Tipps für entspanntes, lockeres Klavierspiel

Stilblüte

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Als ich gerade Klavier gespielt habe, fiel mir auf, dass ich meine Schultern ungewollt manchmal etwas hochziehe, was ja ganz viele (leider) machen.

Mir wird das immer an der selben Stelle im Stück bewusst wird, und an dieser Stelle entspanne ich meinen gesammten Spielapparat.

Um verkrampften Spiel vorzubeugen, könnte man, genau wie einen Fingersatz oder bestimmte Interpretation, dieses Entspannen "einüben" und in den festen Ablauf des Stückes (möglichst oft) mit einbauen.
Ich bemerke sowieso, dass ich manche Bewegungen (z.B. Haare zurückstreichen) an bestimmten Stellen automatisch fast immer mache.
Warum also nicht geplant unbewusst entspannen :)


Nach dieser revolutionären Idee :cool: dachte ich, man könnte doch einen Faden eröffnen, in dem jeder seinen Beitrag leisten kann zum Thema lockeres Klavierspiel.

Was hilft euch, locker zu sein, wie erreicht ihr ein lockeres Spiel.
(Sitzhaltung, Stuhlhöhe, Handhaltung, Ablauf des Stückes, ... ... ...)

Viele Grüße
Stilblüte
 
Ich habe im Unterricht oft meinen linken Oberschenkel gegen die Unterseite der Tastatur gedrückt. mein Klavierlehrer hat mir dann draufgetippt.:D Wenn ich allein spiele, versuche ich, durch tiefes Durchatmen in den Bauch zu entspannen, auch bei Hand heben o.ä. immer mal tief mitzuatmen, so als ob man mitsingen wollte.
Mitsingen hilft übrigens auch.:)
LG
Maie
 
Mich hat mein Lehrer immer wieder mit Softbällen beworfen, wenn die Schultern mal wieder unwillkürlich nach oben gingen.
Seitdem ich keinen Unterricht mehr habe, hilft mir am meisten, mich v.a. zu Beginn und nach Positionsänderungen (Spiel in hohen oder tiefen Lagen) voll auf eine gesunde Sitzhaltung (gerader Rücken, freier Kopf nach FM Alexander) zu konzentrieren. Dann ist es meist nicht nötig, einzelne Körperteile bewußt zu entspannen.

Johannes
 
Die Idee, Entspannung in den Vortrag mit einzubauen finde ich nicht schlecht. Allerdings sollte es dir zu denken geben, wenn du immer an der gleichen Stelle im Stück merkst, daß du verspannt bist. Da stimmt doch etwas nicht.

Von meinem Orgellehrer habe ich zum Thema Atempausen (gibt es bei der Orgel, nicht beim Klavier) was interessantes gehört: Man hat testweise einen Chor so singen lassen, daß die Atempausen nicht hörbar waren (es wurde abwechselnd geatmet). Nach kurzer Zeit war das Publikum so hippelig, daß es kaum noch sitzen konnte. Ich denke, so in der Art wie die Atempausen beim Gesang müßte man Entspannungsmomente in das Klavierspielen einbauen.
 
Tolle Idee ;)
Mein neues Klavierlehrer meinte, man müsse die Finger atmen lassen. Arpreggien so einteilen, dass man die Hand mla entspannen lässt, er meinte, dass man höufig in zu großen Dimensionen denke.
Wobei das mit den Softbällen auch gut is :D
 
Das mit der Verkrampfung beim Klavierspielen ist eine ganz verzwickte Geschichte. Erstmal ist man ja nicht verkrampft. Die Verkrampfung entsteht erst als eine Folge der Angst, etwas falsch zu machen. Und dann beginnt der Teufelskreis: Angst -> Verkrampfung -> Fehler wegen Verkrampfung -> noch mehr Verkrampfung -> noch mehr Fehler

Deshalb ist langsam üben so wichtig. Beim langsam Üben kann man wirklich locker sein, weil man nicht unter Zeitdruck steht. Dieses angstfreie Spielgefühl mit lockeren und natürlichen Bewegungen merkt man sich dann und kann es nach und nach auch im schnelleren Tempo realisieren.

Wenn die Verkrampfung bereits da ist, ist es nur noch sehr schwer möglich, die Verkrampfung während des Spielens loszuwerden.

Man kann auch mit Verkrampfung spielen, aber es ist irre anstrengend, man holt sich leicht Muskelzerrungen und es wirkt sich negativ auf den Klang aus.
 
Ich denke, alles was hilft, dass man selber völlig entspannt ist ohne Klavierspielen, hilft auch, in diesem Zustand beim Klavierspielen zu sein - man muß ihn nur beibehalten. Da gibt es einige gesunde Methoden (nach einem Waldlauf spiele ich entspannter), aber es fallen mir auch verwerfliche ungesunde Methoden ein (Rotwein, gewisse Rauchwaren) :oops:

Ansonsten kann ich den Tip von Haydnspaß bzgl. langsam üben nur unterstreichen.

Ich finde die Idee von Stilblüte bzgl. "geplant unbewußt entspannen" auch sehr gut. Zum Beispiel wenn man an einer Stelle die Hand hoch heben will um an einer anderen Position weiterzumachen - da könnte man darauf achten, dass die Hand locker runterhängt am Handgelenk statt starr zu bleiben. Bei wem die Handgelenke beim Zusehen einen starren Eindruck vermitteln, bei dem sind die Handgelenke auch starr (was nix gutes ist). Glaube also schon, dass man Entspannung durch Körperbewußtsein, tiefes Atmen, und Bewußtwerden und Herbeiführen von eleganten statt steifen Bewegungen herbeiführen bzw. behalten kann.

Man hat testweise einen Chor so singen lassen, daß die Atempausen nicht hörbar waren (es wurde abwechselnd geatmet). Nach kurzer Zeit war das Publikum so hippelig, daß es kaum noch sitzen konnte. Ich denke, so in der Art wie die Atempausen beim Gesang müßte man Entspannungsmomente in das Klavierspielen einbauen.

Sorry für OT: ich merke auch, dass man Entspannungsmomente in eine Komposition einbauen sollte (meine Fuge ist bisher eher ein Bandwurm...)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Von meinem Orgellehrer habe ich zum Thema Atempausen (gibt es bei der Orgel, nicht beim Klavier)

Auf jeden Fall gibt es Atempausen auch beim Klavier!

Atempausen sind keine Frage des Instruments sondern des musikalischen Spannungsverlaufs. Ich lerne derzeit gerade, daß es auch Musik ohne Atempausen gibt (im Jazz), aber "normale" Musik hat immer einen Wechsel von Spannungszuständen, mal geht es aktiv vorwärts, mal überläßt man den musikalischen Fluß sich selbst. Und ganz wichtig sind die Atempausen (manchmal deutlich, manchmal fast unmerklich) bei auftaktigen Figuren.
 
Gelegentlich beim Spielen auf einen ganz normalen Stuhl mit Lehne setzen, sich beim Spielen anlehnen und etwas weiter vom Klavier entfernt sitzen als normal. Das gibt ein ganz anderes Spielgefühl und versetzt ein wenig in die Rolle des Beobachters des eigenen Spiels. Dabei ist es schon sehr schwer, sich zu verspannen, und der so erlebte entspannte Zustand lässt sich dann auch beim "normalen" Sitzen leichter herstellen.
 
Ich weiß nicht, ob das nur Einbildung ist, aber wenn ich mich beim Spielen (Üben) entspannen will, strecke ich immer beide füße aus; d.h. je ein fuß links und rechts von den pedalen.
Es fühlt sich gleich ganz anders und viel gemütlicher an.
 

Zum Punkt "Atempause" möchte ich noch anmerken, dass es in Sachen Entspannung vor allem auf die Ausatmung ankommt, die im Verhältnis zur Einatmung in unserem Kulturkreis meist vernachlässigt wird. Kurzes moderates Luftholen und langes entspanntes Ausatmen, strömen lassen wie Gesang. Ich lasse beim Spielen meine Atemenergie, Kokyu, in die Finger fließen ... ;)
 
Wollte den Thread nochmal rauskramen, vielleicht hat noch jemand von den neu registrierten Ideen für lockeres Spielen?

Wie kann man es üben, bewusst und in kurzer Zeit zu entspannen bzw. Verspannung zu lösen?
 
Aus meiner Sicht ist es sehr schwierig, beim Spielen zu entspannen, wenn man erstmal verkrampft ist. Daher sollte man es erst garnicht zur Verkrampfung kommen lassen. (Ich schreibe extra "Verkrampfung", weil ein gewisses Maß an Anspannung manchmal - bei Stücken mit dramatischem Charakter - durchaus notwendig ist.)
 
Vor dem Spielen mache ich es wie Glenn Gould und bade meine Unterarme in heißem Wasser. Für das Spiel ist eine gute Muskellockerung und Durchblutung eminent; dies kann natürlich auch auf anderen Wegen erreicht werden, aber das Baden ist schon sehr effizient.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Sitzposition. Es ist schon erstaunlich, wieviele Klavierschüler falsch am Instrument sitzen. Wenn man nicht sehr früh mit dem Klavierspielen angefangen hat, sind die klassischen Sitzpositionen nicht unbedingt die geeignetsten. Physiologisch gesehen ist der Ruhetonus der Muskeln bei den meisten Hobbypianisten bereits durchbrochen, wenn sie die Hände auf die Klaviatur legen, d.h die Anspannung beginnt schon vor dem ersten Ton. Abhilfe gibt es hier nur über die Trial and Error-Methode, also Ausprobieren, bis man seine Sitzposition gefunden hat. Ein typischer Fehler ist auch, dass bei Stücken die eine große Fingerspannung benötigen, bsw. schnellen Akkordfolgen oder Dezimengriffen, viel zu nah am Klavier gesessen wird. Die Verkrampfung ist vorprogrammiert.

Voratmen. Ein winziger Trick, der aber Wunder bewirkt. Wenn wir Musik hören, beeinflusst dies unsere Atemfrequenz. Dies gilt naürlich auch, wenn wir sie selbst spielen. Wenn man nun am Klavier sitzt und atmet anders, als das Stück welches man gleich spielt, führt dies mitunter zu Irritationen. Entweder "atmet" das Stück falsch, klingt also unausgewogen, oder man selbst. Bevor man also beginnt, stimmt man seine Atmung ab. Man stellt sich die ersten Takte vor und versucht danach zu atmen. Dieses Hineinmeditieren in das Stück ist gerade bei Auftritten außerordentlich wichtig, denn durch die Aufregung ist unsere Puls- und Atemfrequenz ganz gewiss nicht spieltauglich. Auch wenn es komisch ausschaut: lieber eine Minute am Flügel sitzen und Hineinatmen, als vor lauter Lampenfieber gleich drauflos spielen.

LG Marcel
 
Vor dem Spielen mache ich es wie Glenn Gould und bade meine Unterarme in heißem Wasser. Für das Spiel ist eine gute Muskellockerung und Durchblutung eminent; dies kann natürlich auch auf anderen Wegen erreicht werden, aber das Baden ist schon sehr effizient.
LG Marcel

Diese Methode der Muskelentspannung ist zwar sicherlich sehr effizient, jedoch für den alltäglichen Spielgebrauch etwas umständlich.
Ein tolles Rezept kann ich auch nicht bieten, ich helfe mir zumindest soweit, dass ich am Beginn meiner Übe- oder Spielphase Tonleitern und Etüden zum Aufwärmen spiele. Zwischendurch schüttel ich immer mal wieder Arme und Hände aus, v.a wenn ich merke, ich verkrampfe an schwierigeren Stellen. Da die genannten Lockerungsübungen jedoch nur minimale Entspannung bieten, bin ich gespannt, welche anderen Lockerungs- und E-methoden euch einfallen. Meines Erachtens spielt sich jedoch ein großer Anteil bereits im Kopf ab
 
Beim Singen verwenden manche Menschen die Technik, das Gesäß anzuspannen, da dann andere Muskeln (im Hals bspw.) gelockert werden.
Vielleicht ist dies auch beim Klavierspielen möglich? :p

Ich bin übrigens auch der Meinung, dass ein großer Prozentsatz einer erfolgreichen Lockerung vom Denken / der Vorstellung abhängt.

Ich bin auch auf der Suche nach Tipps, die in diese Richtung gehen.
 
Von einen ähnlichen Tipp habe ich schonmal gelesen (ich glaube in Rudolf Kratzerts "Technik des Klavierspiels"): Bei hakeligen Läufen z.B. in der rechten Hand (wenn die linke Hand z.B. donnernde Akkorde dazuspielt) alle Kraft in die linke Hand geben, sich damit quasi ein wenig verausgaben, wodurch die rechte Hand dann entspannt und locker dazu spielen kann.
 
mund locker?

hatte mal vor unzeiten einen meditionskurs mitgemacht und dort erfahren, welche rolle mund/unterkiefer/backenmuskulatur/lippen & zunge spielen.

wenn ich merke, dass ich mich verkrampfe, kontrolliere ich sofort diese bereiche und versuche diese locker zu machen. da hängt dann der unterkiefer recht debil (sabbern vermeide ich noch:D), aber wenn diese regionen locker sind, folgt bei mir in der regel der rest des körpers nach.

orale fixation?
 

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