Die 10.000-Übestunden -Statistik

Guten Tag allerseits!

Um das Pferd mal von der anderen Seite aufzuzäumen -
eine Erklärung für die Reserviertheit begabter Pianisten, ihre Kunst verbal zu vermitteln:
Sie haben sich vieles von dem, was sie wissen, selbst erarbeitet,
und dieser hochschöpferische Prozeß, sich etwas zu erarbeiten,
das dabei unvermeidbare mühevolle Ringen, hat ihnen zur Erkenntnis verholfen.

Der Umkehrschluß: Dem Schüler diesen Weg zu erleichtern, ihm das zu Erlernende vorzukauen,
ist nicht nur keine Hilfe - es schadet geradezu. Das schmerzfreie Lernen ist die Utopie fauler Menschen,
vorallem ist es paradoxerweise genau das, was tiefsten Schmerz erzeugt:
das Bewußtsein, an etwas gescheitert zu sein, weil man die Anstrengung gescheut hat.

Lernen ist eine einsame Beschäftigung. Ein guter Lehrer wartet im Hintergrund,
bis der Schüler die richtigen Fragen stellt, beantwortet sie womöglich trotzdem nicht,
sondern wartet, bis der Schüler selbst die Antwort gefunden hat.
Wozu - werden manche fragen - ist ein Lehrer dann überhaupt notwendig?
Als jemand, der mit jeder Faser seiner Existenz für den Schüler Vorbild ist,
für dessen Entwicklung die Verantwortung trägt, im richtigen Moment Hilfestellung gibt -
wie der Turnlehrer beim Handstand-Überschlag.


Gruß, Gomez


P.S. Es steht dazu übrigens nicht in Widerspruch, daß ein Lehrer seinem Schüler bei Bedarf
gewaltig dazwischenfunkt (siehe Tiersen-Diskussion) und sagt: Den und den Schrott
kannst Du gerne spielen - aber mich als Lehrer bist Du dann los.
 
@Rolf
@Gomez

Rolf hat bei seiner Gegenprobe ein,wie ich meine, nicht korrektes Modell benutzt.

Und so muss er die Frage stellen, warum denn der, der alles besser kann es nicht auch besser erklären könnte.

Sehr grob gesagt gibt es aber 2 Typen von Pianisten:

Typ 1 ist der Talentierte, der intuitiv richtig arbeitet aber trotzdem natürlich extrem fleissig gewesen sein muss.

Typ 2 ist der, der ebenfalls extrem fleissig gewesen ist und durch trial and error sich aber zu dem gleichen Niveau gerarbeitet hat.

Es gibt ja tausende von Konzertpianisten und darunter dürften eben diese Typen , wenn nicht sogar Mischtypen, vorkommen.

Beide sind auf der geforderten Höhe und treten auf oder/und unterrichten.

Nur dass wahrscheinlich Typ 2 geeigneter ist, dem Studenten Hilfen zu geben und Irrwege zu ersparen.

Gomez geht in seinem Beitrag davon aus, dass sich der Untalentierte Arbeit ersparen will und auf einem quasi leicht unredlichem Wege das Ziel erreichen möchte.

Dem möchte ich widersprechen. Der Typ 2 ist von extremem Fleiss und willens, jede Mühe auf sich zu nehmen. Ich sehe nun kein Problem darin, dass diesem der Lehrer Hilfen anbietet, damit die Arbeit in die richtigen Wege und Gleise geleitet wird.

Natürlich ist es Aufgabe des Lehrers, seinen Schüler die Lösungen am besten selbst finden zu lassen, aber wir als Lehrer müssen auch nicht zusehen, wie jemand einer falschen Methode allzu lange hinterher geht.

Dafür gibt es ja auch seit nun Jahrhunderten die Lehrbücher über die richtige Art des Klavierspiels, weil man den Schülern eben diese Irrwege ersparen möchte.

Bei der Gilde der Magier wollen auch alle wissen, wie der Zauberer es macht. Aber sie werden es nicht herausfinden und man wird es ihnen nie sagen.

Wenn sie allerdings selber zur Gilde gehören, dann werden ihnén die Geheimnisse offenbart. Der Magier wartet nicht, bis seine Schüler das selbst herausgefunden haben, sondern erklärt alles, bis auf das, was er als seinen persönlichsten Besitzt ansieht.

Und das mag es auch bei Pianisten geben.
 
Hi,

Der Umkehrschluß: Dem Schüler diesen Weg zu erleichtern, ihm das zu Erlernende vorzukauen,
ist nicht nur keine Hilfe - es schadet geradezu. Das schmerzfreie Lernen ist die Utopie fauler Menschen,
vorallem ist es paradoxerweise genau das, was tiefsten Schmerz erzeugt:
das Bewußtsein, an etwas gescheitert zu sein, weil man die Anstrengung gescheut hat.

Lernen ist eine einsame Beschäftigung. Ein guter Lehrer wartet im Hintergrund,
bis der Schüler die richtigen Fragen stellt, beantwortet sie womöglich trotzdem nicht,
sondern wartet, bis der Schüler selbst die Antwort gefunden hat.

Ich hab' eine andere Vorstellung vom Lernen und der Rolle des Lehrers:

  1. Lernen ist besonders effektiv, wenn ein Belohnungssystem dahinter steht (keine Schmerzen). Das Belohnungssystem muss der Lehrer einrichten und "managen".
  2. Lernen ist besonders effektiv, wenn es in "entspannter" Konzentration stattfindet. Der Lehrer muss die dazu notwendigen Voraussetzungen (z. B. Infrastruktur) schaffen und überwachen.
  3. Der eigentliche Lernprozess muss schlussendlich vom Schüler selbst durchgeführt werden. Dazu muss der Lehrer aber alle notwendige Unterstützung bieten, damit das stattfindet.
  4. Meta-Lernen: Der Lehrer muss besonders Methoden und Unterstützung anbieten, damit der Schüler lernt zu lernen.

Gruß
 
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Lernen ist eine einsame Beschäftigung. Ein guter Lehrer wartet im Hintergrund,
bis der Schüler die richtigen Fragen stellt, beantwortet sie womöglich trotzdem nicht,
sondern wartet, bis der Schüler selbst die Antwort gefunden hat.

Selbst wenn der Lehrer seinem Schüler eine Erkenntnis, die dieser erst machen muss, direkt mitteilt, erspart er ihm nicht den Schritt des selbst Erkennens. Man kann Erkenntnisse nicht einfach weitergeben, so wie man weitergeben kann, dass Beethoven 1770 geboren ist.

Die meisten haben sicher die Erfahrung gemacht, dass sie irgendwann etwas ganz von selbst verstanden haben, und dann bemerken, dass der Lehrer es schon seit langem immer wieder gesagt hat ;) Aber das führte offensichtlich nicht zur Erkenntnis.

lg marcus
 
Hi marcus,
Selbst wenn der Lehrer seinem Schüler eine Erkenntnis, die dieser erst machen muss, direkt mitteilt, erspart er ihm nicht den Schritt des selbst Erkennens. Man kann Erkenntnisse nicht einfach weitergeben, so wie man weitergeben kann, dass Beethoven 1770 geboren ist.

Die meisten haben sicher die Erfahrung gemacht, dass sie irgendwann etwas ganz von selbst verstanden haben, und dann bemerken, dass der Lehrer es schon seit langem immer wieder gesagt hat ;) Aber das führte offensichtlich nicht zur Erkenntnis.

siehe mein obigen Punkt 3.

Der Lehrer muss z. B. erkennen, dass der Schüler die notwendigen Schritte zum eigenen Verständnis noch nicht vollzogen hat. Er muss dann entsprechende Hilfe bieten, damit es stattfindet. Oder der Lehrer muss erkennen, dass dem Schüler noch bestimmte Voraussetzungen fehlen und diese erst schaffen.

Gruß
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Zitat von Gomez:
Der Umkehrschluß: Dem Schüler diesen Weg zu erleichtern, ihm das zu Erlernende vorzukauen,
ist nicht nur keine Hilfe - es schadet geradezu. Das schmerzfreie Lernen ist die Utopie fauler Menschen,
vorallem ist es paradoxerweise genau das, was tiefsten Schmerz erzeugt:
das Bewußtsein, an etwas gescheitert zu sein, weil man die Anstrengung gescheut hat.

Lernen ist eine einsame Beschäftigung. Ein guter Lehrer wartet im Hintergrund,
bis der Schüler die richtigen Fragen stellt, beantwortet sie womöglich trotzdem nicht,
sondern wartet, bis der Schüler selbst die Antwort gefunden hat.


Hallo miteinander,

ich glaube mit dieser Art des Lernens meint Gomez die Form des entdeckenden Lernens, die den Schüler dazu zwingt, kreativ zu sein, auszuprobieren und sich den Lernstoff wirklich erst dann anzueignen wenn er ihn von Grund auf erkannt und verstanden hat.

Ein Lehrer ist dazu natürlich nötig, da er zumindest das Minimum der notwendigen Hilfestellungen geben muss, um zu vermeiden, dass das Ganze nachhaltig in eine völlig falsche Richtung läuft.

Meines Erachtens ist diese Form des Lernens zumindest für den Klavierunterricht ab einem gewissen hohen Niveau auch unabdingbar. Während der Schüler im Anfängerunterricht noch einer Art "engmaschiger Betreuung und Unterstützung" bedarf, muss sich ein weit fortgeschrittener Schüler, der ein hohes pianistisches Niveau anstrebt, doch irgendwie "freischwimmen".

Hinzu kommt, dass es sich beim Klavierspielen auf hohem pianistischen Niveau um ein Können mit hoher künstlerischer Komponente handelt. Daher sind den Möglichkeiten, dieses Können anderen zuvermitteln m.E. auch Grenzen gesetzt.

Das Spiel von Pianisten, die auf der Höhe ihrer Kunst angekommen sind, hat doch sein ganz individuelles, eigenes musikalisch-künstlerisches Gepräge. Daher hört sich auch das selbe Werk, von verschiedenen großen Pianisten gespielt, nie genau gleich an. Selbst wenn einer es wollte, könnte Pianist X niemals die von Pianist Y präsentierte Darbietung eines konkreten Stücks völlig identisch nachspielen.

Damit will ich sagen: Klavierspiel auf hohem oder höchsten Niveau hat eben - neben allem, was erlernbar und vermittelbar sein mag - auch einen gehörigen ganz individuellen künstlerischen Anteil. Diesen kann man nicht einfach vom Lehrer auf den Schüler übertragen. Der Lehrer kann den Schüler hier höchstens anleiten, diesbezüglich seine eigene Identität zu finden.

(Falls das jetzt alles völliger Quatsch sein sollte: Duck, flitz und weg)

Debbie digitalis
 
Hi,

Fähigkeiten
Fähigkeiten sind die körperlichen und geistigen Voraussetzungen zu Erfüllung bestimmter Arbeitsleistungen. Hierzu gehören je nach Arbeitstätigkeit u.a.: körperliche Eignung und Geschicklichkeit, Denkfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Ausdrucksvermögen, Einfallsreichtum, Beobachtungsgabe usw.

Fertigkeiten
Fertigkeiten bezeichnen das Können, das durch Einüben entsteht, wie z.B. Schreib-, Lese- und Rechenfertigkeiten, aber auch manuelle Fertigkeiten, wie z.B. der geschickte Umgang mit Werkzeugen oder einem Musikinstrument

aufgrund dieser Defintionen lautet meine Talent Definition dann so:

"Talent in einer Domäne ist die Fähigkeit eine höhere Fertigkeit dieser Domäne entweder spontan ganz ohne Lernphase oder mittels einer kurzen intuitiven (ohne konkrete Anleitung) Test/Experimentierphase zu entwickeln. "


Es wurde hier bemängelt (z. B. von rolf), "dass in dieser verknappten und überspitzten Form keine sinnvollen Aussagen getroffen werden können".

Ich finde aber gerade Defintionen sollten möglichst kurz (überspitzt) und prägnant sein.

Gruß
 
Achje, Bachopin,

der Versuch eines Gedankenaustauschs zwischen uns bleibt hindernisreich.
Der Verdacht erhärtet sich, daß die von Dir und mir bevorzugten
grundverschiedenen Idiome uns erfolgreich aneinander vorbeireden lassen.

Lernen ist besonders effektiv, wenn ein Belohnungssystem dahinter steht (keine Schmerzen).
Das Belohnungssystem muss der Lehrer einrichten und "managen".

Was liest Du da in meinen Wortlaut hinein? Glaubst Du, ich stelle mir
den Klavierunterricht nach Art des Milgram-Experiments vor?

Wenn ich von Schmerz sprach, dann von dem, den bei jedem Lernenden
die objektive Diskrepanz zwischen Wollen und Vollbringen erzeugt.

Lernen ist besonders effektiv, wenn es in "entspannter" Konzentration stattfindet.
Der Lehrer muss die dazu notwendigen Voraussetzungen (z. B. Infrastruktur) schaffen und überwachen.

Habe ich etwa die Verspannung als ideale Lernvoraussetzung gepriesen?

Außerdem müßte es doch wohl möglich sein, das Unterrichten am Klavier
ohne den Gebrauch von Begriffen wie "Management" und "Infrastruktur" zu beschreiben.

Der eigentliche Lernprozess muss schlussendlich vom Schüler selbst durchgeführt werden.

Du meinst - wenn ich das mal in normales Deutsch übersetzen darf:
Lernen muß der Schüler selbst. Und da sind wir seltenerweise einer Meinung.

Gruß, Gomez
 
zu klavigens post möchte ich noch hinzufügen:

es gibt auch hervorragend Talentierte, die mit einer Art von Technik spielen, mit der ein Normalverbraucher nicht existieren könnte.

Will sagen: was bei einem Extremtalentierten funktioniert, funktioniert noch lange nicht bei einem fleißigen und auch talentierten Spieler.

Von der Sorte habe ich auch Menschen kennenlernen dürfen.
 
Hi Gomez,

Achje, Bachopin,

der Versuch eines Gedankenaustauschs zwischen uns bleibt hindernisreich.
Der Verdacht erhärtet sich, daß die von Dir und mir bevorzugten
grundverschiedenen Idiome uns erfolgreich aneinander vorbeireden lassen.

nachdem ich deinen Post gelesen habe, muss ich dir recht geben.
Ich hab' irgendwie nicht richtig aufgepasst und etwas hinein interpretiert, was du gar nicht gemeint hast.

Also auf ein Neues.

Gruß
 

. Das schmerzfreie Lernen ist die Utopie fauler Menschen,
vorallem ist es paradoxerweise genau das, was tiefsten Schmerz erzeugt:
das Bewußtsein, an etwas gescheitert zu sein, weil man die Anstrengung gescheut hat.


.

Hier hatte Bachopin wohl tatsächlich etwas falsch verstanden aber auch die Grösse gezeigt, dies zuzugeben.

Ich war in meinem Post auch auf diesen Passus eingegangen und hatten ihn anders bewertet.

Wir sprechen hier nun nicht von Menschen, die die Anstrengung scheuen sondern ganz im Gegenteil mit solchen, die bereit sind, alle Anstrengungen auf sich zu nehmen.

Der tiefe Schmerz kann aber dann auch daher rühren, dass man trotz aller Bemühungen nicht das Ziel erreichen konnte. Weil man vielleicht nicht begabt genug war oder der Lehrer nicht gewillt war, die Irrwege abzubrechen, in die man sich verrannt hatte.
 
(...)
"Lernen ist eine einsame Beschäftigung. Ein guter Lehrer wartet im Hintergrund,
bis der Schüler die richtigen Fragen stellt, beantwortet sie womöglich trotzdem nicht,
sondern wartet, bis der Schüler selbst die Antwort gefunden hat.
Wozu - werden manche fragen - ist ein Lehrer dann überhaupt notwendig?
Als jemand, der mit jeder Faser seiner Existenz für den Schüler Vorbild ist,
für dessen Entwicklung die Verantwortung trägt, im richtigen Moment Hilfestellung gibt -"(...)

Auf dieses Zitat von Gomez möchte ich gerne noch einmal eingehen. Mir gefällt das sehr gut, denn es trifft einen in meinen Augen sehr wichtigen Punkt:

Der Schüler muss reif sein für die Frage, die Hilfestellung sollte dann erfolgen, wenn er Schüler tatsächlich nicht selbst die Lösung finden kann, selbst wenn er sich extrem darum bemüht. So in etwa habe ich es verstanden, gomez möge mich korrigieren, wenn es nicht dem entspricht, was er sagen wollte.

Ich bin der Meinung, der Schüler soll und darf sich nicht zu sehr auf den Lehrer verlassen. Ich gehe noch weiter: der Lehrer soll dem Schüler nach und nach alles an die Hand geben, damit dieser selbstständig werden und arbeiten/lernen kann.

Kurzum- der Schüler muss selbt denken und nach Problemlöungen suchen- so sehe ich das auch.

(....)
"Wenn ich von Schmerz sprach, dann von dem, den bei jedem Lernenden
die objektive Diskrepanz zwischen Wollen und Vollbringen erzeugt."(...)


Wenn ich gomez hier richtig verstanden habe, dann sieht er es für den Fortschritt als notwendig an, seinen wirklichen Stand mit allen Defiziten realistisch einschätzen zu müssen, und damit verbunden die Notwendigkeit, sich aus eigener Kraft noch mehr und kreativer um eine Problemlösung zu bemühen.

Das halte ich allerdings für etwas problematisch. Nicht jeder kann von sich aus einen zweckmäßigen Weg finden. Aus welchem Grunde sollte diesem fleißigen Menschen die Hilfe nicht angeboten werden?
Zu viel Frust tut keinem gut und gefährdet meiner Meinung nach Lernerfolge ebenso wie Motivation.

LG
violapiano
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo violapiano,

schöne Beiträge hast du hier m.M.n. schon verfaßt!

Wie viel Frust man einem Schüler zumuten kann, ist immer ein Balanceakt, bei dem der Lehrer die Situation seines Schülers sehr gut im Blickfeld haben sollte. Bei nichtprofessionellen Schülern muss man da oft vorsichtig sein.

Ein Beispiel aber mal von meiner letzten Lehrerin:

in meinem ersten Semester bei ihr sagte sie zu mir immer nur: "Hör's an!" und schüttelte immer wieder mit dem Kopf. Und das für ein halbes Jahr, nachdem ich die Diplommusiklehrerprüfung schon hinter mir hatte und nun die Konzertausbildung machte. Es war das härteste Semester meiner ganzen Hochschulausbildung und es hat mir soviel wie kein zweites gebracht. Ich lernte mir selbst zuzuhören, mich nicht nach den Wünschen eines Lehrers zu richten und eigene Verantwortung für eine Interpretation zu übernehmen.

Das heißt, der Frust war groß - das Ergebnis aber auch :p !

Noch eine Bemerkung zu meinem Post (schon etwas länger her), den du nicht nachvollziehen konntest, weil ich dort die Diskussion von Blüte mit pppetc als ein Paradebeispiel für sinnvolles Üben bezeichnet habe:

Beim Üben geht es letztendlich für mich immer um eine innere Haltung. Wie man Musik sieht/hört, welche Eigenschaften und Hintergründe/Erfahrungen man mitbringt, wird für eine Interpretation, bei der es nicht mehr um Lernstrategien und Übetechniken, auch nicht mehr um die Anzahl von Übestunden geht, sehr bedeutsam sein.
Deswegen finde ich jede Auseinandersetzung, die sich mit dem Bewusstwerden einer solchen inneren Haltung beschäftigt, sehr wichtig und förderlich. Eine Auseinandersetzung mit anderen Musikern und Künstlern kann nur gewinnbringend sein, selbst wenn man anderer Meinung ist! Ich sehe deshalb solche Auseinandersetzungen als absolut persönlichkeitsfordernd und - stärkend an und sehe sie auch als Teil eines sinnvollen Übens an.

Vielleicht ist meine Postion ja etwas klarer geworden.

Viele Grüße

chiarina
 
@Rolf
@Gomez
(1)
Rolf hat bei seiner Gegenprobe ein,wie ich meine, nicht korrektes Modell benutzt.

Und so muss er die Frage stellen, warum denn der, der alles besser kann es nicht auch besser erklären könnte.
(2)
Sehr grob gesagt gibt es aber 2 Typen von Pianisten:

Typ 1 ist der Talentierte, der intuitiv richtig arbeitet aber trotzdem natürlich extrem fleissig gewesen sein muss.

Typ 2 ist der, der ebenfalls extrem fleissig gewesen ist und durch trial and error sich aber zu dem gleichen Niveau gerarbeitet hat.

Es gibt ja tausende von Konzertpianisten und darunter dürften eben diese Typen , wenn nicht sogar Mischtypen, vorkommen.

Beide sind auf der geforderten Höhe und treten auf oder/und unterrichten.
(3)
Nur dass wahrscheinlich Typ 2 geeigneter ist, dem Studenten Hilfen zu geben und Irrwege zu ersparen.
(4)
Gomez geht in seinem Beitrag davon aus, dass sich der Untalentierte Arbeit ersparen will und auf einem quasi leicht unredlichem Wege das Ziel erreichen möchte.

Dem möchte ich widersprechen. Der Typ 2 ist von extremem Fleiss und willens, jede Mühe auf sich zu nehmen. Ich sehe nun kein Problem darin, dass diesem der Lehrer Hilfen anbietet, damit die Arbeit in die richtigen Wege und Gleise geleitet wird.

Natürlich ist es Aufgabe des Lehrers, seinen Schüler die Lösungen am besten selbst finden zu lassen, aber wir als Lehrer müssen auch nicht zusehen, wie jemand einer falschen Methode allzu lange hinterher geht.

Dafür gibt es ja auch seit nun Jahrhunderten die Lehrbücher über die richtige Art des Klavierspiels, weil man den Schülern eben diese Irrwege ersparen möchte.
(5)
Bei der Gilde der Magier wollen auch alle wissen, wie der Zauberer es macht. Aber sie werden es nicht herausfinden und man wird es ihnen nie sagen.

Wenn sie allerdings selber zur Gilde gehören, dann werden ihnén die Geheimnisse offenbart. Der Magier wartet nicht, bis seine Schüler das selbst herausgefunden haben, sondern erklärt alles, bis auf das, was er als seinen persönlichsten Besitzt ansieht.

Und das mag es auch bei Pianisten geben.

allmählich wird es schwierig, geduldig zu bleiben... aber egal, gerade Schwierigkeiten sind ja interessant, jedenfalls am Klavier...

zu (1)
da mag ich nur Beispiele nennen: Leon Fleisher, Michel Beroff, Ludwig Hoffmann oder Vitaly Margulis, um nur vier von vielen zu nennen, die erstens selber erstklassige Pianisten und zweitens hervorragende Klavierpädagogen sind. Wenn Dir das als Beweis nicht genügt, ist jede Diskussion sinnlos...
Genügt Dir das als Gegenprobe? ...übrigens hat Margulis schon als Kind das b-Moll Konzert von Tschaikowski öffentlich gespielt - wie gemein: ein pianistisches Wunderkind, das später zu einem der besten Klavierpädagogen wurde...

zu (2)
üben tun alle, restlos alle - aber das Schicksal ist gnadenlos: bei vielen hilft dann auch das viele üben nicht! Ich glaube nicht so recht an diese zwei Typen, zumal Dein Typ 2 ja der sein müsste, der den vermeintlich richtigen Weg weiss, welcher für alle gelten müsste: aber nachweislich schaffen es nicht alle, auch nicht mit besonders viel üben - - - Deiner Ansicht nach ein Weg über das aktive Erarbeiten von restlos allem quasi ab ovo: äusserst unwahrscheinlich. Bislang ist kein Exemplar der Gattung "gute Pianisten" bekannt, welches nicht schon zur Jugendzeit überdurchschnittliche Lernerfolge aufgewiesen hat (und das gilt auch für Harsiewicz, der das Klavier zwar erst mit 14 angefasst hat - nach mehreren Jahren Violine! - aber mit 16 schon enorm auffiel)

zu (3)
wenn es denn Typ 2 tatsächlich derart extrem als Gegenpol gäbe, wie Du es darstellst - das scheint mir aber übertrieben.

zu (4)
betrifft Gomz´ Beitrag

zu (5)
ja ja... es gibt Anekdoten wie die von Cortot, der Horowitz extra nicht gezeigt haben will, wie man ein paar Saint-Saens-Oktaven hinkriegt... das muss man nicht aufbauschen oder gar zur Regel erklären - insgesamt halte ich nicht viel von diesem Verdacht.

ansonsten:
bitte zeig mir mein "unkorrektes Modell" - und wenn Du es nicht findest, was sehr wahrscheinlich ist, dann sag mir sowas nicht nach. Du bist es doch, der immer für Tonfall und Noblesse eintritt - Du könntest ja mal versuchen, Dich mit Argumenten (die ganz ohne Ironie vorgestellt wurden!) auseinander zu setzen - - - das wäre angenehmer, also ohne jeglichen nachvollziehbaren Grund von "unkorrekten Modellen" zu reden!
 
in meinem ersten Semester bei ihr sagte sie zu mir immer nur: "Hör's an!" und schüttelte immer wieder mit dem Kopf. Und das für ein halbes Jahr, nachdem ich die Diplommusiklehrerprüfung schon hinter mir hatte und nun die Konzertausbildung machte. Es war das härteste Semester meiner ganzen Hochschulausbildung und es hat mir soviel wie kein zweites gebracht. Ich lernte mir selbst zuzuhören, mich nicht nach den Wünschen eines Lehrers zu richten und eigene Verantwortung für eine Interpretation zu übernehmen.

Das heißt, der Frust war groß - das Ergebnis aber auch :p !

Noch eine Bemerkung zu meinem Post (schon etwas länger her), den du nicht nachvollziehen konntest, weil ich dort die Diskussion von Blüte mit pppetc als ein Paradebeispiel für sinnvolles Üben bezeichnet habe:

Beim Üben geht es letztendlich für mich immer um eine innere Haltung. Wie man Musik sieht/hört, welche Eigenschaften und Hintergründe/Erfahrungen man mitbringt, wird für eine Interpretation, bei der es nicht mehr um Lernstrategien und Übetechniken, auch nicht mehr um die Anzahl von Übestunden geht, sehr bedeutsam sein.
Deswegen finde ich jede Auseinandersetzung, die sich mit dem Bewusstwerden einer solchen inneren Haltung beschäftigt, sehr wichtig und förderlich. Eine Auseinandersetzung mit anderen Musikern und Künstlern kann nur gewinnbringend sein, selbst wenn man anderer Meinung ist! Ich sehe deshalb solche Auseinandersetzungen als absolut persönlichkeitsfordernd und - stärkend an und sehe sie auch als Teil eines sinnvollen Übens an.

Vielleicht ist meine Postion ja etwas klarer geworden.

Hallo Chiarina,

Deine Position ist mir klar - und ich teile sie!

Was Dein härtestes Semester betrifft: Da hast Du richtig guten Unterricht gehabt!!!

herzliche Grüße, Rolf
 
allmählich wird es schwierig, geduldig zu bleiben... aber egal, gerade Schwierigkeiten sind ja interessant, jedenfalls am Klavier...

zu (1)
da mag ich nur Beispiele nennen: Leon Fleisher, Michel Beroff, Ludwig Hoffmann oder Vitaly Margulis, um nur vier von vielen zu nennen, die erstens selber erstklassige Pianisten und zweitens hervorragende Klavierpädagogen sind. Wenn Dir das als Beweis nicht genügt, ist jede Diskussion sinnlos...
Genügt Dir das als Gegenprobe? ...übrigens hat Margulis schon als Kind das b-Moll Konzert von Tschaikowski öffentlich gespielt - wie gemein: ein pianistisches Wunderkind, das später zu einem der besten Klavierpädagogen wurde...

zu (2)
üben tun alle, restlos alle - aber das Schicksal ist gnadenlos: bei vielen hilft dann auch das viele üben nicht! Ich glaube nicht so recht an diese zwei Typen, zumal Dein Typ 2 ja der sein müsste, der den vermeintlich richtigen Weg weiss, welcher für alle gelten müsste: aber nachweislich schaffen es nicht alle, auch nicht mit besonders viel üben - - - Deiner Ansicht nach ein Weg über das aktive Erarbeiten von restlos allem quasi ab ovo: äusserst unwahrscheinlich. Bislang ist kein Exemplar der Gattung "gute Pianisten" bekannt, welches nicht schon zur Jugendzeit überdurchschnittliche Lernerfolge aufgewiesen hat (und das gilt auch für Harsiewicz, der das Klavier zwar erst mit 14 angefasst hat - nach mehreren Jahren Violine! - aber mit 16 schon enorm auffiel)

zu (3)
wenn es denn Typ 2 tatsächlich derart extrem als Gegenpol gäbe, wie Du es darstellst - das scheint mir aber übertrieben.

zu (4)
betrifft Gomz´ Beitrag

zu (5)
ja ja... es gibt Anekdoten wie die von Cortot, der Horowitz extra nicht gezeigt haben will, wie man ein paar Saint-Saens-Oktaven hinkriegt... das muss man nicht aufbauschen oder gar zur Regel erklären - insgesamt halte ich nicht viel von diesem Verdacht.

ansonsten:
bitte zeig mir mein "unkorrektes Modell" - und wenn Du es nicht findest, was sehr wahrscheinlich ist, dann sag mir sowas nicht nach. Du bist es doch, der immer für Tonfall und Noblesse eintritt - Du könntest ja mal versuchen, Dich mit Argumenten (die ganz ohne Ironie vorgestellt wurden!) auseinander zu setzen - - - das wäre angenehmer, also ohne jeglichen nachvollziehbaren Grund von "unkorrekten Modellen" zu reden!

zu 1:

du hast Beispiele genannt aber das ist keine Gegenprobe. Es zeigt nur, dass es auch unter den Supertalenten gute Lehrer gibt.

Was du anzweifelst ist, ob es den Typ 2 überhaupt gibt.
Nicht nur in Deutschland sondern weltweit unterrichten hervorragende Hochschullehrer, die aber dem Publikum weitgehend unbekannt geblieben sind.
Man braucht ja nur mal hochzurechnen, wieviele es in Deutschland un dan weltweit sind.

Hier kommt noch ein anderes Moment hinzu. Der Lehrer muss garnicht besser sein asl sein Schüler. In der Regel wird er zu Beginn des Unterrichts zwar als der bessere Pianist erscheinen. aber wenn man diese Profession ernst nimmt, dann verlangt sie geradezu danach, dass der Schüler den Lehrer möglichst überholen sollte. Das wäre ja die vornehmste Aufgabe eines Lehrers. Und auch in dieser Hinsicht scheint mir Typ 2 geeigneter, diese Ziele zu verfolgen, denn er fürchtet nicht die Konkurrenz, die ihm in den eigenen Schülern erwächst.

Und bleib doch einfach friedlich. Nach meiner Meinung hat dein Modell nicht alles erfasst und das habe ich gesagt. Es ist dir ja unbenommen, andere Argumente zu bringen. Dies ist hier immer noch eine Diskussion.

Ich nehme doch deine Argumente auch ernst.

zu5:

Es wäre auch zu verstehen, wenn Pianisten nicht alle ihre Fertigkeiten, die sie sich mühsam erarbeiten haben einfach preisgeben.

Als Lehrer aber sollten sie dazu verpflichtet sein.
 

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