Ausdauer ohne Verkrampfen

Stilblüte

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Bei manchen Stücken braucht man ja in einer Hand ein besonders starkes Ausdauervermögen, wenn sie eine recht lange Zeit laute oder schnelle Läufe o.ä. spielt.
Ich denke da besonders an die Linke, z.B. in der Revolutionsetüde oder der Pathétique. Manchmal ist es dann so, dass man die Technik zwar beherrscht, doch die eigentliche Schwierigkeit ist, sie das ganze Stück lang durchzuhalten, und zwar ohne zu verkrampfen oder fest zu werden oder die Hand anzuspannen, man muss die ganze Zeit locker und entspannt sein.
Die Frage lautet nun: Kann dieses "Ausdauervermögen" gezielt trainiert werden und wenn ja wie?
Die einzigen Möglichkeiten die ich im Moment sehe sind die, entweder das gesammte Stück langsam zu spielen und das Tempo langsam zu steigern, oder das Stück schnell zu spielen und zu versuchen, die gespielten Passagen Stück für Stück zu verlängern.

Was fällt euch dazu ein?

Stilblüte
 
Leider kann ich dir keinen konkreten Rat geben, aber wenn du dich intensiver mit der körperlichen Seite des Klavierspiels beschäftigen willst, hier folgendes:

In Fragen von Kraft und Ausdauer, Klangschönheit und Bewegung bin ich gerade auf einem neuen Trip, der meine bisherigen Vorstellungen von "Gewichtstechnik", "Spiel ohne Kraft" und dergleichen Gemeinplätzen völlig umgeworfen hat. (Ausgelöst worden ist diese Entwicklung durch Arbeiten von Elgin Roth, und ich empfehle ihre beiden Bücher "Klavierspiel und Körperbewusstsein" sowie "Die Wiederentdeckung der Einfachheit".)

Leider stehe ich selbst noch ganz am Anfang und suche einen entsprechend unterrichtenden Lehrer. Elgin Roth hat sowohl in Hamburg als auch in Halle an den Musikhochschulen unterrichtet, und es ist zu hoffen, dass diese Tradition dort weitergeführt wird.
 
Früher hatte ich gedacht, es sei eine Frage des Muskeltrainings, und wenn man den Fingern und Armen nur genug Muskeln antrainiert hat, dann wirds schon. Es ist aber garnicht das Problem fehlender Muskeln, sondern verkrampfter Muskeln.

Beim Lautspielen verkrampfen sich die Muskeln am schnellsten. Daher wäre mein Tip: leise üben! Wenn man dann weiß, wie sich lockere Muskeln anfühlen, kann man allmählich die Lautstärke steigern. Bei Erhaltung der Lockerheit.
 
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Die Lautstärke ist eigentlich weniger das Problem (ergibt sich meist von selbst; leise spielen ist oft schwieriger als Laut!), eher die Dauer des Spielens.

Gruß
Stilblüte
 
wenn man forte spielt und nicht locker ist, klingt es furchtbar.
Das Gute am Pianospiel ist, dass kein Ton kommt, wenn man nicht locker ist.
Beim Lautspielen schon.
Hört sich an wie wenn man mit den Füßen spielt.

Ich wage zu behaupten, dass ich zwischen locker-sein und verkrampft-sein gut unterscheiden kann.

Die Frage lautete eher: Welche Möglichkeiten gibt es, lange anspruchsvolles Spiel durchzuhalten und trotzdem entspannt zu bleiben?

Stilblüte
 
wenn man forte spielt und nicht locker ist, klingt es furchtbar.
Das Gute am Pianospiel ist, dass kein Ton kommt, wenn man nicht locker ist.
Beim Lautspielen schon.
Hört sich an wie wenn man mit den Füßen spielt.

Hmm, ja, das ist ganz treffend beschrieben :p

Ich wage zu behaupten, dass ich zwischen locker-sein und verkrampft-sein gut unterscheiden kann.

Das wollte ich auch nicht infragestellen. Sorry, wenn ich mich da mißverständlich ausgedrückt habe.

Ich wollte nur schildern, wie ich früher geübt habe - und wie ich heute übe. Die Revolutionsetüde strengt mich heute nicht mehr übermäßig an, im Gegensatz zu früher.

Vielleicht können ja auch noch andere über ihre Übmethoden berichten...

Haydnspaß
 
@Stilblüte:
Ich glaube (auch wenn ich mich damit jetzt erstmal unbeliebt mache), dass eben genau das das Problem ist: "Ich wage zu behaupten, dass ich zwischen locker-sein und verkrampft-sein gut unterscheiden kann."
Wenn es genau so wäre, hättest du das Problem nicht. Ich sehe das so: Ein Marathonläufer kann extrem lange laufen. Legt man ihm aber zwischendurch ein paar Steine in den Weg, schafft er unter Umständen nur einen Bruchteil der Strecke, die er ohne Hindernisse schaffen könnte. Dein Problem, so scheint mir, sind kleine Hindernisse zwischendurch, die so viel Kraft kosten, dass die Lockerheit nach relativ kurzer Zeit verschwindet, während der Großteil der Strecke mühelos bleibt. Um dich für solche "Stolperstellen" zu sensibilisieren ist das Leise-Spielen eine Möglichkeit.
 
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:DJetzt hasse ich dich selbstverständlich...
Kleiner Scherz;)
Wer macht sich schon unbeliebt, wenn er versucht, mir zu helfen...
Bin ja um jeden Rat dankbar.

Ich gebe zu, was ich meine, ist vielleicht etwas unklar formuliert.
Mit "ich kann unterscheiden" wollte ich folgendes erklären:
Ich hatte mal eine Lehrerin, bei der ich gelernt habe, nur mit Druck zu spielen, ohne schwung, mit fixierten Armen. Eben genau das falsche.
Ein nächster Lehrer hat mir das mühsam wieder abgewöhnt (ich wäre fast verzweifelt!!), inzwischen bin ich meinen Händen wieder Herr.
Das Gute an der Sache: Ich weiß, wie man nicht spielen soll, und vor allem wie es sich nicht anfühlen darf, spüre also, wann meine Hand sich verkrampft.
Was ich also meine ist nicht, dass ich zu jedem Zeitpunkt selbst entscheiden kann, wie locker oder nicht meine Hand ist, sondern dass ich spüre, ob sie locker ist.
Beim Spielen ist es so, dass ich weiß, wie ich grundsätzlich zu spielen habe, damit sie auch locker bleibt, doch natürlich stößt jeder an seine Grenzen- und eben die möchte ich gerne ausweiten.
Die Grenzen kommen bei Stücken auf, in denen die Hand sehr lange sehr schnelle Bewegungen ausführen muss- eben z.B. Rev-etüde oder Pathétique. Bei der Etüde kann es gut sein, dass solche "Stolpersteine" vorkommen, was ich schon daran merke, dass mir gewisse Läufe ganz leicht fallen und andere wohl noch einige Zuwendung brauchen...:rolleyes:
Bei der P. dagegen ist ja der Bewegungsablauf immer gleich, was die "Steine" wohl ausschließt...
Wahrscheinlich ist die einzige Möglichkeit, jeden Tag der Hand ein bisschen mehr abzuverlangen- so wie ein Jogger, der jeden Tag 100 Meter weiter joggt... =)

Falls jemandem noch was andres einfällt, ich bin für alle Vorschläge offen.

Gruß
Stilblüte

ps: übrigens: Frohe Ostern!
 
Frohe Ostern!

Ich glaube du spürst selber, dass das "Tote-Punkte-Überwinden" nicht die richtige Lösung ist :-). Könntest du deine Oktavtremolotechnik bei der Pathetique beschreiben? Wie genau gehst du vor? Auch wenn die Technik für die linke Hand formal die gleiche ist, kann es trotzdem im Laufe des Stücks wegen der verschiedenen Lagen oder der rechten Hand zu minimalen Veränderungen und Störungen im Bewegungsablauf kommen. Ich bin der Ansicht, dass Ausdauer nicht durch "sportliches" Training erlangt werden kann.
 
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Oktaventremolotechnik:D
Was für ein Wort.
Ok, ich versuch mal, sie zu beschreiben.
Sei vielleicht vorher noch gesagt, was ich auch noch festgestellt habe: Wenn ich Oktavwiederholungen spiele, fällt mir das viel leichter als Oktavtremolo (sind das überhaupt die richtigen Bezeichnungen...?), ich habe es noch nie so lange gespielt, dass ich aufhören musste- wobei es mir interessanterweise links leichter fällt als rechts, wo ich meine Hand dann irgendwann spüre. :confused:Das soll einer verstehen...

Beim Oktaventremolo also:
Ich habe das Gefühl, dass meine Rechte und Linke das nicht ganz gleich machen. Hier kann das wieder die Rechte besser, weil sie einfach trainierter ist (rechtshänder). Ich würde das Spiel mit einer Art "Schüttelbewegung" beschreiben. Die Finger bewegen sich kaum, der Bewegungsblauf ist eine Mischung aus einem "Hin- und herdrehen" der Hand und einer (leichten) rechts-links-Verschiebung. Das Handgelenk ist dabei sehr wichtig und übernimmt einen Großteil. Die Hand ist aber nicht starr und wird nur hin und her gerdeht, sondern ich versuche die Finger sozusagen mitschwingen und einfach locker zu lassen, aber zu "stützen". Unterarm bewegt sich kaum (dreht sich nur etwas), Ellbogen bleibt die ganze Zeit am gleichen Punkt und ist locker (solange, bis meine Hand ausgepowert ist, dann spannt er sich an und das Ende ist erreicht...).
In der Linken ist es ähnlich, nur die kleine "Links-Rechts-Bewegung" die ich mit der Rechten mache, mach ich mit Links nicht.

Ist nicht einfach, das so genau zu Beschreiben- ich hoffe, man kann sich so ungefähr vorstellen, wie ich das mache.

Gruß und auch Frohe Ostern:)

Stilblüte
 

Hallo Stilblüte!

Ich sehe an deiner Beschreibung, dass noch Verwirrung besteht zwischen der Funktion des Handgelenks und der des Unterarms, und zwischen Unterarm und Ellbogen. Erstens kann das Handgelenk keine Drehbewegungen ausführen sondern nur nach links/rechts und auf/ab. Dem entsprechend kann das Handgelenk bei deiner Bewegung überhaupt nicht oder nur wenig beteiligt sein, höchstens als "Impulsgeber". Die Bewegung selbst kommt aber vom Arm. Deswegen bewegt sich der Unterarm nicht einfach nur mit, sondern übernimmt die Hauptbewegung. In wie weit die gesamte Schüttelbewegung aus dem Unterarm kommt oder ob der Oberarm mit beteiligt ist oder sein sollte, weiß ich jedoch ehrlich gesagt nicht (kommt auch auf die Spielsituation an). Die zweite Verwirrung sehe ich darin, dass du den Ellbogen irgendwann als verkrampft beschreibst. Da der Ellbogen kein Muskel sondern ein Gelenk ist, vermute ich die Verkrampfung eher im Unterarm. Weiter vermute ich, da dieser jetzt zum zweiten Mal anscheinend zu wenig Beachtung gefunden hat, dass sich der Knackpunkt irgendwo dort befindet wo der Unterarm "unbewusste" Bewegungen ausführt, die sich deiner Kontrolle entziehen.
 

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