Üben mit dem Metronom

Ich glaube es gibt zwei Hauptgründe, weswegen Menschen es ablehnen, mit Metronom zu spielen:

Die Angst, sich selbst zu mechanischem Spielen zu erziehen

Sie können es einfach nicht und freuen sich über jedes Argument, das sie finden.

Ich bin völlig dagegen, ein Metronom während des Spielens zu benutzen, wenn man keinen stichhaltigen Grund hat. Es bringt auch nichts, ein Metronom laufen zu lassen, wenn man es einfach ignoriert.

Daß Chopin mit Metronom gespielt hat, habe ich auch schon gehört. Und meines Wissens hat er Rubato ziemlich wörtlich aufgefaßt: Man spielt zwar streckenweise schneller und langsamer aber das Durchschnittstempo bleibt konstant. Überhaupt ein konstantes Tempo zu halten fällt aber den meisten Menschen recht schwer und wer viel alleine spielt, braucht sich ja nicht einmal nach anderen zu richten. Was anderes als ein Metronom sollte da helfen, ein stabiles Tempo zu erreichen? Irgendeinen äußeren Maßstab braucht man doch, wenn man keinen inneren hat.
 
Hmhm, ich hab ja die Erfahrung gemacht, dass man rythmisch dadurch am stabilsten wird, dass man selbstständig zählt... und das Metronom "nur" zu Kontrolle hernimmt. Ich hatte schon Duopartner, die spielerisch völlig aus der Fassung geraten sind, wenn kein Metronom mehr nebenher lief, und tatsächlich wurden sie bei den Proben zuweilen richtig arythmisch. Ganz erstaunlich. Auf der anderen Seite irgendwie auch nachvollziehbar, dass sich etwas besser einprägen kann, wenn man es selbst tut, und nicht "vorgebetet" bekommt, was meint ihr?
Ich glaube auch, dass der Metronomgebrauch stark von der jeweiligen Person und ihrer momentanen musikalischen und sonstigen Verfassung abhängig ist und auch sein sollte; warum sollte es nicht sowohl Phasen mit mehr als auch mit weniger Metronomgebrauch geben... Eine unter allen Umständen perfekte Anwendung gibt es höchstwahrscheinlich eh nicht *g*
lg
Lalona
 
aus dem Unterrichts-Nähkästchen

Daß Chopin mit Metronom gespielt hat, habe ich auch schon gehört.
Hallo Guendola,

"gehört" habe ich auch schon davon, aber einen Beleg habe ich bislang nicht dafür gefunden. (Mich interessieren eher ernstzunehmende Zeitzeugen als irgendwelche Anekdotensammlungen.)

Ich glaube nicht daran, daß man das Taktgefühl "outsourcen" kann. Ähnlich wie Lalona die Duopartner beschrieben hat, die ohne Metronom nicht "überlebensfähig" sind, habe ich einige (erwachsene) Schüler, die zu bequem (oder genierlich) sind, zuhause den Puls (ich bevorzuge das zweisilbige "pá-dam") halblaut mitzumachen und stattdessen das Metronom ticken lassen. In der Unterrichtsstunde ist dann das rhythmische Desaster vorprogrammiert: Die "Gehhilfe" Metronom gibt's einfach nicht, und die Schüler sind nicht einmal in der Lage, ein gleichmäßiges "Pá-dam" zu artikulieren. Entweder kauen sie auf den Silben nach Herzenslust herum oder lassen, wenn's beliebt, einfach eine Silbe aus.

Diejenigen, die ohne Metronom ihren Puls "verinnerlicht" haben, sind rhythmisch durchweg stabiler (auch wenn sie anfangs gravierende rhyhthmische Probleme hatten).

Aus den geschilderten Erfahrungen heraus halte ich nichts vom Metronom als Arbeitsinstrument. Als Kontrollwerkzeug hat es unbestreitbar seine Berechtigung.
 
Ich habe häufig erlebt, wie Leute schlicht und einfach nicht in der Lage waren, einem Metronom zu folgen. Interessanterweise waren diese Leute aber durchaus in der Lage, fließend und regelmäßig zu sprechen. Meiner Meinung nach fehlt hier entweder die Koordination zwischen eigenem unbewußtem Timing und Gehörtem oder es fehlt die Fähigkeit, einen "Puls" überhaupt zu erkennen, und zwar dann möglicherweise nicht mal den eigenen. Letzteres nachzuvollziehen ist mir zwar unmöglich, aber man muß nur mal beobachten, wieviele Leute ohne jeglichen Bezug zur Musik tanzen. Jetzt ist natürlich die Frage, ob es überhaupt möglich ist, die Fähigkeit, einen Puls zu erkennen, zu erwerben. Wenn ja, halte ich das Metronom für ein mögliches Hilfsmittel, wenn nicht, braucht man nicht weiter darüber nachzudenken.

Mit "outsourcen" hat das aber nichts zu tun. Entweder kann man einen äußerem Timing folgen oder nicht und damit steht und fällt die Fähigkeit, mit anderen zu musizieren. Wenn ein Duo mit Metronom zusammenspielen kann, dann muß es meiner Meinung nach auch lernen können, ohne Metronom zusammen zu spielen. Das Problem ist wohl eher, daß keiner dem ANDEREN folgen WILL, daß sie sich absprechen müssen, wer das Tempo vorgibt und daß derjenige dann auch in der Lage ist, ein Tempo zu spielen, dem der andere folgen kann - also z.B. nicht zu unregelmäßig.

In punkto Zusammenspiel habe ich im Laufe meines Lebens schon sehr "interessante" Erlebnisse gehabt, die mich teilweise zur Weißglut getrieben haben. Aber ich kenne z.B. jemanden, der tatsächlich nicht in der Lage ist, Synkopen und andere punktierte Rhythmen zu erkennen. Ansonsten kann er durchaus der Musik folgen und mitzählen. Dieser Mensch hat allerdings auch eine Lesestörung, er muß viele Worte Buchstabe für Buchstabe entziffern, weil er die Wortbilder nicht erkennt. Möglicherweise besteht da ein Zusammenhang.

Was das "Padam" betrifft: Es ist natürlich ein Unterschied, ob man selbst "Padam" sagt oder das Metronom tickt. Viele Musiker können erstmal überhaupt nicht gleichzeitig singen und spielen. Wenn man das zuhause nicht übt, kann es ja nicht funktionieren. Aber bekommen diese Schüler wirklich erst ein Rhythmusgefühl, wenn sie das Padam beherrschen?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
"gehört" habe ich auch schon davon, aber einen Beleg habe ich bislang nicht dafür gefunden. (Mich interessieren eher ernstzunehmende Zeitzeugen als irgendwelche Anekdotensammlungen.)

Da kann ich das Buch "Chopin- Pianist and Teacher: As seen by his pupils" von Eigeldinger empfehlen, leider nur auf englisch zu kriegen. Das Buch enthält ausschliesslich Aussagen von Zeitzeugen, die auf ihre Vertrauenswürdigkeit abgeklopft wurden. Für mich ist das DAS Buch schlechthin über Aussagen bzgl. Chopins Spielweise.

Hier ein Zitat des Zeitzeugen Mikuli über Chopin:

"In keeping tempo Chopin was inflexible, and it will surprise many to learn that the metronome never left his piano. Even in his much-slandered rubato, one hand, the accompanying hand, always played in strict tempo, while the other - singing, either indecisively hesitating or entering ahead of the beat and moving more quickly with a certain impatient vehemence, as in passionate speech - freed the truth of the musical expression from all rhythmic bonds."

Genaueres z.B. hier:
http://www.geocities.com/Vienna/2217/mikuli.htm
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich habe mal irgendwo gehört (Achtung, eine Anekdote, habe keine Quellenangabe) daß Chopin einem anderen Pianisten eine seiner Mazurken vorgespielt hat. Der andere Pianist hat sich dann gegenüber Chopin so geäußert, daß Chopin in einem ganz anderen Rhythmus gespielt hätte als in den Noten steht, nämlich in einem 4/4-Takt statt einem 3/4-Takt. Chopin wollte dies garnicht glauben. Erst als der Zuhörer laut mitgezählt hat, ist sich Chopin über seine rhythmische Eigenwilligkeit bewußt geworden.

Ich will damit nur sagen: wenn jemand behauptet, er würde streng im Takt spielen, dann ist das noch lange kein Beweis, daß dies auch tatsächlich der Fall ist.
 
Ich habe mal irgendwo gehört (Achtung, eine Anekdote, habe keine Quellenangabe) daß Chopin einem anderen Pianisten eine seiner Mazurken vorgespielt hat. Der andere Pianist hat sich dann gegenüber Chopin so geäußert, daß Chopin in einem ganz anderen Rhythmus gespielt hätte als in den Noten steht, nämlich in einem 4/4-Takt statt einem 3/4-Takt. Chopin wollte dies garnicht glauben. Erst als der Zuhörer laut mitgezählt hat, ist sich Chopin über seine rhythmische Eigenwilligkeit bewußt geworden.

Es handelt sich um den Komponisten Meyerbeer, jedoch beharrte Chopin darauf, im Takt zu spielen:
“During one of my lessons with Chopin Meyerbeer made his appearance […] I was just playing the Mazurka in C major. Meyerbeer sat down and Chopin told me to continue.
‘This is in 2/4 time,’ Meyerbeer said,
Chopin contradicted him, told me to start again, and kept time by loudly tapping a pencil against the piano top […].
‘2/4’ Meyerbeer repeated calmly.
This was the only occasion when I saw Chopin lose his temper. […]
‘It is in 3/4 ,’ he raised his voice, although it was his custom to speak softly.
‘Lend me [this theme] for the ballet in my opera (the “Africaine”, written in secret),’ continued Meyerbeer ‘and I shall prove it to you.
‘It is in 3/4,’ reiterated Chopin almost shouting, and played himself. He performed the Mazurka several times, counting loudly and keeping time with his foot: he lost all control!
To no avail. Meyebeer insisted on 2/4. They parted in an irritated mood. […] Chopin disappeared in his study without bidding me goodbye. The whole situation lasted barely several minutes. […] Nonetheless, it was Chopin who was right: despite the fact that the third value is swallowed in the above theme, it does not cease existing.” -
Wilhelm von Lenz, Die grossen pianoforte, Virtuosen unserer Zeit, Berlin 1872

Ist übrigens ebenfalls nachzulesen im in meinem vorherigen Beitrag erwähnten Eigeldinger-Buch von Zeitzeugenberichten.

Ich will damit nur sagen: wenn jemand behauptet, er würde streng im Takt spielen, dann ist das noch lange kein Beweis, daß dies auch tatsächlich der Fall ist.

Stimmt, dafür hat man ja schliesslich das Metronom erfunden.:D

Die beiden Zitate bzgl. Chopins Spielweise widersprechen sich übrigens meiner Meinung nach nicht, sondern ergänzen sich. Chopin kann durchaus seine Mazurken taktweise ziemlich metrisch gespielt haben, und innerhalb des Taktes "rubatiert" haben. Weiterhin kann man dem Eigeldinger-Buch, sprich Zeitzeugen, entnehmen, dass sich Chopin in seinen Mazurken grössere rhythmische Freiheiten nahm als in seinen anderen Kompositionsgattungen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Chopin kann durchaus seine Mazurken taktweise ziemlich metrisch gespielt haben, und innerhalb des Taktes "rubatiert" haben.

Nicht umsonst steht wohl in Wikipedia unter dem Artikel "Rubato" folgendes:

Vor allem bezeichnete der Begriff eine Spielweise, bei der die Melodiestimme vorauseilt oder zurückbleibt, während die Begleitung streng im Takt bleibt, so dass Melodie und Begleitung für eine Weile nicht synchronisiert sind. Berühmt für diese Technik waren Franz Benda, Wolfgang Amadeus Mozart und Frédéric Chopin.

Ich schätze, das ist die höchste Schule der Rhythmik. Quasi improvisierte Polyrhythmik. :p

In der einen Hand streng im Takt bleiben und die andere frei spielen lassen ist ja an sich noch keine extreme Leistung, wenn man es nur so für sich z.B. bei Tonleitern ausprobiert - aber in einem musikalischen Werk in der frei spielenden Hand ein musikalisch sinnvolles Rubato zu verarbeiten, während die andere dem Metrum folgt klingt für mich dann doch sehr anspruchsvoll.
 
- aber in einem musikalischen Werk in der frei spielenden Hand ein musikalisch sinnvolles Rubato zu verarbeiten, während die andere dem Metrum folgt klingt für mich dann doch sehr anspruchsvoll.

Kann man sich das eigentlich mal irgendwo anhören? Es wird immer nur über dieses Rubato geredet, aber welcher Pianist macht das wo?? Kennt jemand Youtube-Videos oder berühmte Einspielungen?

marcus
 

Ich hätte vor 30 Jahren noch Stein und Bein geschworen, daß z.B. Pollini oder Perahia völlig ohne ruabto spielen, ganz streng metronomisch. Ich habs damals einfach nicht gehört, weil mir jegliches Bewußtsein für rubato gefehlt hat.

Zu der Forderung, daß die rechte Hand völlig frei spielen soll während die linke Hand streng im Takt bleibt, womöglich noch ganz ohne "Klappern"

Das ist doch einfach nur ein Witz.
 
Meine Lehrerin hat mir mal ein Metronom hingestellt aber das hat mich total durcheinander gebracht und auch das mit dem Klatschen bringt mich eher raus. Rythmus ist eh n bissl meine Schwäche glaub ich :???:
 
Meine Lehrerin hat mir mal ein Metronom hingestellt aber das hat mich total durcheinander gebracht

Ich denke, das ist für jemand, der noch nie mit Metronom gespielt hat, normal :)

Es ist aber auch ein Zeichen, daß das Rhythmusgefühl noch nicht sehr entwickelt ist. Eigentlich sollte das Spielen mit Metronom keine Probleme machen. Der Rhythmus sollte so flexibel sein, daß man sich spontan an ein gegebenes Tempo anpassen kann. Wenn es sein muß auch an ein ganz stures, mechanisches Tempo.
 
ich hoffe das es für den anfang ganz normal ist wenn ich das klacken hör denk ich nur noch hä hä häää??? und kann mich auf das lied nicht mehr konzentrieren ^^° ich mach das so eher nach gefühl
 

Ja, das finde ich auch eine gute Methode :) Wenn man allerdings ein neues Stück lernt und noch nicht weiß, wie es sich anhören soll, dann empfiehlt es sich, die Taktschläge (am besten laut) mitzuzählen (auch wenn man nicht mit Metronom spielt.

Übrigens herzlich willkommen im Forum! Es gibt hier ja noch mehr Klavierneulinge. Weiß garnicht, wo die gerade stecken... ;)
 
danke ^^
ja vielleicht kommt da alles ja noch, spiele ja noch nicht so lange erst 3 monate oder 4 ^^
 
Zu der Forderung, daß die rechte Hand völlig frei spielen soll während die linke Hand streng im Takt bleibt, womöglich noch ganz ohne "Klappern"

Das ist doch einfach nur ein Witz.

1) Wo hast du das her, dass es eine "Forderung" gibt für diese Art des Rubatos?

2) Wenn man diese Art des Rubatos anwendet, wie kommst du darauf, dass das ohne "Klappern" vonstatten gehen soll?

Diese beiden Gedanken halte ich auch einfach nur für einen Witz!

Selbstverständlich "klappert" es bei der genannten freien Art des Rubatos, bei der die Begleithand fest im Takt spielt und die Melodielinie frei "rubatiert", logischerweise dadurch klappert. Nur ist es eben ein himmelweiter Unterschied, nur z.B. den 1.Ton eines Taktes bei der Melodie "meterlang" hinter der Begleitung nachzuschleppen, und den Rest des Taktes dann beidhändig synchron rubatieren zu lassen, oder die Melodielinie über die gesamte Phrase hinweg "klappern" zu lassen (nicht metrisch gleich klappern, sondern Ton für Ton unterschiedlich, abgestimmt zur Melodielinie) und die Begleitung ziemlich metrisch stehen zu lassen. Und das ganze noch möglichst unaufdringlich und subtil. So in etwa stelle ich mir das Chopinesque beschriebene Rubato vor. Kenne keinen, der es in dieser Art spielen kann oder zumindest so spielt, und glaube auch, dass es unheimlich schwer ist, weil totale Unabhängigkeit der Händer gefordert ist.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Zurück
Top Bottom