Die 10.000-Übestunden -Statistik

Über das Talent möchte ich noch sagen, dass ich nicht glaube, dass man gerne die Ausrede mangelnden Talents gebraucht. Lieber lässt man sich der Faulheit schelten als sich dem niederschmetternden Urteil zu beugen nur mangelhaftes Talent zu haben.

ein wahrer Satz - und ich gebe zu, dass ich nicht gewagt hätte, diesen hinzuschreiben: er kann ziemlich frustrierend wirken. Für beide Seiten ist es unangenehm, wenn jemand u.U. sogar nach bestandener Aufnahmeprüfung zu hören bekommen muß, dass es halt doch nicht reicht... Und das kommt durchaus vor!
 
also....wirklich danke für die Tipps, jedoch war meine Frage nicht, wie viele Stunden man üben sollte, aber auch nicht, ob ich Talent habe oder nicht....ausserdem versteh ich schon was du meinst, Hasenbein, das einige Schüler wirklich glauben, ja ich kann singen, will Sängerin werden, ist nicht schwierig, man muss ja eh nur singen oder was weiss ich was sie da denken.......es ist mir sehr sehr bewusst sogar, dass es schwierig ist, sogar hatte ich Angst das ich auch so denke und hab deshalb an einem Wettbewerb teilgenommen...........
die Frage musste ich wohl besser auf "Welche klassische Musik soll ich kennen?" wechseln ;).....
 
Hallo,

ich glaube, man muss wirklich auch unterscheiden zwischen künstlerischen Berufen und anderen. Zur Ausübung wirklicher Kunst sind 10.000 Stunden Üben zwar durchaus hilfreich, aber da stehen m.M.n. ganz andere Dinge im Vordergrund. Ich kann das nicht gut sprachlich ausdrücken, aber es hat etwas damit zu tun, dass man das Menschsein in ihrer musikalischen Sprache erfassen und ausdrücken kann. Musikalische Erkenntnis und die Ausdrucksfähigkeit derselben kann man nur bedingt erlernen - ganz abgesehen von bestimmten Eigenschaften, die man haben muss und die man nicht erlernen kann wie Konzentrationsfähigkeit, motorische Geschicklichkeit, gute Nerven etc.

Ich glaube, dass also diese Studie grundsätzlich nicht verkehrt ist, dass aber für künstlerische Berufe ganz andere Qualitäten gelten. Kunst hat ja auch immer etwas mit Erschaffen zu tun - was helfen da 10.000 Stunden.

Viele Grüße

chiarina

P.S.: Ich bin z.B. eine katastrophal schlechte Zeichnerin. Mein Stand entspricht dem eines Kindergartenkindes :D . Wenn ich nun üben würde wie verrückt, könnte ich vielleicht mit etwas Glück lernen, in ähnlichem Stil wie Monet zu zeichnen. Ich könnte also im besten Fall kopieren. Aber selbst würde ich niemals ein guter Maler werden können.
 
Hallo hasenbein,

ich finde aber, dass pianogirli dieses Interesse durchaus mitbringt. Sie hat sich in einem Klavierforum angemeldet, stellt Fragen, u.a. auch zu verschiedenen Ausgaben des Fantasie-Impromptus und unterscheidet sich dadurch deutlich von dem von dir beschriebenen Schüler, der mit Mühe und Not den zerknitterten Bach aus seiner Tasche holt. Wenn sie Fragen stellt, die dir nicht gefallen, heißt das noch nicht, dass das keine guten Fragen sind.

Viele Grüße

chiarina
 
Sviatoslav Richter
Martha Argerich
Friedrich Gulda
Andras Schiff
Wilhelm Kempff
Vladimir Aszkenazy
Vladimir Horowitz
Alfred Brendel
Helene Grimaud
Claudio Aurrau
Emil Gilels
Evgeny Kissin
Glenn Gould
Kaum eine/r der Genannten hat in meinen Augen auch bloß
im Entferntesten mit dem Klavierspiel als Musik irgendetwas
zu schaffen.
Kaum einer heißt nicht keiner, wer aus der Liste hat denn etwas mit dem Klavierspiel zu tun?
Und warum die anderen nicht?
Was ist mit Rubintsein?

besten Gruß
Stilblüte
 
Von der erwähnten Studie habe ich im übrigen auch einmal gelesen.

Es wäre falsch zu sagen, dass man mit 10.000 Übestunden Profi ist.
Aber ich denke es ist durchaus gerechtfertig zu behaupten, dass man ohne eine ähnlich große Anzahl jemals einer werden kann.
Musikalität, Talent, Gestaltungswille etc. brauchen eine gesichertes Fundament, welches man eben mit dem Üben erreicht. (das bloße sinnieren darüber reicht nicht, wenngleich es in einem gesundem Maß nützlich ist, sich nach neuen Übemethoden dann und wann umzuschauen)
Gerade wenn einem diese Sache wichtig ist, wird man ohnehin ein gewisses mindestmaß an Stunden damit verbringen. Beim üben finde ich ergibt sich sowieso eine Eigendynamik oder will man sogar sagen, ein Synergieeffekt. Stilblüte hat es schon einmal angesprochen.
Wenn man etwas lernt und Fortschritte merkt, macht es Spaß etc. :)
Aber ebenso ist es auch mit Problemstellen. Mich reizt es das Problem zu bewältigen, statt frustriert die Noten wegzuschmeißen.

schönen Gruß, Raskolnikow

Aber gut, ich habe eventuell auch leicht reden. Ich bin froh wenn ich meine eine Stunde jeden Tag vollkriege am Klavier, wo ich anstehende Stücke übe. Und mir liegt letztlich auch sehr viel am Klavierspiel.
 

Es wäre falsch zu sagen, dass man mit 10.000 Übestunden Profi ist.

Die Studie sagt ja auch was anderes aus. Sie sagt, dass diejenigen, die Profi sind, quasi alle 10.000 Stunden geübt haben. Das extreme Üben ist also Voraussetzung für das Profitum - unabhängig von Talent und anderen Vorteilen, die dann die Differenzierung von Konzertpianist und Genie ausmachen.

Zitat von chiarina:
Ich glaube, dass also diese Studie grundsätzlich nicht verkehrt ist, dass aber für künstlerische Berufe ganz andere Qualitäten gelten.

Ein Teil der Studie hat explizit Pianisten untersucht (sowie Violinespieler)!
 
Pianogirlie:

Was Du zuerst brauchst, ist Interesse an klassischer Musik. Schau Dir die Filme "Beethoven" und "Amadeus" an. Die hier im Forum versammelten Klassik-Koryphäen werden jetzt aufschreien, aber ich finde, beide Filme sind geeignet, bei klassikfernen Menschen ein gewisses Verständnis dieser Musik hervorzurufen (und sich gleichzeitig einen guten Film reinzuziehen). Dann würde ich mit etwas leichtem Anfangen (es gibt z.B. die 5 wichtigsten Mozart-Opern als Puppenspiel auf DVD) oder mit einer CD auf der die größten "Hits" von Mozart etc. drauf sind. Danach entwickelt sich der Geschmack an klassischer Musik von ganz alleine (oder eben auch nicht) und Du wirst sehen, dass sich neue Horizonte auftun. Geh einfach mal in ein klassisches Konzert (hier eigent sich für den Anfänger auch Mozart, die Wiener Klassik, Vivaldi u.ä. - heb Dir Mahler und Wagner für später auf ...) Man muss das alles nicht machen um passabel Klavier zu spielen, aber man kann sein Leben dadurch bereichern.

Gruss

Hyp
 
Hi,

wen's interessiert, Referenzen zum Thema "Meisterschaft nach 10Jahre/10.000 Stunden Regel":

Paper von www.mpr-online.net:

http://www.mpr-online.net/Issues/Volume 1 [2007]/Sloboda.pdf

Oder Bücher:

  • Aaron Williamon , Musical Excellence: Strategies and Techniques to Enhance Performance, Oxford University Press (2004)
  • Andreas C. Lehmann, John A. Sloboda, Robery H. Woody, Psychology for Musicians: Understanding and Acquiring the Skills (2007)
  • Ericsson und K. Anders Ericsson, The Road to Excellence: The Acquisition of Expert Performance in the Arts and Sciences, Sports, and Games von Lawrence Erlbaum Assoc Inc (Taschenbuch - 13. Juli 1996)

Ich will noch auf folgendes hinweisen:

  • Es wurden natürlich nur die untersucht, die die Meisterschaft (Excellence) auch erreicht haben. Es fallen alle weg, die erst gar nicht soweit gekommen sind, vielleicht auch mit noch mehr Stunden.
  • Fall es so etwas wie Talent im wissenschaftlichen Sinn überhaupt gibt (das ist weiterhin meiner Meinung umstritten), spielt es keine Rolle. Viel wichtiger (unabdingbar) sind höchste Motivation und Übeeffizienz.
  • Geschichten von Wunderkinder, die ohne irgendwelches Üben/Lernen etwas meisterlich ausführen konnten, wurden wissenschaftlich nie bewiesen. Sie sind also in das Reich der Fabeln zu stellen.
  • Auch Mozart hat die Regel eingehalten, er was sogar etwas schlechter wie Mendelssohn. ;-)

Gruß
 
Auch Mozart hat die Regel eingehalten,
er was sogar etwas schlechter wie Mendelssohn.

Hi, Bachopin -

Du weckst meine Neugierde - darüber würde ich gerne etwas mehr wissen.

Wenn man davon absieht, daß Mozart höchtens schlechter als Mendelssohn gewesen sein kann -
ich frage mich, genauer gesagt Dich:

  • Worin war er schlechter?

  • Welche Regel hat Mozart eingehalten, welche nicht?

  • Wie schlecht war Mendelssohn, wenn Mozart sogar noch etwas schlechter gewesen ist?

  • Aufgrund welcher Kriterien beurteilst Du Mendelssohn und Mozart?

Bitte um Aufklärung!

Gomez
 
Hi Gomez de Riquet,

ich hab' halt mal wieder absichtlich etwas vereinfacht dargestellt, damit es prägnanter ist.

Nach den Studien haben Mozart und Mendelssohn halt auch grob die 10.000Stunden/10Jahre Regel eingehalten, wobei Mozart, soweit ich mich erinnere, bei der Entwicklungszeit bis er meisterlich komponiert hat, eben ein bischen länger wie Mendelssohn gebraucht hat.

Nimm's aber nicht zu ernst.

Gruß
 
Ten years after


Zumindest die Sache nehme ich sehr ernst -
und da interessiert mich, auf welche Literatur über Mozart und Mendelssohn
Du Dich beziehst - schlicht und ergreifend: woher hast Du Deine Informationen?

10 Jahre - ab wann läuft der Countdown?

Mozart hat 1761 - mit fünf Jahren - zu komponieren begonnen
(unter tatkräftiger Mithilfe seines Vaters Leopold).

Mendelssohn hat 1819 - mit 10 Jahren - wie besessen zu komponieren begonnnen.

Was sind das für Studien - nenn doch bitte Roß und Reiter...

Ich würd gern wissen, wer so Inkommensurables wie die Lebensläufe zweier Menschen
aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und grundverschiedenen Epochen
(modern gesprochen: mit ganz unterschiedlichen Startbedingungen),
vergleicht, evaluiert, nach irgendwelchen Vorstellungen von Effizienz bemißt.

Und nach wie vor: Selbst wenn es stimmen sollte, so hat Mozart nicht
a bissel länger wie Mendelssohn gebraucht, sondern höchstens länger als Mendelssohn.

Gruß, Gomez
 
a bissel länger ist besser als wie ein Pferd das Aa macht und vorher Pfannkuchen frisst.:D
 

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