Beweglichkeit der Finger

Es kommt auf das "Loslassen" an

Von den Stücken her reicht mir das WTK1 von Bach, insbesondere z.B.die Präludien c-moll, d-moll, D-Dur, G-Dur oder B-Dur für die Plege der Fingerfertigkeit. Nehme auch gerne das G-Dur - Präludium von Chopin dazu, für die linke Hand.

Ansonsten glaube ich, dass Beweglichkeit der Finger vor allem anderen davon abhängt, dass die Finger und das Handgelenk sehr, sehr locker sind und bleiben beim Spielen.

Wenn man dieses wunderschöne Gefühl totaler Lockerheit erlebt hat (ich halte es nicht für selbstverständlich), muss man drauf achten, es beim Schnellerwerden zu behalten. Dieses Gefühl hat etwas mit "Loslassen" zu tun. Je schneller man spielt, umso wichtiger ist dieses Gefühl von Loslassen. Ist zumindest meine Meinung.

Anders ausgedrückt, man sollte eine Sensibilität für das Gefühl des Festwerdens sich anerziehen. Wenn es schneller wird, und man beobachtet die ersten Anzeichen von Festwerden, eben etwas langsamer und wieder schneller und versuchen, loszulassen.

Es gibt verschiedene Methoden, wie Spielen in verschiedenen Rhythmen oder staccato/legato usw. , aber für mich ist die effektivste Methode das intensive Hineinhorchen in sich bzgl. des Muskelgefühls - also anzustreben, so gut wie immer im "Lockermodus" zu spielen. Schliesslich ist das Muskelgedächtnis dumm, aber zuverlässig: Es ruft das ab, was man entsprechend oft programmiert hat.

Die Gelehrten streiten sich ja, ob man IMMER im "Lockermodus" spielen soll, oder ab und zu über die Grenzen gehen sollte (siehe Online-Chang). Aber wenn man nicht die Grenzen austestet, wie will man sie erweitern? Das wichtige ist doch, dass das Spiel mit "Festen" Muskeln nicht zum Dauerzustand wird, sondern dass dabei die Alarmglocken schrillen, um wieder in den Lockermodus zu kommen - eben das "Loslassen" üben...
 
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Hallo,

mal eine Frage: Was tut ihr alles, um eure Beweglichkeit der Finger zu fördern?

nichts :p

Bei manchen Pianisten scheinen die Finger wie Wackelpudding zu sein. Solche Finger will ich haben :)

Ich glaube, das ist irgendwie angeboren. Die einen haben mehr Finger alla Wackelpudding und die anderen haben die französischen Zappelfinger :D

Wie Mindenblues schon schrieb: das Gefühl des Lockerseins ist die zentrale Sache für geläufiges Spiel. Ich rede nicht so gern von Loslassen, weil das ja voraussetzen würde, daß man erstmal verkrampft ist. Lieber gleich garnicht verkrampfen.

Ach ja, und noch was:

viele "Fingerübungen" führen - ungewollt - dazu, daß man sich eine verkrampfte Spielweise angewöhnt.
 
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"Wie Mindenblues schon schrieb: das Gefühl des Lockerseins ist die zentrale Sache für geläufiges Spiel. Ich rede nicht so gern von Loslassen, weil das ja voraussetzen würde, daß man erstmal verkrampft ist. Lieber gleich garnicht verkrampfen."

Meinst Du nicht, man kann durch sinnvolle Übungen mehr Lockerheit der Hand erreichen? Mancheiner kann ja auch nicht fühlen, was eine lockere Hand bedeutet.
Dabei kann man doch behilflich sein als Lehrer, denke ich. Übung muss ja nicht immer Anstrengung bedeuten.

Hat man oder hat man nicht- damit finde ich mich immer sehr ungern ab.

LG
violapiano
 
Ich habe einige dieser sogenannten Fesselübungen gemacht, wo man mit einem oder mehreren Fingern Tasten hält, während die anderen runterum spielen und das in extremer Zeitlupe. Das einzige Ziel war, diese Übung möglichst entspannt zu spielen und mit keinem Finger den Tastenkontakt zu verlieren. Ich mag mich täuschen aber ich glaube, das war die effektivste Fingerübung, die ich je gemacht habe. Dazu hatte ich auch noch eine Übung, in der ein einziger Finger drei benachbarte Töne nacheinander anschlagen soll, während die anderen Finger ruhig über "ihren" Tasten ruhen. Gleichzeitig habe ich für mich selbst etwas entdeckt, was ich "Lagenspiel" nenne. Also eine fest definierte Lage jeder Hand zu finden, in der die aktuelle Stelle am besten zu spielen ist und die es erlaubt, leicht zur nächsten Lage zu wechsen. Das Ergebnis sind sehr ruhige Hände beim Spielen und die Finger sind beweglich genug für so ziemlich alles, was ich spielen will. Ich war ganz erstaunt, wie leicht ich inzwischen z.B. auch die "fiesen" Akkorde in Rachmaninoffs Cis-Moll Präludium greifen kann.

Aber das Wesentlichste für bewegliche Finger ist vermutlich, daß man auch weiß, wohin sich die Finger bewegen sollen, daß man regelmäßig spielt und daß man überhaupt bewegliche Finger haben will. Der Rest kommt vermutlich früher oder später von selbst.
 
"Wie Mindenblues schon schrieb: das Gefühl des Lockerseins ist die zentrale Sache für geläufiges Spiel. Ich rede nicht so gern von Loslassen, weil das ja voraussetzen würde, daß man erstmal verkrampft ist. Lieber gleich garnicht verkrampfen."

Meinst Du nicht, man kann durch sinnvolle Übungen mehr Lockerheit der Hand erreichen?

Also ich sehs umgekehrt: die Hand ist im Normalzustand locker. Verkrampft wird sie erst, sobald man sich ans Klavier setzt und sich innerlich darauf einstellt, mit einer bestimmten, von vielen Klavierlehrern "gelehrten" "richtigen Handhaltung" zu spielen. Ja, es passiert schon bevor man anfängt zu spielen! Und es ist angelernt. Verkrampfung ist angelernt!

Mancheiner kann ja auch nicht fühlen, was eine lockere Hand bedeutet.
Dabei kann man doch behilflich sein als Lehrer, denke ich. Übung muss ja nicht immer Anstrengung bedeuten.

Natürlich kann man lernen, erlernte Verkrampfung wieder zu verlernen. Aber nicht indem man schnelle Tonleitern, Arpeggien etc. übt. Sondern indem man in Zeitlupentempo einzelne Töne spielt. Vielleicht auch mal mehrere Töne nacheinander. Aber langsam.

Hat man oder hat man nicht- damit finde ich mich immer sehr ungern ab.

So wars auch nicht gemeint. Ich bin kein Feind des Übens - im Gegenteil. Ich bin nur ein Feind des Krampf-Spielens und Krampf-Übens. Und genau das wird eben bei den berühmt-berüchtigten "technischen Übungen" gefördert statt vermindert.

Wenn man eine natürliche entspannte Spielweise hat, schaden solche technischen Übungen natürlich auch nicht. Im andern Fall machen sie alles nur schlimmer. Man gewöhnt sich dann nämlich an das Krampfspielen und bildet sich vielleicht sogar noch ein, man würde locker spielen.
 
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Dazu hatte ich auch noch eine Übung, in der ein einziger Finger drei benachbarte Töne nacheinander anschlagen soll, während die anderen Finger ruhig über "ihren" Tasten ruhen.
Kannst du diese Übung noch etwas präzisieren?
Gleichzeitig habe ich für mich selbst etwas entdeckt, [...]
Genau dies sollte der entscheidende Punkt bei allen Technik- und Fingerübungen sein: Die eigene Wahrnehmung und das Bewußtsein schärfen für das, was man da tut.

Also ich sehs umgekehrt: die Hand ist im Normalzustand locker. Verkrampft wird sie erst, sobald man sich ans Klavier setzt und sich innerlich darauf einstellt, mit einer bestimmten, von vielen Klavierlehrern "gelehrten" "richtigen Handhaltung" zu spielen. Ja, es passiert schon bevor man anfängt zu spielen! Und es ist angelernt. Verkrampfung ist angelernt!

Natürlich kann man lernen, erlernte Verkrampfung wieder zu verlernen. Aber nicht indem man schnelle Tonleitern, Arpeggien etc. übt. Sondern indem man in Zeitlupentempo einzelne Töne spielt. Vielleicht auch mal mehrere Töne nacheinander. Aber langsam.
Ich gebe Dir voll und ganz recht. Aber wie löst Du in Deiner Unterrichtspraxis das Problem? Ich arbeite sehr viel mit erwachsenen Klavier-Debütanten und stelle immer wieder mit Entsetzen fest, welch hohe Grundspannung die meisten mit sich herumtragen. Das fängt bei der Unbeweglichkeit im Rücken an und setzt sich bis in die Fingerspitzen fort. Solchen Menschen ein Gefühl für eine entspannte Haltung zu vermitteln, ist fast schon ein Ding der Unmöglichkeit. Eigentlich wäre hier zuerst der Physiotherapeut gefragt - und dann ein Yoga-Lehrgang. Aber diese Menschen kommen, weil sie Klavier spielen (lernen) wollen, und sie haben unreflektierte Vor-Bilder im Kopf, bei denen es um "lauter" und vor allem um "schneller" geht. In solchen Fällen den Sinn für "einzelne Töne im Zeitlupentempo" zu vermitteln, ist nicht ganz einfach. Was übrigens auffällt: daß Menschen mit derart verspannter Muskulatur nur sehr schwer in Gefühl für ihren Puls, für ein stetiges Metrum entwickeln.
 
Locker oder nicht

Das ist hier die Frage

Ich denke ich muss fast Haydnspaß in jeder Hinsicht zustimmen.

Der krampf kommt, wenn die Leute das spielen anfangen.

Kölnklavier hat sehr gut beobachtet, dass die Menschen (Schüler) komische Bilder im KOPF haben! von schnell und laut usw. Ihr gefühl, ihr geist ist verspannt und sie wissen fast nie rechtzeitig was kommt. Wenn ich im Nebel mit einem auto eine unbekannte Strasse zu schnell fahre, würde ich sicher auch ganz verspannt sein.
Die Schüler verkrampfen bereits, wenn sie einen Lagenwechsel (Sprung von einer Dezime machen sollen, sind aber vollkommen entspannt, wenn sie am tisch den weiter entfernt liegende Salzstreuer zu sich holen.

Mein ehemaliger Prof. sagt mal, Orang Utans könnten eigentlich super Pianisten sein, weil sie so relaxed sein, nur ihr Mangel an Musikalität hindert sie daran.

guendola hat mit ihrer entdeckung des Lagenbewusstsein aber einen wichtigen Punkt angeschnitten. Das bewusste und rechtzeitige Vorausdenken der richtigen Lage, in die ich mich hineinbewegen will, hilft sehr, dies auch entspannt zu tun.
Bei Feruccio Busoni befinden sich in seinen Traktaten auch entsprechende Überlegungen. Er empfahl, die jeweiligen Lagen richtig auszureizen, also möglichst lange beizubehalten und nicht ständig hektische daumenuntersätze einzuschieben, wo sie nicht nötig sind.
Anmerkung: Eine Handlage muss nicht immer mit 12345 definiert werden sondern kann, je nach Erforderniss des laufes oder akkords auch 2,3,1,4,5 heissen z.b. bei dem Tönen es,fis,g,as,b

Technische Übungen, die keinen Besonderen Klavierklang herausbringen sollen, kann man sicher getrost bleiben lassen.

Es ist wie beim Zeichnen: Erst entsteht das Bild im Kopf, dann wird der Stift geschwungen- also erst entsteht das Klangbild im Kopf und dann versuche ich mit meinem Werkzeug(den fingern und den anderen beteiligten Körperteilen) das herzustellen.

Dabei wird, wenn man es so nennen will, genug Technik geübt.

Und wer genug polyphone Werke studiert (z.b. fugen von BAch) hat wunderbare Gelegenheit, seine finger an bestimmte Tasten zu binden(zu fesseln klingt so brutal) und mit den anderen weiter zu spielen. Dabei entseht sogar herrliche Musik, was der Entkrampfung zusätzlich entgegenwirkt.
 
Liebe Clavio-Leute

hmh- also, ich übe jeden Tag mein Technikprogramm mit Tonleitern, Terzenübungen, Anschlagsübungen,Dreiklangsübungen, Untersätzen. Und wenn ich das geturnt dann flutschen die Finger.
Allerdings achte ich immer darauf, dass alles locker läuft, der Daumen nicht weggestreckt oder andere Finger verkrampft. Und ich übe nie schneller, als locker möglich.
Sicher beruht das auf meinen Erfahrungen mit Sehenproblemen, aber ich bin auch der Meinung, dass alles, was ich krampfig anfühlt, nicht gut sein kann.
In meinem Kopf habe ich immer die Ansage: nicht anstrengen!:D

Ich meinte nun den Fall eines Spielers, der nicht locker ist. Jemand der locker ist, fragt ja nicht danach, wie er die Hand locker kriegt, oder?
Wenn Du jemandem, der , wie koelnklavier beschrieb, eine verkrampfte Hand mitbringt, dann muss der erstmal ein Gefühl bekommen für die Lockerheit und Entspannung. Demjenigen würde es sicher nichts nützen, zu sagen: "lass mal locker, die Hand!"
Wie würdest Du, Haydnspaß, dem vermitteln, die Hand locker zu lassen? Wenn ach dem "wie" gefragt wird, dann kann man ja nicht einfach das "was" beantworten. Das löst ja nicht das Probelm, oder?

Lg violapiano
 
Aus eigener Erfahrung muß ich sagen, daß die Verkrampfung Erwachsener vermutlich nicht immer permanent ist sondern in der besonderen Situation entsteht. Ich habe den Eindruck, daß Erwachsene sich selbst enormen Druck machen und glauben, daß nur die Magie von Klavierlehrern und vielen Ratgebern, Foren etc. dazu führen, daß sie irgendwann tatsächlich Klavier lernen (oder auch andere Dinge). Als ich vor einem Jahr neu angefangen hatte, war ich am Flügel meiner Klavierlehrerin äußerst verkrampft, vor allem aus Unsicherheit, denn ich hatte ungefähr 25 Jahre lang nicht mehr Klavier gespielt. Als sie dann anfing, meine Haltung zu korrigieren, habe ich mich noch mehr verkrampft. Ich denke, es wäre besser gewesen, erstmal eine entspannte Sitzposition zu finden und davon ausgehend dann zur "richtigen" Haltung zu finden, ohne den Umweg über totale Anspannung. Eigentlich hat doch jeder seine "optimale" Sitzposition und die sollte man verbessern und nicht ablehnen. Mein aktueller Klavierlehrer hat mir lediglich gesagt, daß er erstaunt ist, wie hoch ich sitze und daß meine Finger sehr flach sind, daß ich mir darüber aber keine Gedanken machen solle. Dennoch hat sich meine Haltung weiter entwickelt und ich bin im allgemeinen recht locker, mal abgesehen von der Spannung, die manchmal notwendig ist, wenn man z.B. FFFF über eine halbe Seite spielen muß. Aber solche Spannungen entladen sich dann in den Anschlägen.

Etwas weniger genau erinnere ich mich an die ersten Spielversuche im Unterricht, mit 8 Jahren. Gelegentlich waren die Finger echte Knoten und meine Klavierlehrerin hat dann einzelne Finger zurechtgerückt, weil ich dazu einfach nicht in der Lage war. Ich kann mich nicht erinnern, daß sie da besonderen Druck ausgeübt hat und irgendwie ist es auf die Dauer verschwunden.

Mein Fazit: Erstmal entspannen lassen, dann sanft dirigieren (und kein Picon, oder wie immer das hieß).
 
Ich meinte nun den Fall eines Spielers, der nicht locker ist. [...] Demjenigen würde es sicher nichts nützen, zu sagen: "lass mal locker, die Hand!"

Vielleicht genügt aber genau dieser Hinweis, demjenigen vor Augen zu führen, dass er/sie verspannt und mit zu viel völlig überflüssigem Tonus in den Händen spielt. Denn da gehts ja los: würde ich merken, wenn das Zuviel an Spannung einsetzt, das wäre ja schon die halbe Miete. Dem Hirn genügt es gemeinhin, zu wissen, WAS es tun soll. Also das Klangergebnis muss einem im Geiste vorschweben, das muss ganz klar sein. Die motorische Umsetzung geschieht dann wie von selbst. Das ist wie mit dem Salzstreuer: um den locker von einer bestimmten Position am Tisch zu greifen, muss ich ja auch nicht tausende Vorübungen absolvieren (ist bekannt). Ich muss halt sehen, wo er steht, wo er hin soll, wie groß er ist und stelle mich auf ein bestimmtes Gewicht ein (das sind immer diese netten Momente, wenn man etwas anhebt, das man sich viel schwerer vorgestellt hatte). Vorm Klavier: das Bewegungsziel, sowohl räumlich, zeitlich wie auch KLANGLICH muss bekannt und vertraut sein. Dann werden (meiner Meinung nach) die Finger von alleine locker. Denn jedes harte, steife Spiel entspricht dann nicht der "Zielvorstellung", es wird korrigiert. Da ist Hörtraining gefragt und keine Fingerübungen. Egal auf welchem Niveau. Müssen ja nicht schon gleich die höheren Bach-Weihen sein.
LG, Sesam
 
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Eigentlich wäre hier zuerst der Physiotherapeut gefragt - und dann ein Yoga-Lehrgang. Aber diese Menschen kommen, weil sie Klavier spielen (lernen) wollen, und sie haben unreflektierte Vor-Bilder im Kopf, bei denen es um "lauter" und vor allem um "schneller" geht. In solchen Fällen den Sinn für "einzelne Töne im Zeitlupentempo" zu vermitteln, ist nicht ganz einfach. Was übrigens auffällt: daß Menschen mit derart verspannter Muskulatur nur sehr schwer in Gefühl für ihren Puls, für ein stetiges Metrum entwickeln.

Hier stimme ich zu. Erst muss "physiotherapeutische" Arbeit geleistet werden.
Vermitteln , wie? Ganz einfach: Vormachen, immer und immer wieder. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn der Schüler und ich ständig den Platz wechseln, dass dem Schüler dann gelingt, meine Haltung zu übernehmen.

"Locker" finde ich den völlig falschen Ausdruck. "Locker" führt sicherlich nicht zu einem schönen Stil.
"weich", "schwer", "entspannt", "warm", ... so in die Richtung.

Ich finde im Gegensatz zu den meisten hier "unmusikalische" Fingerübungen zum Aufwärmen und fürs Tempo einfach super. Es ist im Grunde eine Art Gymnastik, Muskelstärkung und - wärmung, - entspannung, bei der man die
Gedanken und den Blick schweifen lassen kann und sich unbewusst übt.
"Musikalische" Fingerübungen a la Cerny finde ich total überflüssig bis schädlich für die Musikerziehung, Bach etc. ist musikalischer, warum Konzentration und Übezeit auf schlechte Musik verwenden!
Gruss Till
 
Auch wenn das viele hier verteufeln:
Mir hat es geholfen, bestimmte Stellen, die mir schwer vielen (schnelle Läufe etc.), im langsamen Tempo so zu spielen, dass alle Töne gleichmäßig und möglichst "spitz" angeschlagen werden (dabei die Finger rund machen und übertrieben hochnehmen). Dann das Tempo steigern und daran denken, dass alles voll kontrolliert sein muss.
Meine Klavierlehrerin vergleicht das immer mit "Hämmerchen" und danach fällt es einem leichter, loszulassen (hat meine Schwester bei einer anderen Lehrerin auch so gelernt).
 
Wenn Du jemandem, der , wie koelnklavier beschrieb, eine verkrampfte Hand mitbringt, dann muss der erstmal ein Gefühl bekommen für die Lockerheit und Entspannung. Demjenigen würde es sicher nichts nützen, zu sagen: "lass mal locker, die Hand!"
Wie würdest Du, Haydnspaß, dem vermitteln, die Hand locker zu lassen? Wenn ach dem "wie" gefragt wird, dann kann man ja nicht einfach das "was" beantworten. Das löst ja nicht das Probelm, oder?

Komisch, dieses "Problem" hatte ich noch nie.Wenn die Haltung nicht locker aussieht, teste ich erstmal, ob das Handgelenk oder der Ellenbogen "sperren" - durch leichtes Wackeln am Unterarm. Manchmal ist das Problem damit sofort behoben, manchmal muß man einfach kurz erklären, daß diese Gelenke beim Spielen locker bleiben sollen. Ich hab mir noch garnicht überlegt, ob es möglich ist, die Finger zu verkrampfen wenn das Handgelenk locker ist. Vermutlich geht das garnicht.
 
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Hatte gerade aus Versehen meine Beitrag im falschen thread platziert, hier ist er noch mal.

Hallo zamm',

ich möchte noch mal drei meiner Grundannahmen in den Raum stellen:

1. Technik ist unbedingt nötig, um musikalisch spielen möglich zu machen.


2. Technikübungen müssen nicht runtergeholzt werden. Sie können auch mit Feingefühl geübt werden. Ich achte zum Beispiel bei Tonleitern immer drauf, dass sie gleichmäßig klinge, manchmal übe ich sie auch im Pianissimo-Anschlag, manchmal mit crescendo-decrescendo. Manchmal auch schnell in Abschnitten, um untersätze zu üben. und das ist zwingend notwedig, selbst bei einer einfachen" Sonata facile. An der merk ich wie sehr mir die Technik hilft. Denn ich kann die Tonleitern flüssig und im Tempo spielen. Und dabei gestalten.

3.Technik übt nicht nur, wie entspannt auch. Sie macht den Kopf frei.
Ich sehe die Technikübungen immer etwas meditativ. Nach dem Üben bin ich mental entspannt, und frei dafür, mit dem Spielen und Musikmachen anzufangen.

"Ich hab mir noch garnicht überlegt, ob es möglich ist, die Finger zu verkrampfen wenn das Handgelenk locker ist. Vermutlich geht das garnicht."
Das versteh ich nicht, davon habe ich wissentlich auchnichts geschrieben, werde noch mal nachsehen...
__________________

LG
violapiano
 
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Hallo,

mal eine Frage: Was tut ihr alles, um eure Beweglichkeit der Finger zu fördern? Spielt ihr bestimmte Etüden, schnelle Stücke, usw.?

Bei manchen Pianisten scheinen die Finger wie Wackelpudding zu sein. Solche Finger will ich haben :)

Hallo Ubik,
ich hab' mir jetzt die vielen Antworten angeschaut, und es gibt sicher kein allgemeingültiges Rezept. Also bei mir hat die Methode "bleib' locker, spiel relaxed etc." nichts gebracht. Die mentale Einstellung ist sicher wichtig, aber bei motorisch normal begabten Menschen kommt vor der Musik das Üben.

Seit einiger Zeit spiele ich als Fingerübungen die Etuden von Chopin op10. Seit dem ich das mache, ist die Technik deutlich besser geworden. Da ist nichts mehr verkrampft, sondern locker und kräftig zugleich. Kostet pro Tag ca. 1 Stunde. Kann ich empfehlen.
Gruß - Andreas
 
kleine Überlegung

Die Schüler verkrampfen bereits, wenn sie einen Lagenwechsel (Sprung von einer Dezime machen sollen, sind aber vollkommen entspannt, wenn sie am tisch den weiter entfernt liegende Salzstreuer zu sich holen.
Klavigen, der Vergleich scheint auf den ersten Blick zu stimmen, jetzt ist mir aber der wesentliche Unterschied zwischen Salzstreuer und Klaviertaste aufgefallen:

Stell dir vor, da steht nicht ein Salzstreuer, sonder eine ganze Menge Salzstreuer, von denen jeder zweite einen schwarzen Kopf hat.
Irgendwo inmitten der Salzstreuer steht ein genauso aussehender Zuckerstreuer.

Meinst du, der Schüler würde den Zuckerstreuer jetzt immer noch so ganz locker, ohne zu verkrampfen zu sich holen?


Hier ein Tip von rolf:

hallo, ich erlaube mir noch einen kleinen tipp zu den genannten "problemen", die eigentlich gar keine sind... also:
a) jeden einstimmigen Lauf erst einmal nur mit dem Mittelfinger spielen - dabei die Seitwärtsbewegung des eigenen Arms von Ton zu Ton beobachten
b) dann den gewählten Fingersatz langsam nehmen, aber dabei darauf achten, dass der Arm die identische Bewegung wie in a) macht: also denke man sich für jeden Ton, dass man eine gerade Linie vom Druckpunkt des Fingers durch die Mitte des Handgelenks bis zum Ellenbogen haben will
Das bewirkt in jedem Lauf die optimale freie Armbewegung - an die Finger muss man kaum denken, die verrichten ihre Arbeit automatisch, wenn man sie nicht stört!!
---- falls dieser Tipp sonderbar oder verrückt erscheint: ich habe ihn von Prof. Margulis 8russ. Pianist), Robert-Alexander Bohnke und Leon Fleisher jeweils unabhängig voneinander bekommen; ich habe auf diese Weise alle Passagen/Läufe in Liszts Rigolettoparahrase, Tannhäuser-Ouvertüre, Sonate und in Ravels Gaspard in kurzer Zeit einüben können, ohne dass Mühe oder Verspannung entstanden.
Wirklich, sollte man ausprobieren! Die freie Armführung ist relevant, die Finger reagieren (!!) dann auf die Armbewegungen (übrigens gilt das auch für alle Oktavläufe)
Gruß - und viel Erfolg beim anwenden
 
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Nochmal bzgl. "Loslassen" und anderes

Nachdem ich die verschiedenen interessanten Statements durchgelesen habe, möchte ich mich nochmal dazu äußern.

@ Haydnspaß
: Mit dem Gefühl des Loslassens meinte ich nicht, dass man vorher verkrampft sein muss. Ist vielleicht nicht die richtige Wortwahl gewesen, ich meinte das Gefühl des "Losgelassen seins", ohne vorher verkrampft gewesen sein zu müssen. Anders kann ich das Gefühl von vollkommen entspannten Muskeln nicht beschreiben, es hat was für mich "Losgelassenem Fließen" zu tun (wo wir wieder beim damit zusammenhängenden Begriff des "Flows" wären, wie schonmal diskutiert).

@ Haydnspaß: ich glaube auch, dass Verkrampfung nicht angeboren ist, sondern durch falsches Training anerzogen ist. Habe auch den Verdacht, dass je älter man ist, umso leichter zu Verkrampfung neigt (es mag Ausnahmen geben). Kinder haben im allgemeinen eine natürliche Anmut in allem was sie tun, und genau dass ist das sicht- und hörbare Resultat von Entspanntheit. Beim Klavierunterricht muss man dann "nur" darauf achten, dass es dabei bleibt. Sicherlich eine leichtere Task als Verspannung abzubauen...

@ Klavigen: Ich finde den Vergleich mit dem Orang-Utan gut, aber mir reicht es schon, wenn ich die Katze vom Nachbarn vollkommen entspannt auf dem schmalen Zaun balancieren sehe. Und Katzen haben verdammt schnelle Reaktionen. Ich glaube, was Geschmeidigkeit, Entspanntheit, aber auch Konzentrationsfähigkeit angeht (siehe Lauerstellung beim Mäusefangen), können wir viel von Katzen lernen. Vielleicht sind sie in Lauerspannung nicht entspannt, aber sie sind auch nicht verspannt. Vielleicht ist in dem Zustand "angespannt" das richtige Wort.

@ Violapiano/Hayndspaß: bzgl. Vermittlung davon, die Hand locker zu kriegen, wenn die Wahrnehmung für Entspannung fehlt: Ich schreib jetzt mal was ganz Verwerfliches. Wenn es nicht verboten und gesundheitsschädlich wäre, würde ich dafür plädieren, sich beim Zweifeln daran, absolut locker zu sein, mal nach Gras-Rauchen ans Klavier zu setzen und irgendwas spielen, nur mit dem Fokus auf Muskelentspannung. Kann gut sein, dass man entdeckt, dass es nicht nur "Locker" und "Verkrampft" gibt, sondern viele Zwischenstufen, und vorallem: dass es noch viel lockerer geht, als dass, was man bisher als Locker angesehen hat. Was die Wahrnehmung schärft, wie locker es wirklich sein kann.

@ Guendola bzgl. Finger/Handhaltung: Ich glaube zwar auch, dass man in jeder Finger/Handhaltung sowohl verkrampft als auch locker sein kann, wenn man es drauf anlegt, ABER: wenn die Hand gelähmt ist durch einen Schlaganfall, geht sie sofort in die Schonhaltung, die den geringsten Muskeltonus beinhaltet. In dieser Haltung ist das Handgelenk nach innen geknickt und die Finger sind gekrümmt. Persönlich bevorzuge ich es meist, mit gekrümmten Fingern zu spielen, zumindest beim Orgelspiel, bei Bach und allgemein bei schnellen und/oder staccato-Passagen. Bei lyrischen Stellen gerne mit gestreckten Fingern. Ich wage die Behauptung, dass das Spiel mit gestreckten Fingern eine stärkere Gefahr birgt, verkrampft zu spielen. Wenn die Finger gekrümmt sind, und die Handgelenke beweglich aussehen, kann man meist von entspannter Spielweise ausgehen. Wie gesagt, ständiges Spiel mit gestreckten Fingern ist vielleicht auch möglich, aber es ist eine stärkere Gefahr da - sehe ich zumindest so.

@ Hayndspaß bzgl. nicht möglicher Fingerverkrampfung, wenn die Handgelenke locker sind: Doch, habe es gerade probiert, ich schaffe es, dass die Finger verkrampft sind, auch wenn ich das Handgelenk locker halte. Sind eben unterschiedliche Muskelgruppen, und ich glaube, man muß bgzl. maximaler Lockerheit versuchen, in jede Muskelgruppe hineinzuhorchen, ob da Lockerheit da ist. Und das geht runter bis zu den Bein- und Fußmuskeln. Ich habe zum Beispiel die dämliche Angewohnheit, dass mein rechter Oberschenkel zum verkrampfen neigt bei schwierigen Passagen, obwohl die Finger und Handgelenke noch locker sind. Auch das hindert und stört.

@ Andreas.kummm: Ich glaube, dass Chopin-Etüden z.B. für einen Anfänger die beste Garantie wären, nicht nur zu verkrampfen, sondern auch noch Gesundheitsschäden davonzutragen. Jedes Klavierlevel hat wohl seine eigenen Stücke zur Verbesserung der Fingerfertigkeit, vielleicht ist ja Hanon nicht schlecht am Anfang. Bei hohem Klavierkönnen sind Chopin-Etüden sicherlich wunderbare Stücke dafür. Bach-Inventionen z.B. haben sicher noch niemandem geschadet, weder aus technischer noch aus musikalischer Sicht.

Bzgl. Loslassens noch ein weiterer Aspekt. Ich glaube, es kommt beim Schnellspielen vor allem darauf an, dass die aktiven Muskeln beim Tastendrücken vor allem wieder blitzschnell in die inaktive Stellung kommen. Das ist auch was, was mit Loslassen zu tun hat. Und ich glaube, das die Zeitdauer für das Loslassen entscheidend ist für schnelles Spiel. Wenn man verkrampft ist, ist die Zeitdauer des Loslassens unendlich, sprich, man lässt nie los.

Vielleicht ist z.B. staccato-Spiel etwas, was das schnelle Loslassen trainieren kann, vorausgesetzt, man verkrampft nicht dabei, sondern die Muskeln sind wirklich entspannt nach der Tastenaktion. Da können sicher die Klavierlehrer hier genauere Infos oder bessere Methoden dafür nennen.
 
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Nachdem ich die verschiedenen interessanten Statements durchgelesen habe, möchte ich mich nochmal dazu äußern.
@ Guendola ...Ich wage die Behauptung, dass das Spiel mit gestreckten Fingern eine stärkere Gefahr birgt, verkrampft zu spielen. Wenn die Finger gekrümmt sind, und die Handgelenke beweglich aussehen, kann man meist von entspannter Spielweise ausgehen. Wie gesagt, ständiges Spiel mit gestreckten Fingern ist vielleicht auch möglich, aber es ist eine stärkere Gefahr da - sehe ich zumindest so.

Ich wollte keineswegs das Spielen mit gestreckten Fingern propagieren. Hätte mein Klavierlehrer aber angefangen, meine Fingerhaltung zu korrigieren, wäre dabei erstmal Krampf im wahrsten Sinne des Wortes herausgekommen. Und darum ging es mir; nicht alle Leute, die verkrampft am Klavier sitzen, haben tatsächlich motorische Probleme, es kann sehr gut sein, daß sie nur einfach Probleme damit haben, ihre Haltung der Theorie anzupassen. Oder einfacher ausgedrückt: Sie können noch nicht begreifen, was der Lehrer von ihnen erwartet. Salzstreuer zu greifen muß man übrigens auch jahrelang üben, nur passiert das so früh im Leben, daß man sich selbst daran kaum erinnern kann.
 
Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht richtig, was mit Beweglichkeit der Finger gemeint ist :confused:

Kann das mal jemand (am besten an einem schönen Beispiel) zeigen?

marcus
 

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