2 stimmige Inventionen mal anders

Dabei seit
1. Sep. 2007
Beiträge
2.503
Reaktionen
10
Der alte Prof. Mautschka an der Frankfurter Musihochschule sagte, dass hinter jeder zweistimmigen polyphonen Sequenz im Hintegrund ein 4-stimmiger Satz steht, sodass die 2 stimmige ausführung eigentlich eine Abstraktion des eigentlichen vollständigen Satzes ist.

Es empfiehlt sich deshalb, die Inventionen mal auf diese Weise zu reharmonisieren. Erstens ist das eine herrliche Übung für den Tonsatz und das generalbassspiel und zweitens entdeckt man die Stücke in bezug auf ihren Hintergrund, wobei es manchmal nicht leicht ist, sich für eine Harmonie zu unterscheiden, weil es tatsächlich manchmal verschiedene Lösungen gibt.

Es interessiert mich, wer dies schon praktisch gemacht hat.
 
Hört sich sehr interessant an; allerdings sitze ich schon bei meinen bisherigen Tonsatz- Hausaufgaben zum Aussetzen eines einfachen Chorals unter Berücksichtigung aller Kantionalsatzregeln mindestens eine halbe Stunde.

Und die Inventionen hören sich, so wie sie sind, so perfekt an, dass das Hinzufügen weiterer Stimmen zumindest in meinem Fall von vorneherein ein Verschlimmbessern bedeuten würde, aber bestimmt gibt es hier Spezialisten, bei denen ein schöner musikalischer 4-stimmiger Satz herauskäme.

@klavigen: Gegenfrage: Hast du das schonmal selbst gemacht? Wenn ja, könntest Du die Noten oder die Aufnahme posten?
 
Vielleicht eine interessante Anregung für mich, wenn ich mich etwas näher mit dem Generalbass beschäftigt habe. Ich werde hier posten, falls ich mich an diese Aufgabe mache.
 
Hallo Klavigen,

auch ich finde Deinen Denkansatz interessant. Du meinst dann sicherlich einen homophonen 4-stimmigen Satz der spärliche polyphone Merkmale hat.
Welche gesamtrhythmischen Modelle würdest Du dem Satz denn unterlegen? Würdest Du Dich auf die Rhythmik der Invention berufen oder würdest Du eher die Notenwerte dem harmonischen Rhythmus anpassen?


Ich als Jazzer sehe die Harmonien sehr klar strukturiert und mache mir dementsprechend Notizen. Das sieht zwar sehr unkonventionell aus, hilft mir aber den Rahmen der Invention zu verlassen, zu umspielen.
Oft lasse ich auch bewußt gewisse Akkordtöne länger klingen um so Akkordstrukturen aufzuzeigen. Die Zweistimmigkeit wird dann in diesem Moment aufgelöst.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Inventionen

@Mindenblues,

natürlich habe ich das schon oft gemacht - vor allem mit Studenten. Ohne vorheriges Ausprobieren würde ich doch solche vorschläge nicht machen.

Allerdings habe ich das nie notiert. Ich werde demnächst eine Videokamera kaufen, um mal mehr was Praktisches auch zeigen zu können, bitte noch um etwas Geduld.

@Fred,

die Inventionen sind unterschiedlich, manchmal verlasse ich die rytmische Fassung des Originals. Bei der Nr. 15 in h-moll kann die Fassung weitgehend erhalten bleiben. Allerdings sololte das Ganze dann ordentlich im Rytmus gespielt werden. Ich bin keine Freund von Modulationsversuchen, die sich nicht um den Rytmus kümmern.
Es gibt noch mehr zu bedenken: in der N.8 f-dur ist die Frage , ob man den figuren "faga" eine funktion zugrunde legt, nämlich in diesem fall F-dur oder die Harmonik pro Achtel wechselt, dann wären es im Wechsel f-dur und C-dur mit kleiner Septe.

Um den charakter der Stücke beizubehalten, muss eben genau hingehört werden, was dahinter steckt. In der Nr. 1 in c-dur würde ich wesentlich weniger Harmonien zugrunde legen - z.b. in der anfangsphase die Harmonie nur pro halben Takt wechseln.

Die erste Idee für ein solches Vorgehen bekam ich von meinem Professor Joachim volkmann, der mich souverän mit einer Art Generalbass am 2. Flügel begleitete, während ich das Prelude aus der 3. englischen Suite von Bach spielte - jenes herrliche Stück in g-moll, mit dem die Suite beginnt.
 
@ Klavigen:

Wie würdest du bei der von Fred vorgestellten a-moll-Invention vorgehen?
Wäre es ein gangbarer Weg, die vorhandenen beiden Stimmen so zu lassen als Tenor- und Altstimme, und dazu eine Bassstimme als Harmonieuntersatz und eine Sopranstimme als zusätzliche Melodiestimme auszusetzen? Das ganze sollte aber dann noch mit 2 Händen spielbar bleiben?

Eine einfachere, wesentlich einfachere Variante hatte ich früher mal gemacht, aber mglw. als Einstieg in solche Übungen auch nicht schlecht: Zum C-Dur-Präludium WTK1 habe ich eine weitere Stimme hinzugefügt. In diesem Fall war es eine bluesige Gitarrenstimme, über das mit einem Fender Rhodes Piano eingespielte C-Dur-Präludium. Hier ist es (leider ist die Gitarrenstimme zu weit vorne im Mix, habe aber nur noch das Mixsignal vorliegen):

Was haltet ihr davon? Ist natürlich eine wesentlich einfachere Variante als richtig Zusatzstimmen auszusetzen, und in diesem Fall war es Absicht, das Stück mit blue notes zu würzen ...
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
die Inventionen sind unterschiedlich, manchmal verlasse ich die rytmische Fassung des Originals. Bei der Nr. 15 in h-moll kann die Fassung weitgehend erhalten bleiben.
Hallo Klavigen,
so ganz verstehe ich Dich glaube ich noch nicht. Soll denn die Oberstimme des 4-stimmigen Satzes die 1. Stimme der Inventio übernehmen?
Ich habe hier mal die ersten Takte der Inventio 15 vierstimmig ausgesetzt. Der harmonische Rhythmus schreitet ja an dieser Stelle in Vierteln fort. Alle auf die + fallende Achtel können als akkordeigene Töne oder Wechselnoten betrachtet werden und erfordern von daher nicht unbedingt eine Harmonisation. Der Rhythmus wird somit stark vereinfacht. Ist es das was Du meinst?


Ich bin keine Freund von Modulationsversuchen, die sich nicht um den Rytmus kümmern.
Das verstehe ich auch nicht so ganz oder meintest Du mit Modulationsversuch eine Reharmonisation des Stückes? Das würde ich aber dann nicht als Modulation bezeichnen sondern als Harmonisation.


Es gibt noch mehr zu bedenken: in der N.8 f-dur ist die Frage , ob man den figuren "faga" eine funktion zugrunde legt, nämlich in diesem fall F-dur oder die Harmonik pro Achtel wechselt, dann wären es im Wechsel f-dur und C-dur mit kleiner Septe.
Ja, das würde ich auch so sehen, wobei eine Achtelreharmonisation sehr unruhig wirken kann. Das g kann aber auch durchaus als Wechselnote mit unterlegtem F Dur harmonisiert werden.

In der Nr. 1 in c-dur würde ich wesentlich weniger Harmonien zugrunde legen - z.b. in der anfangsphase die Harmonie nur pro halben Takt wechseln.
Meinst Du mit Anfangsphase die ersten beiden Takte? Dort kämen meines Erachtens keine halbtaktiger harmonischer Rhythmus in Frage sondern wenn überhaupt innerhalb des Taktes gewechselt wird, würde ich z.B. für den ersten Takt Folgendes vorschlagen:
(Harmonischer Rhythmus läuft in Achteln)

| C C G7 C C C G7 C | G etc.
 
Inventionen

Hallo Klavigen,
so ganz verstehe ich Dich glaube ich noch nicht. Soll denn die Oberstimme des 4-stimmigen Satzes die 1. Stimme der Inventio übernehmen?
Ich habe hier mal die ersten Takte der Inventio 15 vierstimmig ausgesetzt. Der harmonische Rhythmus schreitet ja an dieser Stelle in Vierteln fort. Alle auf die + fallende Achtel können als akkordeigene Töne oder Wechselnoten betrachtet werden und erfordern von daher nicht unbedingt eine Harmonisation. Der Rhythmus wird somit stark vereinfacht. Ist es das was Du meinst?



Das verstehe ich auch nicht so ganz oder meintest Du mit Modulationsversuch eine Reharmonisation des Stückes? Das würde ich aber dann nicht als Modulation bezeichnen sondern als Harmonisation.



Ja, das würde ich auch so sehen, wobei eine Achtelreharmonisation sehr unruhig wirken kann. Das g kann aber auch durchaus als Wechselnote mit unterlegtem F Dur harmonisiert werden.


Meinst Du mit Anfangsphase die ersten beiden Takte? Dort kämen meines Erachtens keine halbtaktiger harmonischer Rhythmus in Frage sondern wenn überhaupt innerhalb des Taktes gewechselt wird, würde ich z.B. für den ersten Takt Folgendes vorschlagen:
(Harmonischer Rhythmus läuft in Achteln)

| C C G7 C C C G7 C | G etc.

Danke dir für dieses genaue und hilfeiche Posting, Fred,

Meine Praxis geht so, dass ich einen 4 stimmigen Satz mit der Melodie als Oberstimme spiele und die Harmonie so auf beide Hände verteile, dass ein gutes voicing erzielt wird. Deine amoll Nr. 13 aufzeichnungen entsprechen genau dem. Die linke Hnad spielt dann natürlich nicht mehr diese Stimme sondern ist Teil der gegriffenen Harmonie.

In der Nr. 8 kann eine Achtelweise Harmonisierung ind er tat zuviel Unruhe bringen, mir ging es darum, dass man es einfach erkennt und dann von Fall zu Fall entscheidet - beide Versionen können gut klingen, wenn flüssig gespielt.

Mit dem Beispiel der modulationen habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ich sah vor meinem geistigen Auge Studenten, die sicfh bei Modulationsversuchen rytmuslos an die Zieltonart herantasten und wollte sagen, dass ich immer versuche, einen ordentlichen Rytmus zu spielen, auch wenn es darum geht, etwas zu harmonisieren.

Dein Beispiel für die Nr. 1 ist natürlich exacter. Ich meinte allgemein, dass diese Invention weniger harmonische Wechsel braucht. aber natürlich genau die, die das Stück fordert.
 
Meine Praxis geht so, dass ich einen 4 stimmigen Satz mit der Melodie als Oberstimme spiele und die Harmonie so auf beide Hände verteile, dass ein gutes voicing erzielt wird. Deine amoll Nr. 13 aufzeichnungen entsprechen genau dem. Die linke Hnad spielt dann natürlich nicht mehr diese Stimme sondern ist Teil der gegriffenen Harmonie.

Ah, dann hatte ich die vorgeschlagene Übung falsch gedeutet - ich dachte, um die 2 vorhandenen und unveränderten Stimmen sollen 2 weitere Stimmen passend hinzugefügt werden.
Wenn ich dich jetzt richtig verstehe, nimmst du jedoch die obere der beiden Ursprungsstimmen als Sopranstimme und die Aufgabe besteht darin, harmonisch und rhythmisch passende Alt-, Tenor- und Bass-Stimmen hinzuzufügen (statt der ursprünglichen 2. Stimme). Klingt auch interessant!
 
Inventionen

@Mindenblues,

genauso ist es richtig verstanden. es geht mir bei dieser Tonsatzübung darum, die zugrunde liegende Harmonik, die quasi im Hintergrund abläuft, hörbar zu machen
 

Zurück
Top Bottom