Hallo Lavendel,
schade, daß Du Dich gestern nicht getraut hast, Deine Arbeit vorzustellen. Es hätte ja "privatissime" sein können. Jedenfalls ist es leichter, live zu arbeiten als über das Medium Internet.
Erst einmal: Für ein Jahr Klavierunterricht finde ich das Ergebnis erstaunlich gut. Die Musik von Carl Philipp Emanuel ist nämlich nicht ohne Tücken. Er war bekannt für seine Fähigkeiten zu improvisieren und fantasieren, und das merkt man seiner Klaviermusik an. Es gibt nicht den einen Gedanken, der fortgesponnen, ausgebaut und entwickelt wird, dialektisch konfrontiert mit einem zweiten Gedanken (wie z.B. bei Mozart). Bei CPE sind es eher Gedankensplitter, die unvermittelt abbrechen, abglöst werden durch einen anderen Einfall ... Das alles wirkt mitunter recht kraus, verworren und unstrukturiert. (Der von mir hoch geschätzte Andreas Staier meinte einmal, es sei nicht immer eine Freude und lohnende Aufgabe, CPEs Klaviermusik zu interpretieren.) Insofern gibt es einen sehr engen musikalischen Bezug zwischen CPE Bach und der deutschen Romantik (Robert Schumann).
Was sich aber an dieser Musik wunderbar lernen läßt: Wie sehr die Instrumentalmusik den Regeln der gesprochenen Rede gehorcht ("musikalische Rhetorik"). In Ansätzen scheinst Du das (intuitiv?) schon begriffen zu haben. Nur hat es den Anschein, als ob Dir dann der Mut fehlt, die musikalischen Floskeln (Fragen, Einwürfe, Gednakensprünge) bis zum Letzten auszuspielen.
Ich denke, viele technische Unsicherheiten werden "verschwinden", wenn du eine klarere Vorstellung von der musikalischen Dramaturgie hast, wenn du in der Lage bist, eine Geschichte zu erzählen.