Steinway-Flügel von 1877

B

BerndB

Guest
.. und für die ungewollte implizite Unhöflichkeit um Entschuldigung bittend..

hallo,

nach meiner Kenntnis hatte sich Steinway New York 1875 das mittlere Pedal - sostenuto Pedal / sustain Pedal - patentieren lassen. Der Konzertflügel, den Steinway Richard Wagner zur Eröffnng der Bayreuther Festspiele und zur Uraufführung des komletten "Ring des Nibelungen" schenkte (1876) ist einer aus der ersten Baureihe - er steht übrigens im Wagner-Museum in Bayreuth.

Dein Flügel von 1877 ist ja ganz in der Nähe dieser "ersten Baureihe" - hast Du evtl. genauere Daten, also z.B. Flügel Nr. wieviel Deiner ist? Es müsste einer aus New York sein.

Das mittlere Pedal... oft funktioniert es auch bei fabrikneuen Instrumenten nicht richtig - ich verwende es nur sehr spärlich.

Danke für das Interesse an dem Konzerter.

"Sustain" ist erstmal "Andauern, Halten", der Klang solle andauern. Damit wird m.W. im englischen Sprachraum das rechte Pedal zur Dämpfungsaufhebung bezeichnet.

"Sostenuto" ist zwar am selben Wortstamm entstanden (und meint eben im deutshcen Sprachraum, zu vermuten auch in den romanischen Sprachen, das mittlere Pedal zum Aufgehobenhalten der Dämpfung der momentan gedrückten Tasten).

Ich habe jedoch momentan die englischen Einzelbegriffe zu den Pedalen nicht parat.

Hm, was ist „die erste Baureihe“? Mein örtlicher Steinway-Dealer hat einen 1873er Konzerter in Mahagoni, ist aber nicht ganz glücklich damit: er solle die Stimmung nicht so gut halten, da er knapp noch kein Vollpanzer ist. Dessen Riesenkiste hat noch einen der letzten freiliegenden Stimmstöcke bei Steinway, der Gussrahmen zielt als "Halbpanzer" nur bis vor den Stimmstock zum Abstützen. Dicke Dachbalken in der Raste darunter und dicke Längsstreben obenauf der Harfe zeugen von den Belastungen des Saitenzuges. (Das Instrument steht zum Verkauf.)

Kurz darauf, ca. 1874/75, brachte Steinway in der damals eigenen Gießerei den ersten sogenannten Vollpanzer heraus, einen Rahmen, der den Stimmstock abdeckte und umschloss. Dieser Rahmen wurde in kurzer Folge mehrfach modifiziert, wie das wohl bei so entscheidenden technischen Neuerungen ist..

Ich bin Maschinenbau-Ingenieur - Gießtechnik bei solchen Abmessungen zum einen, zum anderen bei solcher Geometrie ist schon ein ziemliches Hexenwerk. Die Ausschussquote wird anfangs groß gewesen sein. Es sollte mich nicht wundern, wenn Steinway damals acht oder zehn Rahmenrohlinge hatte gießen müssen, um dann einen einzigen bearbeitbaren Gussramen zum Einbauen zu gewinnen.

Diese unfassbar aufwendigen Spiele des „Try and Error“ - um ein gutes Klavier zu bauen - spielten sich bei den Steinway-Konzertflügeln der Produktionsnummern bis ca. 35.000 ab. Dann hatte man wohl endlich den Bogen raus.

Mein Konzerter hat das zweite oder gar schon dritte Design des Vollpanzers drin stecken. (Mir fehlen konstruktive Details zu einer oder zwei Serien dazwischen.)

Nebenbei, gerade diese Phase des Steinway-Klavierbaues harrt m.W. noch einer gründlichen technikgeschichtlichen Analyse. Vielleicht gehe ich hierzu auf Materialsammlung, sollte mich wider Erwarten (und Intention) der Ehrgeiz packen. Jeder, der mir in Westeuropa das Entrée zu einem Steinway-Flügel von 1853 bis 1886 verschafft, erhält von mir im Nachgang, nach einem Besuch, bei dem ich das Innere des jeweiligen Flügels fotografieren durfte, eine gute Flasche Bordeaux übersandt.

Thema: „Konstruktions- und fertigungstechnische Entwicklung von Flügeln, Absichten und Auswirkungen im Klangbild. Eine Analyse an Beispielen des Instrumentenbaus von Steinway & Sons, New York und Hamburg“

Der (sinngemäß wiedergegebene) Satz in dem Buch eines freien Autors über Steinway kam mir erst anmaßend vor: „Das heutige Klavier ist eine amerikanische Konstruktion. Erst die Amerikaner brachten das Eisen in die Klaviere.“

Aber der Mann hat schlicht recht.

Eine gangbare Methode zur Klanganalyse und -dokumentation suche ich noch. Sinnvoll ist eine Untersuchung erst, wenn mit genügender Stückzahl und Klanganalysen die Auswirkungen der jeweiligen technischen Änderungen auf die Klangpräsenz dokumentiert werden können - ansonsten wäre es Verbeugung vor Kaiserthronen. Notwendig zwar, aber nicht sinnstiftend, nur das aufzuführen, WAS man tat, nicht aber, WARUM es geschah - und OB es die Intention erfüllt habe.

Arbeitsthese: Die ersten Vollpanzer von Steinway sind - vom Klang betrachtet - möglicherweise die besten Klaviere, die es jemals gegeben hat.

Ich sage es mal dreist: 1884. Der Rim. Danach kam nicht mehr viel. All der Pillepalle und Hype um die Teflon- Beschichtungen in der Hammer Action, das Polyester-Überjauchen des Gehäuses - für die essentielle Klaviertechnik sind dies unbedeutende Dinge, Randgeschehen. Mit dem funktionierenden Vollpanzer von Steinway und der Rim-Biegevorrichtung kann man die Entwicklung des Flügelbaues im Wesentlichen als abgeschlossen ansehen - wenn man mal die Ergänzungen eines Flügels zum Selbstspieler als separate Spielwiese betrachtet, Welte, Ampico, Hupfeld & Cons.

Seit ca. 110 Jahren hat sich bei der Technik, Flügel zu bauen, nichts Essentielles mehr getan. 1885 hat der Flügelbau den „state of the art“ erreicht - Dottore Fazioli möge ein Nachsehen mit mir haben.

Nun, Pedaltechnik ist ja hier (bzgl. Umlernen) eher ein Randthema.

Antworten zu meinem Konzerter: Ja, er ist aus New York, uU nichtmal aus der heutigen Fabrik in Queens, sondern womöglich noch aus Manhattan - die genauen Eröffnungsdaten der mehreren New Yorker Fertigungsstandorte von S&S habe ich noch nicht. Das Hamburger Werk gibt es erst seit 1880. Ja, eine Seriennummer habe ich selbstverständlich. Sie korreliert mit dem Auslieferungsdatum September 1877. Ich besitze eine Kopie der Seite des Auslieferungsbuches jener Tage. Sie weist den Flügel als einen der ersten Flügel derjenigen Bauart aus, die im Wesentlichen auch heute noch nahezu überall gebaut werden - ..

.. mit Ausnahme von Steinway selbst. Steinway ging dann noch einen Schritt weiter, ging auf die Rim-Bauweise, machte mit dem D-Modell (und der Serie „kleinerer“ Flügel A, B, C) - ab 1884/85 die Außenkontur mittragend, m.E. um die dicke Raste, den feisten Kirchendachstuhl unterseitig loszuwerden. Der Klang wurde heller. Um auch - so meine Vermutung betriebswirtschaftlicher Art - mit demselben Holzbestand zu einer Zeit hoher Nachfrage nach Klavieren deutlich mehr Klaviere bauen zu können. Man sparte damit - mit dem teils mittragenden Rim - über 130 Kilo Gewicht ein. Das soll wohl bei langen Lagerungsdauern für Rastenholz ein Argument sein.

= =

Zurück zu den Pedalen.

Da ich selbst i.W. nur rechts pedaliere und auch das Leiser-Spiel beim vorigen Klavier nicht mit den Füßen, sondern nur mit den Fingern betrieb, fehlt mir persönlich eigentlich nichts - außer dass ich das Wissen um dies knarzige Sostenuto-Pedal habe, was mich - auch ohne Anwendung - per se stört und was auch demnächst kundig behoben werden wird.

Mit dem Sostenuto- und dem Unacorda-Pedal habe ich beim Spiel noch nichts begonnen - ich bin Amateur, mache neben unkundigem Gefingere an Chopins Walzern nur so mindere Dinge wie Ragtime, Blues und Boogie Woogie. Ich habe lediglich geprüft, was sie tun, um mir einen Eindruck zu verschaffen. Technisch tun sie es, und das eine knarzt..

Zu Wagner, seiner Musik und seinen Instrumenten kann ich leider gar nichts beitragen, da mir seine Musik denkbar fern liegt und ich diesen eigenartigen Bau auf dem so berühmten Hügel mal zwar nach einer grandosen Weinprobe von außen in Augenschein nahm, mir aber das Betreten dieses Bauwerks versagte. Einer meiner besten Weinfreunde sagte mir zwar, seine Jahre „vor Wagner“ seien allesamt verlorene Jahre, aber ich kann dem nicht recht folgen. Mein Votum ist niemand ernstzunehmen gehalten - am Klaviere bin ich blutiger Amateur, wenn auch mit gewisser Leidenschaft. Mit der Bitte um Nachsicht.

Zurück zum Thema "Umlernen" - ich hoffe, mir zu dem wenigen Pedalgebrauch in den vergangenen 35 Jahren nicht noch die falsche Technik angeeignet zu haben - ich würde sie vermutlich in meinen fortgeschrittenen Jahren nicht mehr los. Und es ist in meinem Falle wohl auch gleich, denn konzertierend die Menschheit zu beschallen ist mein Ziel nicht. Daheim ist meine Musik. Sollte sich meine Frau von mir scheiden lassen wollen, so soll sie das machen, gleich mit welcher Begründung. Meinethalben wg. "falschem Pedalspiel". So muss ich denn mit allem Guten und allem Schlechte, richtig Eingewöhntem und falsch Antrainiertem, meine alten Tage fristen. Es braucht mich aber niemand dieserhalb zu bedauern.
 
off-topic zu Steinwayflügeln von 1876-77

.. und für die ungewollte implizite Unhöflichkeit um Entschuldigung bittend..

Schwamm drüber - das Thema ist viel zu interessant.

hallo BerndB,

und bitte verzeih, dass ich nicht alles zitiere (denn es ist viel).

Mir ging es um die zeitliche Nähe Deines Flügels (Baujahr 1877) zu dem Steinway, der nun mal in der Villa Wahnfried steht und zu den ersten dieser "Baureihe" oder Serie zählt: nämlich ausgestattet mit dem mittleren Pedal, für welches Steinway New York 1875 das Patent angemeldet hatte.

Ich hänge unten ein Foto vom "Wahnfried-Steinway" an.

Der Flügel selber hat erst mal gar nichts mit dem grünen Hügel (also dem Opernhaus) zu tun - er steht in der Wagner-Villa; und man braucht auch keinen Wagner und keine Wagner´sche Musik, um sich für die Geschichte solcher Instrumente zu interessieren. Ich finde es toll, dass Du einen solchen - also mit mittlerem Pedal! - von 1877 hast - - ich nehme an, dass aus den Jahren 1876-1890 nicht allzu viele Instrumente in gutem Zustand überdauert haben!

Wagners Steinway spielt sich wie ein neuer, repetiert prima, hat einen sehr sonoren und warmen Klang, zwar schon mit der typischen Steinway-Dynamik, aber etwas wärmer als die heutigen. Die sogenannten Spatien, die Zwischenräume zwischen den Tasten, sind etwas größer als man es heute gewohnt ist - auf den ersten Blick ist das leicht irritierend, aber das vergißt man beim spielen schnell (will sagen: das stört eigentlich kaum bis gar nicht)

Das interessante an diesem Flügel von 1876 ist: Liszt hatte gern und oft auf ihm gespielt, auf Aufforderung Wagners auch solche Sachen wie den Mephistowalzer (vgl. Cosima Wagners Tagebücher über die Bayreuther Jahre). Und Liszt hat diese Sachen zur höchsten Zufriedenheit für den "Qualitätspuristen" Wagner auf diesem Instrument gespielt - das hat für die Geschichte des Klavierspielens eine relevante Konsequenz: wir wissen damit, dass Liszt seine eigenen Virtuosenstücke auf einem Instrument spielen konnte, welches sich von unseren heutigen nahezu nicht unterscheidet!!! Tastentiefgang, Tastenbreite, Repetition, Dynamik, Pedale - wie heute!!!

Auch Liszts Schüler spielten dort oft und viel, z.B. ließ sich Wagner gerne die letzten Beethovensonaten z.B. von Karl Klindworth auf diesem Flügel vorspielen (weil er selber dazu pianistisch nicht ganz in der Lage war)

Ich konnte auf diesem Instrument selbst bei so grenzwertigen Stücken wie "Isoldens Liebestod" (wo in massiven fff-Akkordrepetitionen Spieler wie Instrument an die Grenze des Machbaren geraten) keine Einbußen im Vergleich zu neuen Instrumenten feststellen, und gottlob hat das gute Stück das auch ohne Schaden überstanden. (ehe es Fragen hagelt: meine bislang zwei Konzerte auf diesem Flügel waren nichtöffentlich, es waren nur geladene Gäste und einmal zusätzlich ein Aufnahmeteam dabei)

Ich selber verstehe von der ingenieursmäßgen Konstruktion solcher Instrumente zu wenig, deswegen kann ich dazu nicht allzuviel Detailliertes äußern (Stärke des gußeisernen Rahmens, "Panzer" etc.). Aber ich kenne etliche historische Instrumente von 1840 bis 1900, und was diesen Steinway betrifft, so ist er - wie gesagt - einem modernen Instrument extrem ähnlich. Interessant ist halt, dass erst mit dieser Serie das mittlere Pedal vorhanden war - interessant deshalb, weil manche Klaviermusik vorher in den Noten so aussieht, als würde sie das mittlere Pedal voraussetzen (Schumann Papillons oder Liszt Consolation III).

Gruß, Rolf
 

Anhänge

  • Bayreuth Villa Wahnfried Wagners Steinway von 1876.jpg
    Bayreuth Villa Wahnfried Wagners Steinway von 1876.jpg
    72,1 KB · Aufrufe: 36
off-topic Bordeaux

Jeder, der mir in Westeuropa das Entrée zu einem Steinway-Flügel von 1853 bis 1886 verschafft, erhält von mir im Nachgang, nach einem Besuch, bei dem ich das Innere des jeweiligen Flügels fotografieren durfte, eine gute Flasche Bordeaux übersandt.

das ließe sich eventuell arrangieren - aber wehe, der Bordeaux ist nicht wirklich gut... :)

Du kennst doch gewiß Wilhelm Buschs unsterbliche Verse:
Kuno, sag ich, merke auf!
Richte itzo deinen Lauf
Dahin, wo ich dir befehle,
nämlich in die Kellerhöhle.
Dorten lieget auf dem Stroh,
eine Flasche voll Bordeaux.
[...]
Rotwein ist für alte Knaben
Eine von den besten Gaben
aus dem "Versroman" Tobias Knopp (eine Parodie auf die Gattung Bildungsroman), ich habs aus dem Gedächtnis zitiert, also hoffentlich nicht zu viele Fehler...

Gruß, Rolf
 
das ließe sich eventuell arrangieren - aber wehe, der Bordeaux ist nicht wirklich gut... :)

Du kennst doch gewiß Wilhelm Buschs unsterbliche Verse:

= = =

Kuno, sag ich, merke auf!
Richte itzo deinen Lauf
Dahin, wo ich dir befehle,
nämlich in die Kellerhöhle.
Dorten lieget auf dem Stroh,
eine Flasche voll Bordeaux.
[...]
Rotwein ist für alte Knaben
Eine von den besten Gaben

= = =

aus dem "Versroman" Tobias Knopp (eine Parodie auf die Gattung Bildungsroman), ich habs aus dem Gedächtnis zitiert, also hoffentlich nicht zu viele Fehler...

Da ist Dein Gedächtnis undoder Deine Literaturbildung besser als meine, ich kannte bislang nur die Kurzversion und hatte sie als Goethes Worte (vermutlich falsch) im Gedächtnis..:

Rotwein ist für alte Knaben
Eine von den besten Gaben.

Oder Busch mag den ollen Goethe ergänzt haben?

Was es an „gutem“ Bordeaux geben wird - it may depend. An der Qualität und Kooperativität hängend? Es ist immer guter Bordeaux- im Minimum ein Wein eines der ca. 30 CBS - Cru Bourgeois Superieur, La Tour de By aus Begadan im Norden von Staint-Estephe, der so unser Haus-und-Hof-Wein ist und (unter Bestandsaufbau) jährlichen Zugang von ca. 50-60 Pullen erfährt. Wodurch ich nunmehr aus den Vorräten vieler Jahre wählen kann. (Nicht jeder allerdings kann einen 1990er oder den 2000er erhalten..)

Für das Inaugenscheinnehmendürfen ganz heißer Artefakte bei Aficionados sind auch Grands Crus feiner Jahre greifbar; ich hüte u.a. eine Kiste 1990er Pomerol (Voorsicht, Leim ausgelegt..)..

Für eine Antiquität allerdings würde ich bereit sein, in der Runde von Tipgeber, verkaufswilligem Eigentümer und meiner Sammelleidenschaft bis Kaufgierigkeit einen Wein abseits oder jenseits aller Bordeaux zu leeren. Für ein unfassbar guten Piano-Deal (eine Maschine von Cristofori? Für einen Steinway mit einstelliger Nr. aus 1853?) würden wir einen Burgunder köpfen können, eine Flasche 1947 Chambertin Grand Cru leeren, die ein Kundiger mal als „Mutter aller Weine“ benamste. Aus den Kellern der belgischen Courtiers Van der Meulen, Oostende. Zur Lage „Chambertin Grand Cru“ äußerte sich schon Alexandre Dumas: „Man betrachte die Welt durch ein Glas roten Chambertin.“ Das wurde wohl mit dem 1947er in einer Weise wahr, die mit gut gelagerten Flaschen für ein unfassbares Weinerlebns sorgen kann. Meine Pulle mit gesundem Füllstand stammt aus einer Serie, die schon mehrfach für Beglückung unter Weinfreunden allerhöchster Regale sorgte; ich selbst bin gespannt auf diese eine künftige Nacht..


Flügel von Steinway & Sons, die Musik von Mozart, Chopin oder Wagner, oder der Wein aus Bordeaux sind wertvoll, aber nicht alles. Sie sind Mittel, um sich mit des Menschen Antennen zur Welt zu befassen: mit seinen Sinnen. Der Mensch wäre sonst vollkommen allein, in sich gefangen - über seine Sinne jedoch steht er in Kontakt mit der Welt. Der Mensch sieht, hört, fühlt, er schmeckt und er riecht etwas. Diese fünf Sinne lassen sich ausbilden und schulen. Mit Glück werden das Ausbilden und die Mühen eines Tages belohnt. Mit Erlebnissen einer Qualität, die von zehntausenden Menschen wohl nicht einer kennenlernt.

Mit so intensiven Sinneseindrücken, dass man sich an das Glück dieses Momentes ein Leben lang erinnern wird - so, wie ich mich im Rest meines Lebens daran erinnern werde, wie ein uralter Konzertflügel mir Klang schenkte. So, wie es meinen armen Ohren in der gar nicht herausragenden Akustik einer hannoveraner Klavierwerkstatt an einem späten Freitagnachmittag im Januar 2010 erging: ein Erlebnis aus dem Himmel. Ein schnell, rechter Hand staccato furioso gespielter Tarrega, um die Repetition zu prüfen. Sich dem Ende entgegen entspannen.. Im Schlussakkord A-Dur der Nachklang des Kontra-A. Fast fünf Minuten sang der Ton, leise, klopfte an die Türe - sie öffnete sich - Klang aus dem Himmel.

Die Kombination, selbstgewählt: sich Mühe zu geben, sich unendlich einzusetzen. Ohne Schlaumeierei der Betriebswirtschaft und des Pfennigfuchsens, ohne die Gewissheit, dass es lohne. Aus dem Wechsel von hoher Anspannung, Konzentration heraus in die Entspannung zu gelangen.

Und das Vorhaben, sich diesen Moment tief einzuprägen. Unabhängig davon, ob ich kaufen werde oder nicht..: die Gewissheit, Junge, du sitzt hier einmal in deinem Leben an einem gewaltigen Konzertflügel von Steinway.. Mach was draus!

Ob Richard Wagner das auch so empfand, wird wohl niemand mehr wissen. Er bekam seinen Steinway geschenkt - ich habe für meinen jahrelang gearbeitet; er repräsentiert das, was in einer Angestellten-Existenz nach ca. fünf oder sechs Jahren hängenblieb in diesen lausigen Zeiten, in denen es nur Bäncstern, Politikern und hohen Beamten gutgeht. Einen Steinway geschenkt bekommen? .. Ich möchte mit Wagner nicht tauschen.
 
off-topic

Ob Richard Wagner das auch so empfand, wird wohl niemand mehr wissen. Er bekam seinen Steinway geschenkt - ich habe für meinen jahrelang gearbeitet; er repräsentiert das, was in einer Angestellten-Existenz nach ca. fünf oder sechs Jahren hängenblieb in diesen lausigen Zeiten, in denen es nur Bäncstern, Politikern und hohen Beamten gutgeht. Einen Steinway geschenkt bekommen? .. Ich möchte mit Wagner nicht tauschen.

Richard Wagner bekam einen Steinway-Konzertflügel im Jahr 1876 geschenkt, zur kompletten Uraufführung seiner Opern-Tetralogie "der Ring des Nibelungen" sowie zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele. Für Steinway war das ganz offensichtlich recht relevant, sonst hätten die das nicht getan (denn ein solcher Flügel war schon damals nicht billig!!... Liszt hatte nie einen solchen besessen)

Ich verstehe nicht, warum Du erwähnst, dass Dir im Gegensatz zu Richard Wagner von Steinway kein Flügel geschenkt wurde... was soll das?

Ich hatte ein paar Fragen gestellt, zum Instrument, ich hatte ein paar Infromationen zu vergleichbaren Instrumenten mitgeteilt (inklusive Bild) und ich hatte gehofft, dass man sich zu diesem speziellen Thema - gerne verschoben unter eigenem Titel - austauschen kann.

Offenbar ist das hier nicht möglich - ok.

mit besten Wünschen für Ostern,
Rolf
 

Zurück
Top Bottom