Tonleitern und Gleichmaessigkeit

Viva La Musica, ich weiß ja sonst nichts über Dich, aber einen wissenschaftlichen Beruf hast Du jedenfalls schon mal nicht, so viel ist nunmehr klar

Äußerst gewagt, diese Schlüsse ... zu ziehen
:lol::super:
Ich glaube ja, du bist im Grunde ein sehr neugieriger Mensch, und versuchst über wilde Spekulationen mehr über unschuldige Clavioten rauszufinden... ;-)also bitte sehr: ich bin keine Wissenschaftlerin, hatte aber jahrelang einen Lehrauftrag an der Uni und habe zahlreiche Diplom-, Master-, Bachelorarbeiten betreut.
aber in musikalischen Dingen würde ich mir tatsächlich keinerlei wissenschaftliche Expertise oder Herangehensweise anmassen...aber was hat das nochmal mit den Pianisten des 19. Jhts zu tun??? :denken: den Artikel hab übrigens nicht ich geschrieben.. ;-)
Die Frage, um die es geht, ist doch aber, ob das DURCHSCHNITTLICHE Niveau von Spielern im 19. Jahrhundert höher war!
War denn eurer Meinung nach das Niveau der angeführten Spitzenpianisten tendenziell höher als heute?
 
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Wäre es dann nicht sinnvoller, erst einmal nur 5 Töne der Tonleiter zu lernen diese dann aber mit unterschiedlichem Ausdruck, und dann erst auf z.B. auf 1 Oktave zu erweitern, diese dann aber wieder musikalisch und dann erst über mehrere Oktaven. Anstatt eine Tonleiter gleich über mehrere Oktaven nur runterzuklimpern?
Klar, wieso nicht. Ich glaube, das kommt dann nach einem Jahr auf's selbe Ergebnis raus.
Schoen, wie du einen Satz aus dem Kontext gezogen hast und dann sagst, dass er zu allgemein ist ;-)
 
Zu der Annahme, dass die Pianisten frueher besser gespielt haben... Ich finde dieses Video von Martha Davis faszinierend. Die Spielgeschwindigkeit und das Rumgehuepfe auf der Tastatur ohne Hinschauen mit so einem Selbstvertrauen hab ich noch nicht bei anderen Pianisten gesehen. Und ich schaue mir sehr oft Videos von Pianisten an.


Und hier (Hazel Scott):
 
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Bin grad zufaellig ueber diesen Beitrag gestolpert: https://www.clavio.de/threads/gibt-es-eine-grenze-in-der-entwicklung.23241/

Ich fuehle mich bestaetigt, dass technische Uebungen zur Konditionierung der Motorik so frueh wie moeglich absolut Sinn machen. Haette er 20 Jahre frueher mit dem Ueben von Trillern begonnen, dann waeren seine Finger jetzt wahrscheinlich schneller.

Welche Beiträge in dem verlinkten Faden veranlassen dich denn zu der Annahme?
 
einmal ein Stück über die weißen Tasten zu rutschen.
Man nennt das glissando!
angeführten Spitzenpianisten tendenziell höher als heute?
Das ist eine extrem spekulative, aber sehr interessante Frage. Die Anforderungen an "gutes Klavierspiel" haben sich geändert. Das Sagrotan-säuberlich hygienisch-perfekte Spiel, das heute geradezu Standard geworden ist spielte bei den frühesten Aufnahmen mit im 19. Jh. geborenen und ausgebildeten Pianisten nicht die zentrale Rolle, die heute durch die moderne Aufnahmetechnik erzwungen wird.
Sicher ist: der Amateur des 19. Jahrhunderts wurde (bei Czerny und vielen anderen nachzulesen!) ganz anders unterrichtet als das heute üblich ist. Er hatte zunächst eine solide Grundlage aus technischen Übungen (wie etwa Tonleitern) und Etüden zu legen, musste dafür sehr viel Zeit aufwenden und wurde dann - im Idealfall! - zum Amateur, der mit relativ wenig Aufwand (oder sogar vom Blatt) sein Repertoire lernen konnte.
Das zeigen die Berichte über Hausmusik bis weit ins 20. Jh.! Zum Beispiel die Physiker in Göttingen mit Heisenberg und Co. .
Noch mein Vater war ein ausgezeichneter Blattspieler, der die Grundlagen pedantisch gründlich inklusive Münze auf dem Handrücken eingebleut bekommen hat.
 
Aber auch nur, weil ein Klavier kein echtes Glissando kann (eine bundierte Gitarre kann das auch nicht).

Natürlich kann man an der Gitarre auch einfach vom 1. in den 13 Bund rutschen (unter verwendung eines Fingers) und im passenden Timing die Saite anschlagen, sodass dabei Chromatik zu hören ist.

Das hat allerdings mit einer Tonleiter genauso viel zu tun, wie das Glissando am Klavier.
 

Weiterführung des Gedankenganges, warum man tunlichst die besten Pianisten von heute nicht mit denen des 'Golden Age' vergleichen sollte, schon gar nicht unter dem Aspekt besser oder schlechter.
Die großen Piabisten des Golden Age suchten nicht primär nach Perfektion und Angepasstheit, sondern nach Originalität, Persönlichkeit, Raffinesse, Eleganz usw. . Die letzten Dinosaurier dieser großartigen Epoche waren Horowitz, Rubinstein, Bolet, ABM, .. und jemand wie die grandiose Eileen Joyce!
Vergleichbarkeit und Verbindlichkei, nicht anecken oder stilistische Korrektheit waren eher ein Vorwurf (Langeweile-Gefahr!) als ein Lob.
Wir sollten dankbar sein, dass einige jüngere Pianisten, allen voran Trifonov diesen Stil - verbunden mit einer unfassbaren Perfektion - wieder pflegen.
Zurück zur Ausgangsfrage: Natürlich gehört zur Ausbildung jedes guten Pianisten hartes Training, ich glaube keinem der spielen kann, wenn er behauptet, er habe nie viel (mindestens 5, 6 Stunden täglich) geübt. Aber quasi automatisch hohe Übezeit mit guter Technik gleichzusetzen ist Banane!
 
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Und noch eine Ergänzung: Die sogenannte Gewichtstechnik für den Verfall der pianistischen Kultur verantwortlich zu machen ist auch zu kurz gedacht, der moderne Flügel erfordert die Mitwirkung des Hinterlandes. Die erschreckende Zahl von Pianisten mit Spielschäden ist da eine deutliche Mahnung.
Ich finde allerdings auch, dass an öffentlich geförderten Musikschulen die Idee, es könnte Spass machen etwas mehr und besser zu üben, um dann das Vergnügen gut und auch technisch beschlagen interessante Stücke spielen zu können, etwas nachdrücklicher vertreten werden sollte. Aber in einer Gesellschaft, deren Fetisch die sofortige Befriedigung aller Wünsche ist, ist das möglicherweise nicht so einfach.
Im 19. Jh. war sicher der pädagogische Ansatz: erst die Arbeit (Grundlagen, Tonleitern, Übungen und Etüden), dann das Spiel verbreiteter, wenn man den Quellen glauben will.
Übrigens kennen wir aus dem Sport durchaus das Vergnügen an intellektuell wenig anspruchsvollen Übungen und der damit verbundenen Zunahme der eigenen Fähigkeiten.
 
Erstens: genauer lesen: es gibt da Pünktchen, die für eventuelle Ergänzungen stehen. Und zweitens:
Kempff, ein großartiger und origineller Pianist, den ich aber nicht zu den letzten Großen des Golden Age zählen würde.
Cziffra und Gould habe ich übrigens bewusst ausgelassen, da ich sie als Einzelfälle außerhalb dieser Gruppe ansehe auf Grund ihrer speziellen Begabungrn und Fähigkeiten.
 
Übrigens kennen wir aus dem Sport durchaus das Vergnügen an intellektuell wenig anspruchsvollen Übungen und der damit verbundenen Zunahme der eigenen Fähigkeiten.
Naja, der Vergleich mit "intellektuell wenig anspruchsvollen Übungen" hat seit ca vierzig Jahren eine Zerrung und hinkt daher.
Früher hätten die Fußballtrainer ihren Jungs gerne Bleischuhe verordnet, heute sind die Übungen durchdachter und werden den Athleten geduldig erklärt - so von wegen Anaerobe Phase und Muskelfaserrisse. Zerrungen und selbst leichter Muskelkater werden heute nicht mehr einfach hingenommen.
 
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Bei der Diskussion um die Qualität des Klavierspiels geht mir zuletzt die Unterscheidung zwischen guten Amateuren und professionellen Pianisten etwas unter.

Der Aufsatz beschäftigt sich ja mit der Frage, ob die Amateure im 19. Jhd. mehr/länger geübt hätten als heute und "deswegen" besser waren.

Beim Spekulieren stellt sich mir die Frage, ob es Klavierstücke (gerne auch 20./21. Jhd) gibt, die nur noch von professionellen Pianisten aufgrund spezifischen Trainings und Musikalität bewältigt werden können, aber nicht mehr von Amateuren.

(op 106 und die h-Moll-Sonate spielt ja anscheinend jeder hier :-()
 

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