Sexuelle Belästigung bei Bewerbung

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Kreativität und kriminelle Neigung hängen zusammen wie ein Schoppen Rotz. Das eine ist ohne das andere nicht haben, bei Mann und Frau – eine Feststellung, die weder gute noch schlecht Taten rechtfertigt.

Lieber Gomez,

na, dann soll die Antwort des Mobs nicht lange auf sich warten lassen. :006:

Vor allem frage ich mich, woher deine obige These ("Feststellung") stammt? Ist sie wissenschaftlich bewiesen? Und gilt sie auch umgekehrt? Wer kriminell oder pädophil ist, ist auch sehr kreativ?

Ich behaupte, dass jemand sehr Kreatives keinesfalls auch eine kriminelle Neigung haben muss. Ich kann diese Behauptung leider nur auf eigene Erfahrungen zurückführen, aber ich kenne viele kreative Menschen, die nicht kriminell sind und auch meines Wissens keine Neigung dazu besitzen. Inklusive mir selbst.

Ansonsten müsste ja man die Künstlersozialkasse mit ganz anderen Augen betrachten.... . :007:

Waren die Künstler vergangener Jahrhunderte alle oder zu wesentlichen Teilen kriminell? Oder pädophil? Ich glaube nein. Ich habe diesen Artikel dazu gefunden, der sich auf Komponisten bezieht. Ich meine, dass große Künstler Menschen wie du und ich sind und dass unter ihnen natürlich auch Menschen mit mehr oder weniger kriminellen Neigungen sind. Das Werk oder die künstlerische Begabung hat mit den menschlichen oder sozialen Fähigkeiten m.E. nichts zu tun, der große Künstler kann ein Arschloch sein, ein empathischer und freundlicher Mensch oder was dazwischen.

Jetzt wirst du einwenden, dass man dann auch bei den aktuell lebenden Künstlern wie Mauser die Person vom Werk trennen sollte. Das Werk ist ja nicht schlechter geworden, indem die Person für Pädophilie verurteilt wurde.

Es kann sein und ist wahrscheinlich, dass in der Zukunft diese Trennung (auch bei Mauser) vorgenommen wird. Warum das im Moment nicht geschieht, liegt m.E. am Umgang mit diesem Thema in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten.

Gerade die Pädophilie, aber auch Vergewaltigungen etc. waren in der Vergangenheit ein Tabuthema, bei dem die Täter massiv geschützt wurden (kath. Kirche, Odenwaldschule, Regensburger Domspatzen .....). Nicht umsonst gibt es die Me-Too-Bewegung.

Erst in den letzten Jahren kamen Missbrauch und Vergewaltigung hoch. Es trat ein erschütterndes Ausmaß der Katastrophe zutage, das weitreichende Folgen hatte. Die Gesellschaft ist sensibilisiert worden und das ist meiner Meinung nach sehr wichtig und nötig! So ein flächendeckender Missbrauch sollte nie mehr vorkommen dürfen!

Bisher waren im Bild der Öffentlichkeit häufig die Opfer die Täter. Frauen waren selbst schuld, wenn sie vergewaltigt wurden - sie wollen ja, auch wenn sie "nein" sagen, sie brauchen sich ja nicht wundern, wenn sie ihre Reize mit Miniröcken zur Schau stellen etc.. Die Verantwortung für Vergewaltigungen etc. lag sehr oft bei der Frau. Bei Kindern war das ähnlich - man muss sich nur mal die erbärmlichen Rechtfertigungen der pädophilen Täter (Odenwaldschule etc.) anhören.

Insofern ist ein Umschwung in der Sichtweise erfolgt - plötzlich werden Männer und Täter zur Verantwortung gezogen. Gesetze wurden geändert (ein Nein einer Frau muss seit wenigen Jahren vom Täter akzeptiert werden) und die Täter- und Opferrolle neu gesehen und definiert.

Es liegt auch in der Natur der Sache, dass Täter für lang zurückliegende Fälle selten verurteilt werden. Oft steht Aussage gegen Aussage und es gibt keine Beweise mehr. Wenn er überhaupt verurteilt wird, bekommt der Täter, der mit seiner Tat ein Menschenleben vielleicht für alle Zeiten ruiniert hat, eine im Verhältnis recht milde Strafe aufgebrummt, im Fall Mausers 2 Jahre und 9 Monate. Und die will er noch nicht mal absitzen und flüchtet nach Österreich.... . Sehr typisch für solche Fälle wie auch Pädophile ist eine mangelnde Einsicht der Täter in die eigenen Taten und in ihre Verantwortlichkeit für diese Taten.

Aus meiner Sicht gibt es außerdem eine krasse Diskrepanz zwischen Wirkung der Taten auf das Opfer (oft lebenslange Folgen) und der Strafe für solche Verbrechen (ein paar Jahre). Das empfinden viele so, glaube ich.

Diese von mir nur grob umrissene Situation kann man nicht von deinem beschriebenen Szenario trennen aus meiner Sicht. Die Gesellschaft ist sensibilisiert worden. Gott sei Dank!

Dabei kommt es natürlich zu Extremen. Ich finde es nicht richtig, wenn nicht verurteilte Menschen diskriminiert werden. Ich finde es richtig, dass eine Person wie Mauser nicht mehr in seinem Job mit Studentinnen etc. arbeiten darf. Ein Pfarrer darf hoffentlich auch nicht mehr mit Kindern arbeiten, wenn er der Pädophilie überführt wird. Ein Klavierlehrer wie Wei Tsin Fu sollte das auch nicht dürfen. Denn Pädophilie ist eine so weit ich weiß lebenslange sexuelle Neigung.

Da Mauser wie viele andere überhaupt keine Einsicht zeigt, bedauere ich ihn
allerdings kein kleines bisschen. Hat er halt Pech gehabt... .

Anders sieht es mit nicht verurteilten Angeklagten aus. Es gab ja auch den Fall Kachelmann, der nicht verurteilt wurde und danach beruflich und privat große Schwierigkeiten bekommen hat. Das sehe ich wie du kritisch. Im Zweifel für den Angeklagten. Allerdings steht eben auch oft Aussage gegen Aussage und das weiß auch die Öffentlichkeit. Es ist sehr schwierig, im Nachhinein etwas zu beweisen. Auch Wei Tsin Fu, der 5 Jahre Gefängnis bekommen hat, wurde im nachhinein nur für etwa drei Fälle verurteilt. Die Dunkelziffer war viel höher.

Schwierig!

Ist das traumatisierte männliche Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls weniger wert als eine sexuell bedrängte Frau?

Hast du denn den Eindruck, dass das so ist? Ich habe eher den Eindruck, dass eine sexuell bedrängte Frau immer noch große Widerstände durchzustehen hat. Natürlich ist beides sehr schlimm ist - man sollte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

Radiosender diskutieren darüber, Michael-Jackson-Songs aus dem Programm zu nehmen.

Wenn ich die Google-Suche betätige, scheint das nicht der Fall zu sein, im Gegenteil. Und Woody Allen dreht ständig neue Filme und darf seinen neuen Film nur nicht in Amerika zeigen, der Arme. Ich bin bei sowas immer hin- und hergerissen: einerseits gilt - und das ist sehr wichtig - "im Zweifel für den Angeklagten". Andererseits bin ich froh, dass die Gesellschaft eine Null-Toleranz zeigt. Ich kenne zu viele Fälle, bei denen die Opfer Schreckliches erdulden mussten und die trotz Therapie lebenslang darunter leiden.

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe Chiarina,

zunächst mal: vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.

Kurzversion meiner Antwort: Ich stimme Dir größtenteils zu. Aber ich habe die Problematik bewußt aus einem andern Blickwinkel betrachtet, und meine Kritik richtet sich an Meinungshuber à la Maxe (Maxe, Du bist unvergessen!).
Vor allem frage ich mich, woher deine obige These ("Feststellung") stammt? Ist sie wissenschaftlich bewiesen?
Keine Ahnung. Mir sagt es der "gesunde Menschenverstand". Vielleicht schließe ich unzulässigerweise von mir auf andere? Ich habe wohl ein pessimistischeres Menschenbild als Du.
Und gilt sie auch umgekehrt? Wer kriminell oder pädophil ist, ist auch sehr kreativ?
Sagen wir mal so: (Sexuelle) Devianz und künstlerische Begabung hängen bei Künstlern oft zusammen. Kausalkette: Devianz isoliert einen Menschen. Unwertgefühle und Einsamkeit fördern Kompensationsbedürfnisse, und als deren Ergebnis haben wir z.B. die künstlerische Arbeit.
Das Werk oder die künstlerische Begabung hat mit den menschlichen oder sozialen Fähigkeiten m.E. nichts zu tun, der große Künstler kann ein Arschloch sein, ein empathischer und freundlicher Mensch oder was dazwischen.
Ja, eben!
Es kann sein und ist wahrscheinlich, dass in der Zukunft diese Trennung (auch bei Mauser) vorgenommen wird. Warum das im Moment nicht geschieht, liegt m.E. am Umgang mit diesem Thema in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten.
Dann wird der aktuelle Straftäter für die Empathielosigkeit früherer Zeiten mitbestraft. Das ist ungerecht.
Aus meiner Sicht gibt es außerdem eine krasse Diskrepanz zwischen Wirkung der Taten auf das Opfer (oft lebenslange Folgen) und der Strafe für solche Verbrechen (ein paar Jahre).
Ohne Mitgefühl für Siegfried Mauser oder Wei Tsin Fu zu empfinden: Die böse Tat traumatisiert nicht nur das Opfer. Sie neurotisiert auch den Täter (damit muß er sich dann halt ein Leben lang rumschlagen). Frag mich nicht, welcher Wissenschaftler das sagt. Mir reicht die Lebenserfahrung - und Autoren wie Poe oder Dostojewski.
Ich finde es nicht richtig, wenn nicht verurteilte Menschen diskriminiert werden.
Und es ist genauso falsch, verurteilte Menschen zu diskriminieren. Der Begriff "vorbestraft" mag für die Polizeiarbeit und die Rechtsprechung sinnvoll sein. Für die moderne abendländische Strafidee ist er nicht zu rechtfertigen. Einem Straftäter nach Ableistung seiner Buße die Straftat weiter vorzuhalten, ist völlig unethisch.
Anders sieht es mit nicht verurteilten Angeklagten aus. Es gab ja auch [...] Kachelmann, der nicht verurteilt wurde und danach beruflich und privat große Schwierigkeiten bekommen hat.
Er wurde nicht nur nicht verurteilt. Er ist vermutlich unschuldig. Aber seine Karriere und sein Ruf wurden zerstört. Statt sich als Arbeitgeber loyal vor ihn zu stellen, hat sein Haussender ihn aus Angst vor dem Shitstorm sofort rausgeschmissen.
Hast du denn den Eindruck, dass das so ist?
Sieh Dir den öffentlichen Diskurs an, der von den Universitäten über die Medien bis zu den sozialen Netzwerken reicht. Es gibt Opferhierarchien, und alle drängeln sich um die besten Plätze. Was mich am meisten bekümmert: Anteilnahme ist wohlfeil geworden. Dafür reicht ein Mausklick des gelangweilten users, der morgen nicht mehr weiß, worüber er sich gestern empört hat: Daumen nach oben oder unten? Anteilnahme als Gefühlsregung ist bei Angehörigen und Freunden eines Tatopfers plausibel. Beim digitalen Rest artet sie in Gemenschel aus, noch schlimmer: Sie wird zu einem Instrument der sozialen Kontrolle. Wer nicht schnell genug in das "Me too"-Geheul miteinstimmt, gilt als Sexist*in. Darüber wird in Frankreich jetzt sogar in feministischen Kreisen diskutiert.

Liebe Grüße
Gomez
 
Zuletzt bearbeitet:
Unwertgefühle und Einsamkeit fördern Kompensationsbedürfnisse, und als deren Ergebnis haben wir z.B. die künstlerische Arbeit.
...was hatten erfolgreiche, gesellige Leute (z.B. Komponisten, da u.v.a. Rossini, Verdi, Puccini, Richard Strauß, Igor Strawinski, Rachmaninov, Saint-Saens) zu kompensieren? Als allgemeine Regel scheint mir dieser Satz nicht besonders tauglich, mag es auch eventuell irgendwas kompensierende Einzelfälle unter den Künstlern geben.
 
...was hatten erfolgreiche, gesellige Leute (z.B. Komponisten, da u.v.a. Rossini, Verdi, Puccini, Richard Strauß, Igor Strawinski, Rachmaninov, Saint-Saens) zu kompensieren?
Huch! Name dropping! Und Saint-Saens, der vom Ehebett hinweg zu Muttern zurückgezogen ist? Der depressive, dies-irae-verliebte Rachmaninow? Strauss und seine Domina Pauline? Puccini, bei dem Frauen bevorzugt in der Opferrolle zu finden sind, im Leben wie auf der Bühne? Strawinski, für den Gefühlskundgabe geradezu ein Sakrileg war? (Du weißt, daß ich ihre Musik liebe).
Als allgemeine Regel scheint mir dieser Satz nicht besonders tauglich, mag es auch eventuell irgendwas kompensierende Einzelfälle unter den Künstlern geben.
Lies die Tagebücher eines Deiner Lieblingsautoren, Thomas Mann, und Du hast das klassische Modell vor Augen.
 
Ich hab das in den vergangenen 15 Jahren 2 Mal erlebt und beide Male ohne echtes Abhängigkeitsverhältnis, wie es oft bei Musikerinnern der Fall ist. Beim ersten Mal war ich 25, gerade weg von der Uni und ein freundlicher Kollege aus dem Vertrieb hat sich von hinten über mich gebeugt und sanft seine Hände von den Schultern abwärts über meinen Oberkörper gleiten lassen.(Vorne, nicht der Rücken) Mehr war nicht, das ekelhafte Gefühl bleibt bis heute. Gesagt habe ich nichts. (Er Mitte 50 im Unternehmen gut vernetzt, ich in der Probezeit, wobei er kein direkter Kollege oder Vorgesetzter war)
Das zweite Mal vor 2 Jahren, ein Interimsmanager, der sich im Großraumbüro breitbeinig auf meinen Schreibtisch vor mich gesetzt hat (ich sitzend auf dem Schreibtischstuhl), um mir lächelnd zu erklären, dass es für Frauen ja auch den anderen Weg zur Karrierebeschleunigung gibt... Ich bin daraufhin einfach aufgestanden (mit meinen 185cm) habe mich vor ihm aufgebaut und ihn gefragt, wie genau er das denn meint. Da hat er sich dann getrollt...
Am nächsten Tag war er nicht mehr da. Fünf meiner Kollegen (ausschließlich männliche) haben es dem Personalvorstand gemeldet und sich geweigert weiter zu arbeiten, wenn der Vogel bleibt. Meine persönlichen Helden...gesagt, haben die nichts, bzw. erst auf Nachfrage nachdem mir eine Personalerin einen Tip gegeben hat.
Fazit, von den ca. 500 Männern, mit denen ich bisher so zu tun hatte, 2 Arschlöcher und 5 Alltagshelden. Eigentlich eine gute Bilanz.

LG, Heks
 
Der depressive, dies-irae-verliebte Rachmaninow?
...na ok, der "kompensierte" mittels einer Villa in Beverly Hills, der arme russische Schlucker mit der Sträflingsfrisur :-D:drink::-D, und vermutlich weinte er rund um die Uhr ----- a prospos Ehebett: da hätte ich von dir eher erwartet, dass du Tschaikowski nennst ;-) dessen Briefe dir sicher bekannt sind (speziell hierzu...der hatte in der Tat was zu kompensieren) ;-)

Nein, pauschal Kunst als Kompensation von Einsamkeit und Unwertgefühlen (und Depression und strenger Mutti usw) erscheint mir etwas zu küchenpsychologisch - und der Zusammenhang mit dem Thema des Fadens ist etwas abhanden gekommen (?)
 
Kurzversion meiner Antwort: Ich stimme Dir größtenteils zu.

Lieber Gomez,

o.k., dann sind wir also gar nicht so weit voneinander entfernt. :003: Ich kann nämlich auch deine Perspektive nachvollziehen.

Sagen wir mal so: (Sexuelle) Devianz und künstlerische Begabung hängen bei Künstlern oft zusammen. Kausalkette: Devianz isoliert einen Menschen. Unwertgefühle und Einsamkeit fördern Kompensationsbedürfnisse, und als deren Ergebnis haben wir z.B. die künstlerische Arbeit.

Hm, dann müsste es unter den Gefängnisinsassen überproportional viele Künstler geben, oder nicht? Oder werden die Künstler alle nicht erwischt, weil der Kommissar Mitleid hat, das traurige Häufchen Elend, das ihm gegenüber sitzt, in die Mangel zu nehmen? :006:

Dann wird der aktuelle Straftäter für die Empathielosigkeit früherer Zeiten mitbestraft. Das ist ungerecht.

Nein, ganz im Gegenteil! Der aktuelle Straftäter profitiert bei sexuellen Straftaten nämlich ganz gewaltig von der Empathielosigkeit früherer Zeiten! Ohne diese hätte er seine Taten gar nicht begehen können!

Ohne Mitgefühl für Siegfried Mauser oder Wei Tsin Fu zu empfinden: Die böse Tat traumatisiert nicht nur das Opfer. Sie neurotisiert auch den Täter (damit muß er sich dann halt ein Leben lang rumschlagen). Frag mich nicht, welcher Wissenschaftler das sagt. Mir reicht die Lebenserfahrung - und Autoren wie Poe oder Dostojewski.

Ja, Pädophile wie Wei Tsin Fu müssen sich das ganze Leben mit ihrer Pädophilie rumschlagen. Ich bin aber nicht bereit, auch nur das kleinste bisschen Verständnis für gerade ihn zu empfinden! Ich habe diesen Fall sehr intensiv mitbekommen, auch über dieses Forum (ewig langer Faden). Ich erinnere daran, dass sich hier im Forum Opfer mit Berichten eingebracht haben, teilweise über PN. Ich habe dann die Berichterstattung sehr verfolgt, weil ich selbst ja Wei Tsin Fu mal in einer Fortbildung kennen gelernt habe.

Und ich sage, dass ein Pädophiler zwar mit seiner Veranlagung gestraft ist - und dafür kann ich absolut Verständnis und auch Empathie empfinden -, aber als Erwachsener auch eine Verantwortung trägt. Als Klavierlehrer insbesondere für seine Schüler. Dieser Verantwortung ist er in keinster Weise nachgekommen, im Gegenteil. Er hätte sich dazu z.B. in Therapie begeben können. Stattdessen hat er schlimmste Dinge getan und auch während des Prozesses immer wieder alles abgestritten. Ich weiß noch, wie behauptet wurde, zu seiner Methode gehöre enger Körperkontakt.

Jemand, der alles abstreitet, obwohl viele, viele seiner Schüler über langjährigen sexuellen Missbrauch berichteten, jemand, der auch während des Prozesses immer wieder sagt, wie sehr ihm das Wohl seiner Schüler am Herzen gelegen habe (was für ein Hohn!), für den kann ich keine Empathie und kein Bedauern empfinden.

Du sprichst von Dostojeweski. In meiner Erinnerung wird dort sehr eindrücklich die Qual und Verzweiflung, die innere Zerrissenheit des Mörders oder Straftäters beschrieben. Das empfinde ich als sehr anrührend, tief bewegend und hat mich sehr nachdenklich gemacht.

Ich vermisse bei Mauser, bei Wei Tsin Fu und bei vielen anderen sexuellen Straftätern (Weinstein.....) diese Qual. Ich merke nichts von Zerrissenheit, im Gegenteil scheinen diese Leute völlig unbewegt und unerschütterlich. Ausnahme: Placido Domingo!

Nun kannst du mir vorwerfen, dass ich nicht wissen könne, ob diese Straftäter innerlich zerrissen sind. Das stimmt! In Interviews und dem Verhalten dieser Menschen ist aber nicht das Geringste an Zerrissenheit zu bemerken, sie plädieren auf unschuldig und benehmen sich auch so. Und du kannst auch wiederum nicht wissen, ob diese Menschen zerrissen sind. Ich glaube, es gibt jede Menge, die sogar von ihrer Unschuld überzeugt sind und sich vormachen, sie täten alles zum Wohle der Kinder und Frauen. Sonst kann man auch so lange solche Dinge nicht tun.

Und es ist genauso falsch, verurteilte Menschen zu diskriminieren. Der Begriff "vorbestraft" mag für die Polizeiarbeit und die Rechtsprechung sinnvoll sein. Für die moderne abendländische Strafidee ist er nicht zu rechtfertigen. Einem Straftäter nach Ableistung seiner Buße die Straftat weiter vorzuhalten, ist völlig unethisch.

Das sehe ich genauso! Ich bewerte jemanden sowieso nicht von vorneherein negativ, wenn er eine Straftat begangen hat. Es gibt Menschen, die viel Pech in ihrem Leben hatten und wer wäre ich denn, mich moralisch über irgendjemanden zu erheben!

Wenn also ein Triebtäter nach seiner Strafe Einsicht zeigt und Verantwortung übernimmt, hat er ein Recht darauf, sein Leben neu zu gestalten und dementsprechende Chancen zu bekommen.

Das Problem bei Mauser ist aber, dass er noch nicht einmal seine Strafe absitzen will, sondern flüchtet. Er zeigt weder Einsicht noch übernimmt er Verantwortung für das Urteil. Was soll ich da noch sagen, das spricht doch für sich. Auch Wei Tsin Fu hat nie Empathie für seine Opfer, die seine Schüler waren gezeigt. Nein, da hört es auf für mich und dieses Verhalten bewerte ich als äußerst negativ!

Sieh Dir den öffentlichen Diskurs an, der von den Universitäten über die Medien bis zu den sozialen Netzwerken reicht. Es gibt Opferhierarchien, und alle drängeln sich um die besten Plätze. Was mich am meisten bekümmert: Anteilnahme ist wohlfeil geworden. Dafür reicht ein Mausklick des gelangweilten users, der morgen nicht mehr weiß, worüber er sich gestern empört hat: Daumen nach oben oder unten? Anteilnahme als Gefühlsregung ist bei Angehörigen und Freunden eines Tatopfers plausibel. Beim digitalen Rest artet sie in Gemenschel aus, noch schlimmer: Sie wird zu einem Instrument der sozialen Kontrolle. Wer nicht schnell genug in das "Me too"-Geheul miteinstimmt, gilt als Sexist*in. Darüber wird in Frankreich jetzt sogar in feministischen Kreisen diskutiert.

Ich kann nachvollziehen, was du meinst. Das ist die eine Seite der Medaille, leider. Gerade dieses Schubladendenken ("Sexist" etc.) mag ich gar nicht und tut der Debatte nicht gut, weil es spaltet, anstatt zu einen. Es ist schrecklich, wenn Männer als potentielle Täter gesehen werden und es ist schrecklich, wenn sie beschimpft werden, nur weil sie eine andere Meinung haben. Eine Diskussion ist dann nicht möglich.

Ich kenne aber auch die andere Seite der Medaille, wenn auch nicht persönlich. Und die besteht darin, dass Frauen es auch heute noch es schwer haben, Vergewaltigungen anzuzeigen. Die Scham ist so groß. Auch heute noch schlagen ihnen schlimme Sprüche entgegen, auch heute noch ist die Chance, einen Prozess zu gewinnen, sehr gering.

Ich finde es sehr schade, dass die Gräben durch solche, auch von dir beschriebenen Situationen noch tiefer werden. Es müsste doch im Interesse aller sein, das Vergewaltigungen und Missbrauch möglichst nicht mehr vorkommen!

Liebe Grüße

chiarina
 
Die coronabedingt-niedrige Kundenfrequenz an meinem Arbeitsplatz erlaubt mir eine unbezahlte Nebentätigkeit maxe'schen Ausmaßes!

Vorweg allen Küchenpsychologen ins Kochbuch geschrieben, eh mir Unfug unterstellt wird - ich sagte:
Kreativität und kriminelle Neigung hängen zusammen wie ein Schoppen Rotz.
(Sexuelle) Devianz und künstlerische Begabung hängen bei Künstlern oft zusammen. Kausalkette: Devianz isoliert einen Menschen. Unwertgefühle und Einsamkeit fördern Kompensationsbedürfnisse, und als deren Ergebnis haben wir z.B. die künstlerische Arbeit.
"Wie ein Schoppen Rotz" heißt: Man kann's nur schwer auseinanderhalten. Das Wörtchen "oft" ist meine salvatorische Klausel im zweiten Zitat. Ich habe kein allgemeingültiges Gesetz formuliert. Das geschah vielmehr in Freuds Kochstudio: Die Sexualität hat bei jedem Menschen etwas Abgründiges, egal wie er disponiert ist - was nicht heißt, daß man diese Abgründigkeit ausleben muß. Man könnte aber so ehrlich sein, es sich im stillen Kämmerlein einzugestehen. Und die meisten Künstler haben eine gewaltigen Sprung in der Schüssel (inklusive meiner Wenigkeit), und das gehört wohl zur künstlerischen Entwicklung dazu.

Zweite Vorbemerkung: Wir leben in lausigen Zeiten, wenn die Beschäftigung mit der Situation des Straftäters gleich als Billigung der Straftat und Zeichen mangelnder Empathie mit dem Tatopfer fehlgedeutet wird. Eigentlich besteht da kein Zusammenhang. Aber er wird sofort konstruiert. Warum?

Liebe Chiarina,

mein Schwerpunkt bleibt die Täterperspektive, weil jede andere Perspektive (Opfer, Angehörige, Solidarisierungstrupps) ja in diesem Gespräch schon mehr als berücksichtigt wurde.
Pädophile wie Wei Tsin Fu müssen sich das ganze Leben mit ihrer Pädophilie rumschlagen.
Darauf wollte ich gar nicht hinaus: daß Menschen für ihre pädophile Neigung nichts können, nur für deren Ausleben. Ich meinte: Jede Straftat neurotisiert den Täter. Jeder Lügner weiß, daß er lügt, und jede weitere, immer dreistere Lüge verändert ihn. Jeder Grapscher und Vergewaltiger weiß, daß er Körperkontakt erzwingt. Die Folgen der Tabuüberschreitung verspürt er an sich selbst. Wilde hat das im "Dorian Gray" mit der zunehmenden Entstellung des Portraits (=Dorians Seele/sein schlechtes Gewissen) wunderbar beschrieben.
Ich vermisse bei Mauser, bei Wei Tsin Fu und bei vielen anderen sexuellen Straftätern (Weinstein.....) diese Qual. Ich merke nichts von Zerrissenheit, im Gegenteil scheinen diese Leute völlig unbewegt und unerschütterlich.
1.) klassischer Fall von Schuldabwehr (sagt der Küchenpsycholge), die im Glücksfall der zunehmenden Schulderkenntnis vorausgeht.
2.) heute eine beliebte Verteidigungsstrategie: Der Angeklagte im Strafverfahren ist der Einzige, der lügen darf - nach dem Prinzip: Sollen die andern sich doch abstrampeln. Das Geständnis wirkt schuldmindernd, aber die Lüge nicht strafverschärfend.
3.) eine sogar verständliche Trotzreaktion, Folge der Tribunalisierung durch eine vorverurteilende Öffentlichkeit (so ging es Honecker und vielen hohen SED-Typen nach der Wende). Eine tobsüchtige Öffentlichkeit bricht diese Panzerungen nicht auf, bestenfalls lange und - tja- freundliche Gespräche unter vier Augen.
Ich finde es sehr schade, dass die Gräben durch solche, auch von dir beschriebenen Situationen noch tiefer werden.
Sie werden noch viel tiefer. In der französischen "Me too"-Debatte wurde das von Anfang an mitdiskutiert. Introvertierte kontaktscheue junge Männer sind zwar nicht der Traum eines jungen Mädchens - aber das männliche Begehren steht jetzt unter Generalverdacht: Jeder Blick kann als zudringlich, jedes Streicheln durchs Haar, jede Annäherung, wie für einen schüchternen Kuß erforderlich, als unzulässige Grenzüberschreitung denunziert werden. Da bin ich froh, nicht mehr jung zu sein.

Herzliche Grüße
Gomez
 
Ich habe kein allgemeingültiges Gesetz formuliert.
Und die meisten Künstler haben eine gewaltigen Sprung in der Schüssel (inklusive meiner Wenigkeit), und das gehört wohl zur künstlerischen Entwicklung dazu.
…"die meisten" ist sicher auch so´n salvatorisches boah-wie-raffiniert-Dings wie "oft"... wer nun Muße für maxesche Ausmaße hat, kann sicherlich unschwer belegen, dass dem nicht nur oft, sondern auch bei den meisten so ist. ;-)
Ich meinte: Jede Straftat neurotisiert den Täter.
...wie tragisch... so man ihn erwischt, sollte das sein geringstes Problem sein. (du hast Dostojewski erwähnt, ist Stawrogins Beichte neurotisch?)
 

Es gibt genügend Leute, die sich in der Haft - oder sogar noch danach - umbringen.
aha - ja und? ...es gibt auch genügend Leute, die mehrmals (und nicht grundlos) inhaftiert wurden (da gibt´s sogar ein Worte dafür: Wiederholungstäter, rückfällig) und es gibt genügend Leute, die sich weder in der Haft noch danach umbringen.

Statt zänkischer Rabulistik mit aggressiv-streitlustigem Beigeschmack, könntest du mal probieren, dein Anliegen stringent, nachvollziehbar und ohne Polemik zu formulieren. Dir geht es also um "Täterperspektive" - worauf willst du damit hinaus?
 
Wie kann ich Dir helfen? Was verstehst Du nicht? Lies #59, #63 und #70. Ich habe meinen Text - vielleicht ein bissel gallig formuliert, aber sonst unpolemisch - an Chiarinas Fragen orientiert. Wenn sich Dir die Stringenz (in Wechselrede mit Chiarina) nicht erschließt, dann spiel Rachmaninow.
 
(1)
mein Schwerpunkt bleibt die Täterperspektive
(2)
aber das männliche Begehren steht jetzt unter Generalverdacht: Jeder Blick kann als zudringlich, jedes Streicheln durchs Haar, jede Annäherung, wie für einen schüchternen Kuß erforderlich, als unzulässige Grenzüberschreitung denunziert werden. Da bin ich froh, nicht mehr jung zu sein.
(1) hat mit (2) nicht sonderlich viel zu tun - aber der unterstrichene Satz könnte in Richtung Etym-Theorie gedeutet werden :lol::lol:

...und dann wieder das zänkische Getue:
Wenn sich Dir die Stringenz (in Wechselrede mit Chiarina) nicht erschließt, dann spiel Rachmaninow.
wozu soll ich mir während der coronigen Zwangspause Arbeit aufhalsen, indem ich unhandliche sentimentale Sachen von einem "depressiven" "der einen Sprung in der Schüssel hat" durchspiele? Werd´ noch älter, @Gomez de Riquet , dann verschwindet evtl auch das zänkische Gehabe...

Dich grämt, dass MeToo aus deiner Perspektive übertriebene Ausmaße angenommen hat (verstehe ich das richtig?) - diese Ansicht kannst du haben und mitteilen. Mit vor Gericht verhandelten Urteilsfindungen hat das nichts zu tun (vor Gericht zählt deine private Meinung nicht als Orientierung zur Urteilsfindung).
 
Du bist ja heute selten begriffsstutzig.

Mein Thema in diesem Thread war/ist die Vorverurteilung Verdächtiger oder Angeklagter vor ihrer rechtskräftigen Verurteilung und die Nachverurteilung rechtskräftig Verurteilter, Freigesprochener oder gerichtlich nie Belangter - jeweils vor dem Gerichtsaal, also in der Öffentlichkeit (zu der u.a. "Me too" gehört). Das müßte sich doch - mit den paar Nebenaspekten - auch in der coronigen Zwangspause bei Dir unter einen Hut bringen lassen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Mein Thema in diesem Thread war/ist die Vorverurteilung Verdächtiger oder Angeklagter vor ihrer rechtskräftigen Verurteilung und die Nachverurteilung rechtskräftig Verurteilter, Freigesprochener oder gerichtlich nie Belangter - jeweils vor dem Gerichtsaal, also in der Öffentlichkeit (zu der u.a. "Me too" gehört).
...dazu kamen ganz kurz paar Sätze zu Kachelmann - - aber ansonsten durfte man über solche Tiraden staunen:
Introvertierte kontaktscheue junge Männer sind zwar nicht der Traum eines jungen Mädchens - aber das männliche Begehren steht jetzt unter Generalverdacht: Jeder Blick kann als zudringlich, jedes Streicheln durchs Haar, jede Annäherung, wie für einen schüchternen Kuß erforderlich, als unzulässige Grenzüberschreitung denunziert werden. Da bin ich froh, nicht mehr jung zu sein.
Ich meinte: Jede Straftat neurotisiert den Täter. Jeder Lügner weiß, daß er lügt, und jede weitere, immer dreistere Lüge verändert ihn. Jeder Grapscher und Vergewaltiger weiß, daß er Körperkontakt erzwingt. Die Folgen der Tabuüberschreitung verspürt er an sich selbst.
Sagen wir mal so: (Sexuelle) Devianz und künstlerische Begabung hängen bei Künstlern oft zusammen. Kausalkette: Devianz isoliert einen Menschen. Unwertgefühle und Einsamkeit fördern Kompensationsbedürfnisse, und als deren Ergebnis haben wir z.B. die künstlerische Arbeit.
...ich traue dir zu, erkennen zu können, dass die drei Zitate ziemlich wenig mit dem zu tun haben, was du nun als dein eigentliches Thema nennst.

Also ein - dein - eigentliches Thema, trotz der Überschrift des Fadens... bon. Ja, dem Kachelmann wurde übel mitgespielt, verurteilt hat ihn kein Gericht (war da nicht Freispruch mangels Beweisen oder sowas?)
 
Was ist denn heute mit Dir los? Du fängst schon wieder an zu rumpelstilzen.

Trainier ein bißchen Deine Erkenntnisfähigkeit! Kachelmann - hätte sich Dir erschließen können - war ein Beispiel für die öffentliche Vorverurteilung eines Verdächtigen (die zu seinem Rausschmiß aus der ARD führte) und die öffentliche Nachverurteilung eines Freigesprochenen. Die beiden anderen "Tiraden" sind Exkurse zu den Themen Sexualität und Schuld, die Dich irgendwie persönlich zu treffen scheinen, was mir Leid tut und nicht beabsichtigt war.

Auf meinen gestrigen Beitrag haben zwei Forumsnutzer ernsthaft geantwortet: Demian und Chiarina. Warum gehörst Du nicht dazu? Du gehörst nach eigenem Bekunden nie dazu (was ich sehr bedauere). Seit über zehn Jahren betreibst Du auf Clavio nur noch feierabendliche Dampfplauderei, wie Du es nennst. Sie besteht entweder aus der Aufzählung Deiner Lieblingskomponisten (oder ihrer Werke), als Beleg für oder gegen irgendetwas, oder dem Glossieren mutwillig aus dem Zusammenhang gerissener Zitate.

Das kann man so machen, vor allem wenn mehr als Selbstdarstellung dahinter steckt (beim Thema Wei Tsin Fu hast Du sogar noch ernsthaft mitdiskutiert). Im Moment seh ich bei Dir - so wie dieses Gespräch mal wieder entgleitet - nur Dein berühmtes Streben nach dem, was Du gerne für Dich behalten kannst: das letzte Wort.

Ich schenk es Dir.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist das traumatisierte männliche Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls weniger wert als eine sexuell bedrängte Frau?

Wir Menschen sind nun einmal, egal ob wir es zugeben wollen oder nicht, in Denken und Handeln sehr stark von unserer Sexualität beeinflusst. Ist ein Verbrechen schlimm, so wird es sofort schlimmer wahrgenommen, sobald es einen wie auch immer gearteten sexuellen Kontext bekommt.

Im selben Sinne würde ich es aber auch als wahrscheinlich ansehen, dass ein Opfer durch Missachtung seiner sexuellen Selbstbestimmung sehr viel stärker traumatisiert wird als bei anderen Arten der Selbstbestimmung. Vielleicht haben sich ja schon ein paar clevere Psychologen Gedanken darüber gemacht, ob man das irgendwie messen könnte?
 
Guten Abend, Kalivoda!
Im selben Sinne würde ich es aber auch als wahrscheinlich ansehen, dass ein Opfer durch Missachtung seiner sexuellen Selbstbestimmung sehr viel stärker traumatisiert wird als bei anderen Arten der Selbstbestimmung [Meintest Du an dieser Stelle vielleicht: Fremdbestimmung? G.d.R.] Vielleicht haben sich ja schon ein paar clevere Psychologen Gedanken darüber gemacht, ob man das irgendwie messen könnte?
Um die Frage ging es mir u.a. - mit dem vom obigen Forumsnutzer als so anstößig empfundenen Beispiel. Ich habe es mit Bedacht gewählt. Ein ehemaliger Arbeitskollege von mir wurde in seinem früheren Job (Tankstelle) Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls. Er mußte sich hinter dem Tresen bäuchlings auf den Boden legen. Über ihm stand einer der Typen mit entsicherter durchgeladener Knarre. Mein Ex-Kollege kann seitdem nicht mehr schlafen - nur noch mit Hilfe starker Narkotika.

Reemtsma hat mal über die Traumata "normaler" Verbrechensopfer (beiderlei Geschlechts!) geschrieben. Als Mann und als Reicher war er für die Rolle natürlich besonders ungeeignet. Für die Opfer traumatisierender (Alltags-)Kriminalität wurde vor über 40 Jahren der Weiße Ring gegründet.

Ich würde mich hüten, die Frage zu beantworten, und subjektiv empfundenes Leid bewerten - im Sinne von stärker oder schwächer, ehrenhafter - unehrenhafter. Deswegen halte ich den derzeitigen Opferdiskurs auch für so pervers, das Gedrängel um die Top-Ten-Plätze in der Opferhierarchie (Frau sticht Mann, farbig sticht weiß, divers sticht schwul und hetero etc.)

HG
Gomez
 
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