Sind Notenpreise immer fair?

j
Ist doch schön, daß Du drauf reinfällst. Was besseres kann Henle gar nicht passieren. So entstanden schon immer "schutzbedürftige" Neuausgaben: man bringt hier und da ein paar Bögen oder ein Pedalzeichen an und schwupps... ist ein urheberrechtlich geschütztes Werk entstanden. Die eigentlichen Werte, die hier verkauft werden, hat ein Komponist mitunter vor Jahrhunderten geschafffen.


Das gilt, wenn ein Verlag einfach steinalte Ausgaben mit minimalen Veränderungen nachdruckt, aber keineswegs für eine kritische Neuedition. Hast Du wirklich einen Begriff davon, wieviel Arbeit in einer textkritischen Edition, sei es eines musikalischen Werkes oder eines Textes, steckt?
 
Lassen wir mal die nicht unerheblichen Kosten eines wissenschaftlichen Lektorats beiseite, dann ergibt sich folgendes Bild, wenn wir z.B. einen 32-seitigen Band von Henle (o.a.) mit einem 200-Seiten Billigdruck von Aldi vergleichen:

hmhmm.. hmmhmmm. hmhmmm...
Ja, alles sehr überzeugend und ich muß zugeben, daß ich ein Banause von der ganz üblen Sorte bin. Denn: mal angenommen Horrowitz spielte die Elise aus einer Henle-Ausgabe und aus einer Aldi...(na, "Ausgabe" wollen wir dieses dilettantische Machwerk auf Klopapier doch nicht nennen, oder?)... Ich würde nicht erkennen in welcher Aufnahme er aus welchem Heft spielt. Und genau das hast Du mir voraus.
 
Hast Du wirklich einen Begriff davon, wieviel Arbeit in einer textkritischen Edition, sei es eines musikalischen Werkes oder eines Textes, steckt?
Was dabei rauskommt, kann ich Dir sagen: bei Bach haben se bis in die 70er reihenweise Töne "korrigiert", weil die Herren und Damen MuWis sich mangels praktischer Kenntnisse und getrieben von einer quälenden Angst vor Dissonanzen einfach nicht vorstellen konnten daß in zwei Stimmen die Molltonleiter - einmal abwärts und einmal aufwärts - jewils anders gespielt wird. Z.B. Stimme 1: a-h-cis-d und Stimme 2: d-c-b-a. Da haben die einfache dem Chef ins Handwerk gepfuscht und... kassiert.
 
Ja, alles sehr überzeugend und ich muß zugeben, daß ich ein Banause von der ganz üblen Sorte bin. Denn: mal angenommen Horrowitz spielte die Elise aus einer Henle-Ausgabe und aus einer Aldi...(na, "Ausgabe" wollen wir dieses dilettantische Machwerk auf Klopapier doch nicht nennen, oder?)... Ich würde nicht erkennen in welcher Aufnahme er aus welchem Heft spielt. Und genau das hast Du mir voraus.

Wollen wir mal nicht dramatisieren - nur von der Sorte "desinteressiert aber lautstark". Dein Einwand geht jedenfalls am Kern der Sache vorbei. Ein gewissenhafter Pianist wird natürlich Textstudium auf der Grundlage verschiedener Ausgaben und Sekundärquellen betreiben, und Deine Lieblingsausgabe hilft ihm dabei bestimmt am allerwenigsten.
 
Worüber streitet Ihr? Wer einen guten Notensatz will, kauft bei Henle&Co, wer keinen Wert drauf legt, kauft bei Aldi und viele holen sich den Kram bei IMSLP. Ist doch für jeden was dabei, fairer geht´s kaum.
 
Was dabei rauskommt, kann ich Dir sagen: bei Bach haben se bis in die 70er reihenweise Töne "korrigiert", weil die Herren und Damen MuWis sich mangels praktischer Kenntnisse und getrieben von einer quälenden Angst vor Dissonanzen einfach nicht vorstellen konnten daß in zwei Stimmen die Molltonleiter - einmal abwärts und einmal aufwärts - jewils anders gespielt wird. Z.B. Stimme 1: a-h-cis-d und Stimme 2: d-c-b-a. Da haben die einfache dem Chef ins Handwerk gepfuscht und... kassiert.

Liebe Barbie,

ich kaufe Dir zehn Kuckuck-Exemplare ab (nicht als Witz gemeint), wenn Du mir diejenige Bach-Ausgabe von Henle oder Wiener-Urtext aus den 70er Jahren nennst, in welcher sich eine eigenmächtige Änderung von Herausgeberseite (und sei es nur eine enharmonische Verwechslung) findet, die nicht aus einer Quelle hergeleitet ist.

Speziell im Falle Bachs dürfte selbst Dir nicht entgangen sein, dass es angesichts seiner Überarbeitungspraxis oft unmöglich ist, von "dem" einen Urtext zu sprechen (bekanntestes Beispiel: Johannes-Passion). Teilweise gibt es mehrere Reinschriften eigener Hand (die oft noch mehrfach von Bach überarbeitet wurden, so etwa das WTK-Autograph mit vier Textschichten), dann jeweils zahlreiche Abschriften, ebenfalls aus unterschiedlichen Jahren oder Jahrzehnten mit Eintragungen von Bachs Hand; dazu Abschriften, die lange Zeit für Autographe gehalten wurden, da sie sich um Nachahmung des Bachschen Schriftbildes bemühten (in der Henle-Neuausgabe des WTK1 von 1997 werden Abweichungen in drei solcher Abschriften nicht mehr als gleichberechtigt berücksichtigt, weil erst nach der Ausgabe von 1974 geklärt wurde, dass es sich dabei um keine authentischen Eigenschriften handelte), und so könnte man endlos fortfahren....

Es hindert Dich wirklich keiner daran, all diese langwierige Arbeit selbst zu übernehmen, die Entstehungsgeschichte von Bachs Werken, aus welcher selten nur "der eine" Urtext extrahierbar ist, für uns Pianisten nachvollziehbar zu machen, so dass wir selbst in jedem Fall eine möglichst informierte Entscheidung treffen können. Nur zu, ich warte vorfreudig-gespannt auf die Barbie-Edition des WTK.... :-D

Es grüßt, mit 10 kleinen Terzen,
pianovirus
 
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"Der letzte Blogbeitrag vom 6. Januar hat es schon angedeutet: wir begrüßen Sergej Rachmaninow als neuen Autor im Henle-Katalog! Mit dem Ablauf der Regelschutzfrist am 1.1.2014 sind seine Werke in Deutschland und vielen anderen Ländern der EU und weltweit nun in die Public Domain gefallen, so dass einer kritischen Neuedition seiner Kompositionen nichts mehr im Wege steht."
Ist doch schön, daß Du drauf reinfällst. Was besseres kann Henle gar nicht passieren. So entstanden schon immer "schutzbedürftige" Neuausgaben: man bringt hier und da ein paar Bögen oder ein Pedalzeichen an und schwupps... ist ein urheberrechtlich geschütztes Werk entstanden. Die eigentlichen Werte, die hier verkauft werden, hat ein Komponist mitunter vor Jahrhunderten geschafffen.
Wenigstens gibt es jetzt endlich mal im Falle der Rachmaninov-Préludes und der Etudes tableaux einen gescheiten lesbaren (und vernünftig verarbeiteten) Notentext. Die Boosey & Hawkes "Original"-Ausgaben sind nämlich in puncto Lesbarkeit und Verarbeitung gelinde gesagt eine Unverschämtheit.

Ähnliches gilt auch für die Klaviersonate op. 1 von Alban Berg.

Aber angesichts der Vehemenz, mit der Barbie gegen Henle giftet, macht es den Eindruck, als gehe es ihm/ihr um etwas ganz anderes ...

(PS - damit keine Muißverständnisse aufkommen: Ich erkläre hiermit, daß ich mit dem Henle-Verlag weder verwandt nochc verschwägert bin und auch keine finanziellen Vorteile aus dem Verlag ziehe.)
 
Barbielein, wo bist Du? Mir träumte heute nacht von zehn kleinen Kuckucks, die dank uns das Licht der Welt erblickten... :love:

Den erstgeborenen tauften wir Theopold.
 
So langsam aber sicher entwickelt sich Clavio immer mehr zu einem Erotikforum:-D.

Naja, ich weiß nicht. Da Barbie sich rar macht, gestaltet sich unser Austausch ungefähr so erotisch wie ein lyrisches Stück gleichen Namens aus dem hohen Norden.
sym_wilted.gif
 

Ein reizvoller Aphorismus, jedoch befürchte ich, dass in dieser Angelegenheit die Zeichen inzwischen weniger auf selten, sondern bedauernswerterweise auf nimmermehr hindeuten.

Niemals also wird die erträumte glückliche Kuckucksgroßfamilie das Reich der Imagination verlassen, und mir ihr der Kuckucksälteste, Theopold -- niemals wird auch er das Licht der Welt erblicken, um seinem großen Namensvetter in die Fußstapfen zu treten und Qualitätseditionen mit einfallsreichen Fingersätzen zu veredeln.

Was dabei rauskommt, kann ich Dir sagen: bei Bach haben se bis in die 70er reihenweise Töne "korrigiert", weil die Herren und Damen MuWis sich mangels praktischer Kenntnisse und getrieben von einer quälenden Angst vor Dissonanzen einfach nicht vorstellen konnten daß in zwei Stimmen die Molltonleiter - einmal abwärts und einmal aufwärts - jewils anders gespielt wird. Z.B. Stimme 1: a-h-cis-d und Stimme 2: d-c-b-a. Da haben die einfache dem Chef ins Handwerk gepfuscht und... kassiert.


Bleibt nur ein Lichtblick inmitten dieser wahrlich ernüchternden Bestandsaufnahme, nämlich die Erkenntnis, dass es die Kuckucksmutter trotz hartnäckigster Bemühungen nicht vermochte, der Familie Henle ein Ei ins Nest zu legen. Eigenmächtige "Verbesserungen" des Herausgebers oder quälende Angst vor Dissonanzen gibt es im Hause Henle nämlich ebenso wenig wie es im Hause Barbarinas eine Angst vor der Verbreitung von Fehlinformationen gibt.

Mit sonntäglichen Grüßen von der Klavierbank,

pianovirus
 
Eigenmächtige "Verbesserungen" des Herausgebers oder quälende Angst vor Dissonanzen gibt es im Hause Henle nämlich ebenso wenig
Das ist doch erfreulich für das Haus Henle. Ebenso erfreulich wie der Umstand, daß Herr Henle (sagt man in der Gegend nicht schon "Hendl"?) eigenmäch... äh, eigenhändig mit dem Fingernagel die Noten in die Stahlplatten ritzt, anstatt - wie die schnöde Konkurrenz - den Computer zu befleißigen. Außerdem finde ich deinen Mut, das Haus Hendl grundlos zu verteidigen umwerfend sexy. Wahrlich ritterlich.
 
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