Asynchroner Anschlag - Welche Epochen und Warum ?

Entscheidend ist aber, dass die Spielpraxis auf absichtsvolles Gestalten bei intaktem Bewusstsein und funktionierender Technik am Instrument zurückzuführen ist - nicht aber auf Willkür oder gar Unvermögen, also auf das, was man so "Klappern" nennen könnte.
Vollkommen klar, Unvermögen habe ich bei Argerich nicht in Betracht gezogen und über andere Beweggründe nachgedacht. Und ja, es hat was. Trotzdem hatte ich die Assoziation mit dem (auf Unvermögen zurückzuführenden) "Klappern" und das beeinträchtigt meinen Hörgenuss etwas. Rein subjektiv. Ich liebe ihre Aufnahme der Kinderszenen dennoch :-)
 
Vollkommen klar, Unvermögen habe ich bei Argerich nicht in Betracht gezogen und über andere Beweggründe nachgedacht. Und ja, es hat was. Trotzdem hatte ich die Assoziation mit dem (auf Unvermögen zurückzuführenden) "Klappern" und das beeinträchtigt meinen Hörgenuss etwas. Rein subjektiv. Ich liebe ihre Aufnahme der Kinderszenen dennoch :-)
Martha Argerich erhielt ebenso wie Carmen Piazzini und Bruno Leonardo Gelber ihre pianistische Ausbildung bei Vincenzo Scaramuzza, der der gleichen Pianistengeneration angehört wie Edwin Fischer, Wilhelm Backhaus oder Artur Schnabel. Da er zugunsten des Unterrichtens frühzeitig seine Konzerttätigkeit reduzierte, sind im Gegensatz zu den erwähnten Zeitgenossen offensichtlich keine Aufnahmen seines Spiels verfügbar. Ob das gezielt angewandte "Rubato" auf überlieferte Spielpraktiken der romantischen Tradition zurückgeht, ist also auf diesem Wege nicht mehr zu ermitteln.
 
Dann lieber Ligeti - hier ist es tatsächlich so, daß die linke Hand sowohl takt - als auch tempomäßig völlig unabhängig von der Rechten sein soll!

Ligeti - Musica ricercata (7) - YouTube

Die Noten sind einfach - es ist aber mörderschwer zu spielen.

UFF..@Hasenbein, das Ding ist nicht schlecht..und dass es mörderschwer ist, glaub ich. Man braucht da wohl viel AUsdauer auch, denn SOO kurz ist es ja auch nicht ! Auf jeden Fall hört es sich schonmal GUT AN !!

@ Taktmäßig völlig unabhängig: Das Einzige, was ich bisher kenne, mit unterschiedlichen Taktarten in beiden Händen ist eine kurze Stelle bei Chopin, im cis-Moll-Nocturne KK IV a, 16, AUTOGRAPHENVERSION !!, wo in der linken 4/4 bleibt und in der Rechten 3/4 angesetzt wird, "4" Takte lang, dann wieder 4/4 2 Takte lang, dann wieder 3/4, "4" Takte lang, dann wieder 4/4, jetzt allerdings 3 Takte lang, dann wieder 3/4, allerdings 17 Takte lang, wobei während dieser 17 Takte im 6 Takt sich die in meinem (zickigen) Erstlingsposting bei UMFRAGE: MOZART vs CHOPIN ;) genannte FANFAREN-FLOSKEL aus f-Moll-Konzert im 3/4 Takt dazugesellt, für 12 Takte also gemeinsam 3/4 Takt gespielt wird, bis dann wieder im Adagio-verklärten morendo-Schlussklang dieses Teiles beide Hände im 4/4 Takt wieder sind. ;)

Allerdings gilt das nur für die Autographen-Version. Gemäß Henle sahen das die Abschreiber Oskar Kolberg und Chopin-Schwester Ludwika Jendrzejewicz anders ;) ( keine Taktwechsel a.d. Kritischen Stellen notiert. Beim Zitat aus f-Moll-Konzert nat. schon. )

Also echt ausnotierte Stellen im Romant. Bereich mit krass unterschiedl. notierten Taktarten in beiden Händen ? Fällt mir nicht sooo viel ein, bin aber auch Chopin-"zentriert", so tippe ich vielleicht noch auf Rachmaninow, Skriabin und solche.

Und dann ist noch die Frage, wegen Hasenbeins Beispiel, ob die Hände beim o.g. Chop.-Nocturne wsirklich SOOO unabhängig sind, wie in n Hasenbeins Beispiel..mhh ! Ich glaube fast, nicht..

LG, Olli !

PS.: Ich lese grad, BEVOR ich poste: @ Rheinkultur und Dilettant: Argerich hatte u.a. auch bei Michelangeli Unterricht. Wobei ich, weil der doch immer so genau und exakt war, (obwohl im Manche gerade DAS unterschwellig NICHT bestätigen möchten, z.B. spielen fast ALLE die L. 449-h-Moll SOnate langsam, aber DIE gehört schnell, finde ich, und nur ABM macht das !!)nicht weiß, wie es bei ABM mit Rubato bzw. Asynchronizität aussieht- so genau will ich das bei dem gar nicht wissen :D ..immerhin war der ja nun auch auf Chopin, usw-Gebiet BEWANDERT !
 
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PS.: Ich lese grad, BEVOR ich poste: @ Rheinkultur und Dilettant: Argerich hatte u.a. auch bei Michelangeli Unterricht. Wobei ich, weil der doch immer so genau und exakt war, (obwohl im Manche gerade DAS unterschwellig NICHT bestätigen möchten, z.B. spielen fast ALLE die L. 449-h-Moll SOnate langsam, aber DIE gehört schnell, finde ich, und nur ABM macht das !!)nicht weiß, wie es bei ABM mit Rubato bzw. Asynchronizität aussieht- so genau will ich das bei dem gar nicht wissen :D ..immerhin war der ja nun auch auf Chopin, usw-Gebiet BEWANDERT !
Ach, LMG und Rheinkultur, jetzt hängt Ihr mich völlig ab, weil ich bin in Stilfragen gar nicht so bewandert und an Diskussionen über "richtiges Tempo" kann ich mich gar nicht beteiligen mangels Kompetenz. Nur noch so viel: Was ich bei Argerich höre, ist ja kein Rubato, es ist ein sehr geringes, aber doch eher konstantes Verzögern der Melodiestimme. Meiner Meinung nach soll das die Melodiestimme herausheben ohne sie lauter zu machen.

Man kann mit der Melodie meiner Meinung nach auch dem Takt voraus- oder nacheilen, um einen eher vorwärtsdrängenden oder einen eher schleppenden Eindruck zu erzeugen (Eric "Slowhand" Clapton hat so was gut gemacht und daher kommt der Name).

Bei "tanzrhythmusbasierter Musik" in der von Hasenbein erwähnten Weise links den Takt stur durchziehen (Groove find ich jetzt für Chopin nicht das passende Wort) und rechts Rubato spielen, ist meiner Meinung nach noch ne ganz andere Nummmer und ich versuch das man gar nicht erst.

3/4 gegen 4/4 ist ja kein Rubato, alle 3 bzw. 4 Zählzeiten treffen sich ja beide Hände wieder und sie können auch in sich straight im Tempo bleiben, das ist meiner Meinung nach wieder ein ganz anderes Thema.

Ciao
- Karsten
 
Rehi, Dilettant, ich hatte das beim Schreiben gelesen, wegen Scaramuzza, und wollte noch schnell ABM mit hinzufügen nur. ;)

Ich wollte keinen "Stolperstein" mit ABM hier reinbringen ;) . Falls doch, sorryy ;) Wollte auf keinen Fall Gedanken nur auf ABM richten.

LG, Olli !
 
für den Fall eventueller Missverständnisse:

wenn an passender Stelle zwei als simultan notierte Töne aus expressiven und verdeutlichenden Gründen nicht ganz gleichzeitig gespielt werden, dann ist das vielleicht richtig, vielleicht falsch, aber ganz sicher kein Rubato ;)

wenn am Ende eines musikalischen Abschnitts ein wenig ritardando gemacht wird oder der nächste Abschnitt etwas später als notiert begonnen wird, dann ist auch das kein Rubato sondern eher "atmendes Tempo" (Margulis)

Mozart liefert in der Durchführung der Sonate KV 330 ein berühmtes Beispiel für asynchrones auskomponiertes Spiel (fas alle Töne der Melodie sind um 1/16tel verschoben), es gibt hierzu die Deutung, dass dies ein ausnotiertes mozartsches Rubato sei (die Begleitung bleibt regelmäßig, die Melodie nicht) - erstaunlich allerdings, dass diese scheinbare "Rubato" keine Tempodehnung oder -stauung benötigt...

im frühen 20. Jh. hatte der 19jährige Arrau Balakirevs Islamey aufgenommen, mit brillanter Virtuosität und für heutige Ohren sehr frei in den heftigen Temposchwankungen (um es vorsichtig und freundlich zu formulieren) - ähnlich freigiebig in dieser Hinsicht sind sehr frühe Aufnahmen von Artur Rubinstein --- und jetzt der Kracher: schon die frühen Rubinsteinaufnahmen von Chopinwerken galten damals als zu sachlich, zu modern und zu trocken... wow! ;)

nochmal Arrau: der hatte u.a. in den 70ern die Hammerklaviersonate aufgenommen; hört man den ersten Satz, wundert man sich über das übertriebene quasi Chopinsche Rubato - schaut man in die Noten, findet man aber genau das notiert (alle Nase lang ritardandi)

...vielleicht sind wir heute zu sehr verprägt von maschinellem Gleichmaß und wittern sündige Rubati schon dort, wo eigentlich nur atmendes Tempo vorliegt?

wie dem auch sei: Rubato ist ein interessantes Thema :):)
 
wenn an passender Stelle zwei als simultan notierte Töne aus expressiven und verdeutlichenden Gründen nicht ganz gleichzeitig gespielt werden, dann ist das vielleicht richtig, vielleicht falsch, aber ganz sicher kein Rubato ;)[...]wie dem auch sei: Rubato ist ein interessantes Thema

Hi Rolf, hatte, weil ichmir nicht ganz sicher war, deswegen vorhin die Frage bzw. den Gedankengang aufgeworfen:

Zitat Olli:

Ob diese Temposchwankungen aber zwingend mit asynchronem Anschlag beider Hände einhergehen müssen oder nicht, wäre interessant, find ich.. .

Zitat Ende..

PS.: Denn ich denke, die Asynchronizität kann man nicht ohne weiteres als "auftrennendes" "Ritardando" zwischen den asynchronen Elementen zählen.

LG, Olli
 
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Laut Google: keiner ;);)

LG, -M.-
 

Partizip gibts aber: "rubatisierend".

-LG, Olli.-
 
Es ist doch erstaunlich, wie wenig Ahnung Rolf punktuell hat und wie vehement er seine irrigen Ansichten vorträgt :D

Also, liebe Amateure, alles ok! Wenn wir von dem Phänomen "linke Hand bleibt genau im Takt, rechte Hand spielt Töne etwas verzögert oder etwas voraus" reden, um das es hier im Faden ging, ist die Bezeichnung "rubato" dafür genau richtig!

Wikipedia:

Vor allem bezeichnete der Begriff eine Spielweise, bei der die Melodiestimme vorauseilt oder zurückbleibt, während die Begleitung streng im Takt bleibt, so dass Melodie und Begleitung für eine Weile nicht synchronisiert sind. Berühmt für diese Technik waren Franz Benda, Wolfgang Amadeus Mozart und Frédéric Chopin.

„Daß ich immer accurat im tact bleybe. über das verwundern sie sich alle. Das tempo rubato in einem Adagio, daß die lincke hand nichts darum weiß, können sie gar nicht begreifen. bey ihnen giebt die lincke hand nach.“

– Wolfgang Amadeus Mozart: In einem Brief an seinen Vater vom 23./24. Oktober 1777 [1]

Auch auf frühen Tonaufnahmen ist diese Praxis noch zu hören, nicht zuletzt in der pianistischen Manier, Melodietöne fast grundsätzlich nach dem Basston zu spielen.

Im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts wurde der Begriff mehr und mehr gleichbedeutend mit Agogik verwendet, also als generelle Beschleunigung oder Verlangsamung des Tempos.

Letzeres ist das, was Rolf meint (und was er fälschlicherweise für die alleinige Bedeutung des Wortes rubato hält).

"rubatisieren" habe ich mir als Begriff zu erfinden genehmigt; Bedeutung: "mit Rubato versehen". :D

Wir Jazzmusiker benutzen die 2 Bedeutungen des Rubatobegriffs ("alter" und "neuer") übrigens ganz selbstverständlich beide - für das Rubato z.B. beim Spielen einer Balladenmelodie (während die Rhythmusgruppe strikt den Groove spielt), aber auch für die nicht "in time" gespielte Art, z.B. Verse von Broadway-Standards zu spielen, bei denen man dem Sänger und seiner frei interpretierten Phrase folgt.

LG,
Hasenbein
 

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