"Stress" beim Erstellen eigener Aufnahmen

Dreiklang

Dreiklang

Dabei seit
14. Nov. 2010
Beiträge
9.986
Reaktionen
1.275
Hallo liebe Foris,

ich hatte versucht, eine Kleinigkeit aufzunehmen, mit dem Ziel, diese öffentlich zu stellen. Zwar an der Grenze meiner klavierisch-technischen Fähigkeiten, aber allein für mich gespielt ging das Ganze eigentlich wunderbar.

Bis dann das Aufnahmegerät dazukam... ich schätze, 50% der Sicherheit beim Spiel waren weg, kaum irgendwas lief überhaupt noch fehlerfrei bzw. schön, und ich fand das alles ziemlich frappierend.

Ich bin jetzt noch dran, und versuche das hin- bzw. in den Griff zu kriegen, mit kleinen Teilerfolgen...

Aber trotzdem würden mich die Erfahrungen Anderer interessieren, die diesen Prozeß schon mal durchgemacht haben (eigene Aufnahmen erstellen).

Wie wird das mit dem "Stress", mit dem "Abgelenkt-Sein", beim Aufnehmen, besser? Muß man das einfach nur lange genug machen, und dann wird's schon...?

Im Moment lasse ich das Aufnahmegerät einfach immer mitlaufen, auch beim Üben, um mich an dessen Gegenwart zu gewöhnen... ;)

Viele Grüße
Chris
 
Das kann ich mehr als nachvollziehen:
https://www.clavio.de/forum/einspielungen-unserer-forum-mitglieder/17834-vorspielen-workshop.html
Evtl. machst Du bei diesem "Workshop" einfach mit? Spiele einfache Sachen ein, von denen Du meinst, dass Du die wirklich drauf hast. Wichtig für den Kopf ist, das Aufgenommene dann auch wirklich hier zu veröffentlichen, auch wenn Du Dich verhaspelst! Denn an genau diesen Druck muss man sich gewöhnen und ihn nicht mehr als solchen empfinden, will man irgend wann mal trotz Aufnahmegerät oder Zuhörer frei spielen.

Ich merke gerade, es wird mal wieder Zeit....irgend wie kam das Claviotreffen und Stammtisch dazwischen...was ja auch ganz gute "Vorspielübungen" sind.
 
Ich glaube nicht, dass ich objektiv schlechter spiele, wenn Zuhörer dabei sind oder ein Aufnahmegerät. Aber definitiv kann ich meine eigenen Aufnahmen nicht leiden und mag sie auch nicht anhören. Aufnahmen anderer Pianisten schon - es liegt also nicht an der Aufnahme an sich. Obwohl mir ein Konzert immer viel lieber ist!

Gruß, Mick
 
Ja, is bei mir auch so. Das gleiche halt, wie wenn ich vor Publikum spiele. Hab mich jetzt dran gewöhnt, dass wenn ich für andere spiele, es immer bisschen schlechter ausfallen wird als wenn ich alleine daheim übe... was solls. So paar kleine Patzer stören jetzt nicht sooo
 
Hi 3k ;)

Habe früher viel, oft und gerne aufgenommen. Etwas intensiver jedoch erst wieder, seit ich bei CLAVIO bin. Hier fliegt, wie ich neulich auch schonmal im chat sagte, noch ganz viel auf MC, oder Minidisc oder auf alten Rechnern und Festplatten herum, das ich eigtl. alles mal auf CDs packen möchte...OK:

Also Angst kenn ich da eigtl. nicht wirklich, und was Peter sagt, ist GANZ wichtig: Auch wenn man rauskommt oder danebengreift: Trotzdem die Aufnahmen nicht löschen, sondern uppen oder / und Freunden vorspielen. Mein Freund aus den USA hat damals viele Sachen von mir geschickt bekommen, teils welche, wo ich n bisschen GENAUER hingeguckt hatte ( resp. Waldsteinsonate ), teils aber auch welche, wo ich tatsächlich nur rumgökele. ABER auch welche, die meinen momentanen ( zu der damaligen Zeit ) Gottschalk-Stand dokumentieren sollten, denn z.B. dieses DOVER-BOOK hatte ich mir erst kurz zuvor besorgt, und wollte UNBEDINGT zeigen, wie der Status war ( hab glaub ich das halbe Buch aufgenommen und hingeschickt *ggg* ).

Da wars ja nun so: n BISSCHEN Bammel hatte ich ja schon, weil ja...also wegen der Kompetenz des Empfängers ( Juilliard, usw., zusätzlich Libermann-Schüler...ich dachte so: "mhhh....gefääääährlich....." ;);) ), aber das war absolut UNBEGRÜNDET und so entwickelte sich REGER Austausch von Aufnahmen, und - vor allem: Reges DISKUTIEREN !!! Da kam ganz viel Wissenswertes für mich zum Vorschein!

Bei einer Sache bin ich mir daher HEUTE auf jeden Fall sicher: Da damals schon der "Bammel" ggü. diesem Mann unbegründet war: Daher hab ich heute eigtl. vor KEINEM Publikum Angst. Ganz gleich, ob es "ernste" Aufnahmen sind, oder Gegökel, wie neulich ( paar kennen ja mein Gegökel von letztem Mal ) ;)

Also ich kann nur sagen: Aufnehmen Aufnehmen Aufnehmen. Ohne Ende. Und dass Du das Gerät immer mitlaufen lässt, halte ich für eine GUTE Idee, Dreiklang !

LG, Olli !!
 
Ich glaube nicht, dass ich objektiv schlechter spiele, wenn Zuhörer dabei sind oder ein Aufnahmegerät.

Dann macht die "Vorspielsituation" für Dich praktisch keinen Unterschied (mehr), und es gelingt Dir, Dich ganz auf das Klavierspiel an sich zu konzentrieren. Das ist bei mir im Moment leider noch anders. Und mir fehlt natürlich auch das "live-Vorspiel" vor Anderen - das würde sicher ähnlich schlecht klappen.

Das Aufnahmegerät war so etwas wie ein enormer, stresserzeugender Eindringling, in die kleine musikalische Welt, die ich mir durch mein eigenes Spiel und Üben immer schaffe.

Aber definitiv kann ich meine eigenen Aufnahmen nicht leiden und mag sie auch nicht anhören.

Wenn mir mal eine Aufnahme halbwegs gelungen ist, dann kann ich die mir auch anhören. Damit hab' ich wenig Probleme (außer, daß es vielleicht noch nicht "gut genug" ist). Allgemein haben Leute oft ein Problem damit, glaube ich, die eigene Stimme aufgenommen zu hören.

Also ich kann nur sagen: Aufnehmen Aufnehmen Aufnehmen. Ohne Ende. Und dass Du das Gerät immer mitlaufen lässt, halte ich für eine GUTE Idee, Dreiklang !

Ja. Manchmal vergesse ich aber auch, es wieder abzuschalten :cool: aber das kommt noch. Wenn man das Aufnahmegerät immer mitlaufen läßt, könnt' man auch mal rausmessen, wie lange man immer so übt am Tag (ich könnt' das höchstens irgendwie schätzen)

Viele Grüße
Chris
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Geht mir genauso. Habe vor einigen Wochen fleissig Videos von dem Stück gemacht, das ich am besten kann, mit dem Ziel es hier reinzustellen um mal neues feedback als das meiner KL bekommen zu können.

Es ging jede Aufnahme in die Hose. Habe mich ständig verhaspelt. War die Kamera weg, ging es wieder. Habe es dann etwas frustriert wieder sein lassen.

40er
 
In solchen Situationen beneide ich Kinder. Früher hat man begeistert vor jedem Publikum und vor jeder 8mm-Cam seine nochso defizitären Fertigkeiten präsentiert und sich einfach nur gefreut. Und alle anderen haben sich auch gefreut - oder taten wenigstens so. ;)

Eigentlich vermisse ich die Unbefangenheit sehr, mit der man als Kindergarten- oder Grundschulkind mit der Blockflötengruppe durch die Veranstaltungen getingelt ist und zwischen zwei Stücken noch ein Gedicht aufgesagt hat.

Tja. Fluch und Segen der Bewusstwerdung und des damit verbundenen Strebens nach kompetitiver Perfektion.

Ein kleiner nostalgischer Seufzer verhallt unbeachtet in den Weiten des WorldWideWeb...
 
Ich glaube, Stress bei Aufnahmen kennt wohl jeder. Wobei es ein Unterschied ist, ob man die Aufnahme macht, um Fortschritte bei sich selber zu kontrollieren oder um sie anderen Leuten vorzuspielen. Wenn es ein vorspielbares Ergebnis werden soll, dann kommt der Stress. Kann aber auch positiv sein. Wenn wir mit unserer Band proben, dann pfuschen wir manchmal ziemlich rum. Aber sobald die Aufnahme läuft, konzentrieren sich alle viel mehr.

Ich war schon öfter im Studio um Aufnahmen mit einer Band zu machen. Da ist der Stressfaktor natürlich besonders hoch. Zeit ist Geld und die Kritiker sind auch gleich vor Ort. Das funktioniert bei mir nur dann gut, wenn ich vorher die Studiosituation zu hause bis zum Erbrechen simuliert habe. Also meinen Track alleine mit Kopfhörer und Klick spielen und aufnehmen. Selbst wenn dann ein Durchgang fehlerfrei ist, findet man selber doch immer irgendwelche Passagen, die einem nicht gut genug sind.
 
Hallo,

ich habe jahrelang mit den selben Schwierigkeiten gekämpft. Bis vor einigen Monaten. Dann hat's "klick" gemacht.

Zunächst: Dieses Problem hatte ich früher immer beim E-Gitarrenspiel. Zuhause hat alles geklappt, ich war DIE Reinkarnation von Hendrix schlechthin. Stand ich dann im Laden und wollte eine neue Axt anspielen, war ich urplötzlich Karl Napf, der zum ersten Mal eine Gitarre anfassen sollte. Und so spielte ich dann auch.

Anfangs ging mir das auch mit dem Klavier so, bis ich einen Strich zog und für mich beschloss, anders an die Sache ran zu gehen.

Die folgenden Punkte entstanden im Dialog mit mir selbst und erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder Nachvollziehbarkeit. Wer etwas draus lernen will und für sich übernehmen kann: Glück gehabt. Wer nicht: tja...

1. Wenn ich mich ans Klavier setze, dann ist das meine Zeit, und zwar NUR meine Zeit. Die nächsten 15, 30 oder 60 Minuten gehören mir alleine. Alle anderen können mich dann mal. Die Familie, Freunde, die (vermeintliche) Audienz, der Recorder: ihr existiert jetzt nicht. Jetzt gibt es nur mich und meine Musik. Punkt. Wenn ich Probleme mit euch habe, oder mich einfach nur mit euch auseinandersetzen will, dann bitte später. Das erfreuliche an Problemen ist nämlich, dass sie einem nicht davonlaufen.

2. Wenn ich aufnehmen will: beherrsche ich das Stück wirklich? Sei ehrlich! Ich erkenne, ob ich ein Stück beherrsche oder nicht an folgenden Punkten:
  • Habe ich mich mit dem Stück ausreichend auseinander gesetzt? Sind mir seine Progressionen vertraut? Ist mir die Melodielinie auch wirklich vertraut? Was ist mit schwierigen Passagen? Höre ich die einzelnen Töne auch wirklich noch, auch wenn sie schnell gespielt wurden oder rhythmisch anspruchsvoll sind?
  • Kann ich in jedem(!) Takt wieder einsteigen, wenn ich mich verspielt habe?
  • Habe ich überhaupt einen Bezug zu dem Stück oder spiele ich nur zur Pose?
  • Bin ich bei manchen Passagen froh, wenn ich sie endlich hinter mir habe? Falls ja, dann brich ab und vergiss es. Du bist nicht soweit. Punkt.
Trifft einer der obigen Punkte (bis auf den letzten) nicht zu, dann beherrsche nicht ich das Stück, sondern das Stück beherrscht mich. Sieh's einfach ein. Punkt.
Ein weiteres Indiz dafür, dass ich ein Stück beherrsche, ist wenn ich mit dem Stück spielen kann, es leicht abwandeln, Melodielinien improvisieren, mit dem Tempo spielen oder rhythmisch anders phrasieren kann. Die Königsdisziplin wäre das Transponieren in eine andere Tonart, natürlich in Echtzeit. Aber so hoch lege ich die Latte nicht. Treffen die vorigen Punkte zu, fühle ich mich sicher genug, das Stück vorzutragen. Sei's nun vor Publikum oder vor dem Recorder.

3. Beherrsche lieber 4 Stücke richtig gut als 14 oder 40 nur halb. Die Stücke dürfen ruhig einfach sein. Schlichtheit ist schließlich keine Sünde. Die Gymnopédie in einer vereinfachten Version überzeugend vorgetragen schlägt die Mondscheinsonate in der Originaltonart, die du eigentlich überhaupt nicht beherrschst und viel zu hektisch vorträgst. Ein Recording kann dann natürlich überhaupt nicht gelingen.

4. Bin ich wirklich konzentriert oder kacke ich mir vor Angst gleich in die Hosen? Trifft letzteres zu: Abbruch. Konzentrier dich. Konzentration bedeutet übrigens nichts Verkrampftes. Im Gegenteil. Konzentration ist Freiheit und Leichtigkeit. Die Freiheit sich von allen anderen Dingen, die einen den Tag über so beschäftigen, eine Auszeit zu nehmen und sich ausschließlich auf einen Punkt zu konzentrieren. Konzentration fühlt sich locker und leicht an. Ist Konzentration vorhanden, beginnt die Kontemplation. Höre ich erstmal jeden Ton, dann kann ich mich auch mit jedem Ton beschäftigen und (er)klingen lassen, seine Farbe und sein Wesen wahrnehmen.

5. Nach dem Recording:
Ja, ich bin technisch versiert und könnte jetzt mit der entsprechenden Software einen zweiten Rubinstein aus mir machen. Lass das. Nimm das Rohmaterial und lade es hoch. Kompressoren, nachträglicher Hall usw: alles schönes Spielzeug und alles schöner Schein. Steh zu deinen Fehlern. Nobody's perfect.
"Man hört mein Atmen auf dem Recording!" - Na und? Klavierspielen ohne Atmen geht schließlich nur schlecht.
"Man hört Trittschall!" - Wayne? Trittschall ist sexy, weil lebendig.
"In Takt 24 hab ich mich gehörig vergriffen!" - Und? Du beherrschst das Stück und hast die Passage elegant umschifft. Manche bemerken das noch nicht mal. Und die, die es bemerken, zwinkern dir zu. Den Knüppel aus dem Sack holt eh keiner.
"Meine Recordingtechnik ist zu schlecht. Ich brauch besseres Equipment!" - Ach komm, Junge...

6. Nach dem Hochladen:
Jaja, die elenden Likes. Wer hört nicht gerne, dass er gut spielt?
Mach dich frei davon. In erster Linie spielst du nämlich immer nur für dich selbst. Wie sieht's denn mit dir aus? Findest du gut, was du da hochgeladen hast? Ja? Dann sei stolz drauf und genieße den Moment ausgiebig. In 2 Monaten denkst du nämlich wieder komplett anders darüber und findest mehr Haare in der Suppe als dir lieb ist. Aber das ist gut so. Denn das bringt dich vorwärts.
Dir gefällt nicht, was du hochgeladen hast? Dann nimm das sofort wieder runter. Denn eine Regel trifft eigentlich immer zu: Wenn du nicht selbst überzeugt davon bist, was du tust, dann sind es die anderen meistens auch nicht. Und wenn doch: dann bleibt dir nur die Verwunderung. Verstehen tust du das aber nicht. Und weiterbringen tut dich das ebenfalls nicht.

7. Wie gehe ich mit Kritik um?
Denk immer dran: Jeder Mensch hat eine subjektive Vorstellung sowie eine subjektive Wahrnehmung von Musik. Also renn nicht gleich zu Mamas Rockzipfel, wenn dir ein wenig Gegenwind entgegenbläst. Dem einen spielst du zu schnell, dem anderen zu langsam, dem dritten zu laut, dem vierten passt überhaupt nichts. Hör dir die Kritik sorgfältig aber mit Gleichmut an. Was hat mir der/die Gute zu sagen? Verstehe ich die Kritik überhaupt? Nehme ich die Kritik persönlich? Denk dran: wie du jetzt mit Kritik umgehst bestimmt wie dein nächstes Recording aussieht. Und hör auf, es allen Recht machen zu wollen. Nochmal: du spielst in erster Linie für dich selbst. Du musst nur vor dir gerade stehen, vor niemandem sonst. Wenn alle Pianisten immer nur gefällig gespielt hätten, dann hätte es in Sachen Klavierspiel nie einen Fortschritt gegeben.

8. Zu guter Letzt:
Lass dich nicht verwirren, wenn manche über die Auswahl deines Stücks die Nase rümpfen.
Dir sollte eins klar sein: man mag Musik mit Attributen versehen wie "langweilig", "farblos", "feige", "kommerziell" usw. Aber die Eigenschaften "schlecht" und "gut" lass mal lieber außen vor. Wer Musik so betiteln und unterscheiden muss ist in Wirklichkeit ne ganz arme Sau. Denn es gibt keine schlechte Musik.
 

Neuromancer, schöner Beitrag!
 
@Neuromancer: Sehr geil und auf den Punkt gebracht.
 
Ich schließe mich an: ein toller Beitrag, Neuromancer...!

Was das Klavierspiel angeht: für mich ist das nach wie vor nur Bewegen von Tasten, und ein Auftritt ist eigentlich nichts anders, als eine Menge hochkomplexer, vorher erlernter Bewegungen vor Publikum korrekt durchzuführen. Auch wenn einem beim Zuhören dabei die Seele schmelzen sollte...

"Erlernter" Bewegungen. Wann sind diese Bewegungen aber jetzt: "erlernt" genug?

Ich schildere mal weiter meine Erfahrungen bisher. Wie gesagt, zuerst war das Aufnahmegerät ein mächtiger, störender Eindringling. Danach habe ich mir gesagt: gut, akzeptiere diesen Eindringling, integriere ihn in Deine musikalischen Welt, sieh ihn als Teil davon, kämpfe nicht gegen ihn. Später habe ich mir dann mal gesagt: Du tust hier etwas schönes für andere, Du machst Musik. All das hat schon ein wenig geholfen (und vielleicht hilft's auch jemand anders, deswegen schreibe ich es hier).

Der größte Schritt vorwärts war es, als ich einige Dinge erkannt hatte. Wenn ich für mich ganz allein spiele, bzw. übe, an schweren Sachen, dann befinde ich mich in einem Zustand tiefer Entspannung, und gleichzeitig tiefer Konzentration. Das ist nichts Anstrengendes, sondern viel eher: etwas sehr Zielgerichtetes. Es ist nichts im Bewußtsein außer dem Gelingen des Spiels, dem zielgerichteten Arbeiten daran (das Üben), und auch nichts, das diesen Zustand durch ablenkende Gedanken stört.

Beim Aufnehmen war das dann ganz anders. Da schwirren einem Gedanken durch den Kopf: jetzt muß es gelingen, Mist, schon wieder ein Fehler, nächster Versuch, Du willst das jetzt öffentlich machen, etc.

Dann hab' ich mir gesagt: "Ich lasse mir diesen inneren Zustand jetzt einfach nicht nehmen", und es gelang mir tatsächlich, diesen inneren Zustand in mir bewußt zu erzeugen und zu halten (so eine Art "Modus", in dem man ist, wo dann alles bestmöglich gelingt), und das war ein Durchbruch.

---

Es ist eben auch interessant: diese Dinge, wie Stress beim Aufnehmen, finden ja tatsächlich nur im Kopf statt - und dort liegen wohl auch mögliche Lösungen dafür. Es ist ja nicht so, als wenn jemand Öl auf die Tasten gegossen oder die Schwerkraft verändert hätte, alles ist physikalisch noch so wie vorher, nur im Kopf ist etwas anders.

Was eigentlich? Ist es das "in Konkurrenz-Treten" zu anderen, das Verglichen-Werden, das Vergleichbar-Werden, mit anderen? Die Angst, die man hat, vor einer möglichen Abwertung der eigenen Person? Kritiker können ja auch schon böse sein, da hat Neuromancer vollkommen recht...
 
Tja, was ist das. Ich kannte mal einen Tennisspieler, der war ein Trainings-Ass. Bei Trainingsspielen hat er jeden vom Platz gefegt. Aber bei einem Turnier....grauenhaft. Das reinste Nervenbündel. Irgend wann hat er angefangen, vor einem wichtigen Match Bananen zu fressen (soll angeblich beruhigen); im Match hat er dann Bauchschmerzen bekommen. :D Später hat er sogar auf Wein und Bier zurückgegriffen.

Also wenn nix hilft, spielt man halt besoffen....auch eine Art Hypnose. :D
 
Bessere Antworten kannst Du wohl nirgends finden, vor allem im Blick auf Newromancers Beitrag. Ich persönlich sehe das Problem darin, dass man in einer Vorspielsituation (Vorspiel, Aufnahme, Nachbarn hören mit) aufhört, bei sich zu sein. Man steigt gedanklich sofort in andere Leute, die zum "Feind" werden: was denkt nur der Kollege, der hochdekorierte Konzertpianist, die Nachbarin,etc..und schon passiert es. Die fremden Leute haben einem ja nichts getan, und haben es auch nicht vor. Sie dürfen für Dich und Dein Spiel keinerlei Rolle, vor allem keine negative Rolle spielen. Es gibt nur Dich und die Musik.
 
Hallo,

eigentlich wollte ich ja nichts mehr schreiben, weil alles, was ich zu sagen habe, oben schon gesagt wurde, aber...

Kritiker können ja auch schon böse sein, da hat Neuromancer vollkommen recht...

Das habe ich an keiner Stelle behauptet.

Das Gegenteil ist der Fall: die meisten Kritiken sind harmlos und von einem subjektiven Musikverständnis des Einzelnen geprägt. Auf dieses individuelle Musikverständnis hat jeder ein Recht. Damit muss man leben.
Außerdem bin ich oben nur auf die negativen Kritiken eingegangen. Selbstverständlich empfängt man aber auch viel positive Kritik, solange man keinen absoluten Müll abliefert.

Überhaupt kann ich unter Musikern eigentlich nur sehr wenige Arschlöcher ausmachen.
Diejenigen, die ich persönlich kenne, entgegnen mir mit offener und ehrlicher, auch schon mal mit schonungsloser, aber eigentlich immer mit konstruktiver und sehr oft mit humorvoller Kritik. Etwas böses kann ich darin nicht entdecken.

Mein Beitrag sollte er- und nicht entmutigen, eigene Vorträge zu veröffentlichen. Dies nur zur Klarstellung.
 
Ich hab' mich mittlerweile an das Aufnahmegerät ganz gut gewöhnt... aber wenn die Sache mit dem Aufnehmen trotzdem nicht ganz so gut klappt, wie man sich das eigentlich vorgestellt hat?

Folgende Unholde habe ich ausgemacht bei der ganzen Sache:

a) Stress/Aufregung (das hatten wir schon)
b) Konzentrationsmängel
c) Technikmängel

Wenn keine Aufregung da ist, und trotz vorhandener Konzentration eine Stelle nicht sicher klappt, muß man davon ausgehen, daß die Technik noch nicht richtig erarbeitet ist. Also: wieder zurück, den Übeprozeß für die Stelle nochmals durchmachen, und schauen, woran es gelegen hat.

Die Konzentration kann man trainieren (die Gedanken "bei der Stange halten" und nicht abschweifen lassen, beim Üben anstreben, jeden beliebigen Ton immer schön und richtig zu realisieren, und sich Schludern nicht durchgehen lassen).

Ein guter Indikator dafür, daß man mit einem Stück fertig ist, könnte sein, wenn man es zehn- oder zwanzigmal sehr sauber und fehlerfrei hintereinander durchspielen kann.

Soweit weitere Erfahrungen von meiner Seite.
 
Wirklich sehr gute Beiträge hier im Thread! Ich möchte nur zum Thema Recording noch folgendes anfügen:

Wenn ich Stücke, Passagen o.ä. einspiele, dann schalte ich die Aufnahme ein und beginne mit dem Klavierspiel unter der Prämisse, jetzt nicht DIE eine Aufnahme abzuliefern sondern ich spiele das Stück gleich 4 oder 6 mal hintereinander ein (je nach Schwierigkeit, Konzentration etc.). Das nimmt bei mir absolut den Druck raus, gerade jetzt in diesem Moment diese eine perfekte Performance hinzulegen. Meistens taugt dann auch schon die zweite oder dritte Aufnahme etwas (manchmal ist wirklich schon die erste) - aber falls es erst die 8. oder 9. sein sollte macht das ebenfalls nichts...

Teilweise hatte ich schon für 5 Minuten Musik 50 Minuten Aufnahme zzgl. 2 Stunden cutten und mixen benötigt. Ich denke bei professionellen Rock/Pop-Produktionen sieht das auch ähnlich, wenn nicht sogar noch extremer, aus.

Mittlerweile bin ich beim Aufnehmen eigentlich relativ entspannt. Ob mir eine Aufnahme gefällt hängt dann im wesentlichen mit der Qualität der Aufnahme zusammen - da hängt die Latte nun schon etwas höher...
 

Zurück
Top Bottom