Eigener Konzertflügel auf Reisen

Marlene

Marlene

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Liebe Klavierbauer und Wissende,

in Bonn hat Meister András Schiff seine Zuhörer bei drei Konzerten mit Beethoven-Sonaten und wundervollen Klängen beglückt. Mit einer gewissen Genugtuung habe ich zur Kenntnis genommen, dass er nicht an einem der auf Bühnen üblicherweise stehenden Flügel gesessen hat. Es war sein eigener wundervoll klingender Bechstein aus dem Jahr 1921.

In Anbetracht der diversen Forenbeiträge (bei denen ich ja einen nicht unwesentlichen lebhaften Anteil genommen habe ;)) über DC, Venta, Raumklima, Zugluft etc. würde ich gerne wissen, wie ein Flügel solche häufigen Transporte aushält. Wird der klimatisiert transportiert?

Eine weitere Frage: Der Flügel war vermutlich um die 280 cm lang. Nannte sich das Flügelmodell damals auch schon D280 ?

Liebe Grüße
Marlene
 
Hallo Marlene,
sicher ist der Flügel schon einmal überholt worden.
Eventuelle Resonanzbodenrisse sind gemacht und der Boden dabei so stark herunter getrocknet worden, daß in dieser Richtung nichts mehr passieren kann.
Franz Mohr beschreibt einmal, wie er zusammen mit Rubinstein die Tastatur eines nach Transport eiskalten S&S D, durch Wärmen mit dem Hintern 'spielbar' gemacht hat.
Die hatten sicher keinen klimatisierten Transport.
Horowitz reiste auch mit seinem eigenen Flügel. Von Michelangeli wird berichtet, daß er mit zwei Flügeln unterwegs war und immer sehr lange brauchte bis er die richtige Wahl getroffen hatte.
Einmal soll er sogar den konzerthauseigenen Flügel bevorzugt haben...

Wenn Profis transportieren, ist der Flügel normalerwiese (außer bei Glenn Gould) unversehrt am Zielort.
Der Konzerttechniker steht bereit um nachzuregulieren, zu Stimmen und zu Intonieren.
In dieser Liga kommt es auf 1000€ nicht an...

Der Konzerter von Bechstein hatte früher, so wie ich es weiß, die Bezeichnung E280 oder 280EN.

Grüße

Toni

P.S. In Bayreuth habe ich Schiff mal mit einem Bösi-Imperial erlebt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Toni,

danke für Deine Antwort.

sicher ist der Flügel schon einmal überholt worden.

Davon bin ich überzeugt denn ich halte Herrn Schiff für einen Perfektionisten und Schöngeist.

Eventuelle Resonanzbodenrisse sind gemacht und der Boden dabei so stark herunter getrocknet worden, daß in dieser Richtung nichts mehr passieren kann.

Wenn das möglich ist: Warum machen wir uns denn dann „einen Kopf“ über DC, Venta & Co.?

[...] zusammen mit Rubinstein die Tastatur eines nach Transport eiskalten S&S D, durch Wärmen mit dem Hintern 'spielbar' gemacht hat.

Das ist ja eine sehr interessante Kontaktaufnahme mit dem Flügel ;). Das hätte ich wissen müssen als mein Bechstein gekommen ist dessen Tasten ich als Eiswürfel empfunden habe. Aber meinem Gesäß wären die kalten Tasten wohl noch unangenehmer gewesen als meinen Fingerkuppen. ;)

Wenn Profis transportieren, ist der Flügel normalerwiese (außer bei Glenn Gould) unversehrt am Zielort.

Was ist denn Goulds Flügel widerfahren?

In Bayreuth habe ich Schiff mal mit eine Bösi-Imperial erlebt.

Dass er auch Bösendorfer spielt habe ich bereits erfreut zur Kenntnis genommen. Dann sind ja die beiden richtigen vereint: Ein Klang der berührt und ein Pianist der dem Flügel wunderbare Klänge entlockt. Das machen andere Pianisten zwar auch aber in meinen Ohren scheint es, als würde Schiff irgendetwas anders machen.
 
Nicht nur das.
Wenn spezialisierte Spediteure teure und teuerste Kunstwerke, für die man eine ganze Halle von Bösendorfer-Instrumenten kriegen könnte, um die ganze Welt transportieren können, wird ihnen ein Flügel keinerlei Schwierigkeiten machen.

Kostet halt ein paar Euro.

CW
 
Was für eine Geschichte über Gould und dann noch zwei abgestürzte Flügel! Da kam mir wieder ins Bewusstsein wie aufgeregt ich war als meine am Haken hingen.

Danke für den Hinweis auf das Buch! Ich würde es gerne lesen, aber dafür müsste Gott endlich den 36-Stunden-Tag einführen. ;)
 
Danke für den Hinweis auf das Buch! Ich würde es gerne lesen, aber dafür müsste Gott endlich den 36-Stunden-Tag einführen.

solltest du trotzdem lesen!kannst mir glauben,gerade für jemanden wie dich,der lange und viel mit der Auswahl des richtigen Flügels zugebracht hat, ein absolutes MUSS!! Ein dicker Wälzer ist es ja nicht,das schaffst du in einem durch in ein paar Stunden spannendem Lese-Genuss.
 
Nicht nur das.
Wenn spezialisierte Spediteure teure und teuerste Kunstwerke, für die man eine ganze Halle von Bösendorfer-Instrumenten kriegen könnte, um die ganze Welt transportieren können, wird ihnen ein Flügel keinerlei Schwierigkeiten machen.

Kostet halt ein paar Euro.

CW

Das ist alles gar nicht so teuer wie man vermutet, so Transporte für die Flügel von Konzertpianisten werden häufig pauschal berechnet. Bei Kunstwerken sind die Versicherungen enorm teuer, dies kann schnell mal 100000 und mehr Euro kosten. Der Wert eines Flügel oder auch zwei sind längsten in der standart Haftpflicht-Versicherung eines Transporteurs einkalkuliert
 
Wenn das möglich ist: Warum machen wir uns denn dann „einen Kopf“ über DC, Venta & Co.?
Erstens macht sich nicht jeder so viele Gedanken darüber wie Du ;-)

Zweitens ist so eine Reparatur nicht gerade billig, in der Regel mit einer kompletten Nuebesaitung verbunden; oft werden dabei dann auch größere Stimmnäge eingesetzt, was nciht beliebig oft geht, wenn man nicht auch den Stimmstock tauschen will.

Drittens ist nicht garantiert, dass der gespänte Resonanzboden wieder genauso gut klingt wie der nicht gerissene.

Ich hab' gehört, dass es Klavierbauer gibt (weit weg von hier), die die Reparatur von hochwertigen Instrumenten durch Spänen des Resonanzbodens für minderwertig halten und lieber den ganzen Resonanzboden rausreißen und durch einen neuen ersetzen.

Also wieso einen intakten Resonanzboden reißen lassen, wenn man ihn durch unkompliziertes Beobachten und Regulieren des Raumklimas davon abhalten kann?
 
HoeHue, ich mache mir inzwischen zum Glück deutlich weniger Gedanken darüber und gehe mit dem Thema entspannt um. Vielleicht weil es - außer der teilweise hohen Temperatur im Raum (ohne für mich wesentlich hörbare Auswirkungen auf den Klang) im Sommer eine moderate Luftfeuchte im Raum gab. Sie war nie höher als 57 %.

Aber Du hast mit Deinem letzten Satz völlig Recht vor allem in Bezug auf alte Flügel bei denen meiner Ansicht nach so viel Originalteile wie möglich erhalten bleiben sollten.
 

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