Hallo Johofa,
Von hinten nach vorne üben kannst du zu (mindestens) zwei Zeitpunkten in der Arbeitsphase an einem Stück.
Entweder gleich zu Beginn, während du die Noten erarbeitest.
D.h. du beachtest den Anfang überhaupt nicht und fängst beim allerletzten Takt an zu üben, hängst dann den vorletzten dran und spielst ihn mit dem letzten zusammen, dann die letzten drei, die letzten vier usw.
Dies hat den Vorteil, dass du nicht den Anfang des Stückes besser kannst als den Schluss und gegen Ende immer unsicherer wirst (weil du den letzten Takt beim Üben von vorn ja am seltesten spielst, den ersten am öftesten).
Es dürfte aber sehr gewöhnungsbedürftig sein, ein Musikstück von hinten zu beginnen, besonders, wenn man es nicht kennt.
Der zweite Zeitpunkt wäre gekommen, sobald man sich die Noten und Technik des Stückes soweit erarbeitet hat, dass man es halbwegs flüssig durchspielen kann.
Man kann es nun von hinten nach vorne (takt- bzw. phrasenweise) auswendig lernen.
Der Effekt, dass man den Schluss häufiger übt als den Anfang tritt so ebenfalls ein, und gegen Ende wird es beim Vorspielen immer leichter.
Ich habe mich bisher immer davor gescheut, auf diese Weise zu üben, da mir klar war, dass diese Übetechnik sehr viel Zeit in Anspruch nimmt.
Sie lohnt sich vielleicht nicht unbedingt, wenn man "nur für sich" spielt.
Da ich aber demnächst einige Stücke vorspielen werde und sie 120% beherrschen muss, habe ich das von-hinten-auswendiglernen ausprobiert und kann es nur empfehlen.
Ich übe auf folgende Weise:
Zuerst eine Hand einzeln. Die Noten im Takt nochmals genau einüben, so dass sie fehlerlos klappen.
Anschließend das ganze auswendig.
Funktioniert das, spiele ich den Takt blind.
Ist dies geschafft, spiele ich, ohne die Tasten zu drücken, d.h. der Takt muss vollkommen in den Fingern und im Gehirn abrufbar sein.
Nicht vergessen, die folgenden Takte alle paar Mal auch mit dranzuhängen, damit sie nicht in Vergessenheit geraten und Übergänge mitgeübt werden.
Das gleiche mache ich mit der anderen Hand und anschließend beidhändig.
Auf diese Weise macht man sich mit jedem Ton und jeder Note des Stückes,sowie dem Fingersatz, dem Klang, dem Tast- und Spielgefühl und der Instrumentenaufsicht bestens vertraut.
Während man bemi normalem Üben eher passiv auf die Finger schaut und beim Durchspielen zusieht, ist man hier stets aktiv dabei und erkennt die Bewegungen und Abläufe wie abstrakte Figuren wieder.
Ein Black-Out ist viel unwahrscheinlichier, man versteht das Stück besser und ist bestens damit vertraut.
Klingt toll, hat aber einen Haken: Es ist wirklich sehr zeitaufwendig. Man sollte sich die Zeit hierfür auch nehmen, da diese Sicherheit meiner Ansicht nach durch mehrmaliges, richtiges Durchspielen bei voller Konzentration am besten erreicht wird, und das geht nicht durch Abstriche in der Zeit.
Ich hoffe, ich konnte dir etwas weiterhelfen.
Viele Grüße,
Stilblüte