Der Untergang von Musik, Kultur und Abendland

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Dreiklang

Dreiklang

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14. Nov. 2010
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Hallo liebe Clavionisten,

da Bezeichnetes wie im Fadentitel immer wieder mal in Publikationen gescheiter Leute zu lesen ist: wie seht ihr das? Wohin geht die Reise? Hat das "Schiff" schon "Schlagseite"?

Wie sind Phänomene wie "Leichtverfügbarkeit von Musik" (Youtube), und, weil's mit Sicherheit sowieso kommt, gewisse Klassik-"Starpianisten" heutiger Tage in diesem Kontext einzuordnen?

Wohin führen immer besser spielende Musiker bzw. Orchester aus Radio, Rundfunk, oder fernen Ländern?

Ist "die Musik" unrettbar verloren, oder steht sie am Sprung in ein neues Zeitalter...?

Wieviele vertreten die "früher war alles besser"-These - und daß wir dorthin wieder zurück müssen?

Was genau gälte es zu verändern - damit Frau Musica zukünftig im besten Glanz erstrahle...?

Und wie schaut's aus, Bestandsaufnahme - mit dem Land der Dichter und Denker - und seiner Musik...?

Auf los geht's los...
Dreiklang
 
Ich fürchte, bei einer Diskussion, die gleich mit einer solchen Zusammenballung von Klischees beginnt, wird niemals etwas Gescheites herauskommen. Der Topos der Kulturklage ist so alt wie die "westliche" Literatur. Und selbst wenn die "Musik" unterginge, würde das nicht den Untergang des "Abendlands" bedeuten. Das Musiktheater der Antike etwa war rund 500 Jahre nach seiner Entstehung mausetod, und die "große Literatur" hat am Ende der Antike nur noch eine ganz kleine Oberschicht interessiert. Das "Abendland" hats überstanden. Stehen wir vor einer ähnlichen Entwicklung? Nun, wenn ja, wird sie durch Jammern nicht aufzuhalten sein. Wenn sich die deutsche Gesellschaft etwa nicht mehr 80 Opernhäuser gönnen will, sondern, wie die englische, nur noch 10, wird das Gut Musiktheater halt knapp und teuer werden und sich in das rückverwandeln, was es bei seinem Aufblühen auch gewesen ist: ein Vergnügen für die Reichen und Mächtigen. Dann ist der alte Traum von der Popularisierung der Hochkultur halt am populus gescheitert. Aber das muß man ja jemandem, der erklärtermaßen nie ein Konzert besucht, wohl nicht auseinandersetzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
den Untergang mit deiner Ansicht und Sturheit im Faden von " Lang Lang " hast Du doch schon eingeläutet :denken::bye:
 
Das schlimme Phänomen ist das Festhalten an Musik, die hunderte von Jahren alt ist.

Wohin die Reise geht, kann niemand sagen. Fakt ist, Musik entwickelt sich. Ihr Umfeld entwickelt sich. Die Darbietung, die Performance, der Klang und die Möglichkeiten entwickeln sich.

Nur sehr viele Hörer entwickeln sich nicht. Hören und mögen Musik, die vor 500, 400, 300 oder 100 Jahren komponiert wurde. Und lassen nichts anderes zu. Nur dies sei echte Klassik.

Schön war die Streiterei zur Einfachheit der Einaudi Kompositionen. Einaudi würde doch maximal "Fingerübungen" hervorbringen. Eine Träumerei von Schumann wird jedoch über 150 Jahre lang gefeiert, bloß weil eben Schumann drauf steht. Wäre Einaudi mit der Nummer um die Ecke gekommen, hätten alle Eier drauf geschmissen.;-)
 
:geheim:

Wohin die Reise geht, kann niemand sagen. Fakt ist, Musik entwickelt sich. Ihr Umfeld entwickelt sich. Die Darbietung, die Performance, der Klang und die Möglichkeiten entwickeln sich.

Nur sehr viele Hörer entwickeln sich nicht. Hören und mögen Musik, die vor 500, 400, 300 oder 100 Jahren komponiert wurde. Und lassen nichts anderes zu. Nur dies sei echte Klassik.

Schön war die Streiterei zur Einfachheit der Einaudi Kompositionen. Einaudi würde doch maximal "Fingerübungen" hervorbringen. Eine Träumerei von Schumann wird jedoch über 150 Jahre lang gefeiert, bloß weil eben Schumann drauf steht. Wäre Einaudi mit der Nummer um die Ecke gekommen, hätten alle Eier drauf geschmissen.;-)[/QUOTE]
die Spreu trennt sich vom Weizen ;-)
 

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Schön war die Streiterei zur Einfachheit der Einaudi Kompositionen. Einaudi würde doch maximal "Fingerübungen" hervorbringen. Eine Träumerei von Schumann wird jedoch über 150 Jahre lang gefeiert, bloß weil eben Schumann drauf steht. Wäre Einaudi mit der Nummer um die Ecke gekommen, hätten alle Eier drauf geschmissen.;-)

Bei mir fing ja auch mal alles mit Pop und Rockmusik an. Sowas höre ich inzwischen gar nicht mehr, weil mir das musikalische - das worauf es doch bei Musik ankommt - zu kurz kommt.
Es geht um die Bühnenshow (oder Neudeutsch "Performence"), Songtext, politische Einstellung, Kleidungsstil, bla bla. Musik ist nur EINE Säule bei Popmusik.

Bei einem klassischen Konzert ist das doch bei weitem nicht so ausgeprägt und du kannst sicher sein, wenn jemand eine Beethovensonate ankündigt solte er diese auch spielen können. Sprich der Musiker wird schon etwas von der Musik verstehen und es wird um Musik gehen, wenn er sowas aufführen will.
 
Wohin die Reise geht, kann niemand sagen. Fakt ist, Musik entwickelt sich. Ihr Umfeld entwickelt sich. Die Darbietung, die Performance, der Klang und die Möglichkeiten entwickeln sich.
Da stimme ich zu.
Das schlimme Phänomen ist das Festhalten an Musik, die hunderte von Jahren alt ist. Nur sehr viele Hörer entwickeln sich nicht. Hören und mögen Musik, die vor 500, 400, 300 oder 100 Jahren komponiert wurde. Und lassen nichts anderes zu. Nur dies sei echte Klassik.
Zum einen hat die Kunstmusik ihre Berechtigung (durch ihre Schönheit und Kunstfertigkeit), zum anderen gibt es doch einige Menschen, die auch zusätzlich Pop, Jazz, Folk usw. hören.
Schön war die Streiterei zur Einfachheit der Einaudi Kompositionen. Einaudi würde doch maximal "Fingerübungen" hervorbringen.
Ich glaube, was in Musik oder Kunst gemacht werden kann, das wird auch früher oder später gemacht werden (oder wurde schon gemacht). TEY wäre sicher so oder so "erfunden" worden - weil es offensichtlich eine Lücke schließt, bzw. ein musikalisches Segment bedient.

Problematisch ist es immer, bestimmte Musikrichtungen "abzuqualifizieren" - sei es TEY, Klassik, oder sonstige. Denn, mit welchem Recht...?
 
Zitat Dreiklang : zum anderen gibt es doch einige Menschen, die auch zusätzlich Pop, Jazz, Folk usw. hören.
einige Menschen ???? :lol::lol::lol:
 

Wenn man sich für Musik interessiert, die Ohren offenhält, kann man so vieles entdecken, auch bei Popmusik. Klassische Musik hat ihren Stellenwert, aber Musik entwickelt sich weiter. Man kann über die sofortige Verfügbarkeit von Musik streiten (dann dürften die Kritiker dessen aber keine Youtube-Links einstellen).
Auch wenn es auf Spotify tausende von Künstlern gibt, kann man da echte Perlen finden und diese genießen. Oder sogar die CDs kaufen. Da geht es nicht nur um habenhaben, sondern man kann da genauso wie in einer Buchhandlung stöbern.
Einaudi schreibt wunderschöne Stücke. Nur stört mich, daß viele Stücke Versatzteile aus anderen Stücken haben, und das sehr offensichtlich. Was die Einfachheit angeht: Weniger ist oft mehr. Deswegen gefallen mir die Kompositionen von Philip Glass sehr gut.
Mein Musikgeschmack ist sehr vielfältig. Je nach Lust und Laune höre ich Klassik, Rock, Pop, Jazz, manchmal auch Motörhead oder Metallica
Aber wo ich konservativ bin: Wenn Klassik massentauglich und leider recht erfolgreich verhackstückt wird. Wie zum Beispiel bei "Adya", würg.
Auf der anderen Seite finde ich es sehr interessant, wenn Popmusik für Orchester umgemünzt wird.
Gruß,
Antje
 
Was heißt eigentlich TEY? Ich bin hier schon mehrfach darüber gestolpert. Ist das eine Abkürzung für die Musikrichtung von ??/Einaudi/Yiruma?
 
Schön war die Streiterei zur Einfachheit der Einaudi Kompositionen. Einaudi würde doch maximal "Fingerübungen" hervorbringen. Eine Träumerei von Schumann wird jedoch über 150 Jahre lang gefeiert, bloß weil eben Schumann drauf steht. Wäre Einaudi mit der Nummer um die Ecke gekommen, hätten alle Eier drauf geschmissen.;-)

Dass Schumann besser ist als Einaudi, hat überhaupt nichts damit zu tun, dass Schumann schon seit über 150 Jahren tot ist. Es gab zu jeder Zeit gute und weniger gute Musik, Geniales ebenso wie Banales.

Es ist halt so, dass das Geniale die Zeiten überdauert und das Banale in Vergessenheit gerät. Wieviele "klassische" Komponisten kennst Du denn? Fallen Dir auf Anhieb mehr als 50 ein? Tatsächlich gibt es Tausende, von denen Werke überliefert sind - aber das Meiste davon ist heute in Vergessenheit geraten. Ab und zu entdeckt man noch mal die eine oder andere Perle - aber das passiert eher selten. Der überwiegende Teil der jemals komponierten "Klassik" wird heute nicht mehr gespielt. Und vermutlich zu Recht.

Auch im 20. und 21. Jahrhundert wird es nur verhältnismäßig wenige Werke und Komponisten geben, die dauerhaft im Repertoire bleiben. Ich bin aber sicher, dass man Strawinsky, Schönberg, Berg, Cage, Ligeti, Berio, Zimmermann und ein paar andere auch in 100 Jahren noch aufführen wird. Und ebenso sicher bin ich, dass Einaudi nicht zu diesen paar anderen gehören wird. Das Banale nutzt sich nämlich verdammt schnell ab.

LG, Mick
 
Was heißt eigentlich TEY? Ich bin hier schon mehrfach darüber gestolpert. Ist das eine Abkürzung für die Musikrichtung von ??/Einaudi/Yiruma?
Das T steht für Yann Tiersen, das wohl bekannteste Stück gibt's hier:



Auch der Soundtrack von "Good Bye, Lenin" stammt von ihm.

Das Genre heißt "Easy Listening" und ist mit elektronischen Tasteninstrumenten recht einfach und kostengünstig zu produzieren. Was über die Frage entscheidet, welche zeitlose Musik die Zeiten überdauert? Vermutlich der Unterschied zwischen kostengünstig und billig.

LG von Rheinkultur
 
Auch im 20. und 21. Jahrhundert wird es nur verhältnismäßig wenige Werke und Komponisten geben, die dauerhaft im Repertoire bleiben. Ich bin aber sicher, dass man Strawinsky, Schönberg, Berg, Cage, Ligeti, Berio, Zimmermann und ein paar andere auch in 100 Jahren noch aufführen wird. Und ebenso sicher bin ich, dass Einaudi nicht zu diesen paar anderen gehören wird. Das Banale nutzt sich nämlich verdammt schnell ab.

Dies hat jedoch nichts damit zu tun, wann oder wer die Musik gemacht hat. Dies ist begründet in der völlig fehlerbelasteten Wahrnehmung der Hörer.

Vor 200-300 Jahren existierte so gut wie keine Möglichkeit, Musik überhaupt zu überliefern. Ein Künstlerdasein, dauerte viele Jahre länger an, als heute. Sofern der gute Künstler das 30. Lebensjahr überlebte. Somit erlangten so einige Komponisten schon von daher einen gewissen Kultstatus, weil es kaum alternativen gab. Zumindest verglichen mit heute.

Die Zeit wurde irgend wann jedoch viel schneller. Und Komponisten vermehrten sich wie Stubenfliegen. Selbstverständlich verschwimmt dadurch der Blick für die Qualität. Und somit haben Musikhörer damit begonnen, das "Alte und ursprüngliche" in den Himmel zu loben.

Dies hat jedoch nichts damit zu tun, ob die Qualität der Komposition vor Hunderten vor Jahren besser war. Das war sie nicht.

Es wird nie wieder ein Komponist den Status von z.B. Beethoven oder Mozart erreichen. Selbst wenn er die Musik komplett neu erfindet.

Er hätte in der Masse des Angebotes schlicht keine Chance. Und das Gegenteil von diesem Überangebot, kam den Pianisten/Komponisten von damals zu gute. Sonst nichts.

Und wenn Leute wie du, Mick, aufhören, die Musik vor 300 Jahren qualitativ gegen die von heute herabzusetzen, dann wird ein Komponist von heute auch eine Chance haben. Dies wird sicherlich keineswegs Einaudi sein. Aber dein Ohr ist verklärt.
 
Es ist halt so, dass das Geniale die Zeiten überdauert und das Banale in Vergessenheit gerät. Wieviele "klassische" Komponisten kennst Du denn? Fallen Dir auf Anhieb mehr als 50 ein? Tatsächlich gibt es Tausende, von denen Werke überliefert sind - aber das Meiste davon ist heute in Vergessenheit geraten. Ab und zu entdeckt man noch mal die eine oder andere Perle - aber das passiert eher selten. Der überwiegende Teil der jemals komponierten "Klassik" wird heute nicht mehr gespielt. Und vermutlich zu Recht.
"Gebrauchsmusik" existiert als Begriff zwar noch nicht einmal hundert Jahre, gegeben hat es sie vermutlich ebenso lange, wie es überhaupt Musik gibt. Kompositionen zum beiläufigen Konsumieren für aristokratische Kreise oder für bestimmte Gelegenheiten im kirchlichen Umfeld sind schon mehrere Jahrhunderte zuvor entstanden und zwar in gigantischem Umfang. Die Rezipienten und Auftraggeber mögen im Laufe der Zeit gewechselt haben - gleichgeblieben ist der Umstand, dass sowohl bessere als auch schlechtere Werke zu allen Zeiten entstanden sind. Das Zeitlose früherer Jahrhunderte hat überdauert, das Zeitgeistige verschwand irgendwann aus dem Blickfeld und geriet in Vergessenheit. In den letzten ein bis zwei Jahrhunderten kam allerdings ein Aspekt dazu, nämlich jener der Musikdokumentation: Werke existierten nicht nur als Manuskript, sondern auch in einer professionellen Druckfassung; Interpretationen existierten nicht nur als Live-Ereignis, sondern konnten auch mitgeschnitten und im Aufnahmestudio produziert werden; Musikerausbildung fand nicht nur "privat", sondern auch in öffentlichen Instituten statt... . Der bei traditionellen Kulturerzeugnissen zwangsläufige Selektionsvorgang steht beim Gegenwartsschaffen eben noch aus, wird aber auch hier zur Trennung von Spreu und Weizen führen.

So manches frühklassische Divertimento ist wie so viele Märsche und Quadrillen des neunzehnten Jahrhunderts ebenso wie die "Easy Listening"-Produkte unserer Tage strukturell und formal eingängig gefertigt und innerhalb seiner Gattung austauschbar. Da wird aus "Gebrauchsmusik" öfter schon mal "Verbrauchsmusik", indem sie einfach im Nebel des Vergessens verschwindet. Einen Unterschied gibt es dennoch: Ein gewisses tonsetzerisches und musikfachliches Können war für das Schaffen früherer "Musik von der Stange" unverzichtbar - etwaige Computerprogramme zur Kombination bestehender musikalischer Versatzstücke gab es noch nicht, mit dem man auch ohne allzu große musikalische Vorbildung selber triviale Stückchen basteln kann.

Neu ist das alles nicht: Mozarts "Dorfmusikanten-Sextett" KV 522 parodierte das musikalische Stümper-Unwesen des späten 18. Jahrhunderts, ohne dass das kulturschaffende Abendland folgerichtig untergegangen ist. Es dürfte jene von mir an anderer Stelle zitierte Persönlichkeit recht behalten haben mit ihrer Feststellung, dass auch die gute alte Zeit irgendwann einmal eine schlechte neue Zeit war.

LG von Rheinkultur
 
Und wenn Leute wie du, Mick, aufhören, die Musik vor 300 Jahren qualitativ gegen die von heute herabzusetzen, dann wird ein Komponist von heute auch eine Chance haben. Dies wird sicherlich keineswegs Einaudi sein. Aber dein Ohr ist verklärt.

lol, ausgerechnet mick, der so viel Neue Musik spielt? Ich glaube, da hast du dir den Falschen ausgesucht...
 

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