Bartok-Trauma... ;-)

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ChristineK

ChristineK

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12. Nov. 2010
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Hallo zusammen,

nachdem es hier schon einen ähnlichen Faden zu Bach gab, fühle ich mich nun auch inspiriert... Also, letztlich lag es an Bartok (bzw. an seinen Stücken, ich vermute mal, es war der Mikrokosmos), dass ich als Kind nach nur wenigen Jahren wieder mit dem Klavierspielen aufgehört habe. Ich erinnere mich dunkel, dass meine Mutter, wenn ich übte, immer aus dem Nebenzimmer rief: "Das musst du aber nochmal anschauen, das klingt so schief!" Heute würde man sagen: Einfach mal die Stückauswahl mit der Klavierlehrerin besprechen. Oder den Lehrer wechseln. Tja. Ich dagegen tauschte das Instrument (Klavier gegen Gitarre) und habe erst vor ein paar Jahren wieder damit angefangen.

Nun bin ich ja durchaus offen, meinen musikalischen Horizont zu erweitern. Was könnt ihr Bartok abgewinnen, was kann man durch seine Stücke lernen? Gibt es etwas, was sich leichter erschließt, womit ich den Einstieg nochmal wagen sollte? Oder einfach erstmal zum Anhören? Als Hobbypianistin kann ich natürlich auch sagen, das muss ich nicht spielen, wenn es mir nicht gefällt. Aber sich mal neu damit zu befassen, ist ja nicht verkehrt. (Natürlich freue ich mich auch über Kommentare von denjenigen, die zu Bartok auch keinen Zugang gefunden haben...).

Schönen Sonntag noch.
 
Was könnt ihr Bartok abgewinnen, was kann man durch seine Stücke lernen? Gibt es etwas, was sich leichter erschließt, womit ich den Einstieg nochmal wagen sollte? Oder einfach erstmal zum Anhören? Als Hobbypianistin kann ich natürlich auch sagen, das muss ich nicht spielen, wenn es mir nicht gefällt. Aber sich mal neu damit zu befassen, ist ja nicht verkehrt.
vermutlich auf Anhieb spielen kannst du ein Abend auf dem Land und slowakisches Volkslied aus dem Zyklus zehn leichte Klavierstücke.

schaden kann es aber auch nicht, wenn du dir die Zeit nimmst, um dich mit den großen Werken von Bartok und ergo mit seiner Musiksprache vertraut zu machen:
Konzert für Orchester
Klavierkonzert Nr.3 (eigentlich egal welches der Konzerte)
allegro barbaro
erste Rhapsodie
Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug
(istnur eine kleine erste auswahl)
 
So wertvoll der Mikrokosmos sicher ist, hatte ich damals als Jugendlicher auch meine Probleme. Später lernte ich die beiden Bände "Für Kinder" kennen. Sie beruhen auf ungarischen Volksliedern und sind im Anhang mit Texten versehen. Die kleinen Stücke sind zum Teil einfach und sehr schön. Ich hole die beiden Bänder immer wieder hervor und spiele eine Auswahl daraus mit großem Vergnügen.
Nach einem Konzert von Zoltan Kocsis, der zuvor die Bilder eine Ausstellung gespielt hatte, spielte er eines der einfachsten und kürzesten Stücke als Zugabe.

Gruß
Manfred
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir gefallen u.a. diese Aufnahmen:





Selber gespielt habe ich erst ein paar Stücke aus "Für Kinder", von denen einige hier wunderschön zu hören sind:


andere gibt es noch hier:

und den ganzen zweiten Band hier:
 
Ich lerne zur Zeit die Rumänischen Volkstänze von Bartok. Anfangs hatte ich auch meine Probleme damit. Ich fand den richtigen Rhythmus nicht, hatte Mühe mit der Koordination von Staccato und Pedal etc.
Je länger ich jedoch daran arbeite, desto mehr faszinieren mich diese Stücke, sie sind sehr vielfältig, und ich kann immer wieder neues daran entdecken.

Gruss
Ruedi
 
Weil hier im Forum schon öfter Bartóks Mikrokosmos erwähnt wurde wollte ich mir die Stücke vor einiger Zeit anhören. Aber ich habe nicht lange durchgehalten - es ist einfach nicht „meine“ Musik.

Als ich vor einigen Monaten Musikalien für den Unterricht kaufen sollte stand Bartók mit auf der Liste. Meine Reaktion kann man nicht als freudig erregt bezeichnen – es war eher das Gegenteil. Es war aber zum Glück nicht der Mikrokosmos sondern Gyermekeknek 1 und 2. Als dann das erste Stück daraus im Unterricht an die Reihe gekommen ist war ich angenehm überrascht.

Bisher habe ich drei Stücke daraus gespielt (eines davon werde ich im Repertoir behalten) und diese Stücke üben einen besonderen Reiz auf mich aus weil sie recht außergewöhnlich klingen. Es freut mich, dass mein Klavierlehrer mir solche Stücke näher bringt, denn von mir aus hätte ich niemals Bartók gespielt. Ich hätte interessante und faszinierende Musik verpasst!

Danke, ahc, besonders für den Link zu Zoltán Kocsis' Recital in La Roque d'Anthéron.
 
Weil hier im Forum schon öfter Bartóks Mikrokosmos erwähnt wurde wollte ich mir die Stücke vor einiger Zeit anhören. Aber ich habe nicht lange durchgehalten - es ist einfach nicht „meine“ Musik.

Als ich vor einigen Monaten Musikalien für den Unterricht kaufen sollte stand Bartók mit auf der Liste. Meine Reaktion kann man nicht als freudig erregt bezeichnen – es war eher das Gegenteil. Es war aber zum Glück nicht der Mikrokosmos sondern Gyermekeknek 1 und 2. Als dann das erste Stück daraus im Unterricht an die Reihe gekommen ist war ich angenehm überrascht.

Bisher habe ich drei Stücke daraus gespielt (eines davon werde ich im Repertoir behalten) und diese Stücke üben einen besonderen Reiz auf mich aus weil sie recht außergewöhnlich klingen. Es freut mich, dass mein Klavierlehrer mir solche Stücke näher bringt, denn von mir aus hätte ich niemals Bartók gespielt. Ich hätte interessante und faszinierende Musik verpasst!

Danke, ahc, besonders für den Link zu Zoltán Kocsis' Recital in La Roque d'Anthéron.
Der Mikrokosmos sagt mir auch nicht zu, aber es gibt wie schon weiter obern erwähnt, "Bartok für Kinder". Mit drei Stücken daraus hat ich als Kind mal einen fulminanten Auftritt.
 
Bartok ist wahrscheinlich der kompetenteste Komponist des letzten Jahrhunderts. In jedem Fall spielt er in der Champions League.

So ziemlich alle Stücke von ihm, die auf Volksmusik zurückzuführen sind, sind traumhaft in Bezug auf die Skalen und die Rhythmen. Sie reichen von einigermaßen einfach bis hin zu vertrackt.

Meine Favoriten: "Drei Volkslieder aus dem Komitat Csik" - nicht so schwierig - und "Fünfzehn Ungarische Bauernlieder" - hübsch heftig - und natürlich das barbarische Allegro.

Wenn man sich einmal etwas vom "1.-Stufe-5.-Stufe-Hören" entfernt hat, klappt es auch mit Bartok.

Er ist einer der ganz Großen.

CW
 
Zuletzt bearbeitet:
Nicht nur der junge Strawinsky hat eine frühe Sinfonie in Es-Dur hinterlassen:



Sie hört sich recht gefällig an, obwohl sie vom späteren Bartók'schen Personalstil noch recht weit entfernt ist. Stilistisch wäre das Opus irgendwo bei den Neudeutschen mit slawischen Einfärbungen anzusiedeln, wobei dieses Frühwerk schon profilierter daherkommt:



Die das spätere Schaffen prägenden Einflüsse osteuropäischer Traditionen sind hier schon wesentlich präsenter. Um die Jahrhundertwende war es sicherlich nicht leicht, aus dem Schatten von Liszts Symphonischen Dichtungen herauszutreten. In die Bartók'sche Pianistik kann man als Hörer mit diesem wunderbar gespielten Frühwerk einsteigen, das der bei einem Liszt-Schüler ausgebildete versierte Pianist Bartók auch später gerne aufführte:



Eine interessante Dokumentation über Bartóks Beschäftigung mit nationalen Musiktraditionen und deren kompositorischer Verarbeitung mit vielen O-Ton-Dokumenten gibt es hier, allerdings mit einem Kommentar in ungarischer Sprache:



Vielleicht gelingt es, mit einem behutsamen Einstieg in sein facettenreiches Lebenswerk dem Bartók-Trauma einiges von seinem Schrecken zu nehmen. Spätere Komponisten hatten es mindestens genauso schwer mit der Lösung von der Prägung durch Bartóks Personalstil. György Ligeti und weitere osteuropäische Komponisten gingen in ihrem Frühwerk unüberhörbar von dem aus, was Bartók an stilistischen Perspektiven zuvor aufgezeigt hat. Ein Vorbild für die werden, die später selber Vorbilder werden sollten - das gelingt nur den Größten unter den Großen. Damit lohnt sich die Beschäftigung in jedem Falle. In diesem Sinne frohes Schaffen!

LG von Rheinkultur
 
Christine, wenn Dir Bartok nicht liegt (mir auch nicht), dann gibt es mit Chilly Gonzales "Etüdenbuch" sozusagen die abgemilderte Form für den Einstieg. Sehr zu empfehlen. Gleich die erste Etüde beginnt sehr ähnlich wie "Ein Abend auf dem Lande" ....
 
Wow, ihr seid ja super. Vielen Dank für die Links, durch die ich mich nun erstmal in Ruhe durchhören werde. Man muss zwar nicht alle der "ganz Großen" letztlich auch mögen (oder spielen wollen), aber ich bin auch der Meinung, man sollte sie zumindest mal kennenlernen....
 

Christine, wenn Dir Bartok nicht liegt (mir auch nicht), dann gibt es mit Chilly Gonzales "Etüdenbuch" sozusagen die abgemilderte Form für den Einstieg. Sehr zu empfehlen. Gleich die erste Etüde beginnt sehr ähnlich wie "Ein Abend auf dem Lande" ....

Gonzales' Etüdenbuch ist derzeit vergriffen, Nachdruck ist zwar vorgesehen, aber das dauert noch. Lediglich für Kindle ist es sofort erhältlich.

lg exe
 
Originalmaterial:



Und das hat er aus den Anregungen gemacht und spielt es selbst:



Beim Vergleich erfährt man allerhand über Bartóks Arbeitsweise.

LG von Rheinkultur
 
Danke, exe, für die Info. Da sieht man wieder mal, was Marketing alles vermag ;-)
 
Hallo ChristineK,

Südosteuropa hat eine faszinierende, bei uns eher unbekannte Folklore mit vielen Stilmitteln, die uns exotisch vorkommen (rhythmisch, harmonisch,...). Bartok gefällt mir, wenn er diese interessante Musik direkt transportiert (höre auch mal ein paar Originale an). Bei den großen eigenen Werken (Rolf's Liste) ist bei mir allerdings der Funke auch noch nicht übergesprungen. Die rumänischen Volkstänze gibt es auch in zahlreichen Bearbeitungen - ich habe sie mal mit einem Klarinettisten gespielt - da du ja mal nach nicht so schwerer Kammermusik gefragt hattest. Was ich vor kurzem angefangen habe:



Und noch ein Gedanke zum Mikrokosmos (mit dem ich allerdings nicht traktiert wurde): Vielleicht hat hier der Komponist eher an Kinder gedacht, die in einem kulturellen Idiom aufwachsen, das dieser Musiksprache näher ist? Denen dürfte diese Musik eingängiger sein als dem gemeinen Westeuropäer.


Grüße vom klafierspieler
 
Hallo zusammen,

nachdem es hier schon einen ähnlichen Faden zu Bach gab, fühle ich mich nun auch inspiriert... Also, letztlich lag es an Bartok (bzw. an seinen Stücken, ich vermute mal, es war der Mikrokosmos), dass ich als Kind nach nur wenigen Jahren wieder mit dem Klavierspielen aufgehört habe. Ich erinnere mich dunkel, dass meine Mutter, wenn ich übte, immer aus dem Nebenzimmer rief: "Das musst du aber nochmal anschauen, das klingt so schief!" Heute würde man sagen: Einfach mal die Stückauswahl mit der Klavierlehrerin besprechen. Oder den Lehrer wechseln. Tja. Ich dagegen tauschte das Instrument (Klavier gegen Gitarre) und habe erst vor ein paar Jahren wieder damit angefangen.

Nun bin ich ja durchaus offen, meinen musikalischen Horizont zu erweitern. Was könnt ihr Bartok abgewinnen, was kann man durch seine Stücke lernen? Gibt es etwas, was sich leichter erschließt, womit ich den Einstieg nochmal wagen sollte? Oder einfach erstmal zum Anhören? Als Hobbypianistin kann ich natürlich auch sagen, das muss ich nicht spielen, wenn es mir nicht gefällt. Aber sich mal neu damit zu befassen, ist ja nicht verkehrt. (Natürlich freue ich mich auch über Kommentare von denjenigen, die zu Bartok auch keinen Zugang gefunden haben...).

Schönen Sonntag noch.
 
Ich finde die Sonatine sehr schön, werde sie wohl nach meinem derzeitigen Stück anfangen.

Ich muss sagen, so direkt gefällt mir beim Mikrokosmos so in etwa über die Hälfte der Stücke nicht so, aber die ersten 3 Bände sind so ziemlich das interessanteste was ich zum Blattspiel üben benutze. Und auch im Mikrokosmos gibt es dann doch einige Stücke die mir sehr gut gefallen. Die 10 leichten Stücke Sz. 39 finde ich auch toll.

 

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