CORTOT - Grundbegriffe der Klaviertechnik

T

Thomas

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22. Jan. 2014
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Hallo Zusammen,

Verfolge seit einiger Zeit sehr interessiert dieses Forum und möchte hiermit meinen ersten Beitrag schreiben.

Ich bin ein Anfänger (2 Jahre Spielpraxis) und 39 Jahre alt. 1 mal wöchentlich bin ich von Beginn an beim KL. Ich übe ca. 1-2 Stunden täglich.

Ich arbeite ua mit Cortot - Grundbegriffe der Klaviertechnik. Teilweise übe ich Grundlagenübungen daraus. Weiters versuche ich den jeweiligen "Problemstellen" meiner Übungsetüden ergänzend damit Herr zu werden.

Wer hat Erfahrungen mit diesem Lehrbuch und wie übt Ihr daraus? Wie sind die Meinungen Eurer KL dazu?

Herzlichen Dank für Eure Antworten.
 
Ist ja lustig. Gerade letzte Woche hat mir jemand Cortot empfohlen. Bin ich einmal gespannt, was hier an Rückmeldungen kommt.

Willkommen im Forum!

Liebe Grüße
Martin
 
Das nicht, aber die Wahrscheinlichkeit, dass in Thomas' Unterricht die Übungen (die ja in bestimmten Fällen durchaus von Nutzen sein können) auf unsinnige Weise angewendet werden, ist hoch.

Es ist ja eine nicht un-verbreitete "Strategie", dass ein Lehrer schön viele Übungen, Czerny-Stückchen etc. aufgibt, um dem Schüler (insbesondere dem erwachsenen) den Eindruck zu vermitteln, in seinem Unterricht würde sehr systematisch, methodisch durchdacht, effektiv und nach erprobter Manier vorgegangen, er sei also sein Geld wert und der Schüler könne mit systematischen, quasi berechenbaren Fortschritten rechnen.

Um zu wissen, was der Fall ist, müßte man von Thomas mal hören, welche Übungen er denn so macht; was er erklärt bekommen hat, warum er sie machen soll (was sie "bringen" sollen) und was er an Übeanweisungen dazu erhalten hat. Auch wäre interessant zu wissen, welche Stücke er denn übt, wie also der gegenwärtige "Kontext" so aussieht.

Ach so, und man müßte mal wissen, ob Thomas' Klavierlehrer die Übungen gewissermaßen "pauschal" anwendet oder ob er bestimmte Problemfelder bei Thomas erkannt hat, zu deren Bearbeitung er die Cortot-Übungen für zweckmäßig hält.

Im Cortot sind ja übrigens auch Fesselübungen verschiedenster Art; Heinrich Neuhaus hat in seiner "Kunst des Klavierspiels" vehement gegen diesen "unmusikalischen Unsinn, der die Finger in verkrümmte Haken verwandelt" (ich zitiere aus dem Gedächtnis, so ähnlich hat er sich ausgedrückt) gewettert.

LG,
Hasenbein
 
Das geht ja zackig.

Zu weiteren Erklärung: Ich habe diese Übungen aus eigenem Antrieb begonnen. Mein KL hat mir zumindest nicht davon abgeraten. Darauf gestossen bin ich eigentlich weil ich "Technik des Klavierspiels von Rudolf Kratzert" gelesen habe und dort auch darauf Bezug genommen wird.

Wir arbeiten zurzeit mit der Etüden-Vorstufe 1 von Scholz uns sind bald "durch". Meine Gedanke dazu war, da jedes Stück ein bestimmte "Schwierigkeit" oder "besondere Aufgabenstellung" hat, diese mit Technikübungen zu garnieren und auszubauen. Ich habe mir die Übungen aus dem Cortot dann immer selbst rausgesucht (zb Daumenuntersatz, Doppelgriffe usw.).

Spezielle persönliche Problemfelder bearbeiten wird damit nicht. Warscheinlich weil zu Beginn alles ein Problem ist ;-).

Für einen Anfänger machen die Übungen den Eindruck einer systematischen Vorgangsweise. Da man derartiges auch in anderer Literatur findet denkt man sich: "Wird schon nicht falsch sein." Ausserdem hat man das Gefühl das alles was die Finger geschickter macht gut ist. Natürlich ist das sehr einfach formuliert und man kann dabei sicher auch Fehler machen.
 
Und WAS für Fehler man dabei machen kann!

Mein erster Klavierlehrer z. B. hat mir gesagt, ich müsse immer vor dem Anschlag die Finger heben.

Das hat er mir manchmal genau so ins Aufgabenheft geschrieben, als Ermahnung.

Also dachte ich natürlich: OK, für gute Technik müssen also primär die Finger kräftigst in Bewegung versetzt und trainiert werden.

Ich habe viele Jahre gebraucht, um mir das wieder abzugewöhnen und allmählich einigermaßen zweckmäßig, geläufig und gutklingend spielen zu können.
 
Wenn dein Lehrer nicht genau erklärt, wie du die Cortot-Sachen üben musst und welches Körpergefühl du dabei haben musst, würde ich erst mal die Finger davon lassen. Der mögliche Schaden ist größer als ein eventueller Nutzen. Die Übungen wurden von Cortot sicher nicht für Anfänger entwickelt.

LG, Mick
 
Für einen Anfänger machen die Übungen den Eindruck einer systematischen Vorgangsweise. Da man derartiges auch in anderer Literatur findet denkt man sich: "Wird schon nicht falsch sein." Ausserdem hat man das Gefühl das alles was die Finger geschickter macht gut ist. Natürlich ist das sehr einfach formuliert und man kann dabei sicher auch Fehler machen.

Ich bin selber "fortgeschrittener" Anfänger aber mein Zugang zum Lernen ist ein anderer.
Es ist verständlich dass man nach der systematischen, erprobten Zauberformel sucht um Klavier zu lernen.
Meine Erfahrung in anderen komplexen Bereichen die ich gemeistert habe sagt mir, dass es so etwas nicht gibt, weil die Parameter einfach zu verschieden sind.

Ich möchte Klavier lernen um Musik zu machen, nicht um meine Finger beweglicher zu machen.
Mein KL hat von einem japanischen Schüler erzählt, der hat 1 Jahr lang nur technische Übungen gemacht.
Die konnte er perfekt, Musik konnte er keine machen. Sinnlos aus meiner Sicht.

Wenn ich ein neues Stück spiele, höre ich sehr rasch wo meine technischen Mängel sind.
Meine Liebe zur Musik sagt mir, dass ich hier etwas verändern muss.
Das geht auch mit speziellen Übungen die mir mein KL für diesen speziellen Fall sagt.
Oder man macht aus der schwierigen Phrase eine eigene Übung.
Man sucht die Ursache des Problems zu finden, isoliert sie, und übt das speziell.
 
"Musik" gegen "Technik" auszuspielen, ist ja nun auch Quatsch. So was wie Du sagen ziemlich oft Leute, die technisch unnötig un-fit sind und, wenn sie ehrlich sind, aufgrund ihrer technischen Mängel und Begrenzungen ihre ach so tolle "Musik" gar nicht zum Klingen bringen können.

Richtig ist, dass es nicht sinnvoll ist, dem Schüler "auf Vorrat" irgendwie so einen Haufen "Fingerübungen" aufzugeben, ohne dass das in einem sinnvollen musikalisch-didaktisch-methodisch-entwicklungsmäßigen Zusammenhang steht und individuell zugeschnitten ist.
 

Im Cortot sind ja übrigens auch Fesselübungen verschiedenster Art; Heinrich Neuhaus hat in seiner "Kunst des Klavierspiels" vehement gegen diesen "unmusikalischen Unsinn, der die Finger in verkrümmte Haken verwandelt" (ich zitiere aus dem Gedächtnis, so ähnlich hat er sich ausgedrückt) gewettert.
ja, es ist schon bösartig kontraproduktiv von den Herren Beethoven, Chopin, Brahms und Liszt (von späteren ganz zu schweigen...), dass sich in ihren Klavierwerken auf nahezu jedem spieltechnischen Niveau haufenweise Stellen finden lassen, die man (isoliert betrachtet) als "Fesselübungen" bezeichnen kann... böseböse sowas...

...und klar: der freiheitlich-demokratisch-europäisch-aufgeklärte Geist verbittet sich Wortkombinationen so entschieden wie vehement, in welchen "Fesseln" vorkommen! Ein irgendwie fesselndes sprachliches Szenario...

soll ich die einkomponierten "Fesselübungen" der (angeblich) schwachen Finger in Schumanns Knecht Ruprecht oder Haschemann mit Notenbeispielen demonstrieren? Ist das wirklich nötig??... (Heilandskackwurst nochmal: es ist irgendwie enervierend, die banalsten Angelegenheiten permanent wiederkäuen zu müssen...)

die Übungen von Brahms, Liszt und Cortot sind sinnvoll, richtig und nützlich - allerdings liegen sie nur quasi notenschriftlich stenografiert vor, setzen also verständigen Gebrauch voraus! Um das zu kapieren, benötigt man keinen Intelligenznobelpreis - oder wie mick es richtig ausgedrückt hat: natürlich benötigt jeder, der damit noch nicht (woher auch?) umgehen kann, die entsprechend verständige Einweisung/Erklärung! und dann (!), also verständige Anleitung vorausgesetzt (ja, dass muss der/die sogenannte "KL" drauf haben, dafür isser/issie da), sind diese Übungen mehr als nur nützlich!!

und dasselbe gilt für so elementaren Krempel wie Skalen, Arpeggien, Doppelgriffe -- mir leuchtet absolut nicht ein, was es daran zu lamentieren und bramabarbisieren gibt!!! dass ne Handvoll Akkordbrechungen oder Tonleitern, ob stacc., port. oder leg. noch keine teifsinnig-berührende Musik sind, ist so selbstverständlich wie zu atmen oder zu pupsen, also nicht der Rede wert - aber ordentlich ausgeführt muss das banale Zeugs halt schon sein: und da hilft kein heulen, kein Weltverbesserungs-anti-Fessel-blabla, sondern einfach nur: paar Wochen oder Monate lang in aller Ruhe alle (kack) Tonarten-Kadenzen-Grundlagenzeugs ÜBEN (und wenn man wirklich was lernen will, dann dasselbe mit den Brahms-Liszt-Cortot-Übungen praktizieren)*)

hat man das drauf, kann man mehr, als man gemeinhin glaubt, direkt vom Blatt spielen! Auch wenn es darob Geheule und Wutgeschnaube gibt: Schuberts beliebtes Impromptu op.92 Nr.4 As-Dur oder Beethovens Finale der "Mondscheinsonate" sind rein spieltechnisch/motorisch zu mehr als 90% ------- in Musik übertragene Fingerübungen (wenn man es mal ganz prosaisch formulieren will: Akkordbrechungen rauf und runter, wie man sie längst können könnte, bevor man diese Stücke ewig lang übt...)

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*) freilich setzt das voraus, dass man pp-ff drauf hat, dass man stacc-port.-leg drauf hat, dass man sich nicht ungeschickt bewegt usw.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
bramabarbisieren

[...]hat man das drauf, kann man mehr, als man gemeinhin glaubt, direkt vom Blatt spielen! Auch wenn es darob Geheule und Wutgeschnaube gibt: Schuberts beliebtes Impromptu op.90 Nr.4 As-Dur oder Beethovens Finale der "Mondscheinsonate" sind rein spieltechnisch/motorisch zu mehr als 90% ------- in Musik übertragene Fingerübungen (wenn man es mal ganz prosaisch formulieren will: Akkordbrechungen rauf und runter, wie man sie längst können könnte, bevor man diese Stücke ewig lang übt...)

[...]


Waaas ??? :D:D - Wettbewerbskandidat für Wort des Jahres, Rowlf ? ;)

Ansonsten aber: LIKE !

LG, Olli !

PS.: Ein schönes Impromptu...:cool:
 
ja, es ist schon bösartig kontraproduktiv von den Herren Beethoven, Chopin, Brahms und Liszt (von späteren ganz zu schweigen...), dass sich in ihren Klavierwerken auf nahezu jedem spieltechnischen Niveau haufenweise Stellen finden lassen, die man (isoliert betrachtet) als "Fesselübungen" bezeichnen kann... böseböse sowas...

Vielleicht ist das der Grund warum Richter gesagt hat, er hat in seinem Leben nie Tonleitern geübt?
 
Und WAS für Fehler man dabei machen kann!

Mein erster Klavierlehrer z. B. hat mir gesagt, ich müsse immer vor dem Anschlag die Finger heben.

Das hat er mir manchmal genau so ins Aufgabenheft geschrieben, als Ermahnung.

Also dachte ich natürlich: OK, für gute Technik müssen also primär die Finger kräftigst in Bewegung versetzt und trainiert werden.

Ich habe viele Jahre gebraucht, um mir das wieder abzugewöhnen und allmählich einigermaßen zweckmäßig, geläufig und gutklingend spielen zu können.

Konnte mich nicht zurüclhalten... also, man kann nicht pauschal sagen, dass man die Finger nicht aufheben soll. Ich habe einen Schuler, der jeden Ton in den Boden einfach schubst... schrecklicher Klang! Wenn man einfach den Finger etwas fallen lässt, ist der Klang frei und singend.
Zweitens: wie soll mal die langsame Melodie (wie mal bei Chopin Nocturnen) zu "singen" ohne die Finger aufzuheben.
Mal sollte unterscheiden, wie und wann man die Finger aufhebt oder nicht.
Je schneller man spielt, desto sparsamer jede Bewegung, die mehr aus dem Arm, Schulter, ellenbogen kommt, wie ein Impuls, die mehrere Noten vereint. Natürlich, bei sehr schnellen Läufen sollte man die Finger nicht aufheben, aber der Impuls, der von der Spitze jedes Fingers auskommt, bleibt.
 
Rolf, da Du jetzt vermutlich a) wieder nüchtern bist und b) Dich abgeregt hast, kann ich Dich ja vielleicht nun fragen:

Du bist also der Ansicht, Neuhaus liegt mit seiner Kritik an einer bestimmten Art Fesselübungen falsch?

(Welche Stelle ich meine, weißt Du ja sicher, in meiner Ausgabe von "Kunst des Klavierspiels" ist es S. 73 bis 74, Kapitel IV "Über die Arbeit an der Technik".)
 
Rolf, da Du jetzt vermutlich a) wieder nüchtern bist und b) Dich abgeregt hast, kann ich Dich ja vielleicht nun fragen:

Du bist also der Ansicht, Neuhaus liegt mit seiner Kritik an einer bestimmten Art Fesselübungen falsch?

(Welche Stelle ich meine, weißt Du ja sicher, in meiner Ausgabe von "Kunst des Klavierspiels" ist es S. 73 bis 74, Kapitel IV "Über die Arbeit an der Technik".)

Neuhaus schreibt aber nur, dass solche Fesselübungen für absolute Anfänger ungeeignet sind. Und damit hat er ganz sicher recht!
In schwierigerer, vor allem polyphoner Literatur kommen solche Figuren aber nicht gerade selten vor, und deshalb ist es sinnvoll, so etwas irgendwann mal systematisch zu üben.

LG, Mick
 
Nein, Neuhaus lehnt Übungen wie die, die er als Beispiel abgedruckt hat, generell ab. Dies ist offensichtlich, da er sie mit "das Gehör beleidigende Tonkombinationen" bezeichnet. Sonst hätte er außerdem so was geschrieben wie "nur für Fortgeschrittenere geeignete Übungen" oder so.
 
Nein. Er schreibt in dem Zusammenhang ausdrücklich von "bemitleidenswerten Neulingen". Diese sollen nach seiner Meinung (die auf Chopins Methodik beruht) erst mal einen bequemen, möglichst natürlichen Zugang zum Fünftonraum bekommen und nicht mit solchen "Unabhängigkeitsübungen" auf weißen Tasten beginnen.
 
Du weichst aus.

Oder bist Du ernsthaft der Ansicht, Neuhaus meine, dass diese Tonkombinationen nur für das Gehör eines Einsteigers beleidigend seien, für einen weiter Fortgeschrittenen jedoch nicht?

Kannst Du mir eine Stelle nennen, an der Neuhaus sich für derartige Übungen bei Fortgeschritteneren ausspricht?

Auch spricht Neuhaus im Kapitel IV, Abschnitt 5, über die Polyphonie, und da werden mit keinem Wort derartige Übungen erwähnt. Wenn sie so supernützlich wären und für die Erlangung von polyphonem Spiel so allgemein anerkannt, würde man doch denken, dass bei ihm ein Wörtchen dazu fällt, oder??
 

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