Habe gerade mal Wu Weis Link angeklickt. Insbesondere diesen Absatz finde ich sehr bedenkenswert:
Glenn Gould hatte gut lästern – für ihn war das Medium Schallplatte, mit dem sich jedes Orchester und jede Opernbühne ins heimische Wohnzimmer holen läßt, etwas Selbstverständliches. Aber noch zu Beginn dieses Jahrhunderts sah die Situation anders aus: Bearbeitungen waren für viele Musikliebhaber die einzige Möglichkeit, die Orchester- und Opernliteratur überhaupt kennenzulernen. Vielfach wurden die Kompositionen erst populär durch Transkriptionen, Paraphrasen und die obligatorischen "Variationen über ein Thema von ...". Beethoven-Sinfonien bearbeitet für zwei Flöten oder Paraphrasen über Verdi-Opern für Violine und Klavier (selbstverständlich leicht gesetzt) waren das tägliche Brot der damaligen bürgerlichen Hausmusik. Und nicht viel anders gestaltete sich auch das Konzert-Repertoire der reisenden Virtuosen – die es natürlich nicht versäumten, bei ihren Darbietungen ihr artistisches Feuerwerk abzubrennen.
Mir war das auch so bekannt, dass es üblich war, von Sinfonien Klaviertranskriptionen zu erstellen, damit auch Menschen diese Musik wenigstens ein bisschen kennen lernen konnten, die keine Möglichkeit hatten, eine Orchesteraufführung zu erleben.
Manchmal empfinde ich tatsächlich so etwas wie ein "schlechtes Gewissen" gegenüber der (insbesondere klassischen) Musik, weil sie mir in allen Lebenslagen so problemlos verfügbar ist. Ich werde ja schon mit Klassik im Radiowecker wach und beim Autofahren dudelt sie sowieso und auch sonst und überhaupt. So schön das ist, aber haben wir nicht auch ein Stück Wertschätzung dabei verloren? Bis zur Erfindung der Tonträger konnte Musik doch NUR gehört werden, wenn sie aufgeführt oder eben selbst gemacht wurde. Der Einzige, der es besser hatte, war der König; der hatte sein eigenes Orchester, das ihn auf Reisen begleiten musste - als eine Art Vorläufer des MP3-Players...
Es geht uns da wirklich unglaublich gut heute.
Nachdenkliche Grüße
Tosca