Stecke fest in Levines "Jazzpiano"

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Anonymous

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Hallo Jazzer,

wer von euch arbeitet zur Zeit an Levines "Jazzpiano" oder hat es gar durch geschafft? Ich bin schon seit Wochen in den Anfangsseiten stecken geblieben und versuche vergeblich, mir rund um den Quintenzirkel alle II-V-I-Verbindungen draufzudrücken. Irgendwie müsste ich mir vielleicht Aufgabenstellungen in kleineren Schritten ausdenken. Wie auch immer: Wie seid ihr damit vorangekommen?

Tschüs
Wu Wei
 
Ich nehme an, Du bist auf Seite 25-26 ?

Ich arbeite bei II-V-I - Übungen immer nach dem Aebersold-System:

Dm7 - G7 - Cj // Cm7 - F7 Bbj etc. Wenn Du wieder auf Dm7 bist, geht´s von Ebm7 weiter durch die restlichen Tonarten.
Wenn Du Band in the box hast solltest Du Dir auf jeden Fall ein entsprechendes Playback einrichten.
Wichtig ist, sich bei diesen Übungen immer wieder die Grund- u. Funktionstöne bewusst zu machen,- also nicht einfach mechanisch einlernen!
 
Hallo Bernd 2,

an den Aebersold habe ich noch gar nicht gedacht. Da benutze ich für's Saxophon Bd. 1. Werd mal nachsehen. Gibt es einen Aebersold-Band, den du für Klavier besonders geeignet findest?
BiaB: Gute Idee, habe ich bisher auch nur für's Sax benutzt. Überhaupt läuft bei mir jazziges Improvisieren mit diesem Bauch-Instrument wie von selbst. Am Klavier schaltet sich sofort der Kopf dazwischen, will Strukturen sehen – und alles kommt ins Stocken.

Tschüs
Wu Wei
 
Käme nach dem Aebersold-System als nächstes Bbm7-Eb7- Abj // Abm7-Db7-Gbj usw.?

Wu Wei
 
Ja, richtig.
In Aebersold Vol 3 (II-V-I- Progression) findest Du dieses System.
BiaB ist allerdings von der Tempowahl her vielleicht am Anfang günstiger.
Auf Vol 54 "Maiden Voyage" gibt´s gängige Standards in angenehmer Tempowahl (Autumn Leaves, Cantaloupe Island, Blue Bossa, Summertime, Watermelon Man, Satin Doll....).
Wenn Du im Levine Kapitel 3 abgeschlossen hast, wäre das schon mal ein Thema.
 
Ok, danke. Hast du dir diese ganzen Akkorde und -folgen nur über das Be-Greifen am Klavier angeeignet oder auch die Noten dazu aufgeschrieben und auswendig gelernt. Sicher kann es ja nie schaden, die ganze Harmonielehre auf verschiedenen Wegen durchzuackern, aber meine tägliche Übungszeit ist so knapp bemessen (1 h), dass ich nicht so richtig über die Grundlagen rauskomme.

Tschüs
Wu Wei
 
Nach Noten ist eben die Gefahr, dass man den Kopf ausschaltet. Auswendig schaffst Du es auch übers Be-Greifen.
Wenn´s noch zu viel ist, nimm Dir einfach jeden Tag nur 2-3 Tonarten durch, die aber dafür blind und immer im vollen Bewusstsein, welcher Ton was bedeutet (Grundton, Terz, Septim). Irgendwann greift das dann. Ist ein bisschen ein Geduldspiel...
 
Wichtig: dieses Buch richtet sich, obwohl alles ganz einfach anfängt, an fortgeschrittene Pianospieler. Gerade bei Anfängern die damit arbeiten, würde ich einen Lehrer empfehlen. :D
 
@ Heglandio

Natürlich ist Levine nichts für Kinder. Aber ganz so schwer zu verstehen ist er dann auch wieder nicht. Es ist alles übersichtlich und logisch erklärt.
Aber ich gebe Dir schon Recht, dass die praktische Umsetzung des Buches
schwieriger ist, als das theoretische Verständnis...
 
Ja, das eben ist mein Hauptproblem: Theorie (Jungbluth, Sikora, Ignatzek) lesen und verstehen kann man auch noch nachts im Bett oder unterwegs, aber effizient – und wegen Zeitmangel auch in kleinen Schritten – praktisch üben, um die Dinge "in die Finger" zu bekommen, bedarf besserer Organisation. Es ist einfacher, in einer Stunde treu und brav den Übungsstoff des Lehrers, der leider nur klassisch unterrichtet, abzuarbeiten, als sich das umfangreiche Stoffangebot der Jazzschulen selbst zu strukturieren und in ein enges zeitliches Korsett zu zwängen.

Aber ...
Wu Wei
 
(…) gerade bei der Theorie kann man sich zwar gut weiterbilden, aber ein notierter Bb7 ist nicht gleich: 1 - 3 - 5 - b7 sondern kann alles Mögliche sein nur nicht ein Bb7 nach der Jazz-Theorie an sich (!). Das ist auch das Problem, die Theorie ersetzt irgendwie nicht das Spielen, daher betont Levine auch, Hören ist der Schlüssel zum Erfolg. Gerade die eigenwilligen Jazzmusiker haben, und das ist erwiesen, zum Teil ihre komplett eigenen Denkweisen, wie sie Musik mit all Ihren Fassetten interpretieren, benützt. Daher ist das tägliche Üben fast wichtiger (…)
 

@Gast

Das wird wohl die ganze traurige Wahrheit sein, aber irgendwie werde auch ich weiterkommen.

BTW: Ich finde in Levines ausführlichen Discographien und anderen Verweisen kein einziges Mal Oscar Peterson. Was wird das wohl für einen Grund haben?

Wu Wei
 
Natürlich ist Hören und Transkribieren ein wichtiger Bestandteil des Jazz-Lernens. Aber wenn ich vom Gehörten für meine Improvisation profitieren möchte, muss ich es auch verstehen. Und dazu ist die Theorie da.
Jeder Jazz-Musiker wird jeden Ton seiner Improvistion auch erklären können (es sei denn, er verspielt sich), auch warum er jetzt statt Bb7 E7 verwendet. Die Regeln der Funktionsharmonik bleiben immer die Gleichen, und es hat wenig Sinn über etwas zu improvisieren, das man funktionsharmonisch nicht versteht.
 
Oscar Peterson war eher ein Swing-Freak, kein wirklicher Bebop'er (etc.)

Brauchst du 1:1 Notationen von ihm? Bsp: seine Version von "Take the A Train"

Schreib mir mal eine PM und ich schau was ich dir mailen kann. 1:1 zu spielen ist am Anfang das Beste, weil du dann die Grundtechniken gut siehst!!!
 
Als praktische Ergänzung zum Levine kann ich "Jazz Conception" von Jim Snidero nur wärmstens empfehlen: Ausgeschriebene Klavier-Arrangements der bekanntesten Standards, in denen die verschiedenen Stilmittel des Jazzpiano schwerpunktmäßig behandelt werden. Nicht allzu schwer, Aufnahmen sind dabei und Klavier kann man zum Üben auch wegdrehen wie bei Aebersold.

Punkto O. Peterson, vermute ich auch, dass Levine ihn nicht als besonders "prägend" für die Jazzgeschichte empfunden hat. Was nicht heisst, dass er nicht nach wie vor zu den besten Jazzpianisten der Welt zählt.
 
@Wu Wei

Das schöne beim Jazzpiano ist, dass man bei Combo-Improvisationen gar nicht auf bahnbrechende musikalische Architekturen setzt.

Ich habe dir mal eine Akkord-Progression mit typischen Sounds für den Jazz:

D7+ (übermäßig) - Gm7 – C7 – F – Abdim (vermindert) – Gm7 – C7 – Gm7 (etc.)

Audio Datei (jedoch transponiert)

Die Akkord spielst du vorwiegend in der rechten Hand. Die Voicings kannst du auch fetter machen, in dem du die „Dreiklang über Dreiklang“ Technik benützt oder die Akkorde einfach umkehrst. Bei Umkehrungen kannst du die akkordeigenen Töne (Erweiterungen oder Terzen/Septimen) gut in die Melodie einbauen.

Folgendes Voicing hat zwar viele Tondoppelungen, aber klingt angenehm vom Sound:

G9 = 1 – 3 – 5 – b7 – 9

Rechte Hand spielt dann: Terz – Septime – None
Linke Hand spielt dann: Terz – Quinte – Septime

So kannst du schnell aus einer None in der rechten Hand eine b9 (alteriert!) machen und aus der Septime in der linken Hand auch eine b9 oder was anderes, dann hättest du die dissonantere Variante dieses Akkordes.

Wenn du jedoch nur in der rechten Hand einen b9 spielst und in der linken eine Sexte (einen halb Ton weiter unten) benützt, dann hättest du wieder einen G7(b9) einfach eine kleine Terz weiter unten = E7(b9). Das wäre dann ziemlich symmetrische konstruiert.

Wenn du nun ein wenig mit G9 – G7(b9) – E7(b9) rumspielst - diese Voicings sind sich ja praktisch identisch - dann bekommst du in etwa so was (sehr lateinamerikanisch interpretiert):

latingroove.gif

Audio Datei (jedoch transponiert in andere Tonart)

Beste Grüsse:
 
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@ Wu Wei

Das erste Beispiel ist ein Turnaround, F muss natürlich Fj sein.
Die endgültige Lösung wäre:

VI 7+9-13 / IIm7 (9) / V 7 +9-13 / Ij (9) / -III dim / IIm7 (9) / V 7 -9 -13 / Ij (9), wobei die Alterationen der None variabel sind und Ab dim mit G statt F besser klingt. Läuft ganz normal unter Jazz-Kadenz.
Mit Upper Structures würde ich mich anfangs noch ein wenig zurückhalten.

Beim zweiten Beispiel denke einfach G7 (9) und G7-9. Ist, glaube ich einfacher. Die linke Hand würde meines Erachtens ganz gut eine 13 vertragen. Versuche mal F A B E für den G 9 Akkord und F B E ab dem Akkord D dim. Es stört den Bereich der None nicht und klingt etwas jazziger. Mir persönlich würde ein Dm7 (9) (F A C E) statt G7 (9) eigentlich besser gefallen, denn damit hätte man eine logische IIm7 - V7 - Verbindung. Bei Septakkorden kann man die Quint ruhig weglassen, da sie ausser Verstärkung keine Funktion hat. Ebenso sollten die Funktionstöne nicht unter dem kleinen Des liegen.

Bin leider noch nicht dahinter gekommen, wie man ein Hör- bzw. Notenbeispiel postet.
Aber ich denke, dazu bräuchte ich eine eigene Homepage (?).
 
Ok, ihr Lieben, morgen ist Tag der Arbeit. Ich werde die meinige am Klavier absolvieren.

Tschüs und danke für die Anregungen
Wu Wei
 
@pianomobile

Klar mit einem professionellen Berufsmusiker kann ich bei der Harmonielehre nicht mithalten. Bin es ja erst am lernen (...)

Aber toll, dass du dich hierhin verirrt hast, professionelle Leute kann man immer brauchen. :D

Wegen dem Webspace (Speicher im WWW) könnte ich dir meinen anbieten. Sende mir deine Noten (Bilder) und Hörbeispiele (mp3’s) an: sihe@swissonline.ch danach werde ich dir es innert 24 H uploaden und dir die Links zurück mailen.

Beim Ddim = F B E (G) spielen klingt wegen dem Tritonus ziemlich cool. Was ist das genau? (...) und was hast du für eine Ausbildung (Jazz?)?
 
Ich habe einfach aus dem D dim eine G7 -9 13 gemacht, wobei in der l.H. F und H die Funktionstöne sind (7 und 3) und E die 13. Hat eigentlich die gleiche Funktion (wenngleich die Bezeichnung D dim hier eigentlich nicht ganz korrekt ist) und durch die 13 mehr Farbe. Den gleichen Effekt habe ich an der E7 (b9) - Stelle (das E ist jetzt einfach oben). :wink:
Wie gesagt, es ist einfacher in der ganzen Sequenz G7 (9) und G7 -9 zu denken, wenngleich die Line der r.H. vom Beginn bis zu G7-9 (D dim) für mich eher dorisch, also Dm7 ist.
Also wenn nach dieser Sequenz jetzt ein Cj käme,hätten wir eine waschechte Jazz-Kadenz (IIm7 V7-9 Ij).

Ach ja, Ausbildung:

Jazz-Klavier bzw. Jazz-IGP (zusätzliche pädagogische Studienrichtung für Jazz-Klavier, um an öffentlichen Musikschulen unterrichten zu dürfen (Lehrbefähigung)).
 

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