Sitzhaltung und Erfolg

Hallo allerseits,
die Frage: "Wie soll ich sitzen" taucht nicht nur im Anfängerunterricht auf.
Gut am Klavier zu sitzen, ist die Voraussetzung für alles weitere. Hierüber ist schon sehr viel geschrieben worden. Ich will es nicht ausufern lassen, deshalb von meiner Seite so viel:

1. Man sitze aufrecht ("aufrecht" und "gerade" sind nicht das Gleiche) mit einem gewissen Gefühl für die Sitzknochen (mit einem Gefühl von Auftrieb)
=> siehe Thema "Aufrichtung" in der klaviermethodischen Literatur
2. Man sitze nicht zu nah. Die Arme müssen sich vor dem Körper überkreuzen können.
3. Man sitze nicht zu hoch. Zwischen Unterarm und Handgelenk soll eine gerade, wenn nicht sogar leicht ansteigende Linie entstehen.
(Ich begründe es auch gern, führt aber etwas weg, weswegen ich es so stehen lasse)
4.Position von Arm und Hand will ich hier nicht näher beschreiben, weil sie einen guten Sitz voraussetzen...

Das ist das Elementare. Die Menschen sind aber durchaus verschieden. Manch einer ist ein Sitzriese, ein anderer hat ganz kurze Oberarme, manch einer hat sehr lange Arme usw.... so kann es sein, dass die Proportionen am Klavier verschieden aussehen und die Klavierbänke verschieden eingestellt werden. Die drei oberen Punkte gelten aber im Idealfall für alle Menschen, die bewusst sitzen wollen.
Es ist eben nicht egal, wie man sitzt! Deshalb kann ich auch Rolfs Bemerkung

"In diesem Sinn gibt es so viele optimale Sitzhaltungen, wie es Klavierspielende gibt "

nicht zustimmen, weil ich sie missverständlich finde.
Es gibt nur eine optimale Sitzposition, die sich beschreiben lässt, die auch minimal variieren kann, die durch die unterschiedlichen Körperproportionen auch verschieden aussehen kann.
Vielleicht meint Rolf das aber auch.

Darüber hinaus möchte ich noch darauf hinweisen, dass das Wort "Haltung" etwas Statisches beschreibt, es beim Klavierspiel aber um Bewegung geht. Ich persönlich spreche daher von einer Sitzposition, die man am Anfang vermitteln muss, die aber nicht statisch, nicht militärisch ist. Außerdem beschreibt "Haltung" etwas Äußerliches. Es geht aber schon beim aufrechten Sitzen um die Bewegungswahrnehmung. Das ist etwas Innerliches.

Beste Grüße
Claudius
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Es gibt nur eine optimale Sitzposition, die sich beschreiben lässt, die auch minimal variieren kann, die durch die unterschiedlichen Körperproportionen auch verschieden aussehen kann.
Vielleicht meint Rolf das aber auch.

hallo,

ich bin da etwas lockerer (was für das Sitzen, welches ja zum Bewegen mit der Musik wird, ganz ok ist) und meine, dass es nicht nur minimal variiert, denn die körperlichen Unterschiede sind ja manchmal recht groß - optimal wäre, wenn man sich frei überallhin bewegen kann an den Tasten.

da immer wieder diskutiert wird, ob man eher höher oder niedriger sitzen soll (viele spielen quasi von oben: Rubinstein, Barenboim - andere haben den Ellenbogen lieber tiefer als die Tasten: Perlemuter, Horowitz), wird es sicher nicht ganz einfach sein, allein für die Sitzhöhe eine verbindliche optimale Position zu postulieren.

hält man es allgemeiner - also so sitzen, dass man beweglich alles erreichen kann - subsummiert das auch die Vorlieben der a la hoch, mittel oder tief (und die sind ja auch abhängig vom jeweiligen Körperbau)

sinngemäß meinen wir wohl das selbe.

Gruß, Rolf
 
Hallo Rolf,
ich glaube, wir meinen im Grunde das gleiche. Allerdings betone ich mehr die normative Seite, weil aus meiner Erfahrung das schiefe und krumme Sitzen am Klavier wirklich keine guten Ausgangsbedingungen schafft. (Davon hast Du zwar nicht gesprochen, aber die Betonung der Individualität wird von den Leuten eben oft falsch verstanden im Sinne von: "Ich kann spielen wie Ich will.")
Ich will nicht sagen, dass man so nicht spielen kann. Das kann man wohl, aber man bezahlt doch einen Preis.
Auch der kann sehr verschieden sein und reicht von fehlender Gestaltungsfähigkeit, fehlender echter Virtuosität bis hin zu Schmerzen und Spielschäden.
Das ist ja nun mein Themengebiet, in dem das fehlende Bewusstsein für die Aufrichtung oft ein zentraler Punkt ist.
Daher ist in meinen Augen gerade in den zentralen Fragen und den ersten Schritten des Klavierspiels eine gute Schulung durch nichts zu ersetzen.

Beste Grüße
Claudius
 
Wichtig an meiner Sitzhaltung ist, dass ich

1. nicht zu tief sitze. Wenn einmal der Klavierhocker zu niedrig eingestellt ist, weil meine Tochter zuvor gespielt hat, merke ich nach kurzer Zeit, dass sich Rückenschmerzen einstellen.

2. direkt mittig vor dem eingestrichenen 'c' sitze, sonst finde ich die Tasten nicht mehr :D, da ich "blind" spiele.

Ob und wie ich an die Pedalen komme, ist momentan noch nicht relevant. Aber ich glaube, ein Buch als Erhöhung wird bei mir zu gegebener Zeit zum Einsatz kommen.

Unser KL plädiert auch für die Haltung: Ober-/Unterarm im rechten Winkel, evtl. Unterarm leicht erhöht; nicht zu nah, nicht zu weit weg; eingestrichenes 'c' direkt davor.
 
bei Klavieren ist die Pedalhöhe und die "Schlaffheit" des Widerstands oft ärgerlich - mir ist der starke Widerstand wie bei guten Flügeln viel angenehmer

Abgesehen von der "Schlaffheit" (die man auch einstellen kann), ist das wohl auch eine Frage der Sichtweise und der Erfahrung. Im Klavierunterricht (Flügel) brauche ich durchaus bis zu 30 Minuten, um das Pedal so selbstverständlich einsetzen zu können wie zu hause (Kleinklavier). Zu hause bekomme ich einen leichten Pedaleffekt, wenn ich nur deutlich genug "Pedal" denke, am Unterrichtsflügel dagegen spiele ich z.B. Mozart noch viel trockener als zuhause (heute ungewollt praktisch ohne Pedal), eben aufgrund dieses starken Widerstandes.

Aber ich habe ja schon oft gesagt, daß man jede Gelegenheit ergreifen sollte, auf anderen Instrumenten zu spielen, und das gilt natürlich auch für mich :D
 
ich bin da etwas lockerer (was für das Sitzen, welches ja zum Bewegen mit der Musik wird, ganz ok ist) und meine, dass es nicht nur minimal variiert, denn die körperlichen Unterschiede sind ja manchmal recht groß - optimal wäre, wenn man sich frei überallhin bewegen kann an den Tasten.

Hallo Rolf und PianoAktiv,

natürlich kann man grundsätzlich lockerer sein, aber Anfänger müssen ja erst einmal eine gute Sitzhaltung lernen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es dann sehr wichtig ist, die hier meist beschriebenen üblichen Winkel und Abstände zu wählen. Sitzt der Anfänger zu tief, wirkt sich das leider sehr schnell auf die Hand aus, die dann, untrainiert und zusätzlich beschwert durch das Gewicht des Unterarms im wahrsten Sinn des Wortes arm dran ist :D . Sind ein paar Jährchen vergangen, kristallisiert sich meistens eine "Lieblingsstellung" heraus, gegen die ich, wenn alles andere funktioniert und die Abweichungen nicht zu groß sind, nichts habe. Es ist allerdings schon öfter passiert, dass man Schüler von anderen Lehrern mit manuellen Problemen nur sagen mußte:"Stell doch mal den Stuhl weiter zurück/höher/tiefer... und die Probleme lösten sich in Wohlgefallen auf.

Sehr schön finde ich zum einen ein Bild zur Sitzhaltung von meiner letzten Hochschulprofessorin, die da sagte: "Der Körper ist beim Klavierspielen wie ein Baum - mit den Füßen ist man verwurzelt (Bodenkontakt, dabei ist auch die Bedeutung des linken Fußes als Stütze gerade auch bei "schweren" Stellen nicht zu unterschätzen), der Rumpf ist der Stamm (stabil, aber flexibel) und die beiden Arme sind wie Äste, die frei schwingen.
Außerdem mag ich die Haltung der Balletttänzer, bei der man sich wie bei einer Marionette einen imaginären Faden vorstellt, an dem der Kopf quasi aufgehängt wird (bitte ohne Schlinge :D - ich hoffe, ich hab's einigermaßen richtig erklärt).

Viele Grüße

chiarina
 
Hallo Chiarina,
Deinen Beschreibungen kann ich vollends zustimmen.
Das Bild des Baumes ist übrigens ein abgewandeltes Liszt-Zitat,
das ich jetzt nicht mehr ganz zusammen bekomme. Wenn Du möchtest,
suche ich das raus.
Auch die Vorstellung der Marionette führt oft zu einer instinktiven Aufrichtung.
Diese Beschreibungen findet man schon bei Chopin "comme suspendue en l'air", was Chopin allerdings auf das Handgelenk bezog. Etwa 75 Jahre später findet sich eine ähnliche Beschreibung bei Elisabeth Caland.

Allerdings, Chiarina, ohne hier große Debatten lostreten zu wollen, ist der Begriff "Gewicht" für mich im Kontext dieser Beschreibungen recht missverständlich.
Aber irgendwie ist es nicht tot zu kriegen; das "Gewicht"!

Beste Grüße
Claudius
 
Hallo PianoAktiv,

ich wusste nicht, dass das ein Liszt-Zitat ist! Es wäre sehr nett, wenn du es heraussuchen würdest! Und was genau sagt Caland dazu?

Das Wort "Gewicht" habe ich hier nur verwendet, weil es einem Anfänger, der zu tief sitzt, m.E. nach sehr schwer fällt, den Arm leicht zu machen. Der Unterarm "hängt" quasi an seiner Hand und zieht diese mit seinem Gewicht (schon wieder! ;) ) nach unten. Die zu tiefe Sitzhaltung bedingt also, dass überhaupt ein Gewicht empfunden wird, was sich dann zu einer großen Be- und Überlastung der noch untrainierten Hand entwickeln kann. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine - wie würdest du es denn ausdrücken?

Viele Grüße

chiarina
 
natürlich kann man grundsätzlich lockerer sein, aber Anfänger müssen ja erst einmal eine gute Sitzhaltung lernen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es dann sehr wichtig ist, die hier meist beschriebenen üblichen Winkel und Abstände zu wählen. Sitzt der Anfänger zu tief, wirkt sich das leider sehr schnell auf die Hand aus, die dann, untrainiert und zusätzlich beschwert durch das Gewicht des Unterarms im wahrsten Sinn des Wortes arm dran ist :D . Sind ein paar Jährchen vergangen, kristallisiert sich meistens eine "Lieblingsstellung" heraus, gegen die ich, wenn alles andere funktioniert und die Abweichungen nicht zu groß sind, nichts habe.

...wie ich es prophezeit hatte: die Sitzhöhe und Sitzhaltung sind kontroverse Themen...

...und die Logik ist auch im Wege... egal, ob man höher oder tiefer sitzt: dadurch wird die Hand nicht schwerer oder leichter, als sie ohnehin ist...

Wie ist es eigentlich um die "Dogmatik" in Sachen Sitzhaltung und Sitzhöhe, bestellt, wenn die Abweichungen zwar groß sind, aber trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen?) alles funktioniert?

Dergleichen will ich nicht entscheiden müssen :)

Gruß, Rolf
 

Hallo Rolf,
auf diesen Gedankengang habe ich ja gewartet:

Wie ist es eigentlich um die "Dogmatik" in Sachen Sitzhaltung und Sitzhöhe, bestellt, wenn die Abweichungen zwar groß sind, aber trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen?) alles funktioniert?

Zeig mir bitte den Pianisten, der kein Genie ist, bei dem das so ist.
Ich habe noch niemanden getroffen, bei dem die körperliche Seite nicht stimmt und trotzdem "alles funktioniert".
Außerdem sind "alles" und "funktionieren" Begriffe, die genauer untersetzt werden müssen.
Auch absolute Ausnahmebegabungen zahlen einen Preis für "exzentrisches", physiologisch ungünstiges Spiel. Und das fängt eben beim Sitz an.
Die Liste ist lang und kann durch die Literatur verfolgt werden. Siehe Clara Schumann, Alexander Skrijabin, Glenn Gould ...

Es gibt kein Dogma. Aber es gibt ein Idealbild. Die Klavierwelt hat erst die Impulse der Körpertechniken gebraucht, um diese Aussage überhaupt in Betracht zu ziehen. Auch wenn man dieses Idealbild schon in den Beschreibungen er "Alten", also Türck, Forkel, Couperin und auch Czerny
finden kann.

Beste Grüße
Claudius
 
Zeig mir bitte den Pianisten, der kein Genie ist, bei dem das so ist.
Ich habe noch niemanden getroffen, bei dem die körperliche Seite nicht stimmt und trotzdem "alles funktioniert".
Außerdem sind "alles" und "funktionieren" Begriffe, die genauer untersetzt werden müssen.
Auch absolute Ausnahmebegabungen zahlen einen Preis für "exzentrisches", physiologisch ungünstiges Spiel. Und das fängt eben beim Sitz an.
Die Liste ist lang und kann durch die Literatur verfolgt werden. Siehe Clara Schumann, Alexander Skrijabin, Glenn Gould ...

hallo,

das "Idealbild" der "richtigen Sitzhaltung" gestattet meiner Ansicht nach Abweichungen, es ist also gar nicht so furchtbar starr. Eine solche Abweichung betrifft die Sitzhöhe: um mich da zu wiederholen, so saßen sowohl Horowitz (sehr niedrig) als auch Rubinstein (sehr hoch) jeweils "richtig", und von beiden ist nicht bekannt, dass sie wegen des Sitzens irgendwelche Probleme gehabt hätten. Zumal sie, von der variablen Sitzhöhe abgesehen, ja keinen krummen Buckel oder sonstwas gemacht hatten.

darum nochmals: ob man lieber eher tief, eher mittel oder eher hoch sitzt ist individuell verschieden, hängt sicher auch von den Körperproportionen ab. Hier würde ich niemandem vorschreiben, etwas zu ändern, wenn er/sie gut und flüssig spielt.

was macht eigentlich Skrjabin, der fantastisch Klavier spielte, in Deiner Liste?

Gruß, Rolf
 
Erst letztens habe ich gelesen, man sollte beim Spielen darauf achten, dass der Bauchnabel (!!!) ungefähr vor dem d' liegt ! :D
Überprüft das mal, vlt sitzt ihr völlig falsch!!

lg marcus

Im Prinzip sollte das egal sein, man gewöhnt sich ja an seine Position - vorausgesetzt, man hat tatsächlich immer die gleiche. Ich habe f' als Orientierung und weiß, daß ich damit nicht alleine bin. Vierhändig rechts sitze ich dann vor f''', andere Positionen haben schon zu Verwirrung geführt. Links habe ich noch nicht ausprobiert.

Ich glaube ja, daß die besten Beschreibungen der Sitzhaltung die sind, die völlig darauf verzichten, die tatsächliche Körperhaltung zu beschreiben, sondern stattdessen darauf eingehen, wie man diese Haltung erreicht und was sie bezweckt.Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man sich mit sehr detallierten Beschreibungen von Körperhaltung oder auch Bewegungen meistens sehr schwer tut und oft erstmal nur Krampf dabei herauskommt. Und in diesem Stadium kann man überhaupt keine gute Haltung mehr einnehmen, insbesondere dann, wenn man bereits Rückenschmerzen oder andere Beeinträchtigungen hat, die dann falsche Signale geben und die richtige Haltung erst recht verhindern.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich orientiere mich überhaupt nicht bewusst an irgendwelchen Abständen oder Tasten. Ich sitze einfach so vor dem Klavier, wie es am angenehmsten ist. Zwar achte ich momentan verstärkt auf meine Körperhaltung, prüfe also auch mein "Angenehm-Gefühl". Aber ob ich jetzt genau in der Mitte der Klaviatur sitze bzw. g und d'' oder ges und dis'' jeweils genau über meinen Knien sind, interessiert mich eher weniger. Da verlasse ich mich auf mein Gefühl. ;)

Grüße von
Fips
 
Hallo Rolf,
die Diskussion über niedrig und hoch und Körperproportionen hatten wir ja schon... (Ich würde nur in meinen Beispielen nicht gerade von den Genies ausgehen wollen, weil das in der Regel, nicht die Leute sind, die man der normalen Welt der Pianisten und Klavierstudenten so trifft. "Horowitz spielt auch so" ist kein Argument gegen eine Schulung, die bestimmte Rahmenbedingungen setzen muss.)

Skriabin hatte eine Zeit lang vom Üben der Saffonow'schen Übungen solche Schmerzen, dass er nur mit der linken Hand spielen konnte.
Seine Stücke nur für die linke Hand kennst Du mit Sicherheit und haben in dieser Situation ihren Ursprung.

Beste Grüße
Claudius
 
...wie ich es prophezeit hatte: die Sitzhöhe und Sitzhaltung sind kontroverse Themen...

...und die Logik ist auch im Wege... egal, ob man höher oder tiefer sitzt: dadurch wird die Hand nicht schwerer oder leichter, als sie ohnehin ist...

Wie ist es eigentlich um die "Dogmatik" in Sachen Sitzhaltung und Sitzhöhe, bestellt, wenn die Abweichungen zwar groß sind, aber trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen?) alles funktioniert?

Hallo Rolf,

ich sehe uns gar nicht so auseinander in unseren Positionen. Es ist doch interessant, einen Aspekt aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, die sich m.M. nach ergänzen und nicht widerlegen.
So wie ich dich verstanden habe, wehrst du dich gegen eine Verallgemeinerung und Standardisierung von Sitzhöhe und Sitzhaltung, was ich nur unterstützen kann. Ich habe z.B. einen über 1,90m großen Schüler, der seinen Stuhl recht hoch stellt und einen 1,75m großen, der den Stuhl ganz unten hat. Beide sind frei in ihrer Beweglichkeit und es gibt keine Probleme, weil eben, wie du sagst, die individuellen Körpermaße und Vorlieben sehr unterschiedlich sein können.

Ich glaube aber, dass wir zwei unterschiedliche Zielgruppen im Kopf haben: du beschreibst eher ausgebildete Pianisten, während ich Schüler meine, die noch im "Werden" begriffen sind. Ausgebildete Pianisten können meinetwegen im Kopfstand Klavier spielen, solange sie keine Probleme haben und es gut klingt (apropos: kennt ihr diese wunderbare Filmszene, in der einer von den Marx-Brothers mit dem Rücken zum Klavier stehend! in unnachahmlich leichter, eleganter und witziger Art traumhaft Klavier spielt?).

Besonders bei Anfängern (bei wirklichen Anfängern!) muss man m.E. nach jedoch sehr aufpassen, dass sie eine - ich nenne es mal gute Startposition :D fürs Klavierspielen mitbringen. Eine schlechte Handhaltung mit Verkrampfungen, motorischen Problemen und schlechtem Klang sind ansonsten die Folge. Und wenn man die aktuellen Pianisten betrachtet, liegen deren Sitzpositionen in ihren Grundzügen! nicht weit auseinander ( z.B. Abstand vom Klavier, Winkel von Ober- zu Unterarm...). Was nun weit auseinander bedeutet, darüber kann man sich in alle Ewigkeit streiten :p.

Dir Rolf, geht es vorwiegend um die Sitzhöhe, so wie ich dich verstanden habe. Ich meinte unter dem Begriff "Abweichungen" eher Dinge, die du sicher auch nicht tolerieren würdest, wie z.B. Ellebögen weit unterhalb des Klaviers/ an den Körper gepreßt, einen Sitzabstand von etwa 10 cm vom Klavier weg, "gemütliches" Klavierspielen mit Übereinanderschlagen der Beine, "zusammengefalteter" Oberkörper...:D. Ja, der Möglichkeiten gibt es viele...:rolleyes:. Diese Sitzhaltungen führen bei Normalsterblichen, wie es meine Schüler nun mal sind, zu absoluten motorischen und klanglichen Problemen. Und das ist natürlich der entscheidende Punkt - gibt es ein Problem oder nicht. Für den Lehrer, der einen noch nicht fortgeschrittenen Schüler unterrichtet, stellt sich auch noch die Frage:"Könnte die Sitzhaltung des Schülers vielleicht zu einem Problem werden (z.B. bei romantischer Literatur)?"
Insofern glaube ich nicht, dass wir in Sachen Sitzhaltung so weit auseinanderliegen, sondern es eher um die Definition sprachlicher Begriffe wie "Abweichung", "Idealbild", "richtige Sitzhaltung" und "funktionieren" geht. Ich wäre die Letzte, die einem guten Pianisten sagt, wie er sitzen soll, finde aber gut, wie PianoAktiv es ausdrückt;



Es gibt kein Dogma. Aber es gibt ein Idealbild. Die Klavierwelt hat erst die Impulse der Körpertechniken gebraucht, um diese Aussage überhaupt in Betracht zu ziehen. Auch wenn man dieses Idealbild schon in den Beschreibungen er "Alten", also Türck, Forkel, Couperin und auch Czerny
finden kann.

Viele Grüße

chiarina
 
Skriabin hatte eine Zeit lang vom Üben der Saffonow'schen Übungen solche Schmerzen, dass er nur mit der linken Hand spielen konnte.
Seine Stücke nur für die linke Hand kennst Du mit Sicherheit und haben in dieser Situation ihren Ursprung.

hallo,

diese Geschichte meinst Du - ja, der hatte als juner Mann mal ein richtiges Problem mit der rechten Hand - - und wir verdanken diesem Prelude et Nocturne sowie den "Trauermarsch" aus der ersten Sonate. Das scheint sich aber später gelegt zu haben, und wie seine von ihm selbst oft genug öffentlich gespielten späteren Klavierkonpositionen zeigen, hatte er wohl nach dieser "Jugendgeschichte" auch mit haarsträubend schwierigen (eigenen) Sachen (Sonaten 5 oder 7) keine motorischen Probleme.

Gruß, Rolf
 
Ich meinte unter dem Begriff "Abweichungen" eher Dinge, die du sicher auch nicht tolerieren würdest, wie z.B. Ellebögen weit unterhalb des Klaviers/ an den Körper gepreßt, einen Sitzabstand von etwa 10 cm vom Klavier weg, "gemütliches" Klavierspielen mit Übereinanderschlagen der Beine, "zusammengefalteter" Oberkörper...:D. Ja, der Möglichkeiten gibt es viele...:rolleyes:. Diese Sitzhaltungen führen bei Normalsterblichen, wie es meine Schüler nun mal sind, zu absoluten motorischen und klanglichen Problemen. Und das ist natürlich der entscheidende Punkt - gibt es ein Problem oder nicht. Für den Lehrer, der einen noch nicht fortgeschrittenen Schüler unterrichtet, stellt sich auch noch die Frage:"Könnte die Sitzhaltung des Schülers vielleicht zu einem Problem werden (z.B. bei romantischer Literatur)?"

volle Zustimmung!!

Gruß, Rolf
 
Habe mir die Handgelenke durchs Fahrrad fahren kaputt gemacht. Das merke ich dann auch am Klavier, wenn ich zu hoch und zu nah sitze und mit nach oben abgeknickten Händen Töne laut anschlage. Deshalb sitze ich lieber etwas tiefer und weiter weg. Und fürs Fahrrad gibt es zum Glück Griffe, die eine gesunde Handhaltung erlauben.
 

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