Wie schwer sind technisch schwierigste Klavierstücke?

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Klimperer36

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Hallo liebe Gemeinde,

ich weiß, meine Frage klingt dämlich, trotzdem wage ich sie zu stellen:

Mir geht es rein um die technische (NICHT muskalische, künsterlische) Schwierigkeit sehr anspruchsvoller Klavierwerke (z.B. Liszt Ungarische Raphsodien, Chopin Klavierkonzerte, Rachmaninov Klavierkonzerte).

Ich selbst bin technisch gerade so in der Lage, Mozartsonaten zu spielen. Wenn ich mir nun die oben genannten Stücke anhöre, so habe ich den Eindruck, dass sie technisch unendlich schwer sind, es kommt mir geradezu übermenschlich vor, so etwas spielen zu können.

Meine Frage vor allem an diejendigen, die diese Stücke meistern können, ist: Wie schwierig sind diese Stücke technisch?

Natürlich ist eine Quantifizierung von Schwierigkeitesgraden immer problematisch.

Aber evtl. kann man ja eine Aussage treffen:

Wenn ich eine Mozartsonate spiele, ist das technisch wesentlich komplexer als Hänschenklein mit einer Hand, letzteres ist für mich technisch sehr leicht zu meistern. Verhält sich nun die Schwierigkeit obiger Stücke zur Schwierigkeit einer Mozartsonate so wie Mozart zu Hänschenklein? Oder ist der Unterschied geringer oder noch größer?

Oder anders gefragt: Wenn man fünf Jahr braucht (bei täglich 1 Stunde üben), um Mozartsonaten spielen zu können, wie viele Jahre braucht man dann, um obige Werke technisch zu meistern? Oder geht das gar nicht, muss man hierfür täglich 3, 6 oder gar 10 Stunden üben? Oder schaffen solche Stücke sowieso nur Genies oder Leute, die mit 8 Jahren schon mit Beethoven aufgetreten sind?

Vielen Dank für Eure Antworten.
 
Hallo liebe Gemeinde,

ich weiß, meine Frage klingt dämlich, trotzdem wage ich sie zu stellen:

Mir geht es rein um die technische (NICHT muskalische, künsterlische) Schwierigkeit sehr anspruchsvoller Klavierwerke (z.B. Liszt Ungarische Raphsodien, Chopin Klavierkonzerte, Rachmaninov Klavierkonzerte).

[...]Mozartsonaten

Hi Klimperer,

also so Sachen, die Du da nennst - sowas hab ich bestimmt noch nie gesehen, so schwer klingt das, was Du da aufzählst.

;)

Bin auch leider nur "Nichtprofi" und frage mich immer: "Mensch, wie machen diese Genies das ?" .

Von daher aber trotzdem ne kurze Idee:

Vieleicht ist es ja so, dass die, die sich an sowas "rantrauen", schon vorher x Dutzend von Werken dieser Komponisten ausprobiert haben und die speziellen technischen Muster / Griffe / Läufe usw ( was auch immer da kommen mag ) schon aus ANDEREN Werken dieser Leute kennen, so dass sie schon im VORHINEIN wissen, wohin die Hand / Arm / Finger sich bewegen müssen ?

So ungefähr stelle ich mir das vor, ( was fernab meiner Vorstellungskraft liegt .... )

;);)

Amüsierte Grüße von: Olli !!!

PS.: Die andere Idee ist etwas..."ketzerisch": Vielleicht sehen manche Sachen ja nur oberhammerschwer aus, und wenn man sie sich genauer und bei Licht betrachtet, sind sie für die Ausübenden ja vielleicht sogar sehr handgerecht ? Zum Beispiel so Liszt Sachen oder so. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass der zum Beispiel nur Sachen komponiert hat, die unangenehm in der Hand liegen würden. Vielleicht wollte er sie ja selbst mal spielen, der Fauli *ggg*

Aber das müsste man sich halt mal ansehen. Dafür hab ich leider keine Zeit :(


Daher bin ich hier erstmal raus.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Du bist Dir sicher bewusst, dass Deine Frage eigentlich nicht sinnvoll zu beantworten ist, gell. ;)

Wenn man fünf Jahr braucht (bei täglich 1 Stunde üben), um Mozartsonaten spielen zu können, wie viele Jahre braucht man dann, um obige Werke technisch zu meistern? Oder geht das gar nicht, muss man hierfür täglich 3, 6 oder gar 10 Stunden üben? Oder schaffen solche Stücke sowieso nur Genies oder Leute, die mit 8 Jahren schon mit Beethoven aufgetreten sind?

Also erstmal: Genie ist zu einem sehr hohen Prozentsatz Fleiß. Ob man es physisch (und lebensorganisatorisch) durchhält, täglich 10 Stunden zu üben, mögen diejenigen beantworten, die solches tun.

Ich behaupte aber, dass der Lernfortschritt mit umso längerer täglicher Übedauer exponentiell und nicht linear zunimmt (falls man effektiv übt).

Ohne für Ratschläge dieser Art qualifiziert zu sein, nur aus eigener Erfahrung: Es ist sinnvoll (MEINES Erachtens), von einem Komponisten einige nicht ganz so anspruchsvolle Stücke einzustudieren, ehe man zu den ganz harten Sachen vorstößt. Viele musikalische Spezifika sind einem dann schon geläufiger. Die Komponisten haben auch nicht jedesmal das Rad neu erfunden.

Neben der reinen Übezeit spielen allerdings noch andere Faktoren eine wichtige Rolle, z.B. die Qualität des Unterrichts, des Instruments und nicht zuletzt: Ob einem der Komponist überhaupt "liegt".
 
Ich selbst bin technisch gerade so in der Lage, Mozartsonaten zu spielen. Wenn ich mir nun die oben genannten Stücke anhöre, so habe ich den Eindruck, dass sie technisch unendlich schwer sind, es kommt mir geradezu übermenschlich vor, so etwas spielen zu können.

Meine Frage vor allem an diejendigen, die diese Stücke meistern können, ist: Wie schwierig sind diese Stücke technisch?

Wenn ich eine Mozartsonate spiele, ist das technisch wesentlich komplexer als Hänschenklein mit einer Hand, letzteres ist für mich technisch sehr leicht zu meistern. Verhält sich nun die Schwierigkeit obiger Stücke zur Schwierigkeit einer Mozartsonate so wie Mozart zu Hänschenklein? Oder ist der Unterschied geringer oder noch größer?

Hallo,
es kommt darauf an, wie gut Du die Mozartsonaten kannst. Man wird, wenn man die nötige Kompetenz hat, das zu hören, immer auch an einer Mozartsonaten hören, ob jemand ein Virtuose ist oder nicht.

Von daher, wenn Du Mozartsonaten (es kommt ja noch darauf an, welche ...) gerade so (!) spielen kannst, dann ist der Schritt aufwärts zu einer sicheren Bewältigung solcher stücke eher größer als der von Mozart zu Hänschen klein. Wenn Du Mozartsonaten konzertreif spielen kannst, so dass ein Kritiker beim Phono-Forum sagt "Klimperer36 bringt frischen Wind in die Mozart-Szene", dann wäre der Schritt nur ein recht kleiner.

Meine Klavierprofessorin konnte solche Sachen spielen. Was mir bei allen Virtuosen, mit denen ich es zu tun hatte, aufgefallen ist, waren folgende Eckdaten:
- sehr früher Beginn
- hervorragender Unterricht
- eine grandiose Gedächtnisleistung
- eine extrem rasche musikalische Auffassungsgabe
- extremer Fleiß
- günstige anatomische Voraussetzungen

WIrkliche Virtuosen müssen ein Stück nicht lange üben, um es "passabel" zu können. Wirkliche Virtuosen üben es dann auch sehr lange, aber um es PERFEKT zu können.

Ich will es mal so sagen: Wenn Du eine Unterhaltung führst, dann überlegst Du ja auch nicht, aus welchen Vokalen und Konsonanten Du die Worte formst, wie Du Sätze bildest usw. Du überlegst, was Du sagen willst und redest dann drauf los. Wenn Du ein guter Redner bist, wirst Du sogar geschliffene Sätze produzieren, ohne Dir vorher im Detail die Formulierung zu überlegen. Und ganz sicher musst Du nicht überlegen, wie Du die Worte sprichst.

Für virtuose Pianisten ist die Umsetzung einer Klangvorstellung in Klavierspiel genauso direkt.

Aber auch ein großer Redner wird eine wirklich wichtige Rede sorgfältig vorbereiten und üben - ein großer Pianist ebenso.

So etwa meine Gedanken dazu!
 
Interessant wäre es auch zu wissen ob ein Liszt, Schumann, Chopin und andere grosse Meister, es so einfach fertigbrachten und ihre eigenen Stücke gleich top spielen konnten.

Vielmehr kann ich mir vorstellen, dass sie ihre imaginäre Klangvorstellung zu Papier gebracht haben, einzelne Takte langsam gespielt haben, immer wieder korrigiert haben und dann irgendwann im Kontext bemerkt haben mussten, "huch das ist aber nicht leicht für meine Finger, ganz schön schwierig mein Werk und dann auch noch schneller werden...."

Oder ging es bei denen gleich glatt von der Hand?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Meine Klavierprofessorin konnte solche Sachen spielen. Was mir bei allen Virtuosen, mit denen ich es zu tun hatte, aufgefallen ist, waren folgende Eckdaten:
- sehr früher Beginn
- hervorragender Unterricht
- eine grandiose Gedächtnisleistung
- eine extrem rasche musikalische Auffassungsgabe
- extremer Fleiß
- günstige anatomische Voraussetzungen

Hallo SingSangSung,

Wie schätzt Du meinen geplanten Werdegang zum Virtuosen bei folgenden Eckdaten ein:

- sehr später Beginn mit 40
- eher durchschnittlicher, aber spassiger Unterricht
- eher denkfaul, aber nicht dumm
- eine eher behäbige musikalische Auffassungsgabe
- verbissener Fleiss
- idealste anatomische Voraussetzungen (mit so kleinen Kissen vor den Fingernägeln - o Ton meiner KL, ich glaube sie meint Fingerkuppen)

Danke für Deine Einschätzung.
40er
 
Naja, zumindest bei Schumann und Schubert weiß man es ja - die konnten es nicht!

Und Liszt und Chopin sind zuvorderst als Virtuosen bekannt geworden, die konnten sicher ihre eigenen Stücke spielen. Ob sie sie gleich und perfekt konnten - wer weiß. Damals hat ja keiner mitgeschnitten und es gleich bei Youtube hochgeladen. Die werden über den ein oder anderen Verspieler geschickt hinweggespielt haben.

In älteren Handbüchern für den Klaviervirtuosen standen ja sogar noch Tipps drin, wie man geschickt weiterimprovisiert, wenn man irgendwo rausfliegt ... weiß leider grade nicht mehr, wie das Buch heißt.

Heutzutage ist immer alles so perfekt, dass ich keiner mehr rantraut. Ganz schlecht für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen! Es klingt halt nicht so wie auf der CD ....
 
Mit verbissenem Fleiß wirst Du Musik machen können! Du wirst bei geeigneter Literatur Deine musikalischen Vorstellungen verwirklichen können.

Du wirst wahrscheinlich niemals eine Mozartsonate perlend im Allegro spielen können.

Du wirst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemals irgend eine Chopinetude spielen können.

Ausnahmen bestätigen die Regel, aber das wäre meine Vorhersage.
 
Interessant wäre es auch zu wissen ob ein Liszt, Schumann, Chopin und andere grosse Meister, es so einfach fertigbrachten und ihre eigenen Stücke gleich top spielen konnten.

[...]

Hi 40er,

eigtl. bin ich ja "draußen" hier in diesem Thread, aber bei meinem Namenspatron, Gottschalk, war es so:

Er war dafür BEKANNT, dass er ganz oft seine EIGENEN Stücke zu Gehör brachte in Konzerten.

( Allerdings hatte er auch mehrere Beethoven-Sachen, z.B. die Appassionata, im Programm, und Chopins Klavierkonzert e-Moll sowieso, damit hatte er nämlich debütiert, und auch Bach - Sachen, wie etwa das gesamte WTK. )

Auf KRITIKEN, die es in den USA damals gab, zog er folgendes Argument zu Rate, von mir angepasst auf heutige Autoren:

Wenn jemand dafür bezahlt, bei einer Autorenlesung, ausgeführt durch z.B. GRASS, eine LESUNG von Sturmbannführer ( oder so ähnlich ) Günter Grass zu hören, dann bezahlt er dafür, die literarischen Ergüsse von GRASS ( Ihr wisst schon, Tulla Pokriefke und Kumpels aufm Steg beim puffeln ;);) oder die Fingerübung-Szene bei der Blechtrommel ) aus dessen Mund zu hören, und nicht aus dem Mund von Grass die Werke von Goethe, oder längst verstorbenen Gespenstern.

( Natürlich anfechtbar. Aber für mich zumindest nicht bar aller Logik. )

Nachtrag: Außerdem hatte er die bahnbrechende Meinung, dass DER KOMPONIST SELBER seine eigenen Werke am besten verstehen und spielen könnte / könne. Also so wie er.

Teils spielte er im PRIVATEN Kreis, wie ich grad GESTERN las, zum Beispiel auch die pathetique-Sonate von Beethoven, zur Ergötzung der Freunde und Bekannten.

Was ich damit sagen will, ist folgendes:

DER KONNTE.

Wer noch ?

LG, OLLI !
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Mit verbissenem Fleiß wirst Du Musik machen können! Du wirst bei geeigneter Literatur Deine musikalischen Vorstellungen verwirklichen können.
Du wirst wahrscheinlich niemals eine Mozartsonate perlend im Allegro spielen können.
Du wirst mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemals irgend eine Chopinetude spielen können.
Ausnahmen bestätigen die Regel, aber das wäre meine Vorhersage.

Danke für Deine Vorhersage. Du weisst ja sicherlich - feedback ist das Futter der Champions. ;)


Hhm, ich wollte doch so gerne Mozarts Türkischen Marsch spielen können, Allegro reicht muss nicht noch perlend sein, bemerkt eh fast niemand.
 

Meine Klavierprofessorin konnte solche Sachen spielen. Was mir bei allen Virtuosen, mit denen ich es zu tun hatte, aufgefallen ist, waren folgende Eckdaten:
- sehr früher Beginn
- hervorragender Unterricht
- eine grandiose Gedächtnisleistung
- eine extrem rasche musikalische Auffassungsgabe
- extremer Fleiß
- günstige anatomische Voraussetzungen

Erstmal danke für die vielen Antworten. Sehr interessant zu lesen.

Jetzt muss ich auch mal fragen, was deine Glaskugel zu meiner Zukunft sagt:

- Beginn mit 5 Jahren
- Unterricht bei der Oma bis ca. 10 (Stand: Clementi)
- dann andere Dinge gemacht
- Wiedereinstieg mit 36 bei studierter Klavierlehrerin (keine Ahnung, wie gut die ist)
- Jetzt 37, Stand: Mozart C-moll KV 457 bekomme ich passabel hin
- Gedächtnis: ich habe was studiert, wo man wahnsinnig viel auswendig lernen muss, mit durchaus gutem Erfolg, aber jetzt bin ich auch schon älter ...
- musikalische Auffassungsgabe: ich verstehe schon ungefähr, was man mir sagt
- Fleiß: mehr als eine Stunde am Tag ist neben Beruf etc. einfach nicht drin
- anatomische Voraussetzungen: keine Ahnung, welche sollen das sein? Ich habe mittelgroße Hände mit eher langen, dünnen Fingern.

Bin mal sehr gespannt, was da herauskommt ...
 
Du könntest ja einfach mal anfangen - dann siehst Du ja, wie lange Du brauchst. :)
 
Erstmal danke für die vielen Antworten. Sehr interessant zu lesen.

Jetzt muss ich auch mal fragen, was deine Glaskugel zu meiner Zukunft sagt:

- Beginn mit 5 Jahren
- Unterricht bei der Oma bis ca. 10 (Stand: Clementi)
- dann andere Dinge gemacht
- Wiedereinstieg mit 36 bei studierter Klavierlehrerin (keine Ahnung, wie gut die ist)
- Jetzt 37, Stand: Mozart C-moll KV 457 bekomme ich passabel hin
- Gedächtnis: ich habe was studiert, wo man wahnsinnig viel auswendig lernen muss, mit durchaus gutem Erfolg, aber jetzt bin ich auch schon älter ...
- musikalische Auffassungsgabe: ich verstehe schon ungefähr, was man mir sagt
- Fleiß: mehr als eine Stunde am Tag ist neben Beruf etc. einfach nicht drin
- anatomische Voraussetzungen: keine Ahnung, welche sollen das sein? Ich habe mittelgroße Hände mit eher langen, dünnen Fingern.

Bin mal sehr gespannt, was da herauskommt ...
Äh - bin ich jetzt zum Orakel befördert worden? Das Einzige, was man sicher sagen kann ist, dass Du mit dieser täglichen Übezeit die im Eingangspost genannten Stücke niemals wirst spielen können.

Kannst Du den Mozart denn schon auswendig? Bei der Gedächtnisleistung bezog ich mich auch nur auf Virtuosen: Die spielen alles auswendig, geht auch nicht anders.

Mein eigenes Gedächtnis ist, was Musik betrifft, viel zu schlecht, aus mir wird auch nichts mehr. Trotzdem spiele ich gerne Klavier.

Aaaalso, Glaskugel an: Wenn Du weiter fleißig bist, kannst Du Stücke wie die leichteren Beethoven-Sonaten (Pathetique oder so) schön spielen -wenn auch nicht im Tempo, wie es die Profis machen.

LG

SSS
 
Wie schwer sind technisch schwierigste Klavierstücke?
Ist 'ne schöne kurze exakte Frage. Ich hab' auch 'ne schöne kurze exakte Antwort:

Zu schwer für die meisten - wenn nicht sogar alle - hier.

Ansonsten ist die Frage kaum zu beantworten. Es steckt eigentlich dahinter eine andere Frage, nämlich: "Wie weit komme ich noch?"

Tja, aber auch das weiß keiner. Ist also letztlich überflüssig, diese Frage.

CW
 
Hallo Klimperer,

ich versuche mal, möglichst ernsthaft zu antworten ;)

Also: Es gibt zwei Arten, ein Stück zu spielen.
1. Ich kann alle Töne zur richtigen Zeit spielen = die Schwierigkeit, die du meinst.
2. Ich kann alle Töne zur richtigen Zeit spielen UND es klingt gut = bei manchen Stücken erheblich (!!!) schwieriger als Variante 1.

Weiterhin: Chopin Klavierkonzerte sind nicht so unendlich schwer, wenn du Mozart c-moll wirklich gut hinbekommst, könnte z.B. der 2. Satz aus dem f-moll durchaus im Bereich des Machbaren sein, 1. und 3. auch, evtl. sind Durchführung und Coda ein bisschen haarig, aber du musst ja damit nicht auftreten.
Rachmaninov ist sicher schwieriger, Liszt wohl teilweise auch, kann ich schwer sagen, damit hab ich weniger Erfahrung.

Ich erkläre mal 1. und 2. von oben, am besten am Beispiel von Mozart oder Ravel -
Das sind beides Komponisten, die sehr vom guten Klang leben, meiner Meinung nach. Man kann einfacherere Kompositionen vermutlich schon recht bald spielen (bei Ravel gibts da wenig, bei Mozart mehr), das heißt, von vorne bis hinten alle Tasten drücken.
Möchte man das aber professionell und schön spielen, braucht man dazu enorme technische, das heißt motorische Fähigkeiten. Verbunden natürlich vor allem mit sehr gutem Gehör und musikalischem Verständnis. Das kann man aber davon nicht trennen - das beste Ohr nützt nichts, wenn mein Kopf und die Finger kein schnelles pianissimo-leggiero von Stampf-Gehämmer unterscheiden können, jedes Legato buchstabiert klingt und das Pedal alles zusoßt.
Dann kann ichs zwar vielleicht durchspielen und habe die dafür notwendigen technischen Fähigkeiten, aber man muss noch viel mehr können, um ein Stück wirklich gut spielen zu können.

Bleiben wir bei Variante 1:
Schwierigkeiten sind z.B.:
- sehr schnelle Läufe
- Terzen / sonstige Doppelgriffe
- Oktaven
- Sprünge
- Polyphonie
- Polyrhythmik
- Notwendigkeit absoluter Unabhänigkeit der Hände voneinander
- Triller
- Alle Arten von Arpeggien, gebrochene Akkorde
- sehr vollgriffige Akkorde schnell hintereinander spielen, evtl. dabei einzelne Töne festhalten
... lässt sich beliebig ergänzen

Bei Variante 2 käme noch erheblich viel mehr dazu, daraus ein paar Beispiele:
- großer Reichtum an Anschlagsarten ständig verfügbar (z.B. Abstufungen von Legato, Staccato, Leggiero, Portato usw.)
- ein klangoptimierendes Pedalspiel (es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, das Pedal einzusetzen, führe ich jetzt nicht weiter aus)
- Dynamikabstufungen, auch innerhalb einer Hand, unabhängig von der gespielten Geschwindigkeit
- gleichmäßiges Spiel
...
(Dazu kommen dann noch Fähigkeiten wie Kreativität, musikalische Auffassungsgabe und Verständnis, ein gutes Gehör,...)

Also, wenn du nach fünf Jahren mit einer Stunde üben am Tag vom Clementi-Niveau auf Mozart c-moll kommst und das ordentlich spielen kannst, würde ich schätzen, dass du nach weiteren 5 Jahren mit gleichem Fortschritt auch in Ausschnitten leichtere romantische Klavierkonzerte spielen kannst.
Allerdings wäre für solch eine Abschätzung ein Video hilfreich, man weiß ja nicht, ob du an der Untergrenze des Durchspielens kratzt oder schon sehr souverän über dem Mozart stehst.

Grüße
Stilblüte



PS: Genie muss man dafür überhaupt nicht sein, nur Genie genug, um fleißig zu üben. Längst nicht jeder, der eine ungarische Rhapsodie spielen kann, ist ein Genie :D
 
hier wurde ja schon mitgeteilt, dass die Komponisten ihre Sachen gefälligst selber spielen können sollen --- das ist auf den ersten Blick scharfsinnig, auf den zweiten allerdings fragt man sich ratlos, wie Schubert ein Streichquartett, Mozart eine Krönungsmesse, Verdi eine Oper, Mahler eine Sinfonie oder Brahms ein Violinkonzert hätte spielen können (obwohl die Jungs sowas komponiert hatten)...

Heinrich Neuhaus hat ein altes Bonmot wiederholt, was denn die ärgste technische Schwierigkeit sei: sehr viele sehr schnelle sehr laute Töne über einen langen Zeitraum hinweg. ;):)

...Chopin wollte Liszt die Art stehlen, wie Liszt Chopins Etüden spielen konnte - Liszt hatte Ausdauerprobleme in seiner eigenen Transkription der Wagnerschen Tannhäuserouvertüre... na, da hätten wir ein eher selten ausgenommenes, ultrahartes Opus: diese Transkription. Guckt man in die Noten, findet man sehr viele sehr laute sehr unbequem liegende Töne über längere Zeit hinweg...

will man sich ergötzen an den Noten solcher Sachen: Liszts "Paganini-Transzendentaletüden" und dort die Fassung B der E-Dur Etüde

will man wissen, ob das nur schlimm aussieht oder auch schlimm zu spielen ist: ausprobieren ;):D dasselbe gilt für Ravels Gaspard de la Nuit
 
hier wurde ja schon mitgeteilt, dass die Komponisten ihre Sachen gefälligst selber spielen können sollen --- das ist auf den ersten Blick scharfsinnig, auf den zweiten allerdings fragt man sich ratlos, wie Schubert ein Streichquartett, Mozart eine Krönungsmesse, Verdi eine Oper, Mahler eine Sinfonie oder Brahms ein Violinkonzert hätte spielen können (obwohl die Jungs sowas komponiert hatten)...

Heinrich Neuhaus hat ein altes Bonmot wiederholt, was denn die ärgste technische Schwierigkeit sei: sehr viele sehr schnelle sehr laute Töne über einen langen Zeitraum hinweg. ;):)

...Chopin wollte Liszt die Art stehlen, wie Liszt Chopins Etüden spielen konnte - Liszt hatte Ausdauerprobleme in seiner eigenen Transkription der Wagnerschen Tannhäuserouvertüre... na, da hätten wir ein eher selten ausgenommenes, ultrahartes Opus: diese Transkription. Guckt man in die Noten, findet man sehr viele sehr laute sehr unbequem liegende Töne über längere Zeit hinweg...

will man sich ergötzen an den Noten solcher Sachen: Liszts "Paganini-Transzendentaletüden" und dort die Fassung B der E-Dur Etüde

will man wissen, ob das nur schlimm aussieht oder auch schlimm zu spielen ist: ausprobieren ;):D dasselbe gilt für Ravels Gaspard de la Nuit


Möööööönsch - dolllle!!
Bliebe lediglich die Frage: Was darf der Mensch wissen?
 
Warum sollte man sich selber quälen, wenn doch mehrere Berufene bereits die gängige Klavier-Literatur in Schubladen halbwegs vordefinierter Schwierigkeitsgrade einstuften?

Im Angelsächsischen gibt es hierzu m.W. min. zwei Systeme.

Im Deutschen Sprachraum hat sich m.w. der Herr Wolters mit seinen "Handbüchern des Zwei- und Vierhändigen Klavierspieles" hervorgetan.

An letzterem orientiere ich mich sehr gelegentlich, ohne nun aus umfassender Expertise sagen zu können, der Mann habe überall recht.. Jedenfalls tut mir Wolters das, was ich auch selber erlebte: was Wolters niedriger bepunktet, fällt auch mir leichter.

Wolters hat 15 Schwierigkeitsstufen, wobei die höchste Stufe 15 wieder eine riesige Bandbreite virtuosen Materials subsummiert...

... womit dann wieder die, die sich in diese Gefilde vorwagen können, unterscheidungstechnisch gekniffen sind. Am gutschten Wolters dann wieder auch keine rechte Orientierung mehr erlangen... , woran sie sich wagen dürften, oder wieviel Zeitaufwand sie in das Erlernen eines bestimmten Stückes zu senken hätten.

Mein härtestes Dingen ist mom. die Nocturne 27-2 von Chopin, eingestuft vom Wolters in 13 von 15. Sie ist auch das einzige Stück, das ich in Kat. 13 verbrechere. Diese Nocturne ist eigentlich nach meiner Vorbildung (ca. 18 Monate KU vor >>38 Jahren..) schon weit außerhalb meiner Reichweiten.. Aber ich will es, will es so sehr.. Und wo ein Wille ist, ist öfter mal (nicht immer...) auch ein Weg.

Also, 4get Wolters, & ran. :D
 

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