ZEIT ONLINE: Egal, ob Fritzi flennt

Ach komm! "Privatsprachen" ist ein ziemlich tendenziöser Begriff!

Natürlich gibt es in verschiedenen Kontexten verschiedene Sprachen. In Handwerkerkreisen geht es etwas derber zu, es gibt regionale Unterschiede, es gibt sprachliche Missgriffe von Nicht-Muttersprachlern, es gibt Fachsprachen und es gibt Bedeutungsverschiebungen über die Zeit.

Unter diesen Bedingungen ist es kontraproduktiv, sich leichtfertig an begrifflichen Details aufzuhängen. Statt das Thema zu diskutieren, wird über die Bedeutung von Worte gestritten, was einen in der Sache nicht voranbringt.
 
Der Ausdruck "sich an Details aufhängen" ist auch ein wenig tendenziös ;-)

Ich finde es spannend, sich zumindest einmal darüber zu unterhalten, welche verschiedenen Wahrnehmungen es in Bezug auf vermeintlich eindeutige Begrifflichkeiten gibt. Und es muss auch niemand eine andere Wahrnehmung übernehmen, aber zu wissen, worin die Unterschiede liegen, kann für die weitere Diskussion ja manchmal hilfreich sein.
 
Was sicherlich die interessante philosophische Frage aufwirft: kann man sich freiwillig unterwerfen?

Dazu dienen die sogenannten Beschwichtigungssignale, wie Gähnen, sich wegdrehen, nicht in Augen schauen, züngeln (Lippen lecken).
Das Weinen gehört auch dazu.

Sie dienen der Aggressionshemmung. Anatomische Merkmale und spezielle Verhaltensweisen können ebenfalls zu einer Unterdrückung von Aggressionen führen. "Kindchenschema"

Bei Hunden lassen sich diese sehr schön erkennen und dadurch auf menschliche Verhaltensweisen Rückschlüsse ziehen.
 
Für Dich offensichtlich, für mich gar nicht.
Ich z.B. unterwerfe mich in den meisten Bereichen sehr gerne, will niemals die erste Geige spielen, will folgen und nicht führen. Im Berufsleben ist es oft umgekehrt. Da leide ich unter Kontrollzwang. :-D

Unterwerfung steht für:
  • Debellatio, das vollständige militärische Niederringen eines Kriegsgegners
  • Kapitulation, die Aufgabe des militärischen Widerstandes
  • die Unterordnung unter den Willen einer Autorität; siehe Untertan
  • die Unterwerfung des werbenden Ritters unter den Willen der umworbenen Dame; siehe Minne
  • Unterordnung in der Sexualität; siehe BDSM#Dominance and Submission
  • Unterwerfung (Bahn), eine kreuzungsfreie Entbündelung einer Bahnstrecke via Tunnel
Ich kenne aus Schule hauptsächlich die ersten drei.
Minne gilt schon als Abseitig, BDSM haben wir in der Schule nicht durchgenommen und Bahnplaner sind wir auch nicht.

Und dann hätten wir noch Submission Wrestling. :-)

Wenn ich nicht die erst Geige spielen will, ist das nicht Unterwerfung. Zumindest würde ich das nicht so nennen und so fühlt es sich auch nicht an.

Grüße
Häretiker
 
Das hast Du anscheinend aus Wikipedia. Wikipedia ist aber weder normsetzend, noch notwendigerweise vollständig.

Was tun wir hier eigentlich?

Anstatt @Barrat selbst zu fragen, wie sie "Unterwerfung" gemeint hat, denn genau darauf kommt es doch beim Meinungsaustausch an, wendet anscheinend jeder seine Lieblingsinterpretation des Begriffs an. Ihre bereits dargelegte Erklärung, dass es für sie bzw. im genannten Kontext eine Freiwilligkeit einschließt, wird dabei ignoriert.

Man kann ihr (vielleicht) vorwerfen, sich unglücklich ausgedrückt zu haben. Geschenkt. Aber man sollte ihr keine Aussage unterjubeln (nämlich, dass sie etwas mit Gewalt gemeint hätte), der sie ausdrücklich widersprochen hat.

Vielleicht sollten wir uns alle mal zu einem Kommunikationsseminar verabreden. Gerne mit Ringelpiez am Morgen und nach der MIttagspause.
 
Das hast Du anscheinend aus Wikipedia. Wikipedia ist aber weder normsetzend, noch notwendigerweise vollständig.

Stimmt. Deswegen habe ich es ja noch mit meinen eigenen Erfahrungen abgestimmt. Steht etwas tiefer. Das es nicht vollständig ist, habe ich auch - noch etwas tiefer - angedeutet.

Vielleicht sollten wir uns alle mal zu einem Kommunikationsseminar verabreden. Gerne mit Ringelpiez am Morgen und nach der MIttagspause.

Kommunikation ist schwierig. :-)

Ich hatte mal eine Arbeitskollegin, die sich regelmäßig darüber aufgeregt hat, wenn Spezifikationen, die eigentlich "relativ" eindeutig waren, von ihr misverstanden wurden, weil sie halt auf dem flaschen Damfer saß. Umgekehrt erwartete sie geraduzu hellseherische Fähigkeiten, beim Versuch, ihre verbalen Äusserungen zu parsen.


Unterwerfung ist *für mich* etwas anderes als "die Richtlinienkompetenz in gewissen Bereichen (ggf. teilweise und/oder zeitlich begrenzt) abzutreten. Aber, ich bin auch nicht normesetzend, das habe ich mit Wikipedia und mit Dir gemeinsam. :-)

Grüße
Häretiker

PS:
Da fällt mir noch der alte Witz ein:
Ein Diplomat sagt "ja" und meint "vielleicht", sagt "vielleicht" und meint "nein", sagt aber niemals "nein", sont wäre er kein Diplomat.
Eine Dame sagt "nein" und meint ... usw.
 
Ach komm! "Privatsprachen" ist ein ziemlich tendenziöser Begriff!
Ach komm. Ohne jetzt an Wittgensteins Privatsprachenargument (Wittgenstein könnte übrigens auch einiges zum Themenkomplex "Sprache, Spiel und Regeln" beitragen) erinnern und die Diskussion weiter in themenferne philosophische Untiefen abdriften lassen zu wollen: privatsubjektivistische Fürmichelei (fürwahr herrlich tendenziös dazu :003:: https://arkesilaos.jimdofree.com/2015/05/19/für-mich/ ) ist etwas anderes als etwa ein milieugebundender oder regionaler Sprachgebrauch oder historische Bedeutungsverschiebungen; darin sind wir uns hoffentlich noch einig. Wenn man sich darauf beruft, dass bestimmte Begriffe "für mich" halt einfach etwas anderes bedeuten als "für dich" (was ja auch heißen würde: jeder macht sich da einfach seine eigene "Regel"), ist die Wahrscheinlichkeit eben auch groß, dass wir dann damit aneinander vorbeireden und eine Diskussion unter diesen Umständen eben auch wenig sinnvoll ist. Es sollte schon geklärt werden, wovon überhaupt die Rede ist. Und dass, wenn wir uns über einen Begriff wie "Unterwerfung" unterhalten bzw. darüber was er bedeutet, insbesondere wenn er auf den Umgang mit Kindern übertragen werden soll, dabei halt auch durchaus bedenkliche und ganz und gar unpädagogische Konnotationen zutage treten, die ich nicht einfach ausblenden würde, ist nun auch nicht so besonders überraschend, oder?

Dazu dienen die sogenannten Beschwichtigungssignale, wie Gähnen, sich wegdrehen, nicht in Augen schauen, züngeln (Lippen lecken).
Das Weinen gehört auch dazu.

Sie dienen der Aggressionshemmung. Anatomische Merkmale und spezielle Verhaltensweisen können ebenfalls zu einer Unterdrückung von Aggressionen führen. "Kindchenschema"

Bei Hunden lassen sich diese sehr schön erkennen und dadurch auf menschliche Verhaltensweisen Rückschlüsse ziehen.
Beschwichtigung und Agressionshemmung - auch das wiederum verweist auf Aggressionen und Rangkämpfe, letzten Endes wohl: auf Selbstbehauptung und Selbstschutz, seinen Platz in der Rang- oder Hackordnung der Gruppe oder des Rudels finden - gibt es auch im Tierreich, stimmt. Vielleicht auch ein Hinweis darauf, wie archaisch die entsprechenden menschlichen Verhaltensweisen im Grunde sein dürften. Aber ein wohlüberlegtes pädagogisches Konzept ...? Und nochmals: inwieweit kann hier von Freiwilligkeit die Rede sein...?
 
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Weder Kinder noch Hunde sollten "unterwürfige Gesten" abgenötigt werden.

"Unterwerfung" & "Nötigung" sind Begriffe aus der Philosophie. Unterwerfung bedeutet die freiwillige Akzeptanz der Regel aus Einsicht in ihre Notwendigkeit. Solange der Dreijährige keine Einsicht in Notwendigkeiten hat, die Regel aber trotzdem wichtig ist (Händewaschen, Zähneputzen u.dgl.) muss man der mangelnden Einsicht eben ein Äquivalent entgegengesetzt werden.

Liebe Barratt,

dieser Definition kann ich folgen! Das Problem bei solchen Begriffen ist aber m.E., dass wie hier im Faden auch ersichtlich, jeder etwas anderes darunter versteht. Man müsste sich also tatsächlich erstmal auf eine Definition verständigen.

In unserer Alltagssprache weiß kaum jemand, dass dieser Begriff aus der Philosophie kommt (ich auch nicht). Ich verbinde diesen Begriff "Unterwerfung" z.B. mit Diktaturen und deren Umgang mit Menschen, mit den Vorstellungen mancher Menschen und Völker von einer Ehe (Unterwerfung der Frau, die die Regeln befolgen muss, die der Mann setzt ....). Der Begriff löst deshalb in mir sofort einen Widerstand aus.

Was Peter unter Unterwerfung versteht
Ich bin der Meinung: Man kann nicht nur, man tut es, ständig.
Schmeiß 10 unbekannte Menschen in eine Gruppe und schau zu, wie sie ihre Rolle finden. Schmeiß die gleichen Menschen in andere Gruppen und schau zu... Sehr schön gerade bei Kindern zu beobachten.
Man findet sich immer in ganz unterschiedlichen Rollen je nach Gruppe (Arbeit, Sportverein, Familie, Freunde...). Unterwerfen ist eine davon und für mich ganz normal und alltäglich.
,

nenne ich Anpassung. :003: Man sieht, wie unterschiedlich solche Begriffe verstanden werden und deshalb ist ihre Verwendung in einer Diskussion m.E. problematisch.

Letztlich geht es darum, wie man Regeln findet und setzt. Ob sie in Übereinstimmung gefunden werden oder von einer Person gesetzt werden. Ob sie sklavisch befolgt werden müssen oder ob sie einen Spielraum lassen. Ob sie konstant sind oder geändert werden dürfen. Ob sie die Bedürfnisse der beteiligten Personen berücksichtigen oder nicht.

Dies bestimmt die Qualität des Zusammenlebens und Zusammenarbeitens! Wenn eine Musikschule bestimmte Regeln vorab verkündet, ist es die freiwillige Entscheidung der Eltern, ihre Kinder dorthin zu schicken. Wenn ich als Gast eingeladen bin auf eine Party und dort gibt es die Regel, nur weißgekleidet zu kommen, kann ich freiwillig entscheiden, ob ich dort hingehe.

Wenn ich in einem Arbeitsverhältnis bin oder in einer Familie lebe, ist es schwieriger. Wenn da nur einer alle Regeln festsetzt, die alle anderen befolgen müssen, entsteht ein Klima, das von den Bedürfnissen eines einzelnen beherrscht wird. Wollen wir das? Wie weit wollen wir generell unseren Alltag von Regeln bestimmen lassen? Sollten die Regeln nicht dazu dienen, einfacher zusammenzuleben und ergeben sie sich nicht aus unseren Bedürfnissen?

Verkehrsregeln sind dazu da, für jeden die bestmögliche Sicherheit zu bieten. Essensregeln wie "nicht mit dem Essen werfen" haben seinen Sinn darin, Essen als etwas Wertvolles zu achten und keine Sauerei zu veranstalten, die man hinterher mühsam beseitigen muss.

Aber schon bei Essensregeln wie "nicht furzen", "nicht rülpsen", "nicht mit den Händen essen" gibt es große Unterschiede bei Völkern und Kulturen. Die Bedürfnisse, Ansichten und Erfahrungen sind so unterschiedlich, dass es auch unterschiedliche Regeln gibt.

Ich selbst fühle mich am wohlsten, wenn Regeln aus den Bedürfnissen der Beteiligten formuliert werden und wandelbar sind. Ich habe ja auch nicht jeden Tag die gleichen Bedürfnisse. Am einen Tag dürfen die Kinder auf dem Sofa hopsen und wir haben eine Menge Spaß. Am anderen Tag habe ich Kopfschmerzen und kann kein Gehopse ertragen. Am dritten Tag wird eine neue Sofagarnitur geliefert und ich möchte plötzlich, dass gar nicht mehr auf dem Sofa gehopst wird. :004: Ich meine, es ist viel besser, wenn auf die Bedürfnisse anderer Menschen Rücksicht genommen wird anstatt auf Regeln zu pochen!

Lese ich es vor dem Hintergrund eines Schulsystems, in dem die Kinder in der dritten Klasse noch den Ranzen voller Plüschtiere, aber noch nie eine Zensur bekommen haben, vor dem Hintergrund eines Zeitgeistes, nach dem die Kinder um Gottes Willen nicht überlastet werden sollen, man ihnen auf Augenhöhe begegnen und sie selbst entscheiden lassen will, von Helikoptereltern, die alle Misserfolge von Kindern fernhalten und ihnen alle Hindernisse aus dem Weg räumen wollen, und Freizeitangeboten, die diesen Wünschen entgegenkommen (spielerisch lernen, bla bla bla), dann ist es wohltuend, mal eine andere Richtung wahrzunehmen. Dann nehme ich das nicht unbedingt gleich wortwörtlich, sondern erstmal als Gegenentwurf gegen einen (von mir als übertrieben wahrgenommenen) Trend. Da bin ich also etwas entspannter. Das mag leichtfertig sein, aber es ist vermutlich ungefähr das, was die Dresdner Eltern empfinden, wenn sie ihre Kinder dort anmelden.

Ja, das glaube ich auch! Das Problem ist, dass oft gedacht wird, entweder ...oder! Entweder Laissez faire oder diktatorisch/autoritär. Das finde ich sehr schade, denn es gibt jede Menge dazwischen.

Die Plüschtiere oder fehlende Zensuren sind nicht automatisch ein Zeichen für Laissez faire, mangelnde Grenzziehung und wenig Forderung. Sie werden es dann, wenn tatsächlich wenig Leistung gefordert wird, die Kinder machen können, was sie wollen UND Plüschtiere und fehlende Zeugnisnoten vorhanden sind.

In meinem Unterricht gibt es auch keine Noten und trotzdem sind die Schüler bestrebt, es so gut zu machen wie sie können.

Das im Artikel beschriebene Bedürfnis der Eltern nach mehr Klarheit, Führung, Leistung und größerer Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse - weswegen sie ihre Kinder in der Musikschule anmelden -, ist verständlich. Ich bin da allerdings nicht so entspannt wie du, weil ich andere methodische und kommunikative Herangehensweisen kenne, die ein viel besseres Ergebnis zur Folge haben (Ein Beispiel: 6 bis 8jährige Kinder, um die es im Artikel geht, lernen viel über Bewegung. Wenn man die nun 45 Minuten still sitzen lässt, können die nicht effektiv lernen).

Die Aussage ist doch eigentlich recht klar und beschreibt die Situation verständlich. Man darf jedem normalen Menschen und Pädagogen erst Recht zutrauen, dass sie die Situation richtig einschätzen und sie bei z.B. einer Verletzung selbstverständlich anders mit dem Weinen umgehen würden.

Dieses Vertrauen in Pädagogen ehrt dich. :003: Ich habe es nicht. :002:

Liebe Grüße

chiarina
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin vollkommen einverstanden mit dem, was du schreibst, bis auf den folgenden Absatz:
Ich selbst fühle mich am wohlsten, wenn Regeln aus den Bedürfnissen der Beteiligten formuliert werden und wandelbar sind. Ich habe ja auch nicht jeden Tag die gleichen Bedürfnisse. Am einen Tag dürfen die Kinder auf dem Sofa hopsen und wir haben eine Menge Spaß. Am anderen Tag habe ich Kopfschmerzen und kann kein Gehopse ertragen. Am dritten Tag wird eine neue Sofagarnitur geliefert und ich möchte plötzlich, dass gar nicht mehr auf dem Sofa gehopst wird. :004: Ich meine, es ist viel besser, wenn auf die Bedürfnisse anderer Menschen Rücksicht genommen wird anstatt auf Regeln zu pochen!
Dieses Wechseln der Regeln und ständig neue Anpasssen an die Bedürfnisse anderer kann für Kinder und Jugendliche sehr verwirrend sein und ihnen die dringend benötigte Orientierung nehmen. Eine klare Linie mit möglichst wenig Abweichungen ist für alle Beteiligten wesentlich leichter als ständige Wechsel. Auch Rituale betrachte ich deshalb als sehr wichtig. Sie geben Halt und Orientierung und werden von Schülern auch gewünscht.

Manchmal ist auch ein Pochen auf Regeln notwendig, allerdings nicht um des Regelinhalts willen, sondern um Chaos zu vermeiden. Schüler nehmen ja gerne mal statt des kleinen Fingers die ganze Hand, zumindest im Schulkontext.
 
Oops. Du hast mich entlarvt – ich habe keine Ahnung von Wittgenstein. Ich habe "Privatsprache" im Wortsinn interpretiert (Missverständnisse vorprogrammiert!): Wenn jemand seine eigenen Begriffsdefinitionen benutzt, kann Kommunikation nur schiefgehen. Diese Aussage ist zwar richtig, aber mit "Privatsprache" schiebt man die Schuld allein dem Sender zu, der geradezu vorsätzlich eine eigene ("private") Sprache kreiert und mithin selbst Schuld ist, wenn er/sie missverstanden wird. Ich möchte immer auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Missverständnisse von niemandem gewollt, aber unvermeidbar sind. Zumal in einem so bunt zusammengewürfelten Teilnehmerkreis wie unserem schönen Forum.

Wenn man sich darauf beruft, dass bestimmte Begriffe "für mich" halt einfach etwas anderes bedeuten als "für dich", ist die Wahrscheinlichkeit eben auch groß, dass wir dann damit aneinander vorbeireden und eine Diskussion unter diesen Umständen eben auch wenig sinnvoll ist.
Kommunikation ist immer ein riskantes Unterfangen. Ich hänge durchaus der Lehre an, dass die Verantwortung für das, was ankommt, ganz wesentlich beim Sender liegt. Wenn der Empfänger aber jeglichen guten Willen vermissen lässt, sich die Sinnebene zu erschließen, ist Kommunikation zum Scheitern verurteilt. Edit: Oder findet nur noch auf der Beziehungsebene statt: Mangelndes Interesse führt zu Missverständnis führt zu Vorwürfen führt zu Rechtfertigung, kurz: Es gibt Streit, ohne in der Sache irgendwie weiterzukommen.

Danke für dieses schöne Stück!
 
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Beschwichtigung dient größtenteils der Erhaltung der Art.

Signale werden meistens unbewusst ausgesendet, können aber auch gezielt eingesetzt werden.
Sie basieren auf angeborenen Verhaltensmustern, durch Lernen und Erfahrung (Erziehung u.a.) und chemischen Reaktionen des Gehirns.
 

Ich bin vollkommen einverstanden mit dem, was du schreibst, bis auf den folgenden Absatz:

Dieses Wechseln der Regeln und ständig neue Anpasssen an die Bedürfnisse anderer kann nämlich für Kinder und Jugendliche sehr verwirrend sein und ihnen die dringend benötigte Orientierung nehmen. Eine klare Linie mit möglichst wenig Abweichungen ist für alle Beteiligten wesentlich leichter als ständige Wechsel. Auch Rituale betrachte ich deshalb als sehr wichtig. Sie geben Halt und Orientierung und werden von Schülern auch gewünscht.

Manchmal ist auch ein Pochen auf Regeln notwendig, und zwar nicht um des Regelinhalts willen, sondern um Chaos zu vermeiden.


Lieber Demian,

ich wollte mit meinem Beispiel sagen, dass man sehr klar und genau sein sollte, wenn man Regeln formuliert und überlegen sollte, ob man und wann man Regeln braucht. Ich formuliere z.B. selten Regeln und bin trotzdem sehr klar. Da ist nichts verwirrend.:002:

In Bezug auf das Sofagehopse, mein Beispiel aus dem letzten Beitrag, hatte ich ja gar keine Regel festgelegt. Ich hatte von Bedürfnissen gesprochen. Die Regel kam erst, als die neue Sofagarnitur kam und sich damit meine Bedürfnisse langfristig geändert haben. Diese Regel wird dann aber nicht einfach so eingeführt, sondern ich unterhalte mich mit meinen Kindern, damit sie meine geänderten Bedürfnisse kennen und verstehen. Sie sind dann bereit, sich an die daraus ergebene Regel "nicht mehr auf dem Sofa hopsen" zu halten. Es kann auch sein, dass sie darüber traurig sind und weiter auf einem Sofa hopsen möchten. Dann stellt man halt das alte Sofa ins Kinderzimmer und alle sind zufrieden.

Es sollte also nur so viel Regeln wie nötig geben und so wenig Regeln wie möglich aus meiner Sicht! So ähnlich wie bei Fingersätzen. :004:

In Schulklassen mit sehr viel mehr Personen als in einer Familie oder im Klavierunterricht geht es nicht ohne Regeln. Aber auch sie ergeben sich aus den Bedürfnissen aller. Es ist z.B. sehr erstaunlich, dass in sehr lauten Klassen (meist 8.-10. Klasse) bei Befragung aller Schüler der Wunsch besteht, es möge leiser sein. Die Schüler stört die Lautstärke, obwohl sie selbst sie erzeugen.

Auch da kann man Regeln finden und Absprachen, wenn die Regeln gebrochen werden. In der Grundschulklasse meiner Schwester gibt es z.B. die Regel, dass unter den Schülern nur geflüstert werden darf, damit der Unterrichtsablauf nicht gestört wird. Das klappt nach einiger Übungszeit immer, weil auch die Schüler das Bedürfnis haben, dass es nicht laut in der Klasse ist. Gleichzeitig können sie aber auch ihren Nachbarn etwas fragen, wenn es nötig ist.

Liebe Grüße

chiarina
 
Unterwerfung steht für:
  • die Unterordnung unter den Willen einer Autorität
Passt doch gut zum Abtreten von Richtlinienkompetenz. :-D
Ja, ich auch. Unterwerfung gibt dann halt noch die spezielle Richtung an. :012: :004:


Sollten die Regeln nicht dazu dienen, einfacher zusammenzuleben und ergeben sie sich nicht aus unseren Bedürfnissen?
Das Fette kann man nicht fett genug schreiben!!!!
Das Problem dabei ist, dass die Bedürfnisse so unterschiedlich und zahlreich sind, dass die sich daraus ergebenen Regeln unseren Alltag eher erschweren als erleichtern.

Eine der wichtigsten Regeln wird dabei komplett ausgehoben: Leben und leben lassen. Bedürfnisse (sowohl die eigenen als auch die der anderen) werden oft viel zu wichtig genommen. Peng! :-D
 
...da sich die Diskussion mittlerweile in eine tendenziöse Wortklauberei gewandelt hat (wer das böse Wort "Unterwerfung" vom hohen ihr-lieben-Kindlein-dutzidutzi-Moralross herab am deftigsten heruntermacht, der/die/* erhält die meisten Sympathiepunkte) fängt sie an, mich wieder zu interessieren ;-):-D und mittels der Formulierung "ihr-lieben-Kindlein-dutzi-dutzi-Moralross mache ich auch gleich mit in Sachen tendenziös und so :-D:-D

Ja, der Umgang mit Worten und Begriffen ist immer lehrreich und interessant:
Um das erforderliche gute Lernklima zu schaffen, muss es aus meiner Sicht keine
"Unterwerfung gegenüber Regeln" (Zitat @Barratt )
geben, sondern eine Akzeptanz von Regeln. Ich mag das Wort "Unterwerfung" überhaupt nicht - ich muss da an die unterwürfige Geste eines Hundes denken.

Auch eine Akzeptanz von Regeln mag ich im Grunde nicht, denn eigentlich sind es Bedürfnisse anderer, die akzeptiert werden sollten! Regeln können hilfreich sein, diese Bedürfnisse nicht immer neu verhandeln zu müssen und einen festen Rahmen zu schaffen - sie sollten aber kein Selbstzweck sein!
hier frage ich mich dreierlei:
1. fein, also Regeln - ja wenn man sich diesen nicht unterwerfen (böse-böse-Wort) sondern sie bestenfalls akzeptieren soll, obwohl auch das vom Lichtwesen nicht gemocht wird: wie wäre es, sich einfach an Regeln zu halten? Da hätte man eine unverdächtige Wortwahl eingesetzt und müsste kein umfangreiches blabla über "Unterwerfung" produzieren (ok, am Inhalt - Regeln einhalten - ändert das nichts)
2. bezogen auf das Zitat oben: was ist denn da der Unterschied zischen "Regeln" und "festem Rahmen"???
3. (hat leider mit Regeln eigentlich nichts zu tun, aber im Zitat sieht es so aus, als wäre es anders) statt für alle gültige Regeln zu etablieren, welche dann zumindest akzeptiert werden (gemeinhin fällt das unter Sozialisation) , sollen es die Bedürfnisse anderer sein, die (stattdessen?) akzeptiert werden sollen - - hä??? ...wenn ich in der Bäckerei ein Brot für 5 Euro kaufen will, die Bäckersfrau aber plötzlich tutet "ich habe das Bedürfnis, weitaus mehr zu erhalten, die Regel ´Preisauszeichnung gilt´ akzeptiere ich nicht, das Brot kostet 50 Euro" dann soll ich das lobpreisen?... - - oder stop, Hintertürchen für unglückliche Formulierung: Regeln, die einen Ausgleich zwischen den Bedürfnissen aller schaffen, sind vielleicht etwas, das von Lichtgestalten nicht im Grunde abgelehnt wird - naja, so Gesetze, Tischsitten (a la rotze nicht ins Tischtuch, spuck nicht auf den Tisch etc) usw. gehen ja in diese Richtung und bestimmt hat die Lichtgestalt im Grunde nichts gegen für alle gültige Gesetze :-):-)

In diesem Sinne gehe ich davon aus, dass künftig kein Lehrstuhl "dreijährige Kinderlogik" gegenüber der Aussagen- und Prädikatenlogik präferieren wird
Was für uns Erwachsene logisch ist, ist es für Dreijährige noch lange nicht und es ist unfassbar, wie zielsicher sie jeden Logikfehler entdecken und mit Unruhe etc. reagieren.
und daran wird diese Einlassung nichts ändern.

Aber zurück zur Wortklauberei mit dutzi-dutzi-Tendenz: keinem/r/* der Diskutanten/innen/* hat bemerkt, dass schon die Überschrift des ausschlaggebenden investigativen Glanzartikels der ZEIT (analog oder online?) durch seine negative Wortwahl auffällt: Fritzi weint nicht, nein, Fritzi flennt... oh Niedertracht, hier zeigst du deine teuflische Fratze: dem armen Fritzi wird nicht zugestanden, dass er aus mannigfaltigen Beweggründen weinen muss, nein, voller Verachtung wird das arme geschundene Kind des Flennens bezichtigt!

...irgendwie hat der Disput wie auch sein Anlass auch komische Seiten :-):-)
 
Das im Artikel beschriebene Bedürfnis der Eltern nach mehr Klarheit, Führung, Leistung und größerer Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse - weswegen sie ihre Kinder in der Musikschule anmelden -, ist verständlich. Ich bin da allerdings nicht so entspannt wie du, weil ich andere methodische und kommunikative Herangehensweisen kenne, die ein viel besseres Ergebnis zur Folge haben
Konsequent zu Ende gedacht, sprichst Du den Eltern das Urteilsvermögen und die Erziehungskompetenz ab (Entschuldige bitte, ich übertreibe bewusst!). Denn ihnen wird ja erklärt, was abgeht, und sie sind sogar eingebunden, und sie machen trotzdem in offenbar großer Zahl mit (auch wenn es unterwegs ein paar Verluste gibt). Hier bin ich nun hin- und hergerissen. Was Dich persönlich betrifft, möchte ich Dir gar nicht absprechen, dass Du tatsächlich eine höhere Kompetenz hast, als die Eltern. Aber ich habe trotzdem ein grundsätzliches Problem damit, wenn jemand sich über die Eltern und ihre Erziehungsentscheidungen erhebt. Wenn Eltern sich für eine, überspitzt gesagt, "autoritäre" Musikschule entscheiden, muss man nicht über die Musikschule diskutieren, die das anbietet, sondern fragen, warum Eltern derlei Erziehungs- bzw. Lernmethoden goutieren.

(Ein Beispiel: 6 bis 8jährige Kinder, um die es im Artikel geht, lernen viel über Bewegung. Wenn man die nun 45 Minuten still sitzen lässt, können die nicht effektiv lernen).
Eben! Das hat mich auch verwundert. Ich habe musikalische Früherziehung bei meinen Kindern als hochgradig bewegungsorientiert erlebt. Es dreht sich doch alles ium Singen, Tanzen, Klatschen, Singspiele. Man kann nun aus dem Bericht entweder folgern, dass diese Frau Smesny nun wirklich gar keine Ahnung von Kindern hat, oder man kann den ganzen Artikel unglaubwürdig finden. Mach Dein Kreuzchen!
 
Ich habe "Privatsprache" im Wortsinn interpretiert (Missverständnisse vorprogrammiert!): Wenn jemand seine eigenen Begriffsdefinitionen benutzt, kann Kommunikation nur schiefgehen.
In einem vergleichbaren Sinn verwendet Wittgenstein sein Privatsprachenargument ja auch, wenn auch bezogen auf private subjektive Empfindungen, nicht auf Begriffsdefinitionen. In diesem Zusammenhang findet er eine reizende Metapher: „Angenommen, es hätte jeder eine Schachtel, darin wäre etwas, was wir ‚Käfer‘ nennen. Niemand kann je in die Schachtel des Anderen schauen, und jeder sagt, er wisse nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist. […] Das Ding in der Schachtel gehört überhaupt nicht zum Sprachspiel, auch nicht einmal als ein Etwas, denn die Schachtel könnte auch leer sein“ (L. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen 293). Der Witz des Ganzen ist: Ohne dass daran irgendwer "schuld" sein muss, funktioniert das Sprachspiel mit seinen Regeln halt als ein intersubjektives, mit mehreren Mitspielern. Zieht sich folglich jemand auf einen Standpunkt zurück wie "für dich ist es halt so, für mich nicht", fertig, kann man das Gespräch an dieser Stelle genausogut gleich wieder beenden.

Sprachliche Verwendungen hingegen kann man klären. Doch bei einer Bestimmung von "Unterwerfung" als "freiwillige Akzeptanz von Regeln aus eigener Einsicht in die Notwendigkeit" kann und darf man ob der offensichtlichen Widersprüchlichkeit zu herkömmlichen Bedeutungen wie ich finde schon stutzig werden, auch ohne gewollte Missverständnisse. Wie sich zeigt verstehen auch die meisten hier unter dem bösen Wort "Unterwerfung" wohl eher etwas anderes. Wie auch @chiarina schon fragte: Wie findet und setzt man Regeln (auch solche Sprach- und Begriffs-Regeln), wer setzt sie, aus welchem Interesse oder "Bedürfnis" heraus oder vor welchem Hintergrund? Auch die Philosophie gibt so etwas schließlich nicht einfach vor; für philosophisch halte ich eher den Ansatz, über unterschiedliche Bedeutungen und Begriffsverwendungen zu reflektieren. Schließlich wäre es ja auch nicht ganz unwichtig, Anhaltspunkte zu haben, was dabei womöglich auch des Pudels Kern ist ;-) ; oder auch was man womöglich wohl oder übel mit in Kauf nimmt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Wie sich zeigt verstehen auch die meisten hier unter dem bösen Wort "Unterwerfung" wohl eher etwas anderes.
Nun ja. Wikipedia deutet den Unterwerfungsbegriff in Bezug auf "Minne" mit der Unterwerfung unter den Willen der Angebeten. Das wäre also schon mal freiwillig, jedenfalls frei von äußerem Zwang.

Ich bringe gerne noch die Unterwerfungsklausel beim Grundstückskauf ein. Hier unterwirft sich der Käufer der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen, wenn er seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Das tut er freiwillig in dem Sinne, dass der den Vertrag ja nicht unterzeichnen muss.

Ich bin heute so schön auf Krawall gebürstet: Die Aggressivität liegt nicht bei dem, der das Wort "Unterwerfung" verwendet, sondern bei dem, der dabei zuerst an militärische Auseinandersetzungen denkt. Ätsch!
:coolguy::heilig::kuscheln:
 
Doch bei einer Bestimmung von "Unterwerfung" als "freiwillige Akzeptanz von Regeln aus eigener Einsicht in die Notwendigkeit" kann und darf man ob der offensichtlichen Widersprüchlichkeit zu herkömmlichen Bedeutungen wie ich finde schon stutzig werden, auch ohne gewollte Missverständnisse.
zu den Synonymfeldern von "sich unterwerfen" zählt der Duden nicht nur militärische Angelegenheiten, sondern auch:
(…)
akzeptieren, sich anpassen, sich beugen, sich ducken, sich eingewöhnen, sich ergeben, sich fügen, gehorchen, geschehen lassen, gestatten, gutheißen, mit dem Strom schwimmen, parieren, sich richten nach, sich unterordnen, zurückstecken; (gehoben) den Nacken beugen, die Segel streichen; (bildungssprachlich) sanktionieren, tolerieren; (umgangssprachlich) sich gefallen lassen, kuschen, spuren, unterschreiben; (salopp) den Schwanz einziehen
https://www.duden.de/rechtschreibung/unterwerfen
zwar halte ich die Formulierung "sich an Regeln halten" für weniger missverständlich als "Unterwerfung gegenüber Regeln", aber "sich Regeln unterwerfen" sowie "sich Regeln beugen" ist inhaltlich nun auch nüscht großartig anderes - - insofern scheint mir eine ausufernde Diskussion über "Unterwerfung" eher wenig nützlich ;-)

die Antwort auf die Frage
Wie findet und setzt man Regeln (auch solche Sprach- und Begriffs-Regeln), wer setzt sie, aus welchem Interesse oder "Bedürfnis" heraus oder vor welchem Hintergrund?
wird man wohl nicht im Bereich Instrumentalunterricht finden (und dort wohl auch nicht suchen müssen)
 

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