Suche Erklärung für verschiedene Verzierungen

@hyp408 Bei welchem jetzt? Dem ersten, dem dritten oder dem sechsten Zeichen?
 
Ich will doch einfach nur wissen, wie man die Zeichen denn bitteschön (im Normalfall!) zu spielen hat.

Barocke Verzierungen sind ein weites Feld, das nicht mal eben mit ein paar Sätzen abgehakt werden kann. Den Normalfall gibt es deshalb nicht - es existieren weder einheitliche Zeichen noch einheitliche Ausführungsarten - diese variieren je nach Kontext und Stil (jede Zeit, jede Region, sogar jeder Komponist hat andere Regeln). Einen ersten Überblick findest du bei Interesse in diesem hervorragenden Buch.

Davon abgesehen sind die Verzierungszeichen im Barock nur als ein möglicher Vorschlag des Komponisten zu sehen. Oft gibt es mehrere Quellen (z.B. Abschriften verschiedener Schüler des Komponisten) mit vollkommen unterschiedlichen Auszierungen. Man darf deshalb auch andere (stilistisch passende) Verzierungen spielen, Diminutionen anbringen etc. - gerade in Wiederholungen muss man das eigentlich tun.

Leider gibt es keine gedruckte Anleitung, weil jedes Werk anders ist und vieles einfach dem Geschmack des Ausführenden überlassen bleibt. Geschmack heißt in dem Fall aber nicht, dass es egal wäre, was man tut - es gibt viele Regeln, in welchem Kontext welche Arten von Verzierungen gut, weniger gut oder völlig unangebracht sind. Wenn man das ernsthaft lernen will, braucht man vor allem viel Zeit und Geduld, am besten auch einen guten Lehrer.
 
@mick Nun gut. Aber was soll man machen, wenn man sich mal nicht sicher ist? Einfach die Verzierung ignorieren?
 
@Thomas1234 So spielen, wie es am besten klingt.
 
@mick Nun gut. Aber was soll man machen, wenn man sich mal nicht sicher ist?

Man hält sich an das, was sich seit Jahrhunderten bewährt hat. Beispielsweise:

1) Man vermeide den Vortrag, der das Ohr beleidiget.
2) Man wähle jenen, der das Ohr befriediget.
3) Man ahme große Tonkünstler nach.
4) Man bediene sich trefflicher Instrumente.
5) Man studire mit Achtsamkeit gut gesetzte Stücke.
6) Man bediene sich der Manieren weder zu viel noch zu wenig.


aus: Franz Xaver Rigler - "Anleitung zum Klavier", Wien 1779

Was die Verzierung bei Händel angeht, würde ich nicht mit e, sondern mit fis beginnen, weil das e sonst mit dem e' im Diskant zusammenfällt, was eher farblos klingt. Außerdem sollte der Triller einen Nachschlag haben. Ich würde fis-e-fis-e-dis-e spielen; wenn dir das zu schwierig ist, kannst du auch fis-e-dis-e probieren.
 
Was die Verzierung bei Händel angeht, würde ich nicht mit e, sondern mit fis beginnen, weil das e sonst mit dem e' im Diskant zusammenfällt, was eher farblos klingt. Außerdem sollte der Triller einen Nachschlag haben. Ich würde fis-e-fis-e-dis-e spielen; wenn dir das zu schwierig ist, kannst du auch fis-e-dis-e probieren.
Und wie siehts mit den Notenlängen aus? Quetsch ich die einfach als 64tel da rein?
Also konkret, war das dein erster Vorschlag:
Q1BV7Hk.png

und das dein zweiter (einfacherer)?:
DL9WbDy.png

Ach ja, kann mir bitte einer sagen, ob das Ding denn jetzt auch einen Namen hat?
 
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Das Ding heißt einfach trillo (Triller). In diesem Fall halt einer mit Nachschlag, den man in seiner kurzen Form auch als Doppelschlag oder Cadence bezeichnet. Die Ausführung ist besser, wenn man alle Noten möglichst rasch bis zum letzten e spielt, um auf diesem kurz stehenzubleiben.
 
@cwtoons Das zweite Pdf ist eins zu eins genau das, worauf @BWV999 schon verlinkt hat.
Triller, Trillo, Tirrilli mit Schwänzchen hinten
Wenn du genau hinsiehst, siehst du, dass es genau diese dort eben nicht gibt.

Das einzige, was mir daraus noch weiterhelfen könnte wäre der "Fallende Akzent mit Mordent":
NwS4aBa.png

Mit ein bisschen Fantasie sieht das aus wie mein zweites Zeichen:
m1rDM8w.png

Ist es das oder hab ich mich hier komplett vertan?
 
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Das Ding heißt einfach trillo (Triller). In diesem Fall halt einer mit Nachschlag, den man in seiner kurzen Form auch als Doppelschlag oder Cadence bezeichnet.
Sorry, aber dieser Satz steht irgendwie im krassen Gegensatz zu den beiden Explicationen, auf die @cwtoons und @BWV999 verlinkt haben. Dort wird alles irgendwie ganz anders klassifiziert. Womit hat es sich da auf sich? Ich kann und will einfach nicht glauben, dass das nie vereinheitlicht wurde. Oder ist das einfach ein Fass, das man in diesem Forum nicht aufmachen darf?
 
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Sorry, aber dieser Satz steht irgendwie im krassen Gegensatz zu den beiden Explicationen, auf die @cwtoons und @BWV999 verlinkt haben. Dort wird alles irgendwie ganz anders klassifiziert. Womit hat es sich da auf sich?

Das hat mit dem zu tun, was ich anfangs schon geschrieben habe - es gibt keine einheitliche "Klassifizierung". Was J.S. Bach Cadence nennt, heißt bei C.P.E. Bach Doppelschlag, manchmal wird er auch als Doppeltriller oder Halb Cirkel bezeichnet und die Italiener nennen ihn Gruppetto. Der Pralltriller heißt manchmal einfach Praller, manchmal Trillo, manchmal Schneller, mitunter auch Beißer oder Zwicker; eine Acciacatur heißt woanders Beißer, Coulé, Schleifer, Vorschlag, Messanza oder was auch immer.

Je nach Komponist kann auch die Ausführung deutlich unterschiedlich sein. Das verlinkte Dokument ist mit großer Vorsicht zu genießen - als Quelle taugt es gar nichts. Außerdem bezieht es sich nur auf die Bezeichnungen bei J.S. Bach. Die waren für andere Komponisten überhaupt kein Maßstab.
 
In diesem Forum kannst Du alle Fässer aufmachen, die Du willst. Es ist kein Thema so abstrus, als dass es hier nicht beachtet würde.

Ich habe allerdings den starken Eindruck, dass Du Dich verrennst. Ein Spezialist ist jemand, der von immer weniger immer mehr weiß, bis er vom Nichts alles weiß. Hör' Dir doch einfach 'mal an, wie Gould, Gulda und Schiff Bach spielen. Da kannst Du dann Verzierungen vergleichen und nachspielen.

Alles Weitere regelt dann doch das Musikbundesamt.

Oder Frau Merkel?

CW
 
@mick Ohje. Das klingt aber gar nicht gut. Ich find's echt schade, dass es keine allgemein gültige Bezeichnung und Ausführung für jedes dieser Ungetüme gibt. Ich hab' das Gefühl, dass das komplizierter ist, als es sein muss. :konfus:
Und dennoch: Wenn man nur mit Kenntnis des Komponisten auf die richtige Ausführung schließen kann, dann ist jedes dieser Zeichen für sich allein gestellt (sprich, aus dem Kontext gerissen) völlig unentzifferbar. Das kann doch nicht Sinn der Sache sein.

Hör' Dir doch einfach 'mal an, wie Gould, Gulda und Schiff Bach spielen. Da kannst Du dann Verzierungen vergleichen und nachspielen.
@cwtoons Ja gut, es läuft anscheinend alles darauf hinaus, dass das wohl die einzige verlässliche Methode ist, um die Ausführung von diesen Dingern ausfindig zu machen. Wobei eine Antwort bleibst du mir noch schuldig: Woher weiß denn Gould, Gulda, Schiff und Co. wie es richtig gemacht wird?
 
Und dennoch: Wenn man nur mit Kenntnis des Komponisten auf die richtige Ausführung schließen kann, dann ist jedes dieser Zeichen für sich allein gestellt (sprich, aus dem Kontext gerissen) völlig unentzifferbar. Das kann doch nicht Sinn der Sache sein.

Schreib am besten einen Beschwerdebrief an Bach, Händel, Couperin & Co. - vielleicht geben die sich dann in Zukunft mehr Mühe.
 
Woher weiß denn Gould, Gulda, Schiff und Co. wie es richtig gemacht wird?
Die beiden unglücklicherweise schon Verstorbenen machten es wie der Pfarrer Assmann. Und der machte es wie der Pfarrer Nolte. Und der machte es wie er wollte.

Den Herrn Schiff könntest Du, da er ja erfreulicherweise unter den noch Lebenden weilt, kontaktieren. Ich bin ihm letztens an einer Frittenbude begegnet. Daher weiß ich, dass er den Kontakt zu seinen Fans sucht: Tel. 001 202 456 1111

CW
 
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@mick Ok, kleines Gedankenexperiment:
Sagen wir, jemand kommt mit einem Fetzen Papier zu mir angerannt und darauf sind 2-3 Takte Noten abgebildet, eben mit einem der obigen Ungetümer (außer 5. natürlich). Nehmen wir an, derjenige fragt mich nun nach dessen Ausführung, wäre dann die korrekte Antwort "Das kann man unmöglich sagen ohne den Komponisten zu wissen"?
 
@cwtoons Bei der Sache bleiben ist nicht gerade dein Ding, oder? Aber gut, bin selbst schuld. Die Antwort hab' ich immerhin bekommen.
 
Ich wollt doch nur wissen, was diese Zeichen bedeuten. Im Endeffekt war die Antwort, dass mir das niemand eindeutig sagen kann und ich mir die Ausführung von Profis abschauen soll. Das hätte mir auch als Antwort gereicht, wenn man mir das gleich und direkt am Anfang gesagt hätte, ohne vorher auf zig Dokumente zu verlinken, die ich ja am Ende eh nicht als Quelle benutzen durfte. Mittlerweile bereue ich, dass ich überhaupt mit dem Thema angefangen habe. Entweder man spielt jahrelang ohne blassen Schimmer was die Zeichen bedeuten oder man fängt an ihnen auf die Spur zu gehen und bereut es am Ende...
 

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