Wo hört im Bereich der klassischen Musik die "Allgemeinbildung" auf...

  • Ersteller des Themas Acerbitas
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die d-moll Toccata hört man am besten in Nemos Nautilus ... musst aber schon 40000 Meilen investieren!
Walter
Huch: mein Zähler steht gerade auf 900....
 
Moin!

Stieftochter, damals so 21, werkelt in der Küche und singt "Ta da da daaaaa, ta da da daaa" .... Ich: "Weißt Du, was das ist?" Sie: "Klar: Spongebob!" Ich hab' dann noch die Erklärung mit Beethovens 5. nachgeschoben, aber sie kannte das Thema nur, weil es in 'Spongebob' vorkam.

Ebenso war 'Grieg' meiner Arbeitskollegin kein Begriff, die Antitras Tanz als Klingelton hatte.


Andererseits: Wer von den Schülern kennt Coltrane oder Miles Davis? Zumindest wir haben im Musikunterricht 9 Monate über Jazz geredet.


Wer kennt auf Anhieb die Newtonschen Gesetze und die Hauptsätze der Thermodynamik? Absolutes Grundlagenwissen.


Wie weit ist die Erde von Sonne entfernt? Wie weit der Mond? Kann eine Sonnenfinsternis auch bei Neumond auftreten?


Ich hatte gestern in einem Zug gesessen, da hatte eine dauernd Niesen müssen, heute morgen habe ich Schnupfen. Habe ich mich bei ihm angesteckt?


Darf der Springe beim Schach, wenn er zieht, die Feldfarbe wechseln?


Ach ja, und ich habe Geschichte nicht einmal angeschnitten ...


Grüße
Roland
 
Moin!





Wer kennt auf Anhieb die Newtonschen Gesetze und die Hauptsätze der Thermodynamik? Absolutes Grundlagenwissen.


Wie weit ist die Erde von Sonne entfernt? Wie weit der Mond? Kann eine Sonnenfinsternis auch bei Neumond auftreten?




Darf der Springe beim Schach, wenn er zieht, die Feldfarbe wechseln?


Ach ja, und ich habe Geschichte nicht einmal angeschnitten ...


Grüße
Roland

Stimmt, allerdings gibt es da doch einen Unterschied, und zwar den, dass besagte musikalische Themen, ua auch Für Elise in der Telefonwarteschleife, quasi omnipräsent sind, während genannte Themen aus der Physik, wie ich meine, nicht alltäglich sind. Sie gehören zwar zur Bildung, hat man mal von gehört in der Schule, dann isses aber auch schon wieder weg...
 
... , während genannte Themen aus der Physik, wie ich meine, nicht alltäglich sind. Sie gehören zwar zur Bildung, hat man mal von gehört in der Schule, dann isses aber auch schon wieder weg...

OK.

Was hält Dich auf dem Boden?
Schon mal ein Auto benutzt oder einen Kühlschrank?
Was sichert die Sicherung im Schaltschrank und wie viel Watt dürfen die Verbraucher ziehen, die an einer handelsüblichen Sicherung hängen?
Schon mal einen Regenbogen gesehen?
Einen schillernden Ölfilm? Und was der Pfau damit zu tun?
Warum fliegen Vögel?
Was ist Licht?
Was ist der Doppler-Effekt?
Was heißt 'entspiegelte Gläser'?
Wie macht man Röntgenstrahlung?

Und solche Sachen wie: Woraus besteht unsere Atemluft? Was ist Kochsalz? Seife?

OK, für mich ist das eine oder andere alltäglich. Ich bin davon umgeben. Das andere nicht so alltäglich, aber nicht minder interessant. Jedenfalls benutze ich öfter Kochsalz, Seife, Atemluft und Kühlschränke, als ich 'Für Elise' an der Hotline ertragen muss. Wie funktioniert das Telephon eigentlich?

Ich war immer neugierig und wollte das wissen. :-)

Grüße
Häretiker
 
Stimmt, wir sind so gesehen von dem einen wie dem anderen umgeben.
Ehrlich gesagt war Naturwissenschaft nie mein Ding und ich weiß auf viele dieser Fragen keine korrekte Antwort.
 
Stimmt, wir sind so gesehen von dem einen wie dem anderen umgeben.

Ja. Ich wollte damit nur sagen:
Man kann üblicherweise nicht auf jedem Gebiet 'Allgemeinbildung' haben. Jeder setzt seine Schwerpunkte.

Wir hätten noch noch Philosophie, Soziologie, Geschichte, Kunst, Biologie, Mathematik, Informatik... im Angebot. Und mein Lateinlehrer sagte immer: "Wie könnt ihr nur über sie Straße gehen ohne elementare Lateinkenntnisse!?", nahm sich dabei aber selbst nicht ernst. :-)

Wir können also gerne darüber reflektieren, was 'minimale Allgemeinbildung für klassische Musik' umfasst. Aber wir müssen halt damit rechnen, dass zurück geschossen wird, und das nicht nur um viertel vor sechs. (Welches Ereignis meine ich?)


Die Menschen - und da schließe ich mich definitiv nicht aus - neigen dazu, absolute Grundkenntnisse ihrer Spezialgebietes als Allgemeinbildung voraussetzen zu wollen. Von dem Traum habe ich mich schon lange verabschiedet. War ein bisschen schmerzhaft.

Ehrlich gesagt war Naturwissenschaft nie mein Ding und ich weiß auf viele dieser Fragen keine korrekte Antwort.

Eben. Es war für Dich persönlich - warum auch immer - nicht relevant genug. Für Dich reicht es, wenn die Tiefkühltruhe kalt ist und die Mikrowelle Wärme macht.


Ich habe mich mit Geschichte schwer getan ... es wurde einfach überöde rübergebracht. Da fehlte mir immer der Bezug zur Realität.

Grüße
Häretiker
 
Es geht hier im Faden bestimmt nicht nur um das "allgemeine Allgemeinwissen", sondern um das musikalische Wissen oder die Vorbildung, die ich bei meiner potentiellen Zuhörerschaft z.B. für ein Konzert erwarten kann.
MUSS ich BACH, MOZART, BEETHOVEN etc. spielen, damit Leute kommen? Wie weit darf mein Konzertrepertoire gespannt sein, damit Besucher angesprochen werden? - So verstehe ich die Intention dieses Fadens.
Francois Sanson: "die Leute wollen das hören, was sie sowieso schon kennen, das gibt ihnen das Gefühl, was von Musik zu verstehen. Wir sind doch alle so, wir wollen das hören, was wir kennen!"
Möglicherweise ist es aber auch völlig uninteressant, was gespielt wird, viel interessanter ist, wer da spielt, wie viele Preise der schon gewonnen hat, wer noch im Konzert sitzt, welches Outfit Frau XY diesmal an hat usw.
Schon mal vor einem meiner Konzerte gehört: "den habe ich schon mal gehört, da brauche ich nicht wieder hin" (das war kein Statement über Qualität, sondern ganz platt gemeint).

Na dann, versuchen wir uns weiter allgemein zu bilden!

Walter
 
Es geht hier im Faden bestimmt nicht nur um das "allgemeine Allgemeinwissen", sondern um das musikalische Wissen oder die Vorbildung, die ich bei meiner potentiellen Zuhörerschaft z.B. für ein Konzert erwarten kann.

Es ging, laut OP, auch um das Basiswisen abseits des Konzertsaales:

Hatte darüber in letzter Zeit einige Diskussionen mit Bekannten, weil sowohl sie, als auch ich abseits von Konzertsaal und Co. kaum jemanden kennen, der auch nur über Basiswissen verfügt, was die "wichtigsten Komponisten" anbelangt.
(Hervorhebung von mir)

Ich kenne einen Mozart-Fan. Für ihn ist Mozart ohne Zweifel der größte Komponist. Er (der Fan) kann aber noch nicht mal Dur von Moll unterscheiden. Tja. Sowas fände ich da interessanter: was verstehen die Leute von der Musik?

MUSS ich BACH, MOZART, BEETHOVEN etc. spielen, damit Leute kommen?

Das Gefühl habe ich, ja. Da finde ich endlich ein Konzert mit Musik des 20. Jhd., und dann wird in der Mitte Mozart gegeben. Finde ich persönlich komisch.

Welche Beweggründe die Leute haben, in ein Konzert zu gehen ... das ist noch'n Thema. Ich gehöre zu den komischen Minderheiten, die tatsächlich wegen der Musik in ein Konzert gehen. Solls geben. :-) Der Protagonist Haffenloher *) in der Reihe 'Kir Royal' hat ja auch nicht das Nobelrestaurant wegen des Essens besucht.

Als Mozart-Jahr war, war auch Schostakowitsch-Jahr. Für ihn hätte ich bis Essen fahren müssen von Aachen aus. Mozart geht immer ...

Grüße
Roland

*)
 
Im Grunde genau so wichtig wie das theoretische Wissen über Musik finde ich für aktiv Musizierende eine damit verknüpfte Hörerfahrung. Was bringt mir z. B. das Wissen um die kirchentonarten, wenn ich nicht weiß wie sich ein solcher Modus anhört.
 
Im Grunde genau so wichtig wie das theoretische Wissen über Musik finde ich für aktiv Musizierende eine damit verknüpfte Hörerfahrung. Was bringt mir z. B. das Wissen um die kirchentonarten, wenn ich nicht weiß wie sich ein solcher Modus anhört.

Nix, das wäre totes Wissen.

Ist so wie Fenymans Vorwurf damals an Ingeniuerausbildungen:
Phänomen wird erklärt, Begrgündung: "Das liegt an der Wakalixität."
Man hat zwar keine Ahnung, was das ist, wozu das gut, aber wenn man in der Prüfung gefragt wird, gibt man "Wakalixität" als Antwort und hat bestanden.


Klingt bescheuert, ist aber Feynman passiert, als er in Brasilien war:
Fragt Physikstudenten, wie man bei einer Aufnahme mit einem Fotoapparat störende Reflektionen auf der Wasseroberfläche weg bekommt. Keine AHnung.

Fragt die Studenten:
Wie funktionert ein Polfilter?
Was ist der Brewster-Winkel?
Wussten sie alles.
Aber nur auswendig gelernt.
Den kleinen Schritt, dass der Lichtreflex auf dem See teilpolarisiert ist und mit einem Polfilter deswegen teilweise weggefiltert werden kann ... tabula rasa. Ist bei uns selbstverständliches Wissen für die Vordiplomsprüfung als Physikstudent; da sollte man auch wissen, warum der Himmel blau ist und die Wolken weiß.

Meine persönlichen Erlebnisse mit einem Maschinenbaustudenten:
1) Er: Thermodynmik, "Global kann sich Entropie nur erhöhen oder bestenfalls gleich bleiben, das habe ich gelernt. Und wie ist das lokal?" Ich: "Kühlschrank?" Er: "Autsch, das hätte ich wissen müssen ..."
2) Er: Luftfeuchtigkeit, "Wie kommt das Wasser in Luft?" Ich tunke meinen Finger in ein Glass Wasser und mache eine Tropfen Wasser auf seinen Schreibtisch. "Hier, ein Tropfen Wasser. Was emisnte, ist der morgen oder übermorgen noch da?" Er: "Nö, verdunstet doch." Ich: "Aha!" Er fasst sich schmerzerfüllt an die Stirn.

OK, wäre noch, was das Wasser antreibt zu verdunsten. Überlasse ich dem geneigten Leser zur Googleung.


Musik, genauso: Was nutzt mir der Unterschied zwischen Dur und Moll, wenn ich den nicht höre, nicht weiß, was ich damit anfenagen kann? Ich persönlich finde die Hörerfahrung als noch wichtiger, denn damit kann ich mir selbst auch über Dinge klar werden. Hören, Ausprobieren, aha, so klingt das, das kann ich damit machen. Oh, das wird auch dort benutzt.

Sonst kann ich auch mit Blinden über Farben philosophieren ....

Grüße
Häretiker
 

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