Steinway B, Seriennummer 60103 (1887)

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Seit ein paar Wochen ziert ein Steinway B von 1887 unser Wohnzimmer und es gibt wohl keinen geeigneteren Ort als dieses Forum, den Status des Instruments zu zeigen und zu beschreiben und auch zu dokumentieren, welche Pläne ich damit noch habe und wie sie nach und nach umgesetzt werden.

Zunächst einmal ein paar Bilder:
Vor-Aufstellung.jpg Alter-Standplatz1.jpg Reichspatent.jpg Besonderheit-Tastaturklappe.jpg Klavierbank.jpg
 

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Es handelt sich um einen Flügel aus Hamburger Produktion, dessen Geschichte nur unvollständig nachvollzogen werden kann. Das Instrument wurde am 28.4.1888 zu einem Berliner Steinway-Händler namens Oscar Agthe ausgeliefert. Ein wenig Recherche ergab, dass Herr Agthe selbst Klavierbauer war, Schwiegersohn von Carl Bechstein und eine zeitlang auch Fertigungsleiter der Berliner Bechstein-Fabrik. In den Tagebüchern von William Steinway wird Agthe häufig erwähnt, er war wohl Generalrepräsentant von Steinway und ein umtriebiger Mensch im Berliner Kulturleben.

Agthe verstarb 1909 und seine geschäftlichen Unterlagen in Bezug auf Steinway wurden damals nach Hamburg übergeben. Leider haben diese Unterlagen den 2. Weltkrieg durch einen Großbrand nicht überlebt.

Es ist also nicht nachvollziehbar, wer der Erstbesitzer des Intruments war und welchen Weg das Instrument bis ca. 1950 ging.

Seit ca. 1950 stand das Instrument in einer Tanzschule in Bad Cannstatt (Stuttgart) und war wohl dort das Arbeitspferd für Tanzstunden und Tanzabende. Ganz schlecht schien es dem Instrument auch bis dahin nicht gegangen zu sein; praktisch alle Teile der Mechanik waren original erhalten. Die größte Änderung war wohl bei den drei Füßen gemacht worden: Die ursprünglich säulenförmigen 'Elefantenfüße' wurden durch moderne massive Beine ersetzt, so wie sie auf den Fotos zu sehen sind.

1979 wurde die Tanzschule geschlossen und das Instrument an einen Musikstudenten und angehenden Pianisten verkauft, der auch noch heute Eigentümer des Instrumentes ist. Direkt nach dem Kauf wurde das Instrument in einigen Bereichen überholt:

* Ausspanen einiger Risse im Resonanzboden
* Verschrauben des Resonanzbodens an die Rippen (Heul!)
* Neubesaitung
* Neuer Tastaturbelag (Plastik)

Seitdem war das Instrument ein Arbeitstier und wurde praktisch täglich als Übeinstrument genutzt. Später kam noch weitere Nutzung als Probeninstrument für das Klaviertrio hinzu, dem der Pianist seit 1989 (bis 2012) angehörte.

2012 gab es eine weitere Aufarbeitung:

* Mechanik ausgebaut, gereinigt
* Neue Hammerstiele und -köpfe original Steinway
* 4 neue Baßsaiten
* Mechanik und Dämpfer neu regulieren
* Lyra zerlegen, Verschiebung anpassen, Pedalführung fetten und einrichten
* Hammerköpfe intonieren
* Tastatur neu ausgewichten und regulieren

Und das war's. Das Instrument wurde seit 2012 praktisch nicht mehr gespielt und ist erst in den letzten 6 Wochen wieder aus dem Dornröschenschlaf erwacht.
 
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Danke für deinen Beitrag. Ein interessantes Instrument.
Ich habe auch einen alten Steinway B (allerdings nicht ganz so alt)

View: https://www.youtube.com/watch?v=9btzfMBqcvI

Ehrlich gesagt finde ich allerdings die Beine und Lyra inakzeptabel unschön um mich vornehm auszudrücken.
Hier könntest du die Originalbeine sehr günstig wieder bekommen, würde ich unbedingt machen....
http://www.gebrauchte-klavierteile.de/index.php/fluegel/fluegelgehaeuse/3
Ich meine die Nr.0256
Ein neues Steinway logo für die Tastenklappe bekommst du hier:
https://www.decalsunlimited.com/collections/steinway-fallboards
Das alte mit feinem Papier abschleifen, neues aufkleben, dann mit Klarlack oder Schellack drüber
Lyra würde ich eine neue bestellen am besten gleich mit Nachrüstsatz für das dritte Pedal:
http://piano-fiks.net/liry_d.html
 
Ganz recht herzlichen Dank für Deine Bemerkungen und Hinweise. Wirklich wunderbar, dass wir uns hier so im intimen Kreis über die Nische Klavier und dessen Musik austauschen können!

Zum Instrument:

Ich werde definitiv die Beine nicht auswechseln, aus rein rein praktischen Gründen. So, wie sie jetzt sind, geben sie mir die Möglichkeit, mit den Teflonunterlagen das Instrument im Raum jederzeit problemlos zu schieben auf dem Parkettboden. Außerdem sehen sie recht zeitgemäß, angemessen dem erstaunlich schnörkellosen Korpus, aus.

Und die Lyra ist Original und ist erst vor kurzem aufgearbeitet worden; es gibt keinen praktischen Grund, das zu ändern.

Es ist wichtig, hier festzuhalten, dass ästhetische und kosmetische Fragen in Bezug auf den aktuellen Zustand des Instruments überhaupt keine Rolle spielen. Es ist ein Gebrauchsinstrument, Arbeitstier und jeder Cent, den ich bereit bin zu investieren, wird ausschließlich in die Erneuerung technischer Unzulänglichkeiten gesteckt.

Das sind u.a.

* Ersetzen der originalen Hebeglieder (Repetitionsschenkel)
* Ersetzen der Fänger (passen nicht mehr zu den neuen Hammerköpfen)
* Neue Piloten zum Kontakt zwischen Tastatur und Mechanik
* Neue Filze zwischen Tastatur und Tastaturboden (sind derzeit noch original)

Zur Diskussion steht noch eine Neubesaitung, aber nur, wenn diese ambulant durchgeführt weden kann, ansonsten werden nur einzelne Saiten erneuert, aber nicht die Führungsfilze und Agraffen.

Ich hoffe, ich habe hinreichend gut genug erklärt, warum welche technischen Aufarbeitungen durchgeführt werden, und welche nicht. Der Resonanzboden, trotz seiner Unzulänglichkeiten, wird jedenfalls nicht angefasst.

Was die Beschriftung der Tastaturklappe angeht: Das sind aufgeklebte Messingteile. Das "S" löste sich als erstes ab. Der Pianist/Besitzer hat das zunächst mit einem Zweikomponentenkleber "gefixt", aber das hielt nicht lange, so dass er das "S" herunterzog. und woanders hinterlegte. Das "E" kam als nächstes, leider unbemerkt und fügte dem dem Pianisten beim Üben eine recht üble Verletzung zu, so dass er es danach komplett entfernte und auch hinterlegte. Beim voletzten Umzug sind die beiden leider abhanden gekommen.

Somit heißt das Instrument nun Mr. Tinway, daher auch mein Avatar.

Auch das werde ich nicht ändern.

Und da Du Dich so vornehm in Bezug auf die in Deinen Augen wenig schönen Elemente meines Instrumentes ausgedrückt hast, möchte ich das gerne fortführen. Derzeit habe ich nur einen Tascam mit fixen Mikrofonen, werde aber in den nächsten Wochen ein matched pair von Kugelkopf-Mikrofonen kaufen und dann ebenfalls die ersten Variationen des Schlafmittels für den Herrn Goldberg aufnehmen und es dem geneigten Hörer überlassen, einerseits über mein Klavierspiel zu lästern und andererseits einen klaren Eindruck vom derzeitigen Zustand meines Instruments zu bekommen.

Wunderschön, dass wir uns hier so austauschen können!
 
Hallo Mr Tinway

Da gebe ich dir ja recht, dass die inneren Werte eines Instruments primär zählen, aber das Auge hört halt mit finde ich. Est ut mir echt weh den Flügel so anzuschauen, das ist wie wenn jemand eine Stradivari Geige gelb anmalen würde. Ich habe ja nichts gegen Schlichtheit, aber diese Beine würde ich als klobig bezeichnen. Sind viel dicker als die echten und auch von der Form her nicht stimmmig. (Im Anhanf siehts du die echten Beine)
Dass die Lyra original ist kann ich mir nicht vorstellen. Wurde sie evtl. verkleidet?
Was den Schriftzug angeht. Wenn du innnen an der Tastenklappe diesen ohnehin nicht originalen Kunstlack abbeizen würdest, würde der Originalschriftzug wieder hervorkommen, der höchstwahrscheinlich darunter verborgen liegt.
So jetzt lasse ich dich in Ruhe, wenns dich nicht stört dann ist ja alles gut. Freue mich auf deine Aufnahme.
 

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Seufz.

Es ist wurscht, unwichtig, irrelevant, ohne Wert, hat keinen erkennbaren Zweck, irgendetwas an den Beinen zu ändern, solange die derzeitigen stabil sind und das Instrument aufrecht halten.

Und wenn es rotlackierte, fünfeckig gefräste Bakelitbeine wären, ich würde sie so belassen wie sie sind, denn jeder Cent, den ich für Kosmetik ausgebe, fehlt für die tatsächlich relevanten, technisch notwendigen Arbeiten, die die Substanz des Instrumentes verbessern.

Es stehen in den nächsten Monaten umfangreiche Arbeiten an, so wie im zweiten Posting beschrieben, und da ich mir den Luxus eines wirklich gescheiten Technikers leiste, geht das Geld genau dorthin und nicht woanders.

Mag sein, dass der geneigte Leser einen Käfer mit tollen Weißwandreifen vorzieht; ich hingegen schau lediglich nach, ob das Gummi der Reifen nicht spröde und das Profil noch gut genug ist und kümmere mich dann eher um die Lichtmaschine, die Schmierung und das richtige Timing für die Zündung.

Wer dem Instrument unbedingt den originalen Aschenbecher und die Weißwandreifen verpassen will, der sei eingeladen, dies hier vor Ort auf eigene Kosten zu machen. Bis dahin sollten wir die Diskussion auf die inneren Werte fokussieren, danke.
 
Ok lassen wir das Thema Optik mal sein,deine Ansicht ist mittlerweile hinreichend klar. Die geplanten Neuerungen an der Mechanik klingen ja ziemlich aufwändig. Wie ist denn das Spielgefühl jetzt? Neubesaitung würde ich eher nicht machen, die Saiten sind ja erst knapp 40 Jahre alt.
Der Resonanzboden sieht ordentlich geflickt aus das Verscharuben an den Rippen ist nötig, wenn sich diese gelöst haben, sollte eigentlich nichts schaden.
letztlich bringt es wenig, Teile an einer Mechanik auszutauschen, wenn nachher nicht sehr sorgfältig reguliert und intonier wird. Dort haperts meiner Erfahrung nach am häufigsten. Aber du hast ja einen guten Techniker...
Freue mich auf das Video..
 
Die geplanten Neuerungen der Mechik sind absolute Notwendigkeit.

Die Hebeglieder/Repetitionsschenkel sind abgenutzt und kontrolliertes Repetieren und Regulieren von Auf- und Abgang nicht mehr sauber möglich.

Die Fänger sind noch original, wenn auch zwischendurch wohl noch einmal neu beledert worden - und sie passen nicht mehr zu den neuen Hammerköpfen, weil neuere Fänger eine andere Form haben. Die alten Fänger behindern den Abflug des Hammers, so dass die maximale Beschleunigng durch die kurze Berührung behindert wird, es ist eine leichte Verzögerung zu spüren. Der letzte Reparateur hat das wohl irgendwann gemerkt und den unteren Teil des Hammerkopfes, der von Fänger berührt wird, leicht abgefeilt. Das ist eine schlampige Lösung, die das grundsätzliche Problem nur abmildert, also wird's jetzt richtig gemacht.

Die Auswechselung der unteren Tastaturauflagefilze ist eine Sache von paar Minuten und einfach notwendig, nachdem die alten inzwischen ungleichmäßig plattgedrückt sind.

Eine Sache habe ich noch nicht erwähnt: Durch den alten und nicht mehr perfekten Boden hat sich die optimale Anschlagslinie der Hammerköpfe auf die Diskantsaiten verschoben. Beim leichten Herausziehen der Mechanik um zwischen 6-8mm hört man im Diskant einen gewaltigen Qualitätsunterschied der erzeugten Töne. Der begutachtende Techniker hat das dringend empfohlen, so dass mein dafür beauftragter Klaviertechniker den Hammerkopf vom Stiel lösen, und an leicht versetzter Stelle wieder anleimen wird. Dadurch ergibt sich eine neue Anschlagslinie über den ganzen Diskant, die irgendwo versetzt zwischen 4-8mm vom Jetztzustand abweicht und einen signifikant verbesserten Gesamtton erzeugen wird.

Jaja, die Saiten ein leidiges Thema. Knapp 40 Jahre ist es her, dass das Instrument neu besaitet wurde, also für Heimzwecke durchaus noch akzeptabel. Aber: Bei der Neubesaitung sind leider nicht die Agraffen ausgewechselt worden - und die sind nun in einem Zustand, dass ein Stimmer in den Wahnsinn getrieben wird, weil jede Drehung ein lautes Knacken erzeugt. Das Stimmen an sich ist also deutlich schwieriger, und damit auch deutlich unangenehmer für den Stimmer. Es geht zwar, aber der Begutachtungstechniker hat innerlich geflucht und mir auch gezeigt, dass der Aufwand zum Stimmen eines wirklich schönen Tons viel größer ist als mit funktionierenden Agraffen.


Es sind auch noch die alten Stimmnägel drin (!), und die sind nun am absoluten Limit des Vertretbaren; die Saiten laufen teilweise schon auf dem Boden.

Dennoch: Die Entscheidung, ob neu besaitet wird oder nicht, hängt einzig und alleine davon ab, ob die beiden Techniker sich darauf verständigen können, dass das möglich ist, ohne dass man noch weitere Arbeiten am Boden in Angriff nehmen muß. Da ist einfach das Limit - jegliche Reparaturen sollen und müssen ambulant durchgeführt werden können, sonst wird's einfach nicht gemacht. Weder will ich das Instrument für mehrere Wochen/Monate wieder aus den Händen geben, noch möchte ich die real existierenden Kosten für Ab- und Rücktransport ins Dachgeschoß noch zu den Reparaturkosten hinzurechnen.

Teuer genug wird es allemale, aber die klare Aussage vom Steinway-Techniker, dass das Instrument die Substanz hat, mit den vorgeschlagenen Änderungen eine deutlich hör- und spürbare Verbesserung zu erzielen, wenn es richtig gemacht wird, rechtfertigt die Investition.

Ja, ich habe einen guten Techniker, der das kann.
 
Wenn die Hämmer nicht an der richtigen Position eingeleimt sind, (Anschlagslinie!) hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Funktion der Fänger...
Nur mal so am Rande bemerkt...
 

Wenn die Hämmer nicht an der richtigen Position eingeleimt sind, (Anschlagslinie!) hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Funktion der Fänger...
Nur mal so am Rande bemerkt...

Ja, das hört sich sinnvoll und logisch an.

Ich verlasse mich darauf, dass der Begutachter, der diese Veränderung vorgeschlagen und mir erklärt hat, seinem Kollegen vertraut, das richtig zu machen. Er hat mehrfach gesagt, dass der von mir beauftragte Techniker genau der richtige für mich ist - und zu 100% weiß, was der macht. Insofern gehe ich davon aus, dass der die neuen Fänger dann auch auf die neu definierte Anschlagslinie anpassen wird.
 
Mal ein kurzes Update:

Der eigentlich für die Reparatur vorgesehene Techniker hat sich entschieden, sein Gewerbe aufzugeben und wieder zurück in die Schweiz in eine Festanstellung zu gehen. Damit ist also Plan A schon einmal Makulatur.

Plan B ist noch in Arbeit, aber der dafür vorgesehene Techniker hat sich auch beruflich verändert und wird wohl keine Zeit finden, sich vollständig um das Instrumen zu kümmern. Ich hoffe dennoch, dass ich ihn dazu bewegen kann, die Hammerköpfe zu intonieren, die Mechanik zu regulieren und den Flügel noch 2-3 Mal zu stimmen. Wir werden sehen.

Plan C ist zweigeteilt: Ich habe mich zunächst einmal schlau gemacht über die notwendigen Ersatzteile, sprich Hebeglieder und Fänger. Neue Hebeglieder passen nicht in die Mechanik, da müßte man zuviel Anpassungen vornehmen, weil diese alte Mechanik noch schräge Sattel hat. Allerdings bin ich fündig geworden und habe heute einen sehr gut erhaltenen, vollständigen Satz Hebeglieder aus einem alten M-Flügel sehr preiswert bestellt. Der ebenfalls bestellte Satz neue Fänger mit Drähten ist tatsächlich teurer. Ein 100er Pack Vorderdruckfilze ist ebenfalls bestellt, somit sollten die benötigten Ersatzteile jetzt vollständig sein. Hat sich in jedem Fall gelohnt; die ursprünglichen Kostenvoranschläge für die Ersatzteile waren deutlich höher.

Der zweite Teil von Plan C ist die Such nach einem anderen Techniker. Gar nicht so einfach. Meine beiden ersten haben die Latte schon ziemlich hoch gelegt, daher bin ich dann schon recht skeptisch bei der Wahl. Ein Techniker, der vor 2 Tagen da war, hat nicht gemerkt, dass die Hammerkopfschwänzchen durch die falsche Form der Fänger leicht gebremst werden. Das Versetzen der Anschlagslinie hielt er für totalen Schwachsinn: "Das hört doch keiner". Als er dann noch in den Lästermodus über andere, mir gut bekannte Techniker verfiel, war dieser Drops gelutscht. Nächste Woche kommt ein anderer, der anscheinend ganz gute Referenzen hat und auch schon am Telefon schnell die richtigen Fragen stellte. Schaumama.

Was Aufnahmen angeht, muß ich Euch noch um Geduld bitten. Ich fühle mich einfach nicht gut genug, um eine Aufnahme zu veröffentlichen und mich damit zu blamieren. Goldberg-Variationen sind auch gestrichen, im Moment stehen andere Stücke wie Beethoven Op. 54 und Scriabin Op. 11 im Vordergrund, was das Üben angeht. Ein Tascam-Recorder und Røde Kugelköpfe sind jedenfalls schon einmal vorhanden.
 
Danke für deinen spannenden Bericht.Da kommt mir noch etwas in den Sinn. Bei meinem Bösendorfer kann man die Position der Mechanik im Flügel mit einer Stell -Schraube hinten einstellen und damit auch die Anschlagslinie einfach um einige Millimeter variieren. (Ich meine wie tief die " Schublade" nach hinten geht) Vielleicht könnte man auch mal in diese Richtung überlegen also nicht die Hämmer sondern die ganze Mechanik verschieben
 
Interessanter Hinweis! Dem werde ich einmal nachgehen, aber vermutlich wird es bei diesem Instrument nicht so funktionieren. So wie es ausschaut, ist die Anschlagslinie nur in einem recht überschaubaren Bereich im mittleren Diskant so verzogen. Bildlich gesprochen weicht sie in einem sanften Bogen mit maximal 8mm am Scheitelpunkt von der derzeit geraden Linie der ausgerichteten Hämmer ab. Ein seitiges Herausziehen und Fixieren der Mechanik wie von Dir beschrieben würde also an bestimmten Punkten im Diskant eine hör/spürbare Verbesserung bringen, an anderen wiederum genau das Gegenteil bewirken.

So wie der Gutachter es beschrieben hat, hält sich der Aufwand in Grenzen, wenn man mit dem richtigen Werkzeug die ca. 30 betroffenen Hämmer von den Stielen löst und an dem vorher neu festgelegten optimalen Anschlagpunkt wieder verleimt. Der genannte Aufwand läge bei ca. 4 Arbeitsstunden.

Trotzdem hochinteressanter Hinweis, danke!
 
Heureka! Ich habe endlich den richtigen Techniker gefunden, der das Instrument in Ruhe durchgegangen ist, das aufgriff, was die vorhergehenden Techniker bereits festgestellt haben und auf dieser Basis einen Plan entwickelt hat. Und der sieht so aus:

* Bei der Abholung der Mechanik werden die Musterhammerköpfe geprüft und ausgearbeitet.

* Zerlegen der Mechanik in der Werkstatt

* 60% der Tastenböden verengen

* 100% der Mechanikstifte polieren

* Vorderdruckscheiben ( Filz ) austauschen

* Einbau von 1 Satz Hebeglieder für Steinway mit schrägen Sattel (neu)

* Ausrichten der Hebeglieder und Repetitionsfedern grob einstellen

* Tastenpiloten, wenn nötig, festigen und polieren

* Fänger zu 100% erneuern (Steinwaymaterial)

* Hammerköpfe zu ca. 45% umleimen, zu 100% schmäler machen, Hammerköpfe vorstechen, abziehen (zuspitzen), seitlich putzen

* Nieder- und Aufgewicht der Tasten optimieren (zur Zeit ca. 56g bis 61g)

* Mechanik vorregulieren

* Hammerköpfe vor Ort im Flügel auf Chor richten, aufpassen, intonieren

* Instrument 1 mal auf ca. 440 Hz stimmen (Agraffen mit Protec versehen und mit erhöhtem Aufwand stimmen)

* Mechanik nachregulieren

* Hammerköpfe fertig intonieren (Dämpfung bleibt auf Wunsch erhalten)

* Mutationen und Pedale prüfen und schmieren

Das erscheint mir rund und schlüssig und stellt wohl den besten Kompromiß zwischen Aufwand und zu erwartendem Ergebnis dar.

Es git da noch ein kleines Caveat:

"Ich empfehle Ihnen, nochmals über die Erneuerung des Stegdoppels samt aller Nebenarbeiten und eine Neubesaitung des Flügels nachzudenken, da es sein könnte, dass Sie nach den durchgeführten Arbeiten die unsaubere und heißere Tonentwicklung, speziell im Bereich der ein – und zweigestrichenen Oktave, als sehr störend empfingen könnten. Weiteres ist das saubere Stimmen des Klavieres dadurch auch beeinträchtigt."

Das allerdings ist weder im Budget vorgesehen, noch kann ich mich dazu entschließen, einen Betrag in den Flügel zu investieren, der in keinem Verhältnis zum eigentlichen Wert des Instrumentes steht. Somit werde ich den vorgeschlagenen ersten Teil vollständig durchführen lassen, weil sämtliche Arbeiten ambulant bzw. durch Herausnahme der Mechanik durchgeführt werden können.

Danach sollte dann eigentlich ein schöner alter Steinway hier stehen, der für meinen Gebrauch im Haus, also nicht für Konzerte oder Aufnahmen, entsprechend dem Investitionsvolumen optimal ist. Jetzt heißt es also: Warten, denn die Arbeiten können frühestens im April/Mai durchgeführt werden undnehmen ca. 8-10 Tage in Anspruch.

Ich werde die Zeit bis zum April nutzen, um ein wenig intensiver zu üben, damit ich mit ein paar Aufnahmen dann den aktuellen Zustand des Flügels akustisch festhalten kann - und später dann hoffentlich einen Aha-Effekt beim Vergleich zwischen Vorher und Nachher habe.
 
Seit ein paar Wochen ziert ein Steinway B von 1887 unser Wohnzimmer und es gibt wohl keinen geeigneteren Ort als dieses Forum, den Status des Instruments zu zeigen und zu beschreiben und auch zu dokumentieren, welche Pläne ich damit noch habe und wie sie nach und nach umgesetzt werden.

Zunächst einmal ein paar Bilder:
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Da hast Du einen sehr guten Steinway Klavierbauer [emoji106][emoji106][emoji106] Stefan K. [emoji106]


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Das ist nicht der aktuelle Klavierbauer für die anstehende Reparatur. Herr K. hat das Instrument begutachtet (Und das war einfach großartig, praktisch mein privates Pianomania II), aber ich hatte nie vor, Steinway Austria damit direkt zu beauftragen.

https://www.klavierland.at/about-us-cjg9 ist das von mir beauftragte Unternehmen.

Philipp Schneider hat sich das Instrument angeschaut und die obige Auflistung von notwendigen Reparaturen als Kostenvoranschlag erstellt. Er hat auch gleich die Anschlagslinie einmal provisorisch festgehalten, siehe angehängtes Bild. Die endgültige Linie möchte er dann zusammen mit mir festlegen.

Herr K. ist übrigens nicht mehr bei Steinway, sondern hat sich selbständig gemacht - und auch Herrn Schneider ein sehr positives Zeugnis ausgestellt. Ich fühle mich also jetzt mit dem Instrument in den besten Händen; immerhin hat Herr Schneider bereits einen sehr schönen Centennial und mehrere Steinways, die vergleichbar alt sind wie meiner, restauriert.

Anschlagslinie.jpg
 

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