Shigeru Kawai vs. Steinway vs. Yamaha

Das ist eine interessante Diskussion, auf die ich eben durch Zufall gestoßen bin. Gerne würde ich aus eigener Erfahrung mit Steinway und Shigeru berichten, da ich mich lange damit beschäftigt habe.

Aufgewachsen bin ich zu Hause mit Bechstein (Klavier), Steinway A-Flügel und später ein Blüthner 280. Bei meinem Klavierlehrer standen mehrere Steinway zum Unterrichten und 2 B-Flügel für Konzerte (so hatte ich die Möglichkeit, z.B. für Beethoven den linken mit dem stärkeren Bass und z.B. für Brahms den rechten mit der phantastischen Melodie zu wählen). Für mich war klar, daß ich später einmal einen Steinway B mein Eigen nenne möchte - mein großer Traum. Etwas anderes kam für mich nicht in Frage. Ich war durch den Steinway-Klang stark vorgeprägt.
Als ich mit Ende 30 soweit war, mir einen B leisten zu können (das Klavierspiel war ein Hobby geblieben), machte ich mich auf die Suche nach dem richtigen Instrument für mich. Einige Jahre zuvor hatte ich einen phantastischen B an einen Freund vermittelt, der nach jahrelanger Suche extra nach Deutschland flog, um ihn beim Händler probezuspielen und ihn kaufte. Nun suchte ich für mich. Mein Weg führte mich sowohl zu den Händlern in den großen Städten, als auch nach Hamburg ins Werk. Ich habe viele Dutzend B's gespielt - aber der richtige für mich war nicht dabei. Ein Insider riet mir, mich bei gebrauchten Fügeln umzusehen, da die B's der späten 80er zu den besten gehören würden. Ich begann, verschiedene gebrauchte B's bei Händlern und Privatleuten auszuprobieren, aber der perfekte B für mich war nicht dabei.
Während dieser Suche begegnete mir mehr zufällig ein Shigeru SK6, der mir gut gefiel. Das vorher Unmögliche deutete sich an: Ich zog in Erwägung, etwas anderes als einen Steinway B zu erwerben. Ich suchte mehrere Händler für Shigeru in Deutschland auf. Schließlich fuhr ich auch nach Moers in die Zentrale, um nicht immer nur einen Shigeru spielen zu können. Am Ende flog ich an einem Tag von der Zentrale zu einem Händler hin und her, um die beiden letzten im Rennen am gleichen Tag und somit hoffentlich in der gleichen "inneren Stimmung" zu spielen - und traf meine Entscheidung für den Kauf des einen dieser beiden SK6. Es war (und ist) für mich der perfekte Flügel, obwohl ich immer dachte, es würde ein B. Der Klang gefiel mir so gut, daß ich erstmal bei meinem Eigenen Spiel (Andante aus Brahms op.5) Tränen in den Augen hatte. Die Kosten waren kein Argument - ich wollte DEN Flügel mit dem für mich schönsten Klang für die von mir bevorzugt gespielten Komponisten (damals Brahms, Beethoven, Chopin, Mendelssohn inzwischen noch viel Bach und Händel). Ich bin sehr froh, daß ich mich von meinem Vorurteil (es muß ein Steinway B sein) lösen konnte.

Ich kann nur jeden ermutigen, offen an die Auswahl ranzugehen und den subjektiv schönsten Flügel zu wählen, der einem begegnet - egal welcher Hersteller es ist. Ich empfehle sehr, den Shigeru dabei mit in die Auswahl einzubeziehen.

Ein Pianist sagte einmal, als er das erste mal an meinem Flügel saß, daß dies der erste Flügel sei, der alles, was er denken würde, genau so umsetzen könnte (er selbst hatte zwei Steinway B zu Hause).

Steinway bleibt meines Achtens für Pianisten aber erste Wahl, da die meisten Konzertsääle Steinway haben und es von Vorteil ist, regelmäßig auf einem Fabrikat zu üben, das sich ähnlich spielen läßt, denn der Shigeru spielt sich aufgrund seiner Mechanik deutlich anders.

Viel Freude mit Euren Instrumenten !
 
Es war mir beim Lesen Deiner Posts schon aufgefallen, daß Shigeru nicht so Deins ist - muß es ja auch nicht, das kategorische Abkanzeln der Shigerus finde ich nicht angemessen. Es soll ja sogar (noch lebende) Leute geben, die auf Bösendorfer stehen ;-)
Meine Schwester - gleiche musikalische Prägung - schwört z.B. aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen von einem Förster-Flügel. Fazioli-Begeisterung habe ich bisher aber nur von Jazz-Liebhabern vernommen.

Ich fand es übrigens interessant, von berühmten Pianisten zu erfahren, daß sie inzwischen privat Shigeru spielen, obwohl sie Konzerte auf Steinway geben. Wer (außer Horowitz früher) reist auch schon mit eigenem Flügel?
 
Schön, dass dieses Thema fortgeführt wir!
Also ich bin auch der Meinung, das die Klangscharakterisitk erstes Entscheidungskriterium ist. Bei der Mechanik sind die Kawais ohnehin sehr überzeugend. Ich habe leider noch nie einen Schigeru gespielt, auf den Aufnahmen die ich gehört habe klingen sie aber sehr gut, weniger scharf etwas mehr Substanz im Klang, warm, voluminös und doch sehr klar und dynamisch differenziert, erinnert mich ein bisschen an meinen Bösendorfer :-). (Klangprobe auf youtube: watch?v=HyM9IXQpz1s)
Was ältere Flügel angeht sagt das Fabrikat wenig aus. Modell Baujahr Zustand und auch einfach das individuelle Instrument sind entscheidend. Habe gerade kürzlich einen Bösi 200 aus dem fast selben Baujahr gespielt wie meiner und der Klang weit weniger schön. (trotz top Zustand).
 
Mir ist zumindest Krystian Zimerman bekannt.
Korrrrrrrekt. Habe mich mal mit der musikalischen Leiterin der Kölner Philharmonie unterhalten, sie erzählte, dass der eine eigene Maschine hat, auf der der Flügel eben transportiert wird und dass diese Transportmaschine mit dem Flügel auf dem Rücken sozusagen auch Treppen "gehen" kann, durch so ein Rollsystem.
 
Korrrrrrrekt. Habe mich mal mit der musikalischen Leiterin der Kölner Philharmonie unterhalten, sie erzählte, dass der eine eigene Maschine hat, auf der der Flügel eben transportiert wird und dass diese Transportmaschine mit dem Flügel auf dem Rücken sozusagen auch Treppen "gehen" kann, durch so ein Rollsystem.

Das ist der Pianolift. Konnte bei uns im Haus aber nicht verwendet werden. Das Gerät selbst wiegt soweit ich weiß schon > 400 kg.
 
... macht viel kaputt.


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Und nimmt Daniel Barenboim jetzt nicht seinen „Barenboim“ mit? (Freilich auch ein Steinway.) Ich werde es am Mittwoch sehen und hören...
LG,
Babs

Also,

gestern war das angesprochene Konzert hier in Brüssel und ich muss mich zum Teil revidieren: der "Barenboim" wurde von der Brüsseler Firma Piano Maene gebaut und 2016 fertiggestellt.

Dadurch, dass auch auf der Bühne noch Zuhörer installiert wurden und ich auch einen sehr zentralen Platz im Parkett hatte, konnte man vorher und in der Pause auch Fotos von dem guten Stück schießen. Ein Kollege, der auch da war, hat heute gemeint, ich hätte ausgesehen, wie Männer auf nem Autosalon, die dort Fotos von den neuen Modellen machen :-D

Für meine Ohren war kein Unterschied zu hören, im Gegenteil das Debussy-Programm klang mir an manchen Stellen etwas verschwommen irgendwie. Aber Barenboim wurde empfangen und verabschiedet wie ein Heiliger, auch wenn das Publikum sich ansonsten aufführte wie aus einer Lungenheilanstalt.

Der Hammer des Abends: Martha Argerich saß im Publikum :herz:

Hier noch ein paar Bildchen:
Barenboim1.jpg Barenboim2.jpg Barenboim3.jpg Barenboim4.jpg Barenboim5.jpg
 
Zitat:"
Ich kann nur jeden ermutigen, offen an die Auswahl ranzugehen und den subjektiv schönsten Flügel zu wählen, der einem begegnet - egal welcher Hersteller es ist. Ich empfehle sehr, den Shigeru dabei mit in die Auswahl einzubeziehen.

Ein Pianist sagte einmal, als er das erste mal an meinem Flügel saß, daß dies der erste Flügel sei, der alles, was er denken würde, genau so umsetzen könnte (er selbst hatte zwei Steinway B zu Hause)."

Es ist eine Frage des Klanges, welches Klavier (welchen Flügel) man haben möchte. Ich glaube nicht, dass ich dem Shigeru Kawai etwas abgewinnen könnte. Sie klingen zu hart, härter als die berühmte Hamburg-New Yorker Firma klingt. Leider ist die allgemeine Meinung heute derart, dass man härter klingende Flügel bevorzugt. Wenn jemand mit einem Shigeru Kawai meint, den richtigen Kauf getätigt zu haben, so mögen die Leute das tun und sich damit ihrer persönlichen Klangwelt eine Wohltat getan haben.

Das Beispiel des zweiten Absatzes: "Ein Pianist sagte einmal,...." kann ich ich nur so werten, dass dieser Pianist dir einen Gefallen tun wollte und sich eben dahingehend so geäußert hat. Ich glaube ihm aber, die Beurteilung deines Shigeru Kawai ist bestimmt positiv ausgefallen.

Sollten irgendwelche Leute die Kawai Shigerus bevorzugen, so sollen sie es; so gut wie alle Konzertpianisten und viele, viele geübte Amateure können nicht irren. Die Kaufentscheidung für einen Steinway kommt nicht von irgendwo her, sie ist begründet. Die Präsens der berühmten Hamburg -New Yorker Firma auf den Konzertpodien und in den meisten Hochschulen spricht für sich, eigentlich. Sicherlich kann man mit einem asiatischen Klavierbauer, ob nun Yamaha C-Serie oder Shigeru Kawai seine persönliche, klangliche Wohltat gefunden haben.
 
Ich hätte mir fast einen Shigeru Kawai SK6 gekauft. Ist der genau so gut wie ein Steinway oder Fazioli oder Bösendorfer? Darüber kann man sicher streiten. Meiner Meinung kommen sie zumindest sehr nahe heran. Unstrittig dürfte aber sein, dass sie ein wahnsinnig gutes Preis/Leistungsverhältnis haben.

Bei mir ist es am Ende ein Yamaha CF6 geworden. Für das Geld, oder wenig mehr, hätte ich auch einen Steinway bekommen. Ich habe mich bewusst für den Yamaha entschieden, weil er mir schlicht besser gefallen hat.

Die Konzertszene ist zum größten Teil nach wie vor fest in der Hand von Steinway, aber die Gründe dafür sind auch nur zum Teil der Qualität der Klaviere geschuldet; das hat auch viel mit dem Konzertservice zu tun, den Steinway anbietet. Für den Privatgebrauch spielt das aber keine Rolle und man sollte den Flügel kaufen der einem am besten gefällt (und im Budget liegt) und den Namen der draufsteht ignorieren.
 
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Bei mir ist es am Ende ein Yamaha CF6 geworden. Für das Geld, oder wenig mehr, hätte ich auch einen Steinway bekommen. Ich habe mich bewusst für den Yamaha entschieden, weil er mir schlicht besser gefallen hat.

Die Konzertszene ist zum größten Teil nach wie vor fest in der Hand von Steinway, aber die Gründe dafür sind auch nur zum Teil der Qualität der Klaviere geschuldet; das hat auch viel mit dem Konzertservice zu tun, den Steinway anbietet. Für den Privatgebrauch spielt das aber keine Rolle und man sollte den Flügel kaufen der einem am besten gefällt (und im Budget liegt) und den Namen der draufsteht ignorieren.

Wow, Respekt! Ich habe auch einen neuen Yamaha, aber weit nicht in der Größe / Preisklasse. Mir gefällt gut, was Du da geschrieben hast! Dieser Steinwaywahn für Zuhause ist wirklich so eine Sache. Mal ehrlich - viele, die sich so ein Ding Zuhause hinstellen, sind bei weitem nicht so gut, dass sich dieser Kauf aus musikalischer Sicht rechtfertigt.
Klar würde ich mir wahrscheinlich auch einen Steinway hinstellen, wenn ich die Kohle hätte, aber hey - mein Niveau ist nicht so hoch, dass ich nicht auch mit meinem Yamaha zufrieden sein kann.

Dass Steinway den Konzertmarkt so beherrscht ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass Steinway im letzten Jahrhundert viele Patente angemeldet hat, die Klangcharakteristik und Bauweise dahingehend optimiert haben, dass so ein Flügel einen Konzertsaal entsprechend ausfüllen kann. Andere Hersteller konnten das wohl in der Vergangenheit nicht so gut.

Heute ist das natürlich anders, aber wenn man einmal so einen Ruf etabliert hat, wie es bei Steinway nunmal der Fall ist, dann ändert sich daran wohl nicht mehr so schnell etwas. Von daher mag die Konzertsaaldominanz von Steinway durchaus gerechtfertigt sein, für das eigene Wohnzimmer hingegen gibt es meiner Ansicht nach bessere und günstigere Alternativen.

Fakt ist, dass zwischen einem guten Flügel der S-Serie keine großen Qualitativen Unterschiede mehr zu einem vergleichbaren Steinway bestehen. Für die Premiummodelle anderer Hersteller mag das sicherlich auch gelten.
 
Klar würde ich mir wahrscheinlich auch einen Steinway hinstellen, wenn ich die Kohle hätte, aber hey - mein Niveau ist nicht so hoch, dass ich nicht auch mit meinem Yamaha zufrieden sein kann.
Ich finde, dass die Premium-Flügel von Yamaha (CF4,CF6,CFX) keine zweite Wahl sind mit der man zufrieden sein kann wenn das Geld nicht für einen Steinway reicht. Erstmal sind die Yamaha Flügel nicht signifikant billiger und zweitens sind sie von der Qualität absolut ebenbürtig und meiner Meinung nach in einigen Aspekten (zum Beispiel der Präzision der Spielart) sogar überlegen.
 
Der Tip ist sicher nicht neu, aber wer kann, sollte beim Klavier/Flügel aussuchen einen Freund und eine Augenbinde mitnehmen und sich vom Freund von Instrument zu Instrument führen lassen, da erlebt man wahre Wunder. Die Erwartung, die sich beim Lesen des Namens oder des Preises eines Instruments einstellt, beeinflusst immer auch den Höreindruck.
 
Das klingt echt gut - ich glaube gerne, dass es da zu interessanten und überraschenden Höreindrücken kommt. Bei mir leider zu spät dieser Test - ich hab meinen Flügel schon...

Du hast bei Deiner Aufzählung übrigens die "S"-Serie vergessen. Die sind noch hochwertiger als die "CX"- Reihe, da hier noch viel mehr Handarbeit drin steckt. So wie ich das verstanden habe, sind das keine Fließbandinstrumente mehr sondern eher Einzelstücke. Das schlägt sich natürlich auch im Preis nieder, der eben von vergleichbaren Steinways nicht mehr ganz weit weg ist. (rd. 63,000 EUR für einen S6).

Ich fand als Kind / Jugendlicher den "Yamaha-Klang" immer scheiße. Wir hatten in der Schule zwei Yamaha-Flügel stehen, die sehr sehr blechern und metallisch klangen. Das hat sich bei mir eingeprägt. Als ich dann meinen jetzigen C3X (und einige andere) gespielt habe, war das im Vergleich wirklich eine Offenbarung. Von der Preis/Leistung ganz zu schweigen.
 

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