
pianovirus
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Liebes Forum,
wenngleich unserem tickenden Weggefährten schon zahlreiche leidenschaftliche Diskussionen gewidmet wurden, so befürchte ich dennoch, dass auf ein ebenso weitverbreitetes wie folgenschweres Missverständnis, die Tempovorstellungen von Komponisten bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts betreffend, oder vielmehr auf dessen Vermeidung, noch niemals zuvor hingewiesen wurde, weshalb ich ohne weitere Umschweife folgenden Sachverhalt Eurer geneigten Aufmerksamkeit empfehlen möchte.
Die Dinge verhalten sich nämlich dergestalt, dass vor jener oben erwähnten wortwörtlichen Zeiten-"Wende" sämtliche metronomischen Angaben sich mitnichten auf "tick", sondern immer auf "tick-tack" beziehen; damit ist eigentlich alles gesagt.
Bitte berücksichtigt dies beim Üben.
Viele Grüße,
pianovirus
Zur weiteren Information:
wenngleich unserem tickenden Weggefährten schon zahlreiche leidenschaftliche Diskussionen gewidmet wurden, so befürchte ich dennoch, dass auf ein ebenso weitverbreitetes wie folgenschweres Missverständnis, die Tempovorstellungen von Komponisten bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts betreffend, oder vielmehr auf dessen Vermeidung, noch niemals zuvor hingewiesen wurde, weshalb ich ohne weitere Umschweife folgenden Sachverhalt Eurer geneigten Aufmerksamkeit empfehlen möchte.
Die Dinge verhalten sich nämlich dergestalt, dass vor jener oben erwähnten wortwörtlichen Zeiten-"Wende" sämtliche metronomischen Angaben sich mitnichten auf "tick", sondern immer auf "tick-tack" beziehen; damit ist eigentlich alles gesagt.
Bitte berücksichtigt dies beim Üben.
Viele Grüße,
pianovirus
Zur weiteren Information:
Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, die überlieferten Metronomzahlen seien zumeist metrisch gemeint: das Metronompendel muss bei Einstellung auf die angegebene Zahl in dem notierten Wert hin- und zurück schlagen. Es sind dann zwei „Ticks” zu hören, wo nach dem mathematischen Verständnis nur ein „Tick” richtig wäre. Es wird also die Vollschwingung des Pendels (1 Hin- und Zurückbewegung) der Tempobestimmung zugrunde gelegt. Das Ergebnis legt zunächst die Hälfte der heute üblichen und für bisher authentisch gehaltenen Geschwindigkeit nah.
Für Komponisten, die schlecht oder gar nicht hörten, dürfte es überdies nahe liegender gewesen sein, sich nach der sichtbaren Pendelbewegung zu orientieren, und nicht nach den (un-)hörbaren Ticks.
So lässt es sich beispielsweise erklären, warum falsch interpretierte Metronomzahlen viele Werke der Klassik und Frühromantik entweder als völlig unspielbar erscheinen lassen oder statt das ästhetische und menschliche Empfinden den sportiven instrumentalen und sängerischen Exzess als musikalisches summum bonum vorzustellen scheinen.
[...]
Noch ein zu klärendes Missverständnis: in Wirklichkeit wird heutzutage oft gar nicht “doppelt zu schnell” gespielt (wie es die Tempo-Giusto-Praxis impliziert) - weil nämlich wörtlich genommene Metronomzahlen schlicht unspielbar wären. Das ist natürlich kein Argument gegen die Tempo-Giusto-Praxis, sondern gegen die naive Vorstellung, die aktiven und passiven menschlichen Fähigkeiten im Hinblick auf Velocität seien unbegrenzt.
Es soll in Velocistan Leute geben, die an einer Etüde von Liszt oder Chopin nicht nur stunden- sondern buchstäblich tagelang üben, um die möglichste Rasanz zu erringen. Und sie verlieren darüber ihr eigenes Leben und das Verständnis und Wohlwollen ihrer Zuhörer. Hier ist Irren unmenschlich!
Für Komponisten, die schlecht oder gar nicht hörten, dürfte es überdies nahe liegender gewesen sein, sich nach der sichtbaren Pendelbewegung zu orientieren, und nicht nach den (un-)hörbaren Ticks.
So lässt es sich beispielsweise erklären, warum falsch interpretierte Metronomzahlen viele Werke der Klassik und Frühromantik entweder als völlig unspielbar erscheinen lassen oder statt das ästhetische und menschliche Empfinden den sportiven instrumentalen und sängerischen Exzess als musikalisches summum bonum vorzustellen scheinen.
[...]
Noch ein zu klärendes Missverständnis: in Wirklichkeit wird heutzutage oft gar nicht “doppelt zu schnell” gespielt (wie es die Tempo-Giusto-Praxis impliziert) - weil nämlich wörtlich genommene Metronomzahlen schlicht unspielbar wären. Das ist natürlich kein Argument gegen die Tempo-Giusto-Praxis, sondern gegen die naive Vorstellung, die aktiven und passiven menschlichen Fähigkeiten im Hinblick auf Velocität seien unbegrenzt.
Es soll in Velocistan Leute geben, die an einer Etüde von Liszt oder Chopin nicht nur stunden- sondern buchstäblich tagelang üben, um die möglichste Rasanz zu erringen. Und sie verlieren darüber ihr eigenes Leben und das Verständnis und Wohlwollen ihrer Zuhörer. Hier ist Irren unmenschlich!