1. Invention Bach: "Phrasierung"

zufällig spielt gerade einer meiner Schüler diese Invention und ich habe sie gefragt, wie ich ihm die Struktur noch besser begreiflich (!) machen kann.

Ich bin nur Anfängerin, aber vielleicht findest Du im folgenden Faden noch Anregungen? Ich finde es zumindest spannend, die Beschreibungen von Bernhard nachzuvollziehen (bzw es zu versuchen): https://www.pianostreet.com/smf/ind...88402b47eaad2e95&topic=2714.msg26623#msg26623
 
Meine Idee soll eigentlich keine Metapher sein, sondern ein echter Vorschlag. Solange Turbo das nicht probiert hat, werde ich auch nicht weiter darauf eingehen. Im übrigen versuche ich jetzt zu schlafen... Hab morgen um 9 eine Orchesterprobe mit dem Tschaikowsky Konzert und muss um kurz vor 6 aufstehen :dizzy::cry2:
 
Busoni schreibt keine Phrasierungsbögen. Was er hinzufügt ist Artikulation und Dynamik - bei den Bögen handelt es sich um Legatobögen. Dasselbe gilt für Palmer.
Gewagte Aussage.

rolf (1, 2), chiarina (3) und Mindenblues (4) beispielsweise sehen das deutlich anders und auch hasenbein (5) benutzt in Zusammenhang mit der 1. Invention das Wort "Phrase".
 
Weil einige das vielleicht anders formulieren (vielleicht hast du es auch nur anders verstanden), nehme ich von meinen Ausführungen über Phrasen in diesem Stück nichts zurück. Das Wesen einer Phrase ist, dass sie in irgendeiner Form ein Schlusssignal enthält - und genau das findet man hier - und in sehr vielen Werken mit vergleichbarer Textur eben nicht - außer am Ende der formalen Abschnitte, die ich genannt habe.

Was du jetzt damit anfängst, ist mir egal. Offensichtlich interessieren dich keine Auffassungen, die dein selbst konstruiertes musikalisches Weltbild erschüttern könnten. Ich frage mich nur, wozu du dann so einen Faden eröffnest. Ich schließe mich @Stilblüte an und werde ebenfalls nicht mehr weiter darauf eingehen.
 
Meine Idee soll eigentlich keine Metapher sein, sondern ein echter Vorschlag. Solange Turbo das nicht probiert hat, werde ich auch nicht weiter darauf eingehen.

Warum sollte ich das ausprobieren? Selbstverständlich ergibt es überhaupt keinen Sinn, die 1. Invention ausdrucken und in musikalisch sinnvolle Stücke zerschneiden zu wollen.

Wenn man die Noten der 1. Invention als Silben/Worte abstrahieren wollte, dann könnte/müsste der Text in etwa lauten:

der Tom sagt Jan mag keine Chips - nein tut er nicht? - der Tom sagt Jan mag keine Chips - nein tut er nicht! [...] der Tom sagt Jan mag keine - Jan mag keine - Jan mag keine Chips [...] der Tom sagt Jan - der Tom sagt Jan - der Tom sagt Jan Jan Jaaan [...] der Tom sagt Jan mag keine - Tom der sagt Chips - Tom der sagt Chips [...]

(Und das wäre ja erst eine der beiden Stimmen.)

Wie soll man das bitte in musikalisch sinnvolle Stücke zerschneiden wollen?

Du hast also erneut bewiesen, dass du meine Analogie nicht verstanden hast.

Denn hättest du meine Analogie verstanden, dann wäre dir bewusst, dass ich in meinem Verständnis schon weiter bin als das, wovon du glaubst es mir veranschaulichen zu müssen.
 
und auch hasenbein (5) benutzt in Zusammenhang mit der 1. Invention das Wort "Phrase".
Was er aber weiter unten recht deutlich relativiert:
Hewitts Interpretation ist nicht "geplant", so wie Ihr Euch das vorstellt. ..die Dynamik richtet sich nach den musikalischen Situationen, die im Laufe des Stücks auftreten und die halt immer wieder anders sind.
was dem Bildnis des Spazierganges von Mick entspricht.
 
Was er aber weiter unten recht deutlich relativiert:
Ich persönlich sehe in der Aussage zu Angela Hewitt (3. Absatz) keine Relativierung der Aussagen des 1. Absatzes.

Die Kenntnis der einzelnen Themen und Motive soll nicht dazu dienen, oberlehrerhaft einzelne Themen "herauszuarbeiten", sondern konkret hat diese Kenntnis zunächst mal u.a. zur Folge, daß man weiß, wie phrasiert werden muß (d.h., daß nach dem "g" auf Zählzeit 3 im ersten Takt nicht "einfach so" weitergespielt wird, sondern daß so gespielt wird, daß erkennbar wird, daß die 1. Phrase bis dorthin geht und dann auf dem C eine neue beginnt).

Das ist sinnvoll, zu üben. (Statt die Sechzehntel- und Achtelgruppen, die man auf dem Papier sieht, für die Musik zu halten.)

Hewitts Interpretation ist nicht "geplant", so wie Ihr Euch das vorstellt. Sondern die Dynamik richtet sich nach den musikalischen Situationen, die im Laufe des Stücks auftreten und die halt immer wieder anders sind.

Ist ja genauso wie mit dem Pedal: Die Frage "Soll ich das Stück nun mit oder ohne Pedal spielen?" ist in aller Regel so nicht zu beantworten, sondern man kann nur sagen: "Laß uns gemeinsam hören, wo mehr und wo weniger Pedal passend ist oder wo das Pedal häufiger oder seltener gewechselt werden muß, damit Deine Vorstellung des Klangs rüberkommt."

Ihr dürft nicht auf Rezepte des Lehrers hoffen, die Euch sagen lassen "Ah, alles klar, dann mach ich's in Zukunft immer so" - sondern Ihr müßt wach im Hören sein.

LG,
Hasenbein

Letztendlich ist das aber nebensächlich, denn es bleiben ja auch noch die Aussagen von rolf, chiarina und Mindenblues.

Und die von Ferruccio Busoni höchstselbst.
 

Ich kann nicht schlafen...:angst: aber immerhin ist die Fortspinnung dieses Themas höchst unterhaltsam :idee:
 
Zum Glück muss ich nicht selber fahren, vielleicht kann ich im Auto noch schlafen... Aber ich freue mich sehr! Und ich kann's auch ohne Schlaf. Wie heißt es so schön: Schlafen kann ich, Wenn ich tot bin.
 
Und zweifelsfrei lassen sich Aussagen treffen über die Zuordnung der einzelnen Noten zu solchen Fragmenten.
Eben nicht. Man kann sich natürlich alles mögliche zurechtbasteln - was es dabei ganz sicher nicht wird: zweifelsfrei. Wenn es zweifelsfrei wäre, wüsstest du ja, wie du mit dem d' umzugehen hättest. ;-)

"zweifelsfrei eine Aussage treffen können" ≠ "eine zweifelsfreie Aussage treffen können"
"zweifelsfrei kann man Noten zuordnen" ≠ "man kann Noten zweifelsfrei zuordnen"
;-)

Und was schließt du jetzt aus denen hinsichtlich deines d'?
Es überrascht mich, dass du schon nicht mehr weißt, warum ich die Aussagen von rolf, chiarina und Mindenblues überhaupt aufgeführt habe.

Du hattest behauptet "Busoni schreibt keine Phrasierungsbögen. Was er hinzufügt ist Artikulation und Dynamik - bei den Bögen handelt es sich um Legatobögen. Dasselbe gilt für Palmer."

Hierauf habe ich jene Aussagen von rolf, chiarina und Mindenblues aufgeführt, die das beispielsweise deutlich anders sehen.

Und nicht zuletzt aus den beiden von Pedall geposteten Bildern geht hervor, dass die Bögen bei Busoni zweifelsfrei der Kenntlichmachung einer möglichen Phrasierung dienen (und es sich keinesfalls ausschließlich um Legatobögen handelt, wie von dir behauptet).

Ich kann nicht schlafen...:angst: aber immerhin ist die Fortspinnung dieses Themas höchst unterhaltsam :idee:
Schade, dass du zur Diskussion offenbar nur noch unredliche Dialektikmethoden (hier: vom Thema abschweifen/ablenken, anstatt inhaltlich Stellung zu nehmen) beitragen kannst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerade die beiden großen Bögen bei Busoni (die in meinem Druck fehlen) sind doch das klarste Indiz dafür, dass die kurzen Bögen als Legato-Bögen gemeint sein müssen. Welchen Sinn sollen denn sonst die Bögen haben, die unter diesen großen Bögen stehen? Davon mal abgesehen kannst du dir bei YT einige Bach-Aufnahmen des frühen 20. Jahrhunderts anhören - damals wurde genau so gespielt. Mit kaum erkennbaren Taktschwerpunkten, Bindungen über Taktstriche hinweg etc.

Und was rolf in dem von dir verlinkten Beispiel meinte, ist etwas ganz anderes. Da ging es um eine Ausgabe, in der motivische Zusammenhänge des Themas durch Bögen kenntlich gemacht wurden. Die haben überhaupt nichts damit zu tun, wie man diese Motive musikalisch gestaltet.

Im übrigen sind Phrasierung und Artikulation etwas Grundverschiedenes. Ich habe den Eindruck, dass du das durcheinander wirfst. Wenn ich schreibe, dass es in dieser Musik keine Phrasen gibt (jedenfalls keine im Riemannschen Sinne), dann bedeutet das nicht, dass ich die Invention ohne Artikulation spiele. Ganz im Gegenteil.
 
Busoni schreibt zwar phrasieren, aber es geht ihm hier um die Gestaltung eines Motivs (im weiteren Sinne gehört das in den Bereich der Artikulation) und nicht um die Gestaltung einer Phrase. Das ist ein grundsätzliches Problem - die Riemannsche Abgrenzung von Motiv und Phrase war ja nie unumstritten, hat sich aber in der Literatur weitgehend durchgesetzt.
Und hier beißt sich die Katze selbst in den Schwanz.

Du sperrst dich gegen die Verwendung des Verbs "phrasieren", weil man laut enger Definition nur dann von "phrasieren" sprechen darf, wenn damit "die musikalische Gestaltung einer Phrase" gemeint ist.

Da in einer Invention aber keine Phrasen vorkommen, steht dir für "die musikalische Gestaltung eines Motivs" plötzlich kein Verb mehr zur Verfügung. ("motivieren"?)

Und angenommen es gäbe ein solches Verb, dann dürfte man es vermutlich aber nicht für "die musikalische Gestaltung einer Figur" verwenden, sondern bräuchte dafür wiederum ein anderes Verb? ("figurieren"?)

Und wie sieht es mit der Kenntlichmachung der Zugehörigkeit aus?

Die Kenntlichmachung der Zugehörigkeit zu einer Phrase kann laut Riemann mittels Phrasierungsbögen erfolgen.

Aber für die Kenntlichmachung der Zugehörigkeit zu einem Motiv darf man die selbstverständlich nicht verwenden? Bedarf es dafür Motivierungsbögen? (Und dürfen diese dann überhaupt genauso aussehen wie Phrasierungsbögen?)

Und falls man die Kenntlichmachung der Zugehörigkeit zu einer Figur vornehmen will, dann benötigt man Figurierungsbögen?

→ Sprache ist eine Sammlung von Verständniskonventionen, und Sprache dient der Verständigung. (dienen: "in abhängiger Stellung seine Pflicht erfüllen")

Wenn die Definitionen/Abgrenzungen von Riemann nicht in der Lage sind diesem Dienst nachzukommen, wie sinnvoll ist es dann nicht nur an ihnen festzuhalten, sondern gar auf ihnen herumzureiten?
 
Gerade die beiden großen Bögen bei Busoni (die in meinem Druck fehlen) sind doch das klarste Indiz dafür, dass die kurzen Bögen als Legato-Bögen gemeint sein müssen. Welchen Sinn sollen denn sonst die Bögen haben, die unter diesen großen Bögen stehen?
Und die großen Bögen sind dann was für Bögen? (Phrasierungsbögen können es deiner Auffassung nach ja nicht sein, denn in einer Invention gibt es keine Phrasen und dementsprechend dürften nach deiner Auffassung dort auch keine Phrasierungsbögen auftreten.)

Und was rolf in dem von dir verlinkten Beispiel meinte, ist etwas ganz anderes. Da ging es um eine Ausgabe, in der motivische Zusammenhänge des Themas durch Bögen kenntlich gemacht wurden.
Was sollen das für Bögen sein, die der Kenntlichmachung motivischer Zusammenhänge dienen? Laut Riemann existieren solche Bögen nicht.

Die haben überhaupt nichts damit zu tun, wie man diese Motive musikalisch gestaltet.
Habe ich nicht behauptet.

Im übrigen sind Phrasierung und Artikulation etwas Grundverschiedenes. Ich habe den Eindruck, dass du das durcheinander wirfst.
Keine Sorge, werfe ich nicht durcheinander.

"Phrasierung bezeichnet die Gestaltung der Töne innerhalb einer musikalischen Phrase hinsichtlich Lautstärke, Rhythmik, Artikulation und Pausensetzung."

→ Artikulation ist nur eines von verschiedenen Mitteln zur Gestaltung von Tönen.
→ Die Gestaltung der Töne innerhalb einer Phrase bezeichnet man als Phrasierung.
→ Für die Gestaltung von Tönen die nicht zu einer Phrase gehören existiert kein Begriff. Dies als Phrasierung zu bezeichnen ist verboten.

Wenn ich schreibe, dass es in dieser Musik keine Phrasen gibt (jedenfalls keine im Riemannschen Sinne), dann bedeutet das nicht, dass ich die Invention ohne Artikulation spiele. Ganz im Gegenteil.
Habe ich nicht so aufgefasst.
 

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