Übestrategien bei längeren Stücken, Auswendiges Spiel

alibiphysiker

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Hallo allerseits,

ich habe 2 Fragen an euch, vor allem an die Profis unter euch:

1. Wie sehen eure Übestrategien bei langen Stücken aus ?

2. Wie sehen eure Strategien zum Erlernen des auswendigen Spiels von Stücken aus ?

Damit ihr versteht wie ich das meine, hier mal die Antworten, welche ich mir selbst auf diese Fragen geben würde:

1. Bisher habe ich die Stücke in Untereinheiten unterteilt und die jeweiligen Untereinheiten nacheinander abgearbeitet, wobei ich erst dann zur nächsten Untereinheit
übergegangen bin, nachdem ich die vorherige Untereinheit zu meiner Zufriedenheit im Zieltempo beherrsche.
Bei meinem aktuellen Stück wende ich ein neues Verfahren an, ich versuche das Stück in einem sehr langsamen Tempo zu erlernen, wobei ich hier versuche auf alles zu achten
(Dynamik, Pedalierung, Phrasierung, etc.), um dann kontinuierlich das Tempo zu steigern.

2. Das Auswendigspiel ergab sich bei mir meist irgendwie. Wenn ich mit dem Einüben eines Stückes fertig war, konnte ich es auch meist, bis auf einige wenige Stellen,
auswendig spielen. Diese habe ich mir dann anschließend nochmal genauer angeschaut.

Die frage zielt also so ein bisschen auf die Frage ab, wie euer Übeplan aussieht, wenn ihr ein längeres neues Stück erlernt.

Ich hoffe die Frage ist nicht sinnlos, und es ist gut rübergekommen, was mich interessiert. Sollten diese beiden Punkte nicht erfüllt sein, sagt mir dies, ich werde dann
garantiert (ohne beleidigt zu sein) diesen Thread verwaisen lassen.

Liebe Grüße,

Daniel

P.S. Meine Frage bezieht sich ausschließlich auf den "technischen" Teil des Einübens. Die musikalische Interpretation ist natürlich eine ganz andere, mindestens genauso wichtige Baustelle.
 
Aus Nichtprofisicht:
Bei mir sieht´s ähnlich aus. Das auswendig lernen kommt automatisch, geschuldet dem bei mir sehr langwierigen Prozess, die Noten in die Finger zu bekommen.
Aller erster Schritt: Verschiedene Interpretationen anhören, wenn möglich (z.B. auf YT) und Noten lesen.
zweiter Schritt: Alles einmal ganz langsam durch"spielen".
Unterteilung: Oft ganz simpel von vorne nach hinten, wobei ich dabei immer schon die Übergänge mit übe. Die schwierigsten Stellen suche ich mir separat heraus und übe die parallel.

Ach ja: musikalische Interpretation ist von Anfang an dabei, da sich danach auch der technische Part richtet (z.B. Fingersätze).

Ich habe bei mit den Eindruck, dass ich sehr uneffizient übe.


Mir fällt gerade ein: Irgend wo gab´s schon mal nen Faden dazu.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich beschäftige mich gern schwerpunktmäßig mit den schwierigsten Stellen der Stücke zuerst (an diesen arbeitet man dann in der Regel ja auch am längsten, und wenn die schon einigermaßen auf Tempo sind, kann man bald längere Abschnitte der Komposition am Stück spielen, die auch die leichteren Passagen enthalten).

Zur Kontrolle bei längeren Stücken hat sich bei mir Aufnehmen bewährt, gerade wenn viele "ähnliche" Dinge in einem Stück vorkommen, die man gern mal verwechselt.

Ich spiele also auswendig, und nehme auf. Danach kontrolliere ich beim Abhören im Notentext nach, ob alles auswendig Gespielte auch richtig realisiert wurde, z.B. nichts vergessen wurde beispielsweise.

Und die Arbeit an der musikalischen Gestaltung fließt bei mir auch schon vom Anfang an mit rein.

Viele Grüße.
 
Hallo allerseits,

ich habe 2 Fragen an euch, vor allem an die Profis unter euch:


Hallo alibiphysiker,

ich bin zwar kein Profi, antoworte dir aber trotzdem!


Aus meiner "Immer-noch-Anfänger"-Sicht kann ich folgendes sagen:

Zuerst klebe ich bei längeren Stücken (die mehr als drei Notenseiten umfassen) die Seiten mit KLebeband zusammen, so dass ich fünf oder sechs Notenseiten nebeneinander auf dem Klavierpult sehen kann.

Zum Einüben: ich glaube dass das Erlernen von komplexem Notenmaterial recht individuell erfolgt. Es helfen nicht nur technische Üb etipps (z.B.Takte erst einzeln üben, dann im Zusammenhang mit dem vorherigen oder nachfolgenden Takt), sondern vor allem das musikalische Verständnis, das sich im Laufe der Zeit entwickeln sollte.

LG

Debbie digitalis
 
1. Wie sehen eure Übestrategien bei langen Stücken aus ?

2. Wie sehen eure Strategien zum Erlernen des auswendigen Spiels von Stücken aus ?
zu 1
heutzutage hat man es ja einfach damit, die langen Stücke oft genug anhören zu können: bevor ich überhaupt irgendeinen Takt der Lisztsonate gespielt hatte, kannte ich sie in verschiedenen Aufnahmen quasi auswendig; als ich sie mit Noten anhörte, verstärkte sich die Detailkenntnis - kurzum: schon vor dem ersten anfassen war sie sozusagen auswendig präsent.
zu 2
mit Ausnahme von Schönbergs Pierrot Lunaire habe ich noch nie ein längeres Stück eingeübt, das ich nicht vorher schon vom hören gut kannte - und beim Pierrot ist das nicht weiter schlimm, da es Ensemblemusik ist, also Noten immer mit dabei sind :)

Ich glaube, dass der Umfang (die Dauer) eines Musikstücks keine sonderliche Rolle spielt. Ich kann dazu nur sagen, dass ich sehr schnell (egal wie umfangreich) im Gedächtnis behalte, was mir sehr gefällt und dass ich da keinerlei auswendig-lern-Strategie habe.
 
huhu :)

bin zwar auch alles andere als ein Profi, aber ich gebe auch mal meinen Senf dazu.

Ich gehe i.d.R. folgendermaßen vor:

1. falls möglich, Aufnahmen des Stücks anhören und Notentext mitlesen
2. mit rechter und linker Hand getrennt das Stück durchspielen, damit ich nicht mehr von einzelnen Noten verwirrt bin, wenn beide Hände zusammenspielen sollen.
3. Ich schaue mir an, ob es beim Zusammenspiel beider Hände irgendwo Probleme mit dem Rhythmus geben könnte (das ist generell ein Schwachpunkt von mir). Unter Umständen höre ich mir diese Abschnitte nochmal an, oder versuche sie durch klopfen mit den Händen nachzuvollziehen.
4. Ich beginne beidhändig langsam zu spielen. Je nach Länge und Schwierigkeit des Stückes erst abschnittsweise oder auch alles auf einmal. Das mache ich so lange, bis die Koordination meiner Hände so gut ist, dass ich das Stück einigermaßen gut, langsam durchspielen kann.
5. Ab jetzt versuche ich, das Spiel zu perfektionieren, also auf Gestaltung wert zu legen, letzte Fehler auszumerzen, ggf. Temp erhöhen, etc.

Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass bei mir ein langes Stück 2-3 Seiten hat. Bin eben noch Anfänger :cool:.
 
Ich mache es irgendwie ohne eine wirkliche Strategie. Einfach gesagt: ich fange einfach an. Ein langes Stück hat bei mir 10-12 Seiten. Ich höre mir das Stück einige Male an. Das ist ja eigentlich eh logisch, wenn man ein Stück selber spielen möchte.

Ich lese die noten vorher nicht beim anhören mit. Ich schlage dann einfach mein Buch auf und lege los. Ich übe dann "Teil für Teil" langsam ein. Ich beginne mit dem nächsten Teil, sobald ich den vorherigen flüssig spielen kann.

Ob das effizient ist, weiß ich nicht. An 10-12 Seiten sitze ich dann schon gerne 4-6 Wochen. Das ist schon etwas frustrierend.
 

Ich mache es irgendwie ohne eine wirkliche Strategie. Einfach gesagt: ich fange einfach an. Ein langes Stück hat bei mir 10-12 Seiten. Ich höre mir das Stück einige Male an. Das ist ja eigentlich eh logisch, wenn man ein Stück selber spielen möchte.

Ich lese die noten vorher nicht beim anhören mit. Ich schlage dann einfach mein Buch auf und lege los. Ich übe dann "Teil für Teil" langsam ein. Ich beginne mit dem nächsten Teil, sobald ich den vorherigen flüssig spielen kann.

Ob das effizient ist, weiß ich nicht. An 10-12 Seiten sitze ich dann schon gerne 4-6 Wochen. Das ist schon etwas frustrierend.

Haha, wie geil :D

Dudelt irgendwie so los und ist dann frustriert, daß es lange dauert und zu unbefriedigenden Ergebnissen führt :D

Du gibst bestimmt auch immer lustig Geld aus und bist ganz verwundert und frustriert, daß immer das Konto im Minus ist :D
 
Hallo allerseits,

ersteinmal danke für eure Antworten.

Vor allem Dreiklangs Antwort hat mir doch neue Anreize gegeben.
Ich beschäftige mich gern schwerpunktmäßig mit den schwierigsten Stellen der Stücke zuerst
Das scheint eine gute Idee zu sein, werde ich mal bei meinem aktuellen Stück ausprobieren.
Zur Kontrolle bei längeren Stücken hat sich bei mir Aufnehmen bewährt, gerade wenn viele "ähnliche" Dinge in einem Stück vorkommen, die man gern mal verwechselt.
Ja, das stimmt, auch eine gute Idee. Leider mangelt es bei mir momentan noch an einer geeigneten Aufnahmemöglichkeit. Aber mal schauen, vielleicht investiere ich demnächst mal in ein Zoom Aufnahmegerät, Bedarf dafür bestünde bei mir auf jeden Fall.

Und die Arbeit an der musikalischen Gestaltung fließt bei mir auch schon vom Anfang an mit rein.
Das ist interessant, ich versuche mich absichtlich am Anfang mit der musikalischen Gestaltung zurückzuhalten. Klar, die Dynamikangaben befolge ich sehr exakt, aber alles andere, "Eigenmächtige" behalte ich mir für später vor. Ich hänge dem (möglicherweise Irr?)Glauben an, dass die musikalische Gestaltung, wenn sie zu Früh in das Stück einfließt, die Exaktheit des Spiels behindert.

@Hasenbein:
Dudelt irgendwie so los und ist dann frustriert, daß es lange dauert und zu unbefriedigenden Ergebnissen führt
:D Das habe ich früher auch getan, aber herausgefunden, dass dies leider nichts bringt. Habe mir so einige Stücke versaut. Ordentlich üben bringts. Und die Stücke, welche ich mir versaut habe, habe ich ersteinmal weggesperrt, um sie in einigen Jahren, wenn die falschen Erinnerungen verblasst sind, nochmal neu auszugraben und ORDENTLICH zu üben.

Zum Auswendiglernen: Hier würde es mich wirklich interessieren, ob hier irgendjemand eine Strategie hat. Ich kam bisher ohne Strategie zwar auch meist sehr weit, aber naja, bessern kann man sich ja immer, und Anreize schaden ja nie. Aufnehmen, Anhören und Vergleichen ist schonmal eine super Idee. Vorallem trainiert sie auch das, zumindest bei mir nicht so geübte, weil Laienmusiker (Homo-Faber-Deutsch), Gehör.

Auf jeden Fall vielen Dank für eure Antworten,

Liebe Grüße,

Daniel

P.S. Ich habe etwas Angst, dass dieser Thread zum Laber-Thread verkommt, aber egal. Dreiklangs Antwort hat mir schonmal wirklich gute Ideen geliefert.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich hoffe, Du hältst meine Einlassung nicht für Gelaber, obwohl ich alles andere als ein Profi bin.

Ein von mir geschätzter Klaviermensch sagte mal, als ich ihm dieselbe Frage stellte: Wenn du ein Stück nicht auswendig kannst, dann hast du es nicht richtig geübt. :D

Sch(m)erz beiseite, der Lackmustest für mich ist, das Stück (oder ggf. ein problematisches Eckchen) mit geschlossenen Augen zu spielen.
 
Hi Barrat,

nein, diese Antwort halte ich nicht für Gelaber. Und selbst wenn, das wäre dann wohl mein eigenes Problem.
Und ich stimme dir völlig zu. Auf beide Aussagen.
Allerdings gibt es Stücke, bei denen das Auswendige Spiel wirklich haarig ist, wenn es viele ähnliche Passagen gibt, welche nur geringfügig abgeändert sind, oder es nach der Wiederholung einer Passage anders weiter geht.

Liebe Grüße,

Daniel
 
Ein von mir geschätzter Klaviermensch sagte mal, als ich ihm dieselbe Frage stellte: Wenn du ein Stück nicht auswendig kannst, dann hast du es nicht richtig geübt. :D

Sch(m)erz beiseite, der Lackmustest für mich ist, das Stück (oder ggf. ein problematisches Eckchen) mit geschlossenen Augen zu spielen.

Im Wesentlichen stimme ich zu - mit dem einen Unterschied, dass es Klaviermusik gibt, bei der der weite Sprung (v.a. links) Programm ist, Stride Piano z.B.

Da MUSS fast jeder (...) gucken - statt in die Noten, sofern überhaupt vorhanden, in fast jedem Fall auf die Hände im Freien Fluge..

Die Stücke sind also - sofern es Noten gibt - zweigeteilt zu üben, a- bis man die Noten auswendig intus hat, b- um den Blick freizuhaben, die links zu tanzen habende Hand richtig landen zu lassen...

Selbst eine ungemein talentierte Dame wie Stephanie Trick guckt beim Stride Piano - nicht in Noten, sondern den Freiflug links rechts zu kontrollieren. "Ohne" geht es offensichtlich nicht.

(... und NB, sollte das Erwähnthaben moderneren Krams als Lisztiger Sachen die harten Klassiker hier inconveniren, so erbitte ich demütiglichst Nachsicht mit einem Alten Spieljungen, der zeit seines Lebens bannig Spass am Ragtime haben wird. Ich spiele dann nach Anweisung auch einen extra Durchgang der Nocturnes Chopins heute nacht.. ) :D
 
Auswendiglernen - bei technisch schwierigen Stücken hat man das Stück automatisch drauf, wenn man es spielen kann. Die Finger können nicht anders. Problematischer sind leichtere Stücke, wo die Finger nicht ausgelastet sind und gerne anfangen, zusätzliche Töne dazu zu komponieren, die in den Noten gar nicht stehen.... Oder Stücke mit verwechselbaren Stellen, diese Stellen muss man sich intellektuell einprägen, d.h. diese Stellen muss man ohne Noten und ohne Klavier gedanklich abrufen können. (Manche Leute denken sich in solchen Fällen "Titel" oder "Geschichten" aus, um einen roten Faden durch das Stück zu behalten. Ich persönlich mache das nicht.)

Zum Fettgedruckten, die Finger können nicht anders. Genau hier liegt aber ahch ein Problem, oder ? Wie kann man verhindern, dass man das Stück dann rein im Fingergedächtnis memoriert, und nach kurzer Zeif wieder verlernt, insbesondere wenn man an einer Stdlle rausfliegt und dann nicht mehr reinkommt ?

Gruß
Rubato
 
ALso, das hier:

(oder, auch andersrum: wenn ich ein Stück lang genug mit einem Schüler im Unterricht durchgenommen habe, d.h. wenn ich mich mit dem Stück auf diese Weise gut auseinandergesetzt habe, dann kann ich es eigentlich auswendig spielen, ohne es überhaupt selbst geübt zu haben - ob man das richtig geübt nennen kann?).

ist mir schon sehr oft passiert...


Generell würde ich übrigens tunlichst vermeiden, mich auf das Fingergedächtnis zu verlassen...
 

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