90 Jahre keinen Fehler bemerkt...

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26. Apr. 2008
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Hallo aus der Klavierwerkstatt!

Hab gerade ein ganz sonderbares Erlebnis mit einem 90 jährigem Flügel. Obwohl die Mechanik korrekt platziert war, hat es jemand um 1920 vermurkst, die Piloten an die richtige Stelle der Tasten zu bohren, mit dem Ergebnis, dass der Flügel extrem schwergängig wurde, ob mit Absicht oder nicht bleibt dahin gestellt. Vielleicht gab es ja mal jemand, der einen Flügel gerne mit 65 Gramm spielen wollte... :D

Irgendwann dürfte es jedenfalls gestört haben und es kamen zusätzliche Bleigewichte in die Tasten, um die "Schwergängigkeit zu beheben". Obwohl das Niedergewicht mit Hilfe dieser Aktion halbwegs stimmte konnte man auf dem Flügel trotzdem nicht schnell spielen, weil erstens das Aufgewicht zu gering und zweitens die Masse der Tasten viel zu hoch war.

Ich habe vorweg mal alle schwergängigen Achsen erneuert und dann den grundlegenden Fehler an der Klaviatur behoben. Jetzt spielt das Werkl leichtfüßig wie es sein soll. Einen wie immer unvollständigen Film zu der Arbeit sieht man hier:



LG
Michael
 
Es ist ja schon erstaunlich... nicht die Tatsache, dass in der Flügelmanufaktur schon vor 90 Jahren die Endkontrolle versagt hat (es wär' mal interessant, welche Marke das wohl ist?), sondern... wie viele Klavierstimmer, Klavierbauer und andere Fachleute haben in den 90 Jahren den Flügel wohl unter den Fingern gehabt? Und niemand hat den wahren Grund für die hohe Spielschwere gefunden?
... Sonderbar... der Laie staunt... der Fachmann wundert sich... :D
LG
Georg
 
Hallo Michael,

danke für das schöne Video. Zwei Fragen hätte ich dazu:
Waren die Hebegliedsättel bzw. der Mechanikbalken an der richtigen Stelle, oder auch falsch positioniert? Wenn die Sättel richtig waren und der Mechanikbalken auch richtig positioniert war, dann müsste der Fehler doch eigentlich leicht zu entdecken gewesen sein, denn dann hätten die Piloten ja deutlich an der falschen Stelle am Sattel angelegen.
Und welchen Leim benutzt Du für die Holzdübel. Es ist ja offensichtlich weder Warm- noch Weißleim.

Gruß
Thilo
 
Hallo Michael,

Wie gewohnt, von mir auch (mindestens) eine Frage:

Du bohrst jedes Loch für die Piloten zweimal, offensichtlich zuerst tiefer und etwas dünner, dann flacher und etwas dicker. Wie verhält sich die Bohrtiefe und Bohrerdurchmesser vom ersten und zweiten Bohrer zum Gewinde-Innendurchmesser, Gewinde-Außendurchmesser und eingeschraubten Gewindelänge der Piloten?

Ciao,
Mark
 
Hallo Michael,

danke für das schöne Video. Zwei Fragen hätte ich dazu:
Waren die Hebegliedsättel bzw. der Mechanikbalken an der richtigen Stelle, oder auch falsch positioniert? Wenn die Sättel richtig waren und der Mechanikbalken auch richtig positioniert war, dann müsste der Fehler doch eigentlich leicht zu entdecken gewesen sein, denn dann hätten die Piloten ja deutlich an der falschen Stelle am Sattel angelegen.
Und welchen Leim benutzt Du für die Holzdübel. Es ist ja offensichtlich weder Warm- noch Weißleim.

Gruß
Thilo
Hallo Thilo,

Die Hebegliedsättel waren nicht umgebaut - und auch die restlichen Parameter, Gliederposition zu Hammerrolle und Mechanikständereinfassung - alles Original! Die Piloten griffen knapp an der hinteren Rundung des Sattels, etwa 6-7mm Differenz zur jetzigen Lage. Zur Leimfrage, ...ich habe Fischleim verwendet. :cool:

Hallo Michael,

Wie gewohnt, von mir auch (mindestens) eine Frage:

Du bohrst jedes Loch für die Piloten zweimal, offensichtlich zuerst tiefer und etwas dünner, dann flacher und etwas dicker. Wie verhält sich die Bohrtiefe und Bohrerdurchmesser vom ersten und zweiten Bohrer zum Gewinde-Innendurchmesser, Gewinde-Außendurchmesser und eingeschraubten Gewindelänge der Piloten?

Ciao,
Mark
Hallo Mark,

Ich habe da 2 Holzarten (Buche und Fichte), daher bohre ich zwei Bohrstärken, wobei ich für das Weichholz das komplette Gewinde abrechne und nur der Kern der Piloten gemessen wird. Für das Hartholz (zweite Bohrung) rechne ich eine Gewindehälfte dazu. Dann hab ich noch (nicht im Video) eine Fase mit dem Senkbohrer gebohrt, damit der Ansatz leichter ist um die Piloten hinein zu drehen.


LG
Michael
 
Die Hebegliedsättel waren nicht umgebaut - und auch die restlichen Parameter, Gliederposition zu Hammerrolle und Mechanikständereinfassung - alles Original!

Solcherart von Konstruktions- (oder Bau-?) fehlern erlebt man auch bei neuen Flügeln recht häufig; Dong Wong, Young Chang, von Becker mag ich garnicht erst reden.....naja, offensichtlich ist das Pfuschen so alt wie der Klavierbau selbst :D

Viele Grüße

Styx
 
Solcherart von Konstruktions- (oder Bau-?) fehlern erlebt man auch bei neuen Flügeln recht häufig; Dong Wong, Young Chang, von Becker mag ich garnicht erst reden.....naja, offensichtlich ist das Pfuschen so alt wie der Klavierbau selbst :D

Viele Grüße

Styx

Ok, Fehler gibt es hin und wieder. Ich möchte deshalb auch nicht den Markennamen posten, denn sonst glaubt jeder, die seien alle Schrott, was nicht der Fall ist. Aber diese Art von "Behebung" hab ich noch nie gesehen. Im Vorderbereich bei den Garnierungen Blei? Das war das Erste Mal seit 40 Jahren :D

Tatsache ist, dass häufig viel zu schnell die Bleistöpsel als Reparaturaktion in Verwendung kommen und nach sorgfältigem Einstellen und neu Achsen hinterher wieder entfernt werden müssen...

LG
Michael
 
Hallo Michael,

vielen Dank für dieses wirklich schöne Video. Du kannst Dir vielleicht vorstellen, daß mir als Modellbauer da das Herz aufgeht - ich kann das Holz, den Leim und das Öl der elektrischen Maschinen förmlich riechen ;)

Auch wenn die Zeiten vorbei sind, wo man als Jungspund viele Stunden am Basteltisch verbracht hat, um ein Flugmodell fertigzustellen. Aber unvergeßlich sind sie trotzdem irgendwie geblieben

Viele Grüße!
Dreiklang
 

Hallo Michael, danke für das Video!
(Und die schöne Hintergrundmusik.)

Grüße
Thomas

Vermutlich wurde das Instrument absichtlich so gebaut.
Es sollte nach China exportiert werden um dort als Vorlage zu dienen.
Der Export scheint nur für die anderen Instrumente aus dieser Serie geklappt zu haben - das war der eigentliche Fehler. :D
 
Heute habe ich neue Stiele und Hämmer montiert.
Zwischendurch mal das iPhone drauf gehalten und abgedrückt :-)
Kleine Diashow draus gemacht...



LG
Michael
 
für einen Flügel der 90 Jahre alte ist, sieht das alles aber relativ modern aus.
Ich war mir eigentlich gar nicht so sicher mit den geschätzten 90 Jahren. ;)
Hab heute mal nachgeguckt und es stimmt aufs Jahr genau (-:

blei.jpg


LG
Michael
 

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