Schubert D960 2.Satz

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agraffentoni

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Hallo zusammen,
bei meinen Versuchen die Sonate zu spielen - und dabei wird es wohl auch bleiben - bin ich im 2. Satz auf eine Stelle gestoßen die mich 'gestört' hat.
Es handelt sich um den Takt 103, 4tes 8tel in der linken Hand.
Könnte das notierte e' möglicherweise ein c"' mit vergessenem Violinschlüssel sein?
Grüße
Toni
 
Hi Agraffentoni,

das ist ein interessanter Gedanke und man könnte es sicher mit dem hohen c''' spielen, ohne dass es direkt falsch klingt. Aber ich denke doch, dass das e' der richtige Ton ist. Und zwar deshalb, weil sich mit den Tönen in den beiden Folgetakten eine schöne Linie ergibt. In T. 104 ist das 4. Achtel ein f', in T. 105 ein g'. Daraus ergibt sich die Linie: e' f' g'. Siehe auch den angehängten Screenshot.

Grüße von
Fips
 

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Hi Agraffentoni,

das ist ein interessanter Gedanke und man könnte es sicher mit dem hohen c''' spielen, ohne dass es direkt falsch klingt. Aber ich denke doch, dass das e' der richtige Ton ist. Und zwar deshalb, weil sich mit den Tönen in den beiden Folgetakten eine schöne Linie ergibt. In T. 104 ist das 4. Achtel ein f', in T. 105 ein g'. Daraus ergibt sich die Linie: e' f' g'. Siehe auch den angehängten Screenshot.

Grüße von
Fips
Hallo Fips,
an die Linie e-f-g dachte ich auch schon. Was mich so gestört hat, ist die Tatsache, daß nirgends in dem Satz eine vergleichbare Stelle auftritt. Es sind bis auf die Takte 17 (Quarte über der Oktav) und 124 (kl. Terz über der Oktav) immer Oktav- oder Doppeloktavsprünge. Deswegen klingt für mich diese Stelle 'unorganisch'.
Vielleicht bin ich damit neben der Spur. Ich wollte nur mal hören, wie das die Spezialisten sehen.
Vielen Dank und Grüße
Toni
 
Was mich so gestört hat, ist die Tatsache, daß nirgends in dem Satz eine vergleichbare Stelle auftritt.

auf dem musikalischen Hochplateau, auf welchem sich dieser Satz befindet, gibt es keine regulären Muster oder gar Stereotypen mehr - Schubert verwendet die Andeutung von Mustern als Hintergrund, von dem sich das individuelle und einzigartige musikalische Geschehen unterscheidet. Das ist ein kompliziertes Wechselverhältnis, und das bezieht sich nicht nur auf klangliche Gesten, sondern auch auf die Harmonik, die Melodik usw.

dieser Satz ist ein würdiges Äquivalent zum langsamen Satz des Streichquintetts - die Mischung aus Todesgewißheit, Verzweiflung, Trost und Schönheit dieses langsamen Satzes zählt zum Allergrößten, was Tönen je anvertraut worden ist.

man mag mich sentimental nennen, das ficht mich nicht an: Andacht für lange Zeit ist die erste Möglichkeit der Annäherung an diese Musik - drin herumklimpern ist eine Todsünde.

alles erdenkliche an Expressivität, reduziert auf ein ausdrucksvollstes Minimum - nein, nicht reduziert: konzentriert, vielleicht sogar: von allem geläutert und dabei zugleich total individualisiert, "vereinzigartigt" ----- die Klaviermusik hat nicht viele solche Momente. Arietta aus op.111 von Beethoven, das Verdämmern vor dem Fugato in Liszts Sonate, Janaceks Frideker Mutter Gottes und Gute Nacht, Bartoks Abend auf dem Land und slowak. Volkslied (jaja, ok, das kann man als Spinnerei abtun, mir egal)

Leon Fleisher hat diese Sonate aufgenommen, nachdem seine Dystonie der rechten Hand teilweise nach ca. 20 Jahren behoben war - ich empfehle diese Aufnahme des langsamen Satzes der großen B-Dur Sonate allerwärmstens: da ist zu hören, was diese wenigen Töne zu sagen haben.
 
Leon Fleisher hat diese Sonate aufgenommen, nachdem seine Dystonie der rechten Hand teilweise nach ca. 20 Jahren behoben war - ich empfehle diese Aufnahme des langsamen Satzes der großen B-Dur Sonate allerwärmstens: da ist zu hören, was diese wenigen Töne zu sagen haben.

Oh ja - die gesamte Platte ("Two Hands") ist ganz wunderbar und sehr zu empfehlen! Übrigens auch vom (Aufnahme-) Sound her ganz exzellent, es klingt fast so, als würde man das Klavier aus der Pianistenperspektive hören.

LG,
Hasenbein
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich habe mal eine Frage: wie schwierig ist dieser Satz jetzt rein technisch. Ist er zu schaffen, wenn man ohne Konzertanspruch die Rachmaninoffs cis-moll Prelude spielen kann oder soll man davon eher die Finger weglassen :)
 
Ich habe mal eine Frage: wie schwierig ist dieser Satz jetzt rein technisch.
dieselbe Frage könntest Du auch bzgl. Thema und erster Variation des zweiten Satzes von Beethovens op.111 stellen: die Töne in der richtigen Zeit zu treffen, ist relativ unproblematisch - ihnen den richtigen Klang zu geben, die Klangschichten richtig abzutönen, bedarf enormen Könnens und großer Erfahrung.
dieser Satz ist ein musikalisches Schwergewicht.
 
dieselbe Frage könntest Du auch bzgl. Thema und erster Variation des zweiten Satzes von Beethovens op.111 stellen: die Töne in der richtigen Zeit zu treffen, ist relativ unproblematisch - ihnen den richtigen Klang zu geben, die Klangschichten richtig abzutönen, bedarf enormen Könnens und großer Erfahrung.
dieser Satz ist ein musikalisches Schwergewicht.

Danke für die Info, das habe ich fast schon befürchtet, obwohl er sich nicht so kompliziert anhört - das trügt dann wohl... dann lieber nicht, mit Klangschichten habe ich sowieso Probleme :)
Darf ich fragen, ob du diese Sonate in deinem Repertoire hast?
 
Es mag in diesem Zusammenhang nun sehr frevelhaft wirken, das zu erwähnen, aber es gab hier im Forum vor geschätzten drei Jahren (kann auch etwas mehr oder weniger sein), einmal einen (Amateur)-Interpretationsworkshop, wo eben dieser Satz von einigen Forumsmitgliedern (ich selbst bekenne mich auch als schuldig) versucht wurde, zu interpretieren.

Da sind wir Workshop-Teilnehmer damals voll in die bekannte "Beethoven-op.27,Nr.2-Falle" getappt. Der erste Satz dieser Mondscheinsonate ist rein manuell auch eher leicht und wird darum von Anfängern gerne gespielt... ich habe diesen ersten Satz der Mondscheinsonate auch vor über 10 Jahren zum ersten Mal gespielt und war damals superstolz, dass ich das so wahnsinnig gut hinbekommen habe... Mittlerweile, nach 17 Jahren Klavierspiel und immer wieder Beschäftigung mit der Mondscheinsonate bin ich um ein vielfaches weiter als damals. Und dennoch habe ich dort heutzutage (im Gegensatz zu damals) die Erkenntnis, dass ich diesen Satz NICHT spielen kann. Er ist einfach zu schwer für mich, wenn ich den Satz wirklich überzeugend spielen will.

Und ebenso ähnlich kommt es mir auch mit diesem 2. Satz der Schubert-Sonate vor. Manuell relativ unaufregend und deshalb verlockend. Musikalisch aber so enorm anfällig und zerbrechlich und heikel, dass dagegen der ebenfalls heikle und - wie oben beschrieben - schwierige 1. Satz der Mondscheinsonate auf mich im Vergleich tatsächlich noch einfach wirkt.

Zum Topic: Zur Frage c''' oder e' kann ich leider nichts fundiertes beitragen. ;-)
 


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