Wilhelm Kempff

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Christoph

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Servus!
was haltet ihr von dem mit 96 Jahren 1991 verstorbenen Pianisten Wilhelm Kempff?
Vor Youtube kannte ich ihn nur vom Namen her, aber er war wohl ein wundervoller Pianist. Seit dem ich mir ein paar seiner Beethovenaufnahmen reingezogen hab, ist mir ganz schwindelig :lol:
Damit hat er bisher als einziger geschafft mich für Beethoven zu begeistern, von dem ich, was ich zu meiner Schande gestehen muss, noch nie wirklich was gespielt habe. Das wird sich in Zukunft ändern....

Was man so liest, hacken viele auf seinen relativ häufigen Verspielern rum - kann nicht verstehen wie man sich an sowas Belanglosem aufhängen kann.....

Hier zwei Aufnahmen:
http://www.youtube.com/watch?v=oqSulR9Fymg&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=LfjD-DQ5REk
 
Was man so liest, hacken viele auf seinen relativ häufigen Verspielern rum - kann nicht verstehen wie man sich an sowas Belanglosem aufhängen kann.....

Das tun zum Beispiel Leute, die nichts besseres zu tun haben und mit der Musik an sich nichts anfangen können. Was bei Youtube steht, darf man häufig sowieso nicht ernst nehmen. Ich hab schon gelesen, das jemand Rachmaninoff (oder ähnliches Kaliber) empfohlen hat, mit mehr Pedal zu spielen oder so ähnlich :D

Zu den Aufnahmen: So stelle ich mir Beethoven vor!

Man muß sich bei den Videos immer wieder fragen, wo er eigentlich hinsieht, bzw. ob er überhaupt aktiv sieht, wenn er nicht gerade mal kurz auf die Tasten blickt ^^
 
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Kempff

Er war ein wirklich grosser Pianist. Und wo schaut er hin? Er schaut in jedes unentdeckte Land, von dem wir annehmen, dass es irgendwo existiert und von uns Menschen mit den Worten beschrieben wird, dass Musik wesentlich weiter reicht als alle von der Menschheit erdachten Weisheiten. Ich denke, dass er ständig auf de Suche nach diesem Mysterium war und den Hörern vemitteln konnte, dass sie diese Verbindung ins quasi "Kosmische" zumindest erahnen konnten.
Ich hoffe, dass sich sein Andenken noch lange erhält.
 
Der 3. Satz Mondscheinsonate ist super!

Den 3. Satz Sturmsonate finde ich aber ziemlich befremdlich. Neben dem weggetretenen Gesichtsausdruck ;) klingt auch sein Spiel hier so garnicht nach Beethoven. Wär interessant, wenn man ein bißchen was darüber wüßte, wie diese Aufnahme zustandegekommen ist. Äußerst seltsam... :rolleyes:
 
Der 3. Satz Mondscheinsonate ist super!

Den 3. Satz Sturmsonate finde ich aber ziemlich befremdlich. Neben dem weggetretenen Gesichtsausdruck ;) klingt auch sein Spiel hier so garnicht nach Beethoven. Wär interessant, wenn man ein bißchen was darüber wüßte, wie diese Aufnahme zustandegekommen ist. Äußerst seltsam... :rolleyes:

Ab ca. 4:45 wird es beethovischer. In der Tat wirkt er davor etwas mitgenommen, als ob er gerade eine schlimme Nachricht bekommen hätte.
 
Man mag über Kempffs Interpretationen geteilter Meinung sein. Aufschlußreich finde ich indes unter "pianistischem" Aspekt, wie wenig Blickkontakt die "Alten" zu ihren Händen und den Tasten benötigten (bei Cortot und Backhaus läßt sich ähnliches beobachten).
 
Ich würde mal sagen, bodenständiger, erdverbundener, nüchterner - alles nicht ganz passend. Er spielt den größten Teil des dritten Satzes halt mit einer ungewohnten (also anderen) Emotionalität.
 
Wieso "Pferdegalopp"?

Meines Wissens ist die Tempovorschrift "Allegretto" und das Ganze steht im 3/8-Takt. Nun laß mal Deinen Gaul auf 3/8 galoppieren. Der wird Dich am nächsten Baum abstreifen ...

Die ganzen außermusikalischen Bezüge der Beethoven-Sonaten sind (gelinde gesagt) romantischer Humbug. Die Pferdegalopp-Metapher stammt von Czerny (angeblich soll Beethoven durch ein galoppierendes Pferd zu dem dritten Satz inspiriert worden sein). Beethoven selbst hat wohl auf Shakespeares Schauspiel "The Tempest" verwiesen (die genaue Quelle kenne ich nicht).

Jedenfalls scheint mir der lyrische Gestus der Interpretation durchaus adäquat zu sein. Die Vorschrift 3/8 ist eher ein Hinweis, die Taktakzente nicht zu stark zu nehmen. Insgesamt also eher pastellfarben-verhuscht als im Schweinsgalopp ...
 
Ich glaube Kempff hat das ganz bewusst so gespielt und nicht aufgrund von irgendwelchen momentanen geistigen Irrungen.
Gerade mit seiner unglaublichen, vielleicht unkonventionellen Interpretation reißt er eine ganz andere, für mich bisher unbekannte, Facette Beethovens auf und bleibt damit vom "pferdegaloppartigem", polterndem (Gould beschreibt es als marzialisch) und mir deshalb immer etwas suspektem Verständinis von Beethoven weg.

Wieso sollte man Beethoven immer zwingend unter einem Haufen von Pferdeäpfeln verstecken wollen, wo doch viele Stücke einen eindeutig lyrischen Charakter haben?
 

koelnklavier war schneller;)
 
tempest

Ich habe mir den 3. Satz nochmal genau angehört . Dies ist ein Beispiel für ein wirklich kontrolliertes Tempo - ich habe direkt persönlich genau diesen Satz schon von meinem "Lieblingspianisten Justus Frantz" in 3 Meter emtfernung gehört. Da sind wirklich mehrere Pferde galoppiert, die aber eher am Durchgehen waren.
Ich kann da nichts Beethoven Fernes entdecken. Sein Gesichtsausdruck mag Rätsel aufgeben, seine Interpretation halte ich für eine Gültige. In diesem nur scheinbar wilden (tempest) Satz verstecken sich lauter lyrsische Blumen.
 
Okay, eigentlich wollte ich ja nicht so ins Detail gehen, ich hatte das mit dem Galopp und dem Trällerliedchen nur als Andeutung geschrieben, weil pianist73 gefragt hatte.

Also: wenn man sich mal die Noten gleich am Anfang anschaut, dann gibt's in der RH immer 3 Sechzehntel als Auftakt und als Zielnote eine Achtel mit Staccatopunkt. Da verbietet sich sofort jede Lyrik. Diese Staccatopunkte sind bei dieser Figur im ganzen Stück immer sorgfältigst notiert. Dagegen gibt es bei anderen Stellen (z.B. Takt 43, die Prallerstelle) keinen Staccatopunkt auf dem Achtel am Bogenende. Das ist kein Zufall. Wenn Beethoven einen Staccatopunkt schreibt, dann hat das etwas zu bedeuten. Bei der Hauptfigur dieses Stücks bedeutet der Punkt zumindest einen deutlichen Akzent. Ob man den Staccato-Ton mit dem Pedal zum ganztaktigen Halteton erweitern darf, darüber kann man ja streiten, ich würde es nicht machen.

Außerdem hat Beethoven in der Figur der LH das 1. und 2. Sechzehntel mit einem zusätzlichen zweiten Hals versehen,
so daß sich eine Baßstimme d a___ d a___ d a___ A a____ ergibt, die man bitte auch hören sollte.
 
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Also: wenn man sich mal die Noten gleich am Anfang anschaut, dann gibt's in der RH immer 3 Sechzehntel als Auftakt und als Zielnote eine Achtel mit Staccatopunkt. Da verbietet sich sofort jede Lyrik. Diese Staccatopunkte sind bei dieser Figur im ganzen Stück immer sorgfältigst notiert.

Ich spiele Tempest (Sturm) Satz 3, ja auch gerade mit großem Eifer und versuche diese Staccatos von denen Du sprichst umzusetzen. Komischerweise höre ich die dann aber NUR bei meinem Spiel. Will sagen: Ich habe schon X Aufnahmen angehört und fast nirgends hört man diesen Staccatopunkt gut heraus. Gut, es ist ja ein Teil des Legatobogens, also nur Halbkurz, trotzdem solle man es hören und gleich von Beginn an. Bei Kempff (der sonst meine Referenzaufnahme ist) höre ich ihn auch nicht wirklich.

Ja und wenn wir schon dabei sind noch zwei Sachen:

- es gibt da ständige Wiederholungen im Stück, z.b. Takte 1-4, 5-8, 43-46 etc. Ich habe noch keine Aufnahme gehört wo das etwas akzentuiert wird (z.b. mit einer kleine dynamische Wellenbewegung). Ich versuche das und es wirkt Wunder.

- Takte 23 und 27 sind so cool und haben mir immer gut gefallen. Die einzige Aufnahme wo der Oktavsprung entsprechend zeitlich ausgekostet (also etwas gedehnt) wird ist von Helene Grimaud auf ihrere "Credo" CD. (Natürlich muss man die herausgeschundene Zeit dann in der nachfolgenden harmonischen Tonleiter wieder einarbeiten).

Ich finde dieses Stück wunderbar -- aber diese Punkte kostet fast keiner aus und ich weiss nicht warum?

Schönen Abend an Alle + Ciao // Tom

PS: Eine Aufnahme meiner Version mache ich zu Weihnachten zum allgemeinen Gaudium.
 
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Haydnspaß schrieb:
Also: wenn man sich mal die Noten gleich am Anfang anschaut, dann gibt's in der RH immer 3 Sechzehntel als Auftakt und als Zielnote eine Achtel mit Staccatopunkt. Da verbietet sich sofort jede Lyrik..... Wenn Beethoven einen Staccatopunkt schreibt, dann hat das etwas zu bedeuten. Bei der Hauptfigur dieses Stücks bedeutet der Punkt zumindest einen deutlichen Akzent. Ob man den Staccato-Ton mit dem Pedal zum ganztaktigen Halteton erweitern darf, darüber kann man ja streiten, ich würde es nicht machen.

Dem kann ich von meiner Sicht so beipflichten, denn auch ich versuche mich immer wieder an diesem Satz, wenn auch mit gedämpftem Eifer aus Zeitgründen.

Auch was Tomi schreibt hat meine Zustimmung:
Ich finde dieses Stück wunderbar -- aber diese Punkte kostet fast keiner aus und ich weiss nicht warum?

Ich auch nicht Tomi, aber ich werde nochmals meine Aufnahmen verschiedener Interpreten gezielt mit vergleichendem Notenbid anhören/sehen, um zu erkennen, wer das besonders auffällig berücksichtigt.

Gruß Hartwig
 
@chrisoph

freut mich sehr dass du zu beethoven über kempf gefunden hast.
als ich ein teenie war hörte ich tagein tagaus kempf mit den späten beethoven-sonaten.
hammerklavier aber auch die anderen. ich war gepackt und erschüttert. ich hörte es bis die schallplatten kaputt waren.
 

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