Dass man natürlich kontinuierlich besser wird, wenn man am Ball bleibt, steht ja außer Frage.
Die neuen Stücke werden natürlich auch kontinuierlich immer komplexer.

Gleichzeitig wachsen auch die Ansprüche an sich selbst. Je souveräner man schon ist, desto perfekter möchte man auch schlichtere Sachen gestalten.
Meine Antwort auf das, was ich hinter Deiner Frage vermute:
Ich habe jetzt 5 Jahre lang Unterricht. Mein Respekt vor augenscheinlich schlichten Stücken hat eher zu- als abgenommen.
Natürlich entwickelt man Routine im Erkennen von Mustern. Man hat beim Blick auf die Noten eine grobe Vorstellung, wie das wohl klingen wird und wie es zu spielen ist, man muss keine Noten mehr "entziffern", man sieht einen Mehrklang und weiß sofort, wie er liegt, man zählt keine Hilfslinien mehr ab und erkennt Intervalle sofort, man muss keine Polyphonie ausbuchstabieren und hat eine angemessene Motorik entwickelt. Man kann also auf viel bereits Gelerntes zugreifen.
Ich habe aber den Eindruck, je mehr ich lerne, desto deutlicher erkenne ich, was ich noch nicht gelernt habe. Vor einiger Zeit habe ich einen Schritt zurück gemacht und noch mal echte Anfängerliteratur vorgenommen. Czerny, Études de Mécanisme op. 849. Nett, leicht, übersichtlich.
Eigentlich habe ich mir die Czerny-Bände besorgt, weil ich gern Prima-Vista-Spiel an übersichtlichen Stücken übe. Logo kann ich sie direkt vom Blatt runterspielen und freute mich ... zu früh. Ich hatte eine bestimmte Frage zur Notation und eine andere dazu, wie ich ein bestimmtes Muster "schnell bekomme", und so kam meine Klavierlehrerin ins Spiel. Die hat mich dann erst mal auf kleine Ungenauigkeiten hingewiesen.
Ich war entsetzt. Anfängerstückchen! Fehler! Ich!
Ich tappe in kleine Fallen hinein, die ich "prima vista" noch nicht einmal als solche wahrgenommen habe.

Basics, Feinheiten, ich müsste das eigentlich wissen. Das macht demütig. Da ich absolut keine Lust auf Lücken in pianistischen Grundkompetenzen habe, ziehe ich das jetzt eisern durch. Nicht nur höher, schneller, weiter, sondern parallel dazu pingelige, ehrpusselige Basisarbeit. Na wartet... ich krieg Euch!!!!
Ist auch kein großes Ding, denn eigentlich kann man das ja und es geht schnell, so ein Stückchen exakt zu spielen – aber trotzdem, verd*** Axt, aus dem Ärmel schütteln kann ich sie nicht.
Hat es also in Deinem Sinne "Klick" gemacht? Nein, noch nicht. Ich freue mich über reale Fortschritte ... gleichzeitig weiß ich aber auch besser, wie viel ich noch nicht weiß, oder nicht gut genug weiß oder zwar weiß, aber nicht immer sorgfältig genug umsetze. Nota bene, ich übe immer fleißig, habe eine gründliche Lehrerin und bin niemand, der halbfertige Sachen zur Seite legt.