Ehrbar Flügel - „Made by Schimmel“ - eure Meinung?

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Hallo!
Ich habe eine Frage: Ich möchte mir im kommenden Jahr irgendwann mal einen Ehrbar-Flügel (mit englischer Mechanik) kaufen.
Ich möchte gerne einen Original-Ehrbar Flügel, dieser kann auch älter sein, sollte jedoch einer Restaurierung unterzogen worden sein.
Ich liebe den warmen, vollen Klang der Ehrbar-Flügel und suche einen, der diesen schönen, „typischen“ Klang inne hat.

Bei einem Klavierhändler habe ich nun folgendes Instrument gefunden:
Ein „EHRBAR“-Flügel, Baujahr 2012, Länge 190 cm, Mechanik serviciert, Made by Schimmel (Braunschweig), gebraucht, sehr guter Zustand. Der Preis ist knapp Euro 20.000,—

Folgendes dazu:
Der Flügel wurde von Schimmel gebaut und ist ein Schimmel Flügel Modell 190. Der Name Ehrbar wurde von Schimmel gekauft und daher wird der Flügel auch unter diesem Namen produziert und verkauft. - Dies hat mir der Händler mitgeteilt.
Ich fragte ihn nämlich, was es bedeutet, weil dieser EHRBAR „Made by Schimmel“ ist.....

Ich überlege, ob ich dieses Instrument überhaupt Probe-spielen soll... Ich denke, dieser Flügel entspricht dann dem Klang eines Schimmel und nicht eines Ehrbar.....
Es ist doch ein weitere Fahrt auf mich zu nehmen, sollte ich beim Klavierhändler diesen Flügel Probe-spielen.
Ich denke, ein ORIGINAL-EHRBAR-Flügel würde da eher meinen Klangvorstellungen entsprechen....
Was meint ihr?

Und:
Kommt das öfters vor, dass Klaviere einen Namen tragen, der in Wahrheit gar nicht der ursprüngliche, tatsächliche Hersteller ist?

Danke schon mal für Eure Antworten!
Liebe Grüße, Ilse
 
@ilseklavier

Zu dem Flügel kann ich nichts sagen.

Aber ich besitze ein Schiedmayer Klavier, dass Ende der 90er von Sauter hergestellt wurde. Das Klavier sieht aus wie Sauter und klingt wie Sauter, mit dem Unterschied, dass der Schriftzug im Deckel ein mäßig schön geklebtes "Schiedmayer" ist.

Viel Erfolg bei der Flügelsuche,

Hekse
 

Das Teil sieht noch unverbastelt aus, hat englische Mechanik und kann sicherlich wieder einen schönen Zustand gebracht werden, wenn ihn jemand restauriert, der weiß was er tut.
 
Kommt das öfters vor, dass Klaviere einen Namen tragen, der in Wahrheit gar nicht der ursprüngliche, tatsächliche Hersteller ist?

Ich würde sagen, das ist mittlerweile bei den meisten Instrumenten so, da es nicht mehr viele Hersteller, aber sehr viele Namen/Marken gibt. Viele davon werden in China gebaut. ZB Zimmermann, Berdux, Feurich, Wilhelm Grotrian, Ritmüller, Essex, usw

Wenn du keinen Schimmel Flügel möchtest, kannst du dir die Fahrt sparen ;-)
 
@ilseklavier
Ich habe seit 1990 ein Pleyel aus Braunschweig, Das klang beim Kauf ganz wunderbar und ganz anders als das fast zeitgleich gekaufte Schimmel meiner Schwester.
Umzug, ein anderer Stimmer und das Ergebnis nenne ich „die Vertreibung aus dem Paradies“. Erst viele Jahre und zwei weitere Umzüge später ist unser Klavierbauer dem ursprünglichen Klang wieder nahe gekommen.
Es liegt nicht am Instrument, sondern daran, was draus gemacht wurde. Unbedingt anspielen!
 
Ein „EHRBAR“-Flügel, Baujahr 2012, Länge 190 cm, Mechanik serviciert, Made by Schimmel

Ich denke eigentlich, dass mein Google Fu nicht ganz schlecht ist, aber ich habe auch nach etwas intensiverer Recherche keinerlei Hinweise auf ein solches Instrument gefunden, bzw keinen einzigen Hinweis überhaupt darauf, dass der Name Ehrbar jemals etwas mit Schimmel zu tun hatte.

Weder auf Klaviano, noch auf Pianomart findet sich ein einziges Angebot für einen Ehrbar-Flügel, das nach dem Untergang der Firma in Wien in den 1980er Jahren gefertigt wurde. Auch wenn ich tiefstes Mißtrauen in Wikipedia habe, wenn um Fragen zum Thema Klavier geht, taucht unter dem Eintrag für Schimmel der Name Ehrbar nicht auf - dafür aber Érard. Und in der Tat gab es wohl eine zeitlang Braunschweiger Flügel die unter dem Namen Érard "Made by Schimmel" vertrieben wurden.

Ich werde aus der Geschichte nicht schlau.
 
Der Markenname Ehrbar gehört dem Klavierhaus Heimo Streif in Graz. Der Inhaber hat bei Schimmel gelernt. Ich denke, daher kommt die Verbindung. Könnte ein Einzelstück sein. Vielleicht hatte der vor, den Namen wiederzubeleben? Ansonsten hätte er den ja nicht als Marke angemeldet.
 
Ich finde es interessant, was ich hier so von euch geschildert bekomme. Danke! Ich werde mir diesen Flügel ziemlich sicher nicht näher ansehen und Probe spielen. Ich möchte wirklich einen Original-Ehrbar, am liebsten einen älteren, restaurierten.
 
Ich möchte einen schwarzen Ehrbar-Flügel zwischen ca.160cm - 190cm Länge mit englischer Mechanik. Da ich jeden Tag etwa 1-2 Stunden Klavier spiele, sollte er noch relativ lange halten. Ich bin jetzt 50 Jahre alt....
Ich habe schon mit zwei Klavierhändlern in Österreich (aus meiner Heimat) Kontakt aufgenommen und werde auch informiert, sobald einmal ein passender Flügel vorhanden ist.
 
Liebe @ilseklavier

Kann Deine Vorliebe für Ehrbar gut verstehen. Habe selbst einen kleinen Ehrbar aus der Nachkriegszeit bei mir stehen, habe da mittlerwiele einiges in die Aufarbeitung investiert und bin damit sehr zufrieden.

Wie schon geschrieben worden ist, hat Ehrbar die Produktion in den 80er Jahren eingestellt. Alles, was danach neu unter dem Namen Ehrbar produziert wurde, hat mit der Klangtradition, die Dich anspricht, und mit der Qualität in der Produktion, die bei Ehrbar Standard war, nichts zu tun.

Von einem Bezug zu Schimmel habe ich bis jetzt auch noch nie gehört, aber das muss nichts heißen. Ich war bei meiner Suche natürlich auch mehrmals bei Streif in Graz. Ich habe Herrn Streif damals auch so verstanden, dass seine Firma diesen Markennamen erworben hatte, wie @Tastenscherge schreibt. Eine Zeit lang stand da ein neuer Ehrbar mit versperrter Tastenklappe, der anscheinend nicht spielbar war (kann mich an die Begründung nicht erinnern). Ich wurde dann informiert als ein neuer geliefert wurde. Hat mir gar nicht zugesagt. Der Flügel war sicher ok, vergleichbar mit den Billig-Produktlinien anderer Hersteller, aber wenn man sich das mit einer "Ehrbar-Erwartung" ans Instrument setzt, wird man garantiert entäuscht. Ich war schon länger nicht mehr dort, weiß nicht ob sie die Marke noch aktiv vertreiben. Auf der Homepage finde ich nichts.

Die Klavierbauer, mit denen ich bis jetzt zu tun hatte, hielten Ehrbar durchwegs für grundsätzlich immer interessant, weil die Substanz der Instrumente anscheinend meist ganz gut ist.

Viel Spaß bei der Suche und liebe Grüße
Gernot
 

Nachtrag: Vielleicht wirst du in Wien bei Bernhard Balas fündig. Der hat seine Lehre noch bei Ehrbar gemacht.

Liebe Grüße
Gernot
 
Liebe @ilseklavier

Kann Deine Vorliebe für Ehrbar gut verstehen. Habe selbst einen kleinen Ehrbar
Ich auch...
Meiner ist noch aus der Kaiserzeit, von der er noch 37 Jahre erleben durfte.

Die Klavierbauer, mit denen ich bis jetzt zu tun hatte, hielten Ehrbar durchwegs für grundsätzlich immer interessant, weil die Substanz der Instrumente anscheinend meist ganz gut ist.
Auch unser Klaviermacher mochte meinen Flügel. Er ist eichenfarbig, 1,72 m lang und hat eine englische Mechanik. Der Vorbesitzer war ein Chorleiter, der ihn regelmäßig servicieren ließ. Seit er bei mir steht wird er nur regelmäßig gestimmt. Mehr halte ich derzeit nicht für nötig. Ich spiele nicht besonders viel, mal mehr dann wieder monatelang gar nicht.

Viel Glück bei der Suche!
 
Danke nochmals an euch alle für die wertvollen, interessanten Informationen! Damit habt ihr mir wieder sehr geholfen, auch mein Wissen zum Thema „Klavier“ konnte ich wieder etwas erweitern.:001:
Liebe Grüße, Ilse
 
Auch wenn ich tiefstes Mißtrauen in Wikipedia habe, wenn um Fragen zum Thema Klavier geht, taucht unter dem Eintrag für Schimmel der Name Ehrbar nicht auf - dafür aber Érard. Und in der Tat gab es wohl eine zeitlang Braunschweiger Flügel die unter dem Namen Érard "Made by Schimmel" vertrieben wurden.

Ich werde aus der Geschichte nicht schlau.
Die französischen Marken Erard, Pleyel und Gaveau fanden schon im Frankreich der 60er Jahre zusammen. Die Geschäfte gingen zurück, die Manufaktur im Norden von Paris war immer weniger ausgelastet, und man lagerte den Krams aus, an den Fuß der Pyrenäen. Doch auch dort wurde es mager und magerer. Irgendwann waren es die reichen, Frankreich-Fahne-hochhaltigen Pariser Millionäre als Anteilseigner leid und vertickten die Marken - an Schimmel in Braunschweig. Die die Idee hatten, dass sich im Prinzip Schimmel-Klaviere und -Flügel mit etwas abgehobener Ausstattung unter den alten Markennamen von Erard oder Pleyel als Luxus-Ambiente-Dinger würden verkaufen lassen. Das lief einige Jahre, und es lief schief. Dann kauften wiederum paar reiche Pariser die Markenrechte heraus, mieteten eine kleine Parzelle der ehermals riesigen Manufakturflächen, und an historischer Stätte im Norden von Paris wurden wieder in kleinen Stückzahlen, mit Verlusten, leider dauerhaften Verlusten, Erard und Pleyel gebaut und verkauft.

Vor dreivier Jahren dann gaben sie auf. Details in der WP. Die Fertigung wurde stillgelegt, Restbestände noch verkauft, und seither sind Erard und Pleyel Geschichte.

Dem, was zu Gaveau, Pleyel, Erard in der dt. Wikipedia steht, kannst du insoweit vertrauen, wie du mir vertraust. Ich habe da immer mal ein Auge darauf, habe wesentliche Teile mitgeschrieben, und bin hier im maßgeblichen Besitz von zwei Monografien zu den Firmengeschichten derer Pleyel und derer Erard, von einem ausgewiesenen frz. Fuchs der Klavierhistorie. Du kannst mich nach allen Flügelmodellen der beiden Hersteller befragen, ich habe hier die Infos zwar nicht wie bei Steinway automatico im Kopf, kann aber nach links ins Regal greifen, und dreieinhalb Minuten später werde ich es gefunden haben.

Auch das, was zu Boisselot und was zu Mangeot, weiteren französischen Flügelbauern , in der WP steht, fällt unter diese Kategorisierung. Das muss nicht im Wesentlichen 100pro korrekt sein, aber die Linie ist da und plausibel.

Ehrbar und Erard sind zwei komplett verschiedene Paare Socken. Ehrbar ist historisch gesehen eine generation jünger, der Gründer war Hannoveraner und ein Kumpan von Theo Steinweg, ging dann nach Wien und wurde bekannt. Erard war Sebastian Ehrhardt aus Straßburg, Deutschen Ursprungs, ging nach Paris und wurde sowohl auf dem Sektor Harfenbau als auch auf dem Sektor Klaviere, Flügel berühmt. Auf ihn geht die "englische" Doppelrepetition zurück, die er 1821 erfand.

Der heutige Konzertharfen-Bau ist 100pro nach Patenten Erard.
 

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