Subjektivität in der Interpretation

  • Ersteller des Themas Debbie digitalis
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Hallo Kölnklavier,

so dramatisch war es mit den drei Maibäumen nun auch nicht!

Eine Besichtigung bei Tageslicht ergab, dass der dritte kleine, etwas verschämt in einer Ecke stehende für Sohnemann war (obwohl ja kein Schaltjahr ist!!)

Etwas Sorgen machte dann bei näherer Betrachtung nur noch der ganz große (in Mastbaumstärke) für Älteste Tochter erstellte Baum, der von derTerrasse ausgehend bis zu ihrem Dachbalkon reicht (damit sie den Liebesgruß mit bunten Stoffbändern und großem roten Herz auch immer sieht). Diskussionen über die Standfestigkeit dieses Baums und mögliche Gefahren für sich auf der Terrasse aufhaltende Familienmitglieder wurden zwischenzeitlich ergebnislos eingestellt!

Weitere Gedanken zum Thema "Subjektivität in der Interpretation" später, erst kommt noch Rhein in Flammen, diesmal erlebt und betrachtet aus der Perspektive eines Schiffspassagiers...


Nächtliche Grüße

Debbie digitalis
 
Subjektivität der Interpretation

Hallo zusammen zu später Stunde,

unabhängig davon, ob wir bei konkreten Stücken eine individuelle Interpretation des sie darbietenden Pianisten ausmachen können (bzw. ausmachen können sollten) stellt sich mir nun doch die Frage, ob - , nicht nur bei konzertanten Vorträgen, sondern auch bei jeglicher Art von Aufnahmen - eine spezifische, dem konkreten Pianisten eigene Spielart bzw. Stilistik ausgemacht werden kann (bzw. können sollte), die sein Spiel auszeichnet und für deren Zuhörer erkennbar ist (auch wenn er praktisch "blind" hört und nicht weiß, wer das Stück xy gerade spielt)?

Wohin soll das Schiff also - auch aus der Sicht eines pianistischen Anfängers - gesteuert werden?

Was sagen hierzu die Klaviergötter (nicht nur die im Forum, sondern auch und besonders die K-Götter in der realen pianistischen Welt)?:rolleyes:

Liebe Grüße

Debbie digitalis
 
Was sagen hierzu die Klaviergötter (nicht nur die im Forum, sondern auch und besonders die K-Götter in der realen pianistischen Welt)?:rolleyes:

Hallo Debbie digitalis,

ich würde zwar niemals auf die Idee kommen, mich als "Klaviergott" zu bezeichnen, antworte jetzt aber trotzdem mal. ;)

unabhängig davon, ob wir bei konkreten Stücken eine individuelle Interpretation des sie darbietenden Pianisten ausmachen können (bzw. ausmachen können sollten) stellt sich mir nun doch die Frage, ob - , nicht nur bei konzertanten Vorträgen, sondern auch bei jeglicher Art von Aufnahmen - eine spezifische, dem konkreten Pianisten eigene Spielart bzw. Stilistik ausgemacht werden kann (bzw. können sollte), die sein Spiel auszeichnet und für deren Zuhörer erkennbar ist (auch wenn er praktisch "blind" hört und nicht weiß, wer das Stück xy gerade spielt)?

Da fällt mir natürlich der Pianist ein, der wohl von allen am eindeutigsten zu erkennen ist: Glenn Gould. Seine Spielweise war so konsequent subjektiv, dass man quasi immer sofort hören kann, ob eine Aufnahme von ihm oder von jemand anderem ist. Die Vorliebe für Staccato-Spiel und für strukturelle Klarheit und (meistens) die Vermeidung von romantisch-emotionalem Spiel waren für ihn so charakteristisch wie für keinen anderen Pianisten.

Ob das nun gut oder schlecht ist, darüber gibt es natürlich geteilte Meinungen. Alfred Brendel z.B. war ein Gegner der Gould'schen Interpretationen und bezeichnete sie als ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Für andere ist Gould ein Genie.

Glenn Gould ist für mich der am deutlichsten subjektiv orientierte Pianist. Welcher andere käme da noch in Frage? W. Kempff vielleicht... Oder Horowitz... Hm... :roll:

Wohin soll das Schiff also - auch aus der Sicht eines pianistischen Anfängers - gesteuert werden?

Wie meinst du diese Frage im Zusammenhang mit der Subjektivität in der Interpretation? Möchtest du wissen, ob man als Anfänger eine eigene subjektive Stilistik entwickeln sollte, vergleichbar dem Beispiel Glenn Goulds?

Grüße von
Fips
 
Hallo DD!

unabhängig davon, ob wir bei konkreten Stücken eine individuelle Interpretation des sie darbietenden Pianisten ausmachen können (bzw. ausmachen können sollten) stellt sich mir nun doch die Frage, ob- , nicht nur bei konzertanten Vorträgen, sondern auch bei jeglicher Art von Aufnahmen - eine spezifische, dem konkreten Pianisten eigene Spielart bzw. Stilistik ausgemacht werden kann

Hm :confused: Was genau meinst du damit? Ich verstehe die Frage nicht so ganz. Was ist für dich der Unterschied zwischen "konzertanten Vorträgen" und "jeglicher Art von Aufnahmen"? Und was meinst du mit "Spielart bzw. Stilistik"? Steh` ich auf`m Schlauch?? Verstehst du darunter etwas, was mit der Interpretation erst mal gar nichts zu tun hat. Quasi so, als gäbe es einen Unterschied in der Weise wie Pianist x einen einzelnenTon anspielt im Vergleich zu Pianist y. Meinst du die Es-Dur Tonleiter ohne jeglichen musikalischen Kontext (wenn es das gibt) klingt bei Olli Mustonen anders als bei Friedrich Gulda? Hm, kann sein und ist bestimmt so. Aber was will uns das sagen? Der eine spielt Fazioli, der andere Bösendorfer :D

Wohin soll das Schiff also - auch aus der Sicht eines pianistischen Anfängers - gesteuert werden?

Entweder ich hab` heute ein großes Brett vorm Kopp, oder bei dir war nicht nur der Rhein in Flammen!:D Welches Schiff soll wohin???

Was sagen hierzu die Klaviergötter (nicht nur die im Forum, sondern auch und besonders die K-Götter in der realen pianistischen Welt)?

Vielleicht erklärt das meine lange Leitung: mir fehlt der göttliche Funke :idea:
Ansonsten -auch wenn ich nix verstanden hab`- finde ich dein post wirklich interessant.

Lieben Gruß, Sesam
 
Ich bin mit dem Begriff "Subjektivität" immer noch nicht glücklich geworden ;)

Irgendwo impliziert das ja, wie ich schon mal angemerkt habe, dass es eine Objektivität gibt. Oder wenigstens objektivere und weniger objektivere Interpretationen.

Wenn man z.B. Glenn Gould gefragt hätte, warum er die Goldbergvariationen so spielt, wie er sie spielt, wäre seine Antwort nicht gewesen, dass sie eben genauso gespielt werden "müssen" ? Dass es "richtig" ist sie so zu spielen?

Ich denke, ich bin zufrieden, wenn ich ein Werk so spielen kann, dass genau das herauskommt, wie ich mir das Werk vorstelle. Man kann mich dann sicherlich davon überzeugen, dass etwas anderes "richtiger" ist, aber letztlich spiele ich doch immer bloß das, wovon ich ganz subjektiv überzeugt bin.

So, alle Klarheiten beseitigt ? :D

lg marcus

P.S.: Vlt findet wenigstens jemand meine Ausführungen inspirativ (=zum Nachdenken inspirierend)
 
Ich bin mit dem Begriff "Subjektivität" immer noch nicht glücklich geworden ;)

Irgendwo impliziert das ja, wie ich schon mal angemerkt habe, dass es eine Objektivität gibt. Oder wenigstens objektivere und weniger objektivere Interpretationen.

[...]

...aber letztlich spiele ich doch immer bloß das, wovon ich ganz subjektiv überzeugt bin.

Vielleicht bedeutet "Objektivität" in diesem Zusammenhang so viel wie "Common Sense", also so etwas wie der beim Großteil der Musikausübenden herrschende Konsens darüber, wie etwas idealerweise gespielt werden sollte. "Subjektivität" würde dann heißen, dass jemand von diesem Common Sense abweicht.

Das muss nicht heißen, dass der Common Sense immer der beste ist, - er ist halt einfach der Mainstream. Glenn Gould z.B. wich oft eklatant vom damaligen Mainstream ab und war in diesem Sinne ein sehr subjektiver Pianist. Seine Subjektivität war trotzdem auf ihre Weise genial.

Ich weiß nicht, ob das jetzt hilft...

Grüße von
Fips


PS: Eigentlich hasse ich es, mehr als die allernötigsten Anglizismen zu benutzen, aber für "Common Sense" ist mir auf die Schnelle kein griffiges deutsches Wort eingefallen. ;)
 
Ich bin mit dem Begriff "Subjektivität" immer noch nicht glücklich geworden ;)

Irgendwo impliziert das ja, wie ich schon mal angemerkt habe, dass es eine Objektivität gibt.

Das Gegenteil von subjektiv wäre in bezug auf das Klavierspiel: motorisch bzw. mechanistisch.

Vielleicht wäre es besser, von emotional statt von subjektiv zu reden.
 
Das Gegenteil von subjektiv wäre in bezug auf das Klavierspiel: motorisch bzw. mechanistisch.

Vielleicht wäre es besser, von emotional statt von subjektiv zu reden.
Warum sollte gerade das das Gegenteil sein?
Mein aktuelles Bach Präludium spiele ich auch motorisch :p

Da fällt mir ein, wie wärs mit einem Thread "Wie komme ich zu einer (gelungenen?) Interpretation?" :)

Irgendwie hängt dieser Thread auch an dem Thema "Was unterscheidet eine Amateurversion von einer Profiversion?"

lg marcus
 
Subjektivität der Interpretation

Da fällt mir natürlich der Pianist ein, der wohl von allen am eindeutigsten zu erkennen ist: Glenn Gould. Seine Spielweise war so konsequent subjektiv, dass man quasi immer sofort hören kann, ob eine Aufnahme von ihm oder von jemand anderem ist. Die Vorliebe für Staccato-Spiel und für strukturelle Klarheit und (meistens) die Vermeidung von romantisch-emotionalem Spiel waren für ihn so charakteristisch wie für keinen anderen Pianisten.
Ob das nun gut oder schlecht ist, darüber gibt es natürlich geteilte Meinungen.
Wie meinst du diese Frage im Zusammenhang mit der Subjektivität in der Interpretation? Möchtest du wissen, ob man als Anfänger eine eigene subjektive Stilistik entwickeln sollte, vergleichbar dem Beispiel Glenn Goulds?
Grüße von
Fips

Hallo DD!
Was genau meinst du damit? Ich verstehe die Frage nicht so ganz. Steh` ich auf`m Schlauch?? Verstehst du darunter etwas, was mit der Interpretation erst mal gar nichts zu tun hat. Quasi so, als gäbe es einen Unterschied in der Weise wie Pianist x einen einzelnenTon anspielt im Vergleich zu Pianist y. Meinst du die Es-Dur Tonleiter ohne jeglichen musikalischen Kontext (wenn es das gibt) klingt bei Olli Mustonen anders als bei Friedrich Gulda? Hm, kann sein und ist bestimmt so. Aber was will uns das sagen?


Entweder ich hab` heute ein großes Brett vorm Kopp, oder bei dir war nicht nur der Rhein in Flammen!:D Welches Schiff soll wohin?
Ich bin mit dem Begriff "Subjektivität" immer noch nicht glücklich geworden ;)

Irgendwo impliziert das ja, wie ich schon mal angemerkt habe, dass es eine Objektivität gibt. Oder wenigstens objektivere und weniger objektivere Interpretationen.

Wenn man z.B. Glenn Gould gefragt hätte, warum er die Goldbergvariationen so spielt, wie er sie spielt, wäre seine Antwort nicht gewesen, dass sie eben genauso gespielt werden "müssen" ? Dass es "richtig" ist sie so zu spielen?

Ich denke, ich bin zufrieden, wenn ich ein Werk so spielen kann, dass genau das herauskommt, wie ich mir das Werk vorstelle..
So, alle Klarheiten beseitigt ? :

lg marcus

P.S.: Vlt findet wenigstens jemand meine Ausführungen inspirativ (=zum Nachdenken inspirierend)


Hallo an alle, die mir geantwortet haben,

wie obige Zitate zeigen, war meine Fragestellung zur Subjektivität der Interpretation eher verwirrend und unklar für euch und ihr konntet eher wenig damit anfangen. Trotzdem haben eure Antworten meine Fragen auch beantwortet! Auf eure Rückfragen will ich wie folgt eingehen:

zunächst an Sesam:
Zitat: Entweder ich hab` heute ein großes Brett vorm Kopp, oder bei dir war nicht nur der Rhein in Flammen!: Welches Schiff soll wohin?

Also falls du es noch nicht weisst:
der Rheinländer muss einfach mindestens einmal im Jahr "Böötchen fahren" und dieses Jahr war "Rhein in Flammen" bei dem Superwetter besonders schön! -
Das hatte aber mit meiner offenbar verworrenen Fragestellung rein gar nichts zu tun!:

an Fips7, Marcus, Sesam, Haydnspaß und alle die hier nur lesen:
ich habe diese Frage nun wirklich nicht unter der Annahme gestellt, dass ich es als Anfänger anstreben sollte, so unverkennbar wie Glenn Gould oder irgend ein anderer großer Pianist zu spielen!

Die Frage ergab sich auch weniger aus meinen eigenen Klavierbemühungen als rein daraus, dass ich z.Zt. viele bekannte Klavierwerke gespielt von verschiedenen großen Pianisten anhöre und sich dabei für mich die Frage stellt, inwieweit die Schönheit und Einzigartigkeit dieser Interpretationen in der Komposition und inwieweit in der individuellen Präsentation derselben durch den Pianisten liegt.

Es ist daher weniger eine Frage, die mich als Klavieranfänger beschäftigt, als eine, die sich mir als Zuhörer der großen Werke gespielt von großen Pianisten stellt. Vielleicht geht die Frage auch so etwas in Richtung der Grauzone zwischen noch Interpretation und schon Improvisation?

Aber abschließend:
Eure Antworten waren alle sehr aufschlussreich für mich und ehe ich hier noch größere Verwirrung stifte, schlage ich vor, dass dieser Faden hier beendet oder unter einer klareren und verständlicheren Fragestellung von einem anderen weitergeführt wird.:p


Liebe Grüße

Debbie digitalis
 

sich dabei für mich die Frage stellt, inwieweit die Schönheit und Einzigartigkeit dieser Interpretationen in der Komposition und inwieweit in der individuellen Präsentation derselben durch den Pianisten liegt.

Das ist nun allerdings eine sehr interessante Frage! :)

Sagen wir mal so: auch der beste Pianist kann aus einem Stück nur das herausholen, was in dem Stück latent schon drinsteckt. Gewöhnlich kann man davon ausgehen, daß man nur Bruchteil dessen zu hören bekommt, was in einer Komposition drinsteckt. Da man aber von jedem Pianisten einen anderen Bruchteil zu hören bekommt, bekommt der Hörer mit der Zeit doch einen ziemlich guten Eindruck davon, wie sich das Stück - optimal gespielt - anhören könnte.


Es ist ein bißchen wie bei Karikaturen: man erkennt die Person dahinter, auch wenn doch alles sehr verzerrt und zugespitzt gezeichnet ist.
 

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