
LMG
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Der Film ist von Peter Gelb produziert worden, der bekanntlich Manager von Horowitz war. [...]
Diesen Peter Gelb lohnt es evtl., etwas genauer zu durchleuchten ( auch in Verbindung mit einem anderen Mann: Shaw. )
Zitate aus: Glenn Plaskin: Horowitz
"Endlich zeigte die Spitalbehandlung erste Erfolge: Horowitz' Depression verflüchtigte sich nach und nach, und seine krankhafte Phobie vor dem öffentlichen Auftreten verschwand ebenfalls. In den kommenden anderthalb Jahren verbrachte er zahllose Abende mit dem New Yorker Konzertmanager Harold Shaw, und beide diskutierten über eventuelle Konzerttourneen für 1974 und 1975.
[...]
Obwohl Horowitz immer wieder versicherte, er konzertiere nur nach Lust und Laune, wurden alle seine 1974er Auftritte von Shaw in die Wege geleitet - und zwar in Zusammenarbeit mit der New Yorker Public-Relations-Firma von Bernard Gurtmann und Jim Murtha, die Shaw beide noch von seiner Zeit bei Sol Hurok her kannte. Shaws Konzertagentur verfügte nicht über eine derart leistungsintensive Presseabteilung, wie sie Horowitz forderte. Und auch nötig hatte, denn seine Auftritte im Jahre 1974 waren nicht mehr mit dem historischen Comeback von 1965 zu vergleichen; jedenfalls fielen die Pressereaktionen viel spärlicher aus.
Beispielsweise war Shaw recht irritiert über die kümmerliche Notiz, mit der die New York Times auf Horowitz' 1974er Rückkehr in den Konzertsaal reagierte.
' Horowitz war zu eingebildet ' erklärte Peter Gelb, ein junger Mitarbeiter von Gurtmann und Murtha, der für die Horowitz-Publicity zuständig war.
' Er hätte nie zugegeben, daß er - eine Legende - durchaus eine PR-Firma brauchte. Aber als wir dann die mickrige Times-Notiz über sein Cleveland-Comeback sahen, war es für uns offensichtlich, daß mehr getan werden mußte. Von 1974 bis 1978 oblag uns die gesamte PR für Horowitz, und wir wurden dafür direkt von Shaw honoriert. '
Gelb war damals 24 Jahre alt, aggressiv und charmant zugleich, verfügte dank seinem Vater Arthur Gelb von der New York Times über gute Beziehungen und konnte mit dem lebhaften Horowitz und seiner überaus versierten Geschäftspartnerin Wanda gut verhandeln.
' Horowitz war kindisch, charmant, reizend, manchmal auch naiv und wahnsinnig egoistisch' erinnerte sich Gelb. ' Und Wanda stand mit einer fast bösartigen Zähigkeit hinter ihm - beispielsweise, wenn es um Verträge ging.'
Harold Shaw hatte bald heraus, dass Horowitz lieber mit jungen Leuten verhandelte, als mit Gleichaltrigen, die ihn stets an sein eigenes Altwerden erinnerten. Deshalb überließ er einen Großteil der Arbeit, welche das Horowitz-Management mit sich brachte, dem jungen Gelb sowie Ralph Hanes, dem liebenswerten Reisebegleiter von Horowitz.
Zum ersten Mal trat Gelb im Rahmen einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit, die er 1974 bei Horowitz zu Hause arrangierte. Sofort fiel ihm auf, dass Horowitz unheimlich geschäftstüchtig war und auch ein seltenes Talent zur Selbstdarstellung hatte.
'Ich habe nie einen Künstler gekannt, der sich selber so gut verkaufen konnte wie Horowitz. Stets hielt er mit seinen Konzerten zurück und wählte aus den zahlreichen Offerten sorgsam aus. Er gab weniger Konzerte als alle anderen Künstler, erhielt aber ein doppeltes oder gar dreifaches Honorar. Statt 15000 Dollar, wie sie Rubinstein in den 70er Jahren pro Konzert verdiente, bekam Horowitz jeweils 80 Prozent der Gesamteinnahmen, was immerhin zwischen 35000 und 60000 Dollar ausmachte, je nach Größe des Konzertsaals. Seit dem Comeback im Jahre 1965 stieg sein Sachwert, wenn man so sagen will, andauernd an. Und seit seinem dritten Rückzug vom Konzertpodium schien man ihn irgendwie als mystische Größe zu betrachten - und er selber wollte dann auch entsprechend bezahlt sein. Das Image, welches er sich mittlerweile aufgebaut hatte, bestand im Prinzip einzig darin, die Leute stets im Ungewissen darüber zu lassen, ob seine Hände demnächst abfallen würden oder nicht.'
[...]
Horowitz machte sich nun keine Gedanken mehr darüber, ob seine persönlichen Forderungen und Ansprüche den lokalen Managern irgendwelche Unannehmlichkeiten bereiteten. ' Er wollte ganz persönlich umsort werden und freute sich, wenn man ihn verwöhnte' erzählte Gelb.
' Er wusste es genau: je egozentrischer, undefinierbarer und anspruchsvoller er sich gebärdete, desto größer war seine Wirkung aufs Publikum.'
[...]
Am 31. Dezember 1977 gelang es Peter Gelb sogar, Horowitz, Wanda und Sally Horwich zu einem Besuch der New Yorker Disco "Studio 54" zu überreden.
' Dort kam ein schwuler Typ und wollte Horowitz zum Zeichen seiner Verehrung die Füße küssen', erinnerte sich Gelb.
' Wanda übergoss den Jungen mit einer Flsche Dom Perignon. Ich fragte sie, weshalb sie das tue. "Um ihn abzukühlen", lautete die Antwort.'
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Selbst in diese glorreiche Karriere, die zu allen nur erdenklichen Erfolgen und Auszeichnungen geführt hatte, konnte man nochmals neues Leben bringen: indem man den modus operandi änderte. Genau das tat Horowitz 1981, als er sich von Shaws Konzertagentur trennte. Seit 1974 hatte es zwischen ihm und seinem Manager Spannungen gegeben - vielleicht, weil sich Shaw ausgenutzt vorkam und verhältnismäßig ein lächerlich kleines Gehalt erhielt für den riesigen Arbeitsaufwand, den er leistete. In der Saison 1980/81 ( der letzten unter Shaw ) sagte der Pianist einen Großteil seiner Konzertverpflichtungen ab.
[...]
Doch die Situation änderte sich schlagartig, als Horowitz sich im Herbst 1981 von Shaw trennte. Ein neuer Manager, so überlegte er, sei genau das, was ihm wieder auf die Beine helfen könnte. Seine Wahl fiel auf Peter Gelb, der 1974 die ganze Publicity für sein Comeback inszeniert hatte. Nachdem Gelb sich damals von Gurtman und Murtha getrennt hatte, arbeitete er für das Boston Symphony Orchestra und wurde nun von Columbia Artists als Vizepräsident engagiert mit der Aufgabe, ausschließlich Horowitz zu betreuen. So kehrte Horowitz nach achtunddreißig Jahren wiederum zu Columbia Artists zurück, was Shaw mit einem knappen Pressekommentar quittierte:
' Wie man weiß, stellt Horowitz Anforderungen, die weit über das hinausgehen, was andere Künstler für gewöhnlich fordern. Ich denke, dass ich nach zehn Jahren meine Pflicht dem Publikum gegenüber nun erfüllt habe. Und ich finde es absolut fair, daß nun eine andere Konzertagentur die Verantwortung übernimmt.'
Horowitz meinte dazu:
' Wir hatten keinen Streit, hegten auch keinen Groll. Er hat für mich stets sehr hart gearbeitet. Ich bin auch zufrieden gewesen...Aber irgendwie hatte ich doch das Gefühl, daß eine Änderung gut täte. Das ist alles. Manchmal tut eine Änderung gut.'
[...]
Meiner Ansicht nach muss hier sehr vorsichtig - jedoch auch amüsiert - gelesen werden. Es sind teils etwas "süffisant" anmutende Intentionen sowohl des Verfassers der Biographie, Glenn Plaskin, als auch Peter Gelbs zu erkennen. ( Diese Stellen sind aber m.E. gerade deswegen sehr spannend, zu lesen !! )
Und diese Intentionen sind m.E. nicht sehr positiv gegenüber Horowitz. Es ist aber wahrscheinlich, dass sie nicht haltlos sind... . Egal:
Ich frage mich gar, wie Horowitz reagiert hätte, wenn er einige "ungefilterte" Aussagen Gelbs spontan vernommen hätte ( denn hier ist ja immer angegeben: "erinnerte sich Gelb". Eine direkte Reaktion ist wohl nicht mehr zu befürchten....Horowitz und Wanda weilen ja nicht mehr unter uns..... )
Auch schreibt Plaskin selbst an anderer Stelle teils Dinge, die schwerlich auf Horowitz' Wohlwollen treffen würden, wäre er in dieser Hinsicht aktiv und tatkräftig bzw. noch am Leben gewesen zur Zeit der Biographie und der Nachdruck-Versionen und Übersetzungen ( 1983, 1988, 1990 ).
Denn wenn man nicht "vorsichtig" liest, könnte man die Meinung injiziert bekommen, dass Horowitz folgendes war:
Ein überkandideltes geisteskrankes stockschwules geldorientiertes Nerv-Genie, das auf ganz junge Männer fixiert ist und mittels seines Hausdrachens, einer unmöglich geltungssüchtigen Xanthippe, gute ehrliche Leute ausnutzt und bescheißt, und nur in einem dreckigen, materialistischen Umfeld gleichgesinnter Verbrecher gut aufgehoben ist.
hehe, liebe Clavios, ist das die Welt der Pianisten ? ....


Vielleicht - ja. Oder was meint Ihr ??



LG, Olli