Das "Mysterium" von Op. 53 (Waldstein-Sonate, von L. v. B.)

Dreiklang

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Hä? Wegen eines kleinen Druckfehlers / Verschreibers bei Wikipedia (!!) machst Du hier extra einen neuen Thread auf?
 
Ein wahrhaft Wiki-Gläubiger zweifelt zuallererst an sich selbst!
 
Wegen eines kleinen Druckfehlers / Verschreibers

Weder ist es ein Druckfehler, noch ein Verschreiber. Bei Wiki wird der sonst zweite und dritte Satz als eine Einheit betrachtet, mit dem eigentlichen zweiten Satz als Einleitung (Introduzione) für das Rondo-Finale, was ja auch im Text so beschrieben ist. Ob das musikwissenschaftlich in Ordnung ist, können andere hier besser beantworten. Die englische Wiki-Version geht von den üblichen drei Sätzen aus.

Solche Diskussionen sind auch von anderen Stücken bekannt. Als typisches Beispiel sei op.110 (drei oder vier Sätze) genannt.

Viele Grüße!
 
Weder ist es ein Druckfehler, noch ein Verschreiber. Bei Wiki wird der sonst zweite und dritte Satz als eine Einheit betrachtet, mit dem eigentlichen zweiten Satz als Einleitung (Introduzione) für das Rondo-Finale, was ja auch im Text so beschrieben ist. Ob das musikwissenschaftlich in Ordnung ist, können andere hier besser beantworten. Die englische Wiki-Version geht von den üblichen drei Sätzen aus.

Solche Diskussionen sind auch von anderen Stücken bekannt. Als typisches Beispiel sei op.110 (drei oder vier Sätze) genannt.

Viele Grüße!
Von der Zweisätzigkeit ist auszugehen, da der ruhige zweite Satz als Introduktion zum abschließenden Rondosatz fungiert, der ohne Unterbrechung folgt. Ursprünglich war mit dem "Andante favori" ein langsamer Mittelsatz vorgesehen, den Beethoven als Einzelstück ohne Opuszahl (später als Nr. 57 bezeichnet) dann doch aussonderte zugunsten der nunmehr bekannten Einleitung zum Finalsatz: Information des Beethoven-Hauses Bonn, aus der hervorgeht, dass die Bezeichnung für das schon zu Lebzeiten populäre Stück auf den Komponisten selbst zurück zu führen ist. Das Albumblatt "Für Elise" ist ein weiteres Beispiel für ein Einzelstück, das eigentlich einem mehrteiligen Werk zugehören sollte. Das später extrem oft gespielte Stück sollte einen weiteren Zyklus von "Bagatellen" beschließen, der dann doch nicht ausgeführt wurde.

So gesehen war die Sonate op. 53 sehr wohl dreisätzig angelegt und die Zweisätzigkeit ist nicht etwa vergleichbar mit den beiden Sonaten Fis-Dur op. 78 und E-Moll op. 90, die den fünf späten Sonaten vorausgingen - da sind die beiden Sätze in sich geschlossen angelegt. Ein "Mysterium"? Mitnichten. Vielmehr ist es so, dass Beethoven mit dem Fortschritt seines Sonatenwerks für jede Sonate eine eigene formale Konzeption entwickelte, ohne dabei der erste zu sein, der mit der Komposition einer Klaviersonate nicht mehr ein bekanntes formales Konzept "abarbeitete", das es möglicherweise nur in der Vorstellungswelt eines Musikanalytikers gibt. Auch die zweisätzige Anlage der letzten Sonate op. 111 passt in kein gängiges Raster mehr: Wer den Finalsatz von op. 53 teilt, müsste konsequenterweise auch den Kopfsatz von op. 111 in mindestens zwei Sätze aufteilen, die ebenfalls "attacca" aufeinander folgen.

LG von Rheinkultur
 
Hallihallo.

Etwas unproblematischer gestalten sich die Gedanken um die Einordnung von "Sätzen" dieser Sonate op. 53, wenn man ins Feld führt, dass bereits SO SCHON ( im 1. Satz ) LANGSAME Stellen vorkommen ( oder zumindest nach Ansicht einiger: vorkommen SOLLTEN ), die sich mit explosiven, schnellen Stellen abwechseln.

Insofern ist es ein Markenzeichen der SOnate und nichts ungewöhnliches, wenn ein KURZER "zweiter", LANGSAMER Introduzione-Satz erfolgt, auf den dann ein zügigerer Rondo-Satz folgt, der seinerseits einen Prestissimo-Teil innehat.

Problematischer ist, woran der "zweite" Satz also "hängt":

Er ist m.E. relativ LOSGELÖST vom ersten, kann also als recht UNTERSCHIEDLICH zu diesem angesehen werden. ( Insofern: Nichts ungewöhnliches. Wie der langsame bei der Appassionata auch ).

ABER er hängt "dicht" am 3. Satz, und sei es nur deswegen, weil er im letzten Takt die SPANNUNG aufbaut, die den Beginn des Rondos einläutet.

( Auch bei der Appassionata arbeitet der 2. Satz auf den 3. hin, durch die beiden Akkorde unmittelbar vor Beginn des letzten Satzes, doch ist der 2. der Appassionata viiel auskomponierter, und außerdem länger, mit Wiederholungen behaftet usw. ) .

Insgesamt ist der "zweite" aus der Waldsteinsonate aber nicht wegzudenken ( es sei denn, man spielt sie stattdessen mit dem Andante Favori, die Idee hatte ich ja mal im Forum aufgeworfen ) , so dass ich ihn, trotz seiner Kürze, als "Satz" ansehen möchte.

Und falls nicht als "Satz", dann als "unbedingt notwendiges Bindeglied und Ruhepunkt".

LG, Olli
 
Hä? Wegen eines kleinen Druckfehlers / Verschreibers bei Wikipedia (!!) machst Du hier extra einen neuen Thread auf?
Druckfehler? Verschreiber? Eigentlich keins von beidem. Eher geht der deutsche Wikipedia-Artikel reichlich unbeschwert über die Entstehungsvorgänge hinweg, zumal aus anderen Quellen hervorgeht, dass Beethoven nicht aus gänzlich freien Stücken den Notentext überarbeitet hat. Grundsätzlich ist gegen die Lektüre von Wiki-Texten nichts einzuwenden, aber wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse sind nur durch ein weiteres Quellenstudium zu erlangen - um fragwürdige, unpräzise, schlecht recherchierte, teilweise sogar falsche und veraltete Inhalte durch bessere zu ersetzen. Die harten Fakten stehen nun mal eher im "Handelsblatt" als in der "Blutzei...", äääh, "Bildzeitung", selbst wenn man unterstellt, dass nirgendwo mit Vorsatz gelogen wird.

LG von Rheinkultur
 
Insgesamt ist der "zweite" aus der Waldsteinsonate aber nicht wegzudenken ( es sei denn, man spielt sie stattdessen mit dem Andante Favori, die Idee hatte ich ja mal im Forum aufgeworfen ) , so dass ich ihn, trotz seiner Kürze, als "Satz" ansehen möchte.

Und falls nicht als "Satz", dann als "unbedingt notwendiges Bindeglied und Ruhepunkt".
Die auf den Finalsatz hinführende "Introduktion" durch das eigenständige "Andante favori" ersetzen? Kein geringerer als Beethoven selbst hat diese Konzeption verworfen, die nur hier in wenig überzeugender Manier zur Anwendung gelangt:



Genau genommen wird hier der ausgesonderte Satz wie ein Anhängsel behandelt, statt ihn an entsprechender Stelle einzufügen. Aber auch dann könnte ich subjektiv keine guten Gründe dafür erkennen, das Resultat von Beethovens eigenen Überlegungen zu verwerfen und mehr als der Komponist selbst wissen zu wollen. Wenn Veränderungen durch fremde Hand erfolgen und ursprüngliche kompositorische Absichten später wieder ins Bewusstsein gelangen sollen wie etwa bei Mussorgsky, gibt es für einen Rekonstruktionsvorgang gute Gründe - aber hier sehe ich diese nicht.

LG von Rheinkultur
 
Wenn eine neugierige Katze mal statt Sheba Whiskas kauft, oder ein Kaninchen ( Stallhase ) statt altbekanntem Futter vielleicht mal Grün-Rollis shoppen geht ( das sind so Trockenfutter-Ringe, die ihnen manchmal schmecken ), geht davon die Welt nicht unter. :D

Naja, ansonsten: Dieses Andante Favori würde ja nun tatsächlich die Sonate um mehrere Minuten länger machen. Außerdem ist es m.E. gar nicht sooo leicht.

Also das Introduzione ist m.E. auf jeden Fall leichter, und schlussendlich, nachdem er erstmal gemurrt hatte, hat sich Beethoven ja dann auch schweren Herzens, aber ansch. aus Vernunftgründen dem Rat des ( mir namentlich nicht bekannten ) Freundes willfährig gezeigt.

LG, Olli !
 
Naja, ansonsten: Dieses Andante Favori würde ja nun tatsächlich die Sonate um mehrere Minuten länger machen. Außerdem ist es m.E. gar nicht sooo leicht.

Also das Introduzione ist m.E. auf jeden Fall leichter, und schlussendlich, nachdem er erstmal gemurrt hatte, hat sich Beethoven ja dann auch schweren Herzens, aber ansch. aus Vernunftgründen dem Rat des ( mir namentlich nicht bekannten ) Freundes willfährig gezeigt.
Es scheint mir eher so, dass mehrere in Frage kommende Personen Einwände gegen die ähnlich gewichteten drei Sätze der Sonate op. 53 in ihrer ursprünglichen Gestalt erhoben haben: Zur Entstehungsgeschichte und zum musikalischen Inhalt - weniger bekannt ist, dass offensichtlich ein weiteres Stück den Platz des später selbständigen "Andante favori" einnehmen sollte, bevor Beethoven einen neuen Introduktionssatz mit Ausrichtung auf das Schlußrondo schrieb. Aufgrund der zeitlichen Ausdehnung wirkt der Einschub des einstigen Andante nicht als Ruhepunkt, sondern als Neutralisierung des musikalischen Geschehens im Kopfsatz, bevor der Finalsatz erneut in eine ganz andere Richtung führt. Vor einem solchen Hintergrund empfindet man das eigentlich reizvolle Stück in der Tat als überlang und "nicht gewichtig genug", wie es im einleitenden Plattentext zu dieser altersweisen Aufnahme zu lesen war:



LG von Rheinkultur
 

Danke, @Rheinkultur, für Deine etwas differenzierteren Betrachtungen.
 

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