Wie das WTK angehen?

  • Ersteller des Themas Ijon Tichy
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I

Ijon Tichy

Guest
Hallo,

ich möchte nun - nach jahrelanger Abneigung, die sich mittlerweile in großes Interesse verkehrt hat - meine Arbeit an Bachs Wohltemperiertem Klavier beginnen. Nur frage ich mich: Welche Stücke (sowohl Fugen und Präludien isoliert als auch paarweise) eignen sich da zum Einstieg? BWV 846 ist wohl ein Paradebeispiel dafür, dass Präludium und Fuge im Grad der Schwierigkeit nicht miteinander zusammenhängen; während das Präludium jedenfalls technisch keine große Herausforderung darstellt, ist es mir ein Rätsel, wie ich die dazugehörige Fuge angehen soll. Ich stelle mir die - für mich ideale - Arbeit an einer Fuge so vor, dass man (gegebenfalls nach einer Analyse) die einzelnen Bestandteile wie Durchführung und Zwischenspiel isoliert voneinander einstudiert (so mache ich das mit BWV 903), aber bei der C-Dur-Fuge des WTK I, die mir wie eine einzige Durchführung erscheint, kommt mir das schrittweise Üben unmöglich vor.

Ich stelle Euch meine Frage erneut: Welche Stücke (aus beiden Bänden) des Wohltemperierten Klaviers bieten einen begreifbaren Einstieg?


Liebe Grüße!



Nachtrag: Wäre der Thread vielleicht im Unterforum "Werke, Komponisten, Musiker" besser aufgehoben gewesen?
 
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Moin Ijon!

, aber bei der C-Dur-Fuge des WTK I, die mir wie eine einzige Durchführung erscheint, kommt mir das schrittweise Üben unmöglich vor.

Ich stelle Euch meine Frage erneut: Welche Stücke (aus beiden Bänden) des Wohltemperierten Klaviers bieten einen begreifbaren Einstieg?

Alle - Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.
Gerade die von Dir erwähnte Fuge eignet aus eben genau dem Grund, den
Du nennst, sich doch am Allerbesten für nen Einstieg ins Begreifen.

Es kann nicht schaden, das WTK eine zeitlang Tag für Tag zu lesen, und auch
auf verschiedenen Instrumenten sich anzuhören.

Beim Spielen verfalle bitte nicht dem weit verbreiteten Fehler, das Fugenthema
bei jedem Auftauchen zwanghaft herauszuheben.

Herzliche Grüße!

stephan
 
Hi Ijon,

gleich vorab, ich spiele nur ein paar Präludien aus dem WTK. Die Fugen oder allgemeiner Fugen sind mir leider mental zu anstrengend und ich hab' nach Feierabend nicht mehr die dazu notwendige mentale Energie (spiele lieber ein bischen Yan Tiersen oder Yiruma ;-) ).

Zum Thema:
Das ist ja immer so eine Frage nach den leichtestem Stück oder Einstieg.
Ich habe dazu einen andereren Ansatz. Hör dir doch das WTK nochmal mit deinem Lieblingsinterpreten an und merke dir dabei welche Paare oder Fugen dir am meisten gefallen. Genauso kannst du auch den Schwierigkeitsgrad bezogen auf dein eigenes Können abschätzen und dann das geeignete Paar selber heraussuchen.

Das WTK ist ja nichts für Anfänger und deswegen musst du sowieso die Kompetenz haben oder entwickeln, das ein bischen selbst einzuschätzen.

Gruß
PS: Es gibt meines Wissens auch keine "vorgeschriebene" Lernfolge. Man kann mit jedem Stück daraus beginnen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Vor dem WTK habe ich zunächst einige der Inventionen und später Sinfonias studiert; vielleicht sind sie auch Dir eine gute Vorbereitung.

Alles Gute!
VPP
 
Hallo,

ich danke Euch sehr für Eure guten Antworten.


Gerade die von Dir erwähnte Fuge eignet aus eben genau dem Grund, den
Du nennst, sich doch am Allerbesten für nen Einstieg ins Begreifen.
Da bin ich anderer Meinung! Die genannte Fuge ist wohl in ihrer Form ein Sonderfall, weil sie sich dem herkömmlichen Fugenschema entzieht (nicht fu[e]gt... :p), daher, finde ich, ist sie, um die Spielart einer Fuge im Grundsätzlichen zu verstehen, nicht geeignet.


Es gibt meines Wissens auch keine "vorgeschriebene" Lernfolge. Man kann mit jedem Stück daraus beginnen.
Und auf genau diesem Umstand fußt meine Fragestellung! :)


grafische analyse des notentexts in echtzeit zur gespielten aufnahme
Sehr interessant! Vielen Dank!


Vor dem WTK habe ich zunächst einige der Inventionen und später Sinfonias studiert; vielleicht sind sie auch Dir eine gute Vorbereitung.
Einige Inventionen habe ich gespielt, ja; letztendlich sind die Fugen (jedenfalls schematisch!) Weiterführungen der Inventionen und Sinfonien - oder die Inventionen und Sinfonien sind Miniaturfugen. Ist diese Verbindung sinnvoll?


Größten Dank und liebe Grüße!
 

Das ist doch fein.

Die genannte Fuge ist wohl in ihrer Form ein Sonderfall, weil sie sich dem herkömmlichen Fugenschema entzieht (nicht fu[e]gt... :p), daher, finde ich, ist sie, um die Spielart einer Fuge im Grundsätzlichen zu verstehen, nicht geeignet.

Dann weißt Du ja offensichtlich, was das "herkömmliche Fugenschema" ist, und desweiteren auch,
worin das "Grundsätzliche der Spielart einer Fuge" besteht.

Also kann ich Dir nicht weiterhelfen - entschuldige bitte, daß ichs versucht habe.

Unterthänigst

stephan
 
Lieber Stephan,

ich habe meinen Beitrag ein zweites und ein drittes Mal durchgelesen und komme noch immer nicht dahinter, was nun der Auslöser für Deinen Sarkasmus darstellt.
Du hast eine Behauptung aufgestellt und ich habe dieser eine zu ihr inhaltlich verschiedene Behauptung entgegengebracht. Ich hoffe, Du empfindest meinen Versuch, über deine Aussage zu diskutieren, nicht als Beleidigung. Das fände ich schade.
Es wäre nicht im entferntesten meine Absicht gewesen, Dich anzugreifen.


Liebe Grüße.
 

Es wäre nicht im entferntesten meine Absicht gewesen, Dich anzugreifen.

Genauso, wie ich Dir das glaube (ach was, das weiß ich) - glaubst Du mir bitte, daß ich nicht sarkastisch bin.

Nun bitte: Wenn Du vom "herkömmlichen Fugenschema" spichst, dann mußt Du
logischerweise bereits ne große Menge Fugen zumindest zur Kenntnis genommen,
wenn nicht gar analysiert haben.

Wenn dem allerdings so ist - dann eben verstehe ich Deine Frage nicht: dann nämlich
weißt Du auch die Antwort darauf.

gruß

stephan





#
 
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Hallo,

ich sehe ein, dass meine Begriffswahl irreführend war. Ich habe die "Herkömmlichkeit" unbedachterweise nicht auf empirische Nachforschungen gestützt, sondern auf die Tatsache, dass es immerhin etwas wie ein Ausgangsschema gibt. Damit meine ich das Schema, mit dem im Schulunterricht in vereinfachter Form gearbeitet wird und das in Büchern über musikalische Formenlehre (jedenfalls in meinem) in ähnlicher Weise behandelt wird. Diesem entspricht die erste Fuge aus dem WTK I meines Erachtens nur sehr grob.

Es mag sein, dass meine Frage hinfällig erscheint, immerhin verfüge ich über beide Bände des WTK sowie - als Student in spe - über genügend Zeit, mit jedem einzelnen Notenkopf ein ausreichend langes Gespräch zu führen... :D
Auch besitze ich die umfangreiche und gute Werkeinführung von Alfred Dürr (die Verbindung dazu habe ich jedoch, ehrlich gesagt, erst gerade eben geschlagen... :rolleyes:).
Dennoch bin ich der Ansicht, dass individuelle Ratschläge dabei mitunter nicht weniger hilfreich sein können.


Liebe Grüße!
 
Damit meine ich das Schema, mit dem im Schulunterricht in vereinfachter Form gearbeitet wird und das in Büchern über musikalische Formenlehre (jedenfalls in meinem) in ähnlicher Weise behandelt wird.

Dann tu Dir den allergrößen Gefallen, und vergiß das.

Stattdessen beginnst Du vielleicht mit No. 16 g-moll ausm zwoten Teil,
und begleitend nimmst Du Dir die Toccaten BWV 910-16.


Lesen - Analysieren - Spielen - Hören

in beliebiger Reihenfolge - regelmäßig und dauerhaft



Bach ist noch jederzeit (in jeder Pause, die er nicht notiert....) einer
der allergrößten Pädagogen (im guten Wortsinne).


gruß

stephan
 
und wenn dir zwischendurch der Blick verschwimmt wegen der polyphonen Linien, dann gönn Dir etwas Entspannung - aber unbedingt mit BACH: spiel einfach, es ist kinderleicht, mit der linken Hand allein das Praeludium der ersten Cellosuite --- und ich garantiere dir, dass Dir das für das Mitempfinden in polyphoner Musik sehr viel bringen wird. Denn dort findest Du in grundlegenden Ansätzen, wie sich Polyphonie und Harmonik entwickeln - und dann vergleichst Du das mit dem ersten Praeludium des WTK I und wirst sehr staunen. Und Staunen und Neugier (wie es weitergeht) sind immer guter Ansporn.

das kannst Du nun für abwegig und exotisch halten - es ist Deine Entscheidung, ob Du das ausprobierst oder nicht.
 
und wenn dir zwischendurch der Blick verschwimmt wegen der polyphonen Linien, dann gönn Dir etwas Entspannung - aber unbedingt mit BACH: spiel einfach, es ist kinderleicht, mit der linken Hand allein das Praeludium der ersten Cellosuite --- und ich garantiere dir, dass Dir das für das Mitempfinden in polyphoner Musik sehr viel bringen wird. Denn dort findest Du in grundlegenden Ansätzen, wie sich Polyphonie und Harmonik entwickeln - und dann vergleichst Du das mit dem ersten Praeludium des WTK I und wirst sehr staunen. Und Staunen und Neugier (wie es weitergeht) sind immer guter Ansporn.

das kannst Du nun für abwegig und exotisch halten - es ist Deine Entscheidung, ob Du das ausprobierst oder nicht.


Rolf - Du Schlingel.

Abber wammer schon dabei sind: Alle Suiten - Alle Sätze.
 
Ihr Lieben,

ganz einfach: Es gibt kein Fugenschema, nur Abweichungen.

Anders ausgedrückt: Die permanente Abweichung ist das Schema.

Ferner: Obwohl die Fuge Hauptbestandteil der "Kontrapunktlehre" (instrumental) ist,
erschließt sie sich über die Harmonik. Keine andere Form der Instrumentalmusik ist so sehr
an die Funktionstonalität gebunden wie die Fuge - auch der Sonatensatz nicht (zu lang,
moduliert zu häufig, als daß der tonale Gegensatz bzw. dessen Aufhebung in der Reprise
wahrnehmbar wäre; das ist nur dummes Gesülze in Kompositionslehrbüchern).

Aber in der Fuge knistert es förmlich vor harmonischer Spannung - aufgrund der unterschiedlichen
tonalen Ebenen, auf denen sich Dux und Comes bewegen. Bei einer Fuge hat die harmonische Analyse
also ausnahmsweise ihren Sinn: Wenn man sich vorab ihre tonalen Zentren markiert,
erkennt man, wie die Fuge als Ganzes strukturiert ist.

Deshalb ist es wichtig, eine Fuge vorab zu lesen, wie pppetc schon gesagt hat.

Zuletzt: Es ist das Gegenteil von hilfreich, sich einzelne Fugenteile herauszupicken
und separat zu üben. Das ist Mord. In einer guten Fuge ist jede der einzelnen Stimmen
eine Individualität für sich, etwas Lebendiges. Von etwas Lebendigem erfährt nichts mehr,
nachdem man es in Streifen zerschnitten hat. Es ist also eher sinnvoll,
zunächst jede einzelne Stimme einmal oder mehrfach komplett durchzuspielen.

Wie das nun zusammenpaßt, daß eine Fuge aus Stimmen besteht,
die als Individuen wahrgenommen werden möchten, und sich über die Harmonik erschließt,
die aus dem Zusammenklang der Stimmen erwächst, das grenzt an ein Wunder
und entzieht sich der schematisierenden Analyse.

Gruß, Gomez

.
 
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