warum mach ich mir immer Sorgen um ihn ??

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hallo zusammen, sorry lang nicht mehr hier gewesen, den Hauptgrund dafür erkläre ich einmal später in der Plauderecke, im Leben gibt es eben auch anderes als Klavier, bin auch nur wieder mal kurzer Gast hier.

Immerhin nach über einem halben Jahr zurück in unserer Zivilisation wagte ich mich wieder in einen europäischen Konzertsaal, der Grund war wieder einmal Daniil Trifonov.

Wer Zeit hat, am Samstag so viel ich weiß kommt München dran: ist hörenswert.

Wien 18.1.2016: er brachte den Veranstalter sicher etwas ins Schwitzen, als er - die Programmhefte waren sicher schon gedruckt - fünf Tage vor dem Konzert ( da mailte es zumindest das Wiener Konzerthaus allen Kartenbesitzern) meinte, statt der op10 Chopin Etuden in Wien seine Premiere mit Liszts Paganini Etuden zu geben.

Nur ganz kurz, das soll keine Rezension werden: nach Brahms' Bearbeitung der Bach Chaconne für die linke Hand fügte sich die erste der Paganini Etuden mit ihrem langen Solo für die linke Hand zu Beginn fast nahtlos an. Wirklich interessant wurde es dann natürlich mit der amüsanten zweiten Etude, in der Trifonov seine Meisterschaft in der Artikulation demonstrierte voller hingehauchter ppp Läufe und voller Witz.Die dritte war wesentlich gelungener als seine YT Aufnahme damit, gemäßigtes Tempo und sehr hübsche Artikulation bis zur piu mosso Stelle, wo man bekanntlich selten ein pio mosso hört. Trifonov verdoppelte (!) hier das Tempo und jagte in halsbrecherischem Schwung und Bravour technisch makellos dem Finale zu. So ging es dann bis zur letzten der Paganini Etuden, deren vielschichtige Variationen er zum Höhepunkt der Etuden formte. Mit Bewunderung und etwas Neid musste ich an Heinrich Neuhaus Worte denken " Musik beginnt da, wo es keine technischen Schwierigkeiten mehr gibt", für Trifonovs schillernde Gestaltung dieser Etuden weit jenseits jeglicher technischer Schwierigkeiten trifft dieser Satz vollendet zu.
Über die wundervoll gespielte erste Rachmaninoff Sonate gäbe es natürlich viel zu schreiben....

Was mich sehr freute, war, dass der alte Paul Badura Skoda einer der ersten im Publikum war, der nach der Sonate aufstand und seinem jungen Kollegen standing ovations gab.

Als Flügel wählte er diesmal übrigens einen Bösendorfer, durchaus eine klanglich angenehme Abwechslung.

Man kann nicht viel mit ihm sprechen, da müsste man schon russisch können, denn Trifonovs Englisch Kenntnisse sind doch recht begrenzt, aber wieder hatte ich das Gefühl, Angst um diesen zarten, fast kindlichen jungen Mann haben zu müssen, der eher wie ein 17 jähriger Junge in die Welt blickt. Die eher kleinen, sehr feinen und schlanken Hände sind eher die eines jungen Mädchens, aber noch rührender sind seine Augen hinter den Brillengläsern, die eher die Unsicherheit eines Kindes ausstrahlen und sein freundlich verlegenes Lächeln um die Lippen. Bleibt zu Hoffen, dass er dem Konzert- Streß gewachsen bleibt.

 

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Lieber @kreisleriana

Schöner Bericht, und schön, dass Du wieder da bist :super::-)

Liebe Grüße
Gernot
 
Ich war auch dabei und absolut begeistert, hätte meine Höreindrücke aber nicht so kompetent in Worte fassen können... Danke für deinen Bericht! :-)
 
Ich höre Trifonow nächste Woche hier in Brüssel (zum zweiten Mal, dieses Mal aber im Recital) und freue mich schon sehr! Ich hatte auch das Vergnügen, ihn beim Saisonabschluss des NOB von ganz nah zu sehen, hab mich aber nicht getraut, ihn anzusprechen, obwohl ich es auf Russisch hätte tun können. Aber was hätte ich ihm schon groß sagen können...

LG,
Babs
 
@Babsbara : Добрый день, я люблю музыку oder so ähnlich....

Darüber freut sich bestimmt auch ein Trifonov :-)
 
Und nach Karneval spielt er ein riesiges Kammermusikprogramm in Köln... mal schauen wieviele Jahre er das so durchhält...
 
So viele, bis er genug Kohle hat, um allen Verwandten was abzugeben, die seine Ausbildung bezahlt haben, eine Wohnung in New York, Paris, London, Berlin, Moskau und St. Petersburg hat und genügend zum Leben gespart hat. Das wird ihm sicher in einigen Jahren gelungen sein, es sei ihm vergönnt. Lebenslang möchte man doch irgendwann auch mal etwas anderes tun als Konzerte spielen, und sich nur noch die Sahnehäubchen heraussuchen, würde ich vermuten.
 
Hmm, naja. Bei ihm glaub ich eigentlich nicht, dass das sein Hauptantrieb ist. Zusätzlich schreibt er eigene Kompositionen, die wohl auch sehr anerkannt warden (ich hab ja keine Ahnung) - vielleicht hat der Mann auch einfach was zu sagen?
 
Das kommt daher, dass ich eben keine Rezension schreiben wollte, das möge man in Zeitungen nachlesen, sondern anzudeuten versuchte, wie zerbrechlich und unsicher dieser junge Künstler wirkt ( außer er musiziert),.Das menschlich Filigrane seiner Persönlichkeit in einem kurzen Gespräch nach dem Konzert war (abgesehen für die Bewunderung für sein Spiel) der intensivste und prägendste Eindruck und diesen wollte ich mit dem Titel vermitteln.
(Ist offenbar nicht ganz klar rüber gekommen.)

trif1.jpg
 
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So viele, bis er genug Kohle hat, um allen Verwandten was abzugeben, die seine Ausbildung bezahlt haben, eine Wohnung in New York, Paris, London, Berlin, Moskau und St. Petersburg hat und genügend zum Leben gespart hat. Das wird ihm sicher in einigen Jahren gelungen sein, es sei ihm vergönnt. Lebenslang möchte man doch irgendwann auch mal etwas anderes tun als Konzerte spielen, und sich nur noch die Sahnehäubchen heraussuchen, würde ich vermuten.

Also wie ich kürzlich in einer ausführlichen Dokumentation hörte, tourte S. Richter auch noch im hohen Alter durch die russische Provinz mit vielen Konzerten in kurzer Zeit, auf fragwürdigen Instrumenten - einfach um den Menschen die Musik nahezubringen. Sowas gibt es auch.
 
Wieder so ein Fadenverlauf, den ich nicht so ganz nachvollziehen kann :denken:, aber gut.
Alleine die Möglichkeit zu haben, wichtige Pianisten unserer Zeit live zu erleben, könnte man einfach als Geschenk sehen. Wer etwas weiter ab vom Schuss wohnt oder nur Kleingeld heranschafft, hat dazu nicht so leicht die Gelegenheit. Daher: danke für Deine persönliche Sichtweise, @kreisleriana.
 
Hi,
Wenn man sich wirklich Sorgen macht, würde man darüber nicht auf einem öffentlichen Forum diskutieren.

Man kann und darf durchaus Sorge haben, dass Trifonovs geradezu aberwitziges Konzertpensum über kurz oder lang zu einer körperlichen oder mentalen Überlastung führt.

Und selbstverständlich man darf darüber auch in einem Musikerforum diskutieren. Trifonov ist eine Person des öffentlichen Lebens, niemand plaudert hier Vertrauliches aus – es geht nur um Dinge, die ohnehin öffentlich bekannt sind.
 
Und selbstverständlich man darf darüber auch in einem Musikerforum diskutieren. Trifonov ist eine Person des öffentlichen Lebens, niemand plaudert hier Vertrauliches aus – es geht nur um Dinge, die ohnehin öffentlich bekannt sind.

Hi,

Dann ist es ein Faden zum Tratschen über Trifonov, und zwar öffentlich. Sehr nett, wenn man ihn selbst als zart und zerbrechlich beschreibt.
 
Hi,

Dann ist es ein Faden zum Tratschen über Trifonov, und zwar öffentlich. Sehr nett, wenn man ihn selbst als zart und zerbrechlich beschreibt.
mir meiner Zerbrechlichkeit als Mensch bewusst zu sein hilft mir regelmäßig, durchlässiger für die Musik zu sein.
Als Mensch ist man zerbrechlich, ist einfach so. Wenn man das vergisst, wird man weniger menschlich.
 

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