ich glaube du unterschätzt die Leistung die es braucht fehlerfrei abliefern zu können und den Einfluss der menschlichen Natur. Du erwartest von dir ein „eingespeichert“, „eingelernt“ -> muss abrufbar sein. Aber so funktioniert kein lebender Organismus. Nicht mal im kleinen gibt es Fehlerlosigkeit. Sogar in unseren kleinsten Bausteinen passieren ständig Fehler die permanent korrigiert werden müssen. Der Gleichgewichtszustand im lebenden Objekt ist dynamisch. Nicht statisch. Das gilt dann auch für alles was dieser produziert. Und das muss man bis zu einem gewissen Grad akzeptieren finde ich.

Dran arbeiten JA, aber nicht unterschätzen was dazu gehört! Und dann nicht unfair sich selbst gegenüber werden.
 
Nein im Ernst. Ich hab’s beim Beethoven gemerkt, ich hab mich intensiv 1 Woche drangesetzt und dann wurde der viel sauberer und weniger ungenau. Ich setz mich abends nochmal hin und spiele langsam und bewusst die schweren Stellen, dann all die die ich kann auch und versuche da reinzufühlen, tagsüber spiele ich das ganze Stück, steige auch an verschiedenen Stellen ein und aus, spiele regelmäßig durch, in mäßigem Tempo, ab und zu im Tempo. Wacklige Stellen spiele ich langsam übertrieben und im fortissimo. Spiele auf verschiedenen Instrumenten. Und ich denke bei jeder Gelegenheit an da Stück. An einzelne Passagen, an die Musik, an meine zahlreichen Fehler was ich alles nicht tun soll, höre Aufnahmen, lese dazu Noten, höre eigene Aufnahmen und überlege was mir nicht gefällt, singe es mit und schau wo ich aus technischer Schwäche von dem abweiche was ich anders singen würde. Also ich verbringe viel viel Zeit mit dem Stück.
Da ist doch eine Menge guter Stoff beisammen!!
 
Im meinem Beruf (Ingenieur) kann ich auch nicht sagen: "Passt schon, heute ist ja nur der dritte Brückenpfeiler eingestürzt und morgen ist es vlt. nur der Fünfte." (Ich baue zum Glück keine Brücken;-) )

Auch im Bau u.s.w. ist nichts exakt sondern wird mit Fehlertoleranzen gearbeitet. Allein durch Rundungen bekommst du schon Fehler. Ich bin Vermessungsingenieurin und habe mein Hauptpraktikum und meine Diplomarbeit bei der Deutschen Airbus in der Qualitätssicherung avsolviert und selbst bei der Einzelteilfertigung der wichtigen tragenden Bauteile gibt es Fehlertoleranzen. Die sind natürlich umso geringer je kleinteiliger es wird.
Ich weiß nicht aus welchem Bereich du kommst, aber in vielen Ingenieurbereichen gibt es auch noch Kontroll- bzw. Fehlerberechnungen, bevor etwas endgültig abgesegnet wird.

Wenn du Klavier spielst, wo es jeden Tag andere Vorraussetzungen gibt, allein etwas mehr oder weniger Schlaf kann sich schon auswirken, erwartest du aber eine Fehlertoleranz von mehr oder weniger Null. Das kann doch gar nicht funktionieren, oder anders ausgedrückt, deine Fehlertoleranzgrenze ist definitiv zu gering.

Wie vorher schon von anderen erwähnt, wichtig ist, wie du mit Fehlern umgehst, dass du lernst, das sie dich nicht aus der Bahn werfen.
Ich "ärgere" mich auch dann wenn keiner zugehört hat, wenn ich an Stellen Mist spiele, die vorher x-mal gut geklappt haben.

So ging es mir anfangs auch. Dann habe ich meine Sichtweise geändert. Ich ärgere mich nicht mehr über den Fehler, sondern freue mich drüber, wenn ich trotz Fehlers souverän weiterspielen konnte.
 

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