Schüler tritt ohne Wissen des Lehrers öffentlich auf

Hi Olli,

denn meines Erachtens ist alleiniger Zweck, die Ausbildung und Vergütung dort schriftlich festzuhalten.
Soso. Ich habe einen Arbeitsvertrag, in dem ist z. B. geregelt, dass ich Nebenbeschäftigungen anzugeben habe. Ist das jetzt auch ein Knebelvertrag? Die Regelung ist jedenfalls durchaus üblich. Vermutlich gilt für Dich eine ganz ähnliche Knebelung, nur hast Du vielleicht gar keinen schriftlichen Arbeitsvertrag, sondern eine Mitteilung über Deine Anstellung mit Verweis auf weitere Regelungen.

ich hatte mal über eine ähnliche Problematik gehört, allerdings auf weltspitzen-Niveau, als Horowitz einem oder zweien der von ihm anerkannten Schüler verbot, ohne sein Wissen aufzutreten. <snipp> Nun, eine solche Schwergewichtung haben wir ja bei 14-jährigen Knaben bekanntermaßen nicht vorliegen.
Wenn wir uns gedanklich in eine Kleinstadt bewegen, uns einen stadtbekannten, begabten Schüler vorstellen, der auf einer Benfiz-Veranstaltung vor 150 Leuten auftritt, worüber dann die Lokalpresse berichtet, haben wir meiner Meinung nach eine sehr ähnliche Situation.

In einer Kleinstadt haben wir ein - nennen wir es "Bildungsbürgertum", also Lehrer, Ärzte, Anwälte, Apotheker, und eben auch Klavierlehrer, kurz, die Kreise, in denen klassisches Musizieren und Musikkonsum in großem Maße stattfinden - in dem jeder jeden kennt nebst der zugehörigen Kinder. Jeder halbwegs Interessierte weiß vermutlich, bei wem der Schüler Klavierunterricht hat. Und wenn der Schüler dann unabgestimmt auftritt (bei einer Benefizveranstaltung, also wieder genau vor den o. g. Leuten) und möglicherweise verkackt, fällt es auf seinen Lehrer zurück.

Man sollte sich über die angesprochenen Klauseln nicht so aufregen. Bei den meisten, und in der ersten zwei Unterrichtsjahren, dürfte sich die Frage nicht stellen und es lohnt meiner Meinung nach nicht, darüber zu streiten. Wenn das Thema zusätzliche Auftritte relevant wird, sollte man drüber reden. Ist der Lehrer gut, wird man auch die eine oder andere Forderung akzeptieren müssen, und in dieser Situation halte ich sie für berechtigt.

Ciao
- Karsten
 
Ich habe gar keinen Vertrag.
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Aber auch ohne käme ich nicht auf die Idee irgendwo aufzutreten, ohne das wenigstens telefonisch kurz mit der KL durchzusprechen und mir noch den einen oder anderen Hinweis abzuholen. Allerdings bin ich auch keine 14 mehr. :lol:

Dieses Alter sollte man bei dem Eskapismus des Jünglings nicht außer Acht lassen. Ich finde das relativ nachvollziehbar: Der Junge ist genervt, fühlt sich überkontrolliert (welcher Vierzehnjährige fühlt sich nicht so?) und probiert sich aus, wie es ist, nicht permanent jedem für alles Rechenschaft abzulegen. Manche rauchen heimlich, der Knirps tritt "heimlich" öffentlich auf. Der ist sich gewiss nicht ansatzweise dessen bewusst, was das mit seiner KL "macht".

Spannender ist die Frage nach den Beweggründen der Mutter...
 
Hallo!
Nach den sparsamen Reaktionen Deines Schülers auf Deine Nachfrage denke ich, daß er in einem Loyalitätsdilemma ist. Er lernt die Stücke bei seiner Mutter - Klavierlehrerin - und führt sie auf.
Er spielt sie Dir, anscheinend unperfekt, vor, und möglicherweise merkt er, daß Du die Fehler gehört hast, und Dein Urteil bildest.
Also ist er in einem Dilemma: Einerseits seine Mutter, von der man nicht weiß, inwieweit sie Deinen Unterricht beurteilt. Andererseits Du, der das gespielte Stück auch beurteilst. Das ist für einen Pubertisten sehr schwierig.
Seine sparsamen Reaktionen können pubertätsbedingt sein. Oder er traut sich nicht richtig, zu reden, weil er loyal zu seiner Mutter, aber auch zu Dir, sein will. Also hält er lieber den Mund.
 
Spannender ist die Frage nach den Beweggründen der Mutter...
Definitiv. Der/die Schüler/in wird den Auftritt ja nicht alleine organisiert haben, so was läuft doch über die Eltern.

Jeanpaul5, vielleicht solltest Du das Thema bei der Mutter ansprechen. Wie bereits vorgeschlagen ist "Ich hab das in der Zeitung gelesen, wie war's denn!?" vielleicht eine gute Gesprächseröffnung. Im Gespräch könntest Du thematisieren, dass der Schüler bei JuMu anscheinend hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, abtesten, ob die Mutter das genauso sieht (vielleicht ist sie ja auch zufrieden?) und dann könntest Du vorsichtig die Frage aufwerfen, ob zwei (verschiedene) Programme in einem engen Zeitfenster nicht vielleicht ein bisschen viel waren und ob ihr Euch künftig besser abstimmt.

Vielleicht ist aber auch die Mutter in einem Dilemma - man hat sie gefragt "Ihr Kind spielt so schön, könnte er/sie nicht wieder mal ..." und sie konnte nicht nein sagen. Weil ... Kleinstadt, siehe oben ... außerdem ist sie ja stolz. Es muss ja nicht die vielbeschworene Tigermutter sein, Mütter sind ja auch nur Menschen ...

Ciao
- Karsten
 
Nach dem Punkt mit dem Wunderkind und dem "ich habe mich nicht getraut" habe ich nun entgültig ein Déjà-vu...

Das Problem in so einer Lage kann sein, dass die Schere einfach zu weit auseinandergeht... er ist wahrscheinlich besser als die meisten anderen um ihn herum, und du, Jeanpaul, denkst völlig verständlich, dass man ihn eher auf den Boden zurückholen muss als in die Lüfte schicken. Vielleicht bist du deswegen ganz unwillkürlich auch sparsam mit Lob und insgesamt eher kritisch eingestellt - klar, du kennst ihn und weißt, dass da noch deutlich mehr möglich wäre als das, was er bringt, und deswegen macht es wenig Sinn, ihn dafür so zu loben wie vielleicht einen weniger begabten, der dir auf dem gleichen Niveau vorspielen würde.

Ich weiß natürlich nicht, ob das auch in eurem Fall zutrifft, aber generell passiert es bei begabteren Schülern (nicht nur Klavierschülern, sondern allgemein), dass man als Lehrer denkt "der weiß doch, was er kann, deshalb muss ich ihn nicht für etwas loben, was für ihn gar keine besondere Leistung ist"... das ist aber oft ein Trugschluss. Solche Kinder und Jugendliche haben eben oft gerade NICHT das Selbstbewusstsein, das man von ihnen erwarten würde...

Und natürlich können sie unterscheiden vom Lob der Laien und dem ihres Lehrers! Wenn von letzterem nichts in der Art kommt, wird mitunter das ganze positive Feedback aller anderen zunichte gemacht in so einem Kopf ;) Und was passiert dann? Sie entwickeln ein Gefühl der Hilflosigkeit, ein Gefühl von "es reicht meinem Lehrer ja doch nicht", und die Diskrepanz zwischen ihrem Wissen einerseits, dass sie eigentlich im Vergleich zu den anderen ganz gut sind, und dass ihr Lehrer andererseits das nicht zu finden scheint, zerreißt sie fast.

Dann fangen sie an, ihre Sachen heimlich und "unbefleckt" von der Kritik des Lehrers zu machen, um sich selbst wieder hochzuziehen. Das kann auch ganz unbewusst passieren.

Also, MIR ist das in meinen jungen Jahren mehr als einmal passiert (meistens etwas abgemilderter, aber doch). Und wenn ich heute - als Erwachsene, im Rückblick - davon erzähle, sehen mich alle mit großen Augen (auch meine Lehrer von damals) und können gar nicht glauben, dass ich allen Ernstes ein Selbstbewusstseinsproblem hatte. Hatte ich aber... nur kommunizieren konnte ich es leider nicht ;)

Interessanterweise haben mir schon mehrere Menschen, die in einem Bereich (oder mehreren) eine besondere Begabung aufweisen, von ähnlichen Erfahrungen erzählt. Diese Diskrepanz ist gerade im Jugendalter echt nicht leicht zu ertragen... man fühlt sich falsch, egal wo man ist - ob es jetzt bei der lobenden Menge/Klasse oder beim "nie zufriedenen" Lehrer ist... und dazu kommt dann, dass man in der Pibertät sowieso schon zur Instabilität neigt.

Wenn der Junge und sein Bruder beide keinen Piep sagen, klingt das für mich nicht gerade nach einer ganz gesunden Psyche, ehrlich gesagt.
Jeanpaul, ich kann dein Problem absolut nachvollziehen, aber vielleicht liegt hier etwas ganz anderes vor als das scheinbare "begabter, fauler Bengel überschätzt sich maßlos und fällt seiner Klavierlehrerin in den Rücken" ;) Vielleicht ist es eher ein "verunsicherter pubertierender Junge, der völlig diffuse Rückmeldungen bekommt und möglicherweise noch keinen soliden Übestil gefunden hat, versucht verzweifelt, sich selbst wieder ins Lot zu bringen und herauszufinden, ob er eigentlich gut ist oder ein Idiot, und macht außerdem dauernd die Erfahrung, dass er es nicht nur nicht allen rechtmachen kann, sondern sogar ständig alles falsch zu machen scheint" (ich meine, er muss ja auch noch irgendwie den Erwartungen seiner Mutter und der Allgemeinheit entsprechen).

Sorry, das ist lang geworden... aber berührt mich einfach...
 
Danke, dass ihr euch alle so viele Gedanken macht.

Zum Thema Mutter: Sie schätzt meinen Klavierunterricht, sonst wäre er ja nicht bei mir. Aber sie schaut darauf, was daheim geübt wird, und meint manchmal, mein Programm noch ergänzen zu müssen, z.B. mit mehr Tonleitern oder Hanon-Übungen (mache ich z.Zt. mit ihm nicht). Sie ist Einwanderin aus Kasachstan, deshalb der deutschen Sprache nicht vollkommen mächtig, deshalb auch sehr defensiv im Verhalten oder undurchsichtig (grundlos, ich begegne ihr immer freundlich).
Wir sind aber tatsächlich auch in einer Konkurrenzsituation als Kla4lehrer an einer Musikschule, denn öfters schon wechselten Kinder, die mich zu streng fanden, dann zu ihr, die die Güte und Geduld in Person ist.
Sie fand den Auftritt bei Jugend Musiziert auch nicht optimal, aber immer noch besser, als ich ihn eingeschätzt habe.
Sie lobt ihren Sohn schon viel. Vielleicht ruhen zu viele Erwartungen ihrerseits auf ihm, denn sie konnte in Kasachstan nicht Klavier studieren sondern nur ein Konservatorium besuchen. (Ich blicke da nicht ganz durch) Vielleicht hofft sie, dass sich jetzt in ihren Söhnen (beim ersten hats schon mal nicht geklappt) ihre Träume erfüllen. Das kennt man ja oft sowas. Würde sie aber nie zugeben.
Das Konzert war eine ganz spontane Sache, organisiert innerhalb einer Woche, eine Sängerin war erkrankt, und dann sprangen Musikschüler ein. Die Mutter des Jungen war beteiligt als Begleiterin und hat dann auch noch eine Schülerin von sich spielen lassen. Klar, dass sie auch an ihren Sohn dachte, damit die Zeit voll wird einfach. (Ich wurde allerdings nicht gefragt, denn ich hätte ja evtl. auch noch jemanden spielen lassen können, aber egal)

Zum Thema Sohn und Lob: Also, ich versuche schon, ihn so oft wie möglich zu loben, und insgesamt eine sehr freundliche Atmosphäre im Unterricht herzustellen. Aber ich bin nun mal eine Frau, und das sehe ich auch nicht als optimal an bei diesem Jungen. Ich wünschte mir auch sehr, dass er einen Mann als Lehrer hätte, der ihm locker daherkommt und gleichzeitig "bei seiner Ehre packt". So einen gibts hier in unserer ländlichen Gegend aber einfach nicht! Man kennt alle seine Kollegen... Alles Frauen oder unbezahlbare Professoren....
Wäre schön, wenn "hasenbein" ihn unterrichten könnte :-) :-) :-) (Region Oberfranken) :-)
 
Hallo JeanPaul5,

bei Euch "da oben in Bayrisch Sibirien" ist das sicherlich alles nicht so einfach, da alles doch mit einiger Fahrerei verbunden ist. Vielleicht wäre es sinnvoll, den Schüler mal, wenn es denn möglich ist, Wolfgang Döberlein vorspielen zu lassen. Der kennt vielleicht die möglichen Optionen in der nächsten Region, und dürfte von Euch in einer halben Autostunde erreichabr sein.

Viele Grüße aus der oberfränkischen "Metropole" *
Kristian

* Naja, manchmal wird das hier für sechs Wochen im Jahr "Weltstadt", in der sogar krügestemmend die Morgensonne begrüßt wird, aber sonst ist es doch ziemlich regional.
 
Also ich kenne einen weiblichen Klavierlehrer aus Oberfranken? :rolleyes:
 
Hört auf damit.

Bitte.

Der Junge will nicht so engagiert Klavier spielen. Und das ist OK.

Vielleicht hat er auch auf Klassik keinen Bock mehr und möchte lieber Pop/Rock/Jazz spielen.

Ja, es gibt "Talentierte", die aber trotzdem das, wofür sie talentiert sind, nicht so dolle weiterverfolgen wollen. So ist die Welt. Akzeptiert das.

Die einzigen, die hier immer Stress machen und ständig was von ihm wollen und glauben, da sei etwas, das jetzt unbedingt "gefördert" werden müsse, seid Ihr, Jeanpaul5 und seine Mutter! Das NERVT ihn, versteht das doch endlich!

Nein, um Himmels Willen, fahrt NICHT zu diesem Professor.

Ich kann's mir schon richtig vorstellen: Mutter zum Sohn in pseudopädagogisch-überengagiert-begeistert-tuendem Ton: "Du, da ist ein ganz toller Professor, der wurde uns empfohlen, da können wir mal hinfahren, wie sieht's aus?"
Junge sitzt da und murmelt lustlos: "Jo. Meinetwegen."
Das ist nicht "halt der Charakter des Jungen", bla..., sondern der Junge hat auf den Kram keinen Bock, weil er genau merkt, dass lediglich IHR etwas wollt, EUCH über ihn verwirklichen!
In ihm geht Anderes vor, und er merkt, dass das keine Sau interessiert.
 
Zum Thema Mutter: Sie schätzt meinen Klavierunterricht, sonst wäre er ja nicht bei mir. Aber sie schaut darauf, was daheim geübt wird, und meint manchmal, mein Programm noch ergänzen zu müssen, z.B. mit mehr Tonleitern oder Hanon-Übungen (mache ich z.Zt. mit ihm nicht). Sie ist Einwanderin aus Kasachstan, deshalb der deutschen Sprache nicht vollkommen mächtig, deshalb auch sehr defensiv im Verhalten oder undurchsichtig (grundlos, ich begegne ihr immer freundlich).
Wir sind aber tatsächlich auch in einer Konkurrenzsituation als Kla4lehrer an einer Musikschule, denn öfters schon wechselten Kinder, die mich zu streng fanden, dann zu ihr, die die Güte und Geduld in Person ist.
Sie fand den Auftritt bei Jugend Musiziert auch nicht optimal, aber immer noch besser, als ich ihn eingeschätzt habe.
Sie lobt ihren Sohn schon viel. Vielleicht ruhen zu viele Erwartungen ihrerseits auf ihm, denn sie konnte in Kasachstan nicht Klavier studieren sondern nur ein Konservatorium besuchen. (Ich blicke da nicht ganz durch) Vielleicht hofft sie, dass sich jetzt in ihren Söhnen (beim ersten hats schon mal nicht geklappt) ihre Träume erfüllen. Das kennt man ja oft sowas. Würde sie aber nie zugeben.
Das sind aussagekräftige Details, die einem irgendwoher bekannt vorkommen: Verschiedene Mentalitäten und Vorprägungen treffen aufeinander und zu den Unsicherheitsgefühlen kommt der Druck, sich auf einem durch Verdrängungswettbewerb geprägten Segment des Arbeitsmarkts mit vielfach prekären Aussichten behaupten zu müssen. Ebenfalls spüren diese Menschen sehr wohl, dass vermeintliche oder tatsächliche Billiganbieter "aus dem Osten" von vielen hierzulande nicht positiv gesehen werden. Viele reagieren in einem solchen Angstklima mit defensivem, manchmal auch aggressivem Verhalten. Mir kommt spontan eine osteuropäische Chorleiter-Kollegin eines befreundeten Chores in den Sinn, mit der mich einerseits viele gemeinsame Aktivitäten (nicht nur über die Chöre) verbinden, die aber andererseits eine unübersehbare Angst an den Tag legt: Sie ist deutlich älter, die Auftragslage ist sehr unbefriedigend... - und sie versucht, auch dann den Chor vom Klavier aus zu leiten, wenn ich dabei bin und den Chor begleiten könnte, während sie die Hände zum Dirigieren frei hätte. Natürlich lässt sie mich dann ans Instrument, wenn z.B. ein schwieriger Opernchorsatz auf dem Programm steht; aber da für sie als Streicherin das Klavier lediglich Nebeninstrument ist, registrieren selbst die Konzertbesucher, dass sie sich am Klavier nicht wohlfühlen kann (ich drücke es freundlich aus). Bei ihr spüre ich auf Schritt und Tritt fast panische Verlustängste, die ihr in keiner Weise weiterhelfen und letzten Endes unbegründet sind. Die Fähigkeit, Vertrauen zu kultivieren und zum richtigen Zeitpunkt loszulassen, spielt bei der Bewältigung des Lebens nun mal eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Zum Thema Sohn und Lob: Also, ich versuche schon, ihn so oft wie möglich zu loben, und insgesamt eine sehr freundliche Atmosphäre im Unterricht herzustellen. Aber ich bin nun mal eine Frau, und das sehe ich auch nicht als optimal an bei diesem Jungen. Ich wünschte mir auch sehr, dass er einen Mann als Lehrer hätte, der ihm locker daherkommt und gleichzeitig "bei seiner Ehre packt". So einen gibts hier in unserer ländlichen Gegend aber einfach nicht!
Dazu kommt die Erfahrung, dass die hierarchische Struktur der Gesellschaft im Herkunftsland stärker ausgeprägt und auch das Verhältnis zwischen den Geschlechtern ein anderes war. Diese Prägung kommt auch in der Betonung technisch-motorischer Lernelemente (z.B. Hanon, dessen erste Übung Schostakowitsch im Finalsatz seines 2. Klavierkonzerts parodistisch aufgegriffen hat) zum Ausdruck, die die Mutter zusätzlich noch draufsattelt. Vermutlich liegt hasenbein mit seiner Einschätzung richtig, dass der Junge viel zu stark in die "Musikecke" gedrängt wird, indem man ihm ein doppeltes Arbeitspensum (regulärer und externer Unterricht) aufhalst. Folgerichtig wäre, dass die eigenen Eltern den Wechsel zu einer externen Lehrkraft konsequent vollziehen und nicht mit zusätzlicher "Nachhilfe" der regulären Klavierlehrerin permanent ins Handwerk pfuschen. Rebecca hat in ihrem Beitrag zum Ausdruck gebracht, dass da ein ins Pubertätsalter gekommener Jugendlicher eher zu viel als zu wenig Druck erhält - wie soll man da sich aus freien Stücken für etwas entscheiden, wenn an jeder Ecke jemand anderes über einen entscheidet? Ich wiederhole: Eine kompetente und engagierte Klavierlehrerin sollte genügen - und wenn man Jeanpaul5 diese Aufgabe übertragen hat, dann sollte man sie auch in Ruhe mit dem Jungen arbeiten lassen ohne dauernd dazwischen zu funken oder "nachüben" zu lassen. So viel Vertrauen muss sein.

LG von Rheinkultur
 

Ich habe ja seit einiger Zeit auch wieder Unterricht.
Da ich in diversen Ensembles mitwirke, habe ich öfter Auftritte. Meinen Lehrer interessiert das gar nicht bzw. möchte er auch gar nichts darüber hören ;-)
Ich hatte einmal Klaviertrio-Noten in der Stunde dabei. Sein Kommentar: was sollen wir denn jetzt damit? Lassen Sie mich mit diesem Quatsch in Ruhe.
Da ist mir dann schon fast die Kinnlade heruntergefallen. Bei meiner vorigen Lehrerin hatte Kammermusik einen hohen Stellenwert. Und natürlich wurde das auch im Unterricht gemacht. Zumal Klavierkammermusik für Pianisten nicht gerade leicht ist.
LG,
NaMu
 
Da ich in diversen Ensembles mitwirke, habe ich öfter Auftritte. Meinen Lehrer interessiert das gar nicht bzw. möchte er auch gar nichts darüber hören ;-)
Ich hatte einmal Klaviertrio-Noten in der Stunde dabei. Sein Kommentar: was sollen wir denn jetzt damit? Lassen Sie mich mit diesem Quatsch in Ruhe.
Da ist mir dann schon fast die Kinnlade heruntergefallen. Bei meiner vorigen Lehrerin hatte Kammermusik einen hohen Stellenwert. Und natürlich wurde das auch im Unterricht gemacht. Zumal Klavierkammermusik für Pianisten nicht gerade leicht ist.
Ich frage mich allen Ernstes, wie man die Beschäftigung mit Klavierkammermusik so geringschätzen kann. Während Scharen von Pianisten solistisch konzertieren wollen und der Markt in diesem Segment hoffnungslos überlaufen ist, erwarten Spezialisten für Liedgestaltung, Kammermusik und Ensemblespiel weitaus günstigere Karriereaussichten. Ganz nebenbei stehen die Klavierparts vielfach solistischen Aufgaben in nichts nach und setzen neben vergleichbarer Virtuosität exzellente Interaktionsfähigkeiten mit den jeweiligen Spielpartnern voraus. Wer Beethovens "Kreutzersonate" bewältigt, ist auf Augenhöhe mit seinen letzten fünf Solosonaten.

Diese Aussage aus Lehrermund muss man leider als eine absolute Fehleinschätzung bezeichnen: Da tut einer etwas als "Quatsch" ab, das er offensichtlich selbst nicht beherrscht. Würde er einräumen, zu dieser Disziplin keine Beziehung zu haben und deshalb im Rahmen seines Unterrichts beim Einstudieren des Klavierparts nicht behilflich sein zu können, wäre das wenigstens noch ehrlich. Und was dem Pianisten in den Klaviertrios etwa von Mendelssohn-Bartholdy, Brahms und Dvorak abverlangt wird, ist wahrlich nicht von Pappe. "Quatsch" ist es eher, solche bornierten Sprüche vom Stapel zu lassen.

LG von Rheinkultur
 
Wer Beethovens "Kreutzersonate" bewältigt, ist auf Augenhöhe mit seinen letzten fünf Solosonaten.
??? ...ne kleine (?) Übertreibung ;) sagen wir korrekter: auf manueller Augenhöhe mit op.53 (und das ist doch noch recht weit entfernt von den Anforderungen in op.101-111)

wer Francks Violinsonate spielen kann, hat was wirklich virtuoses (!) erarbeitet - aber die Sonate von Liszt ist dann doch noch ein Stückchen entfernt

dennoch ist der Grundtenor richtig: das Kammermusikrepertoire enthält durchaus hin und wieder Anfordernung, welche dem Solorepertoire sehr ähnlich sind - hier mag das a-Moll Trio von Tschaikowski stellvertretend für vieles erwähnt sein. Und natürlich das f-Moll Quintett von Brahms! (bei Dvorak sind mir bislang nirgendwo besondere technischen Schwierigkeiten aufgefallen)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
??? ...ne kleine (?) Übertreibung ;) sagen wir korrekter: auf manueller Augenhöhe mit op.53 (und das ist doch noch recht weit entfernt von den Anforderungen in op.101-111)

wer Francks Violinsonate spielen kann, hat was wirklich virtuoses (!) erarbeitet - aber die Sonate von Liszt ist dann doch noch ein Stückchen entfernt

dennoch ist der Grundtenor richtig: das Kammermusikrepertoire enthält durchaus hin und wieder Anfordernung, welche dem Solorepertoire sehr ähnlich sind - hier mag das a-Moll Trio von Tschaikowski stellvertretend für vieles erwähnt sein.
Sagen wir so: Man muss den Klavierpart mit seinen technisch-musikalischen Vorgaben stets organisch auf mindestens einen Kammermusikpartner abstimmen, was den Schwierigkeitsgrad zusätzlich erhöht. Es werden ja nicht etwa nur Noten auf zwei oder mehr Spieler verteilt, die ursprünglich dem Pianisten allein zugedacht waren, sondern alle Beteiligten müssen einen Gesamtkontext realisieren. Freiräume ergeben sich für den Pianisten nur in ständigem Zusammenwirken mit seinen Kammermusikpartnern; er muss mit allen anderen Partien gleichermaßen vertraut sein. Auf dieses Musizieren hinführen kann die Aufgabe für den Pianisten, alleine in einem Duowerk mittlerer Schwierigkeit die Solostimme mitzuspielen und sie so gestalterisch anzudeuten, als sei der Partner anwesend.

Der reine Klavierpart der "Kreutzersonate" ist natürlich noch nicht mit op. 106 oder 111 vergleichbar, gewinnt aber an Komplexität durch das permanente Hinzufügen eines "plus x" durch die ebenfalls virtuos angelegte Violinstimme. Fügst Du im Geiste der "Waldstein-Sonate" ein Notensystem hinzu, ist das Resultat sicherlich nicht unterhalb von op. 101 anzusiedeln. Wenn der Klavierpart in Verbindung mit weiteren Melodieinstrumenten hundertprozentig gelingen soll, empfiehlt sich das Anstreben von Hundertfünfzigprozentigkeit, um Raum für das Einbeziehen der anderen Parts zu gewinnen. Da wage mal jemand allen Ernstes, solche Aufgaben einfach als "Quatsch" abzutun - wer in Tschaikowskys A-moll-Trio oder im Ravel-Trio überzeugt, hat das nötige Rüstzeug für die entsprechende Sololiteratur (ohne das erwähnte "plus x") durchaus in der Hinterhand.

LG von Rheinkultur
 
Ich habe ja seit einiger Zeit auch wieder Unterricht.
Da ich in diversen Ensembles mitwirke, habe ich öfter Auftritte. Meinen Lehrer interessiert das gar nicht bzw. möchte er auch gar nichts darüber hören ;-)
Ich hatte einmal Klaviertrio-Noten in der Stunde dabei. Sein Kommentar: was sollen wir denn jetzt damit? Lassen Sie mich mit diesem Quatsch in Ruhe.

Meine spontane Reaktion: "Was für ein armseliger Idiot!"

ABER: Kann es sein, dass Du ihn schon öfter genervt hast, weil er mit Dir nicht richtig systematisch arbeiten kann, weil Du immer ablenkst auf andere Themen oder nicht richtig das übst, was er Dir aufgibt oder so etwas??? Dann könnte man ihn nämlich auf einmal durchaus verstehen...
 
Meine spontane Reaktion: "Was für ein armseliger Idiot!"

ABER: Kann es sein, dass Du ihn schon öfter genervt hast, weil er mit Dir nicht richtig systematisch arbeiten kann, weil Du immer ablenkst auf andere Themen oder nicht richtig das übst, was er Dir aufgibt oder so etwas??? Dann könnte man ihn nämlich auf einmal durchaus verstehen...

Es ist interessant, dass ich in diesem Thema lediglich Hasenbeins Beiträge suchen und lesen muss, um das worauf es in diesem Thema ankommt zu erfassen.
 
??? ...ne kleine (?) Übertreibung ;) sagen wir korrekter: auf manueller Augenhöhe mit op.53 (und das ist doch noch recht weit entfernt von den Anforderungen in op.101-111)[...]

Da würd ich sagen: Ne GROßE. Und vor allem: Subjektive.

Hallo Rolf, erzähl das mal dem Henle-Mann, der weiß das noch gar nicht.

Da Du auf subjektiven Eindrücken bewertest, darf der Henle-Mann das auch.

Manko bei Henle ist, dass bei der Kreutzersonate nur der Violin-Teil einen Schwierigkeitsgrad erhalten hat, und der lautet : 7 ( schwer ).
Ich persönlich halte den Klavierpart für LEICHTER als die Waldsteinsonate, und habe ihn mehrfach ausprobiert. Doch zum Wesentlichen:

WEDER Wird die Waldsteinsonate op. 53 - zumindest von Henle - als "leichter als op. 101 BIS op. 111" angesehen, sondern im Gegenteil:
Sie ist gemäß Angaben schwieriger als folgende Sonaten:

( als Les Adieux ) , als Op. 109 E-Dur, und als op. 110, As-Dur.

sie ist GENAUSO ( oder ähnlich ) schwer wie op. 101.
Sie ist lediglich leichter als DREI Sonaten, und zwar:
Appassionata, Hammerklavier und opus 111. Diese drei sind die schwersten ( Grad 9 ).

Siehe Angaben von Henle:

Waldsteinsonate op. 53:
Zitat Henle:
Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 8/9 )
*******
Les Adieux op. 81a :
Zitat Henle:
Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 8 )
*******
Appassionata op. 57:
Zitat Henle:
Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 9 )
*******
Hammerklavier op. 106:
Zitat Henle:
Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 9 )
********
Sonate A-Dur, op. 101:
Zitat Henle:
Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 8/9 )
*******
Sonate E-Dur, op. 109:
Zitat Henle:
Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 8 )
*******
Sonate As-Dur, op. 110:
Zitat Henle:
Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 8 )
*******
Sonate c-Moll, op. 111:
Zitat Henle:
Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 9 )
****************************************

Sturmsonate ( Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 7/8 ) ), Mondschein ( Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 7 ) ) , Pathetique ( Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 7/8 ) ) , Pastorale ( Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 7 ) ) und Es-Dur, op. 31,3 ( Schwierigkeitsgrad (Klavier): schwer ( Stufe 7 ) ) , also die beliebten "Schlachtrösser der Mittelklasse", oft aufgepustet bis zum Geht-Nicht-Mehr, fallen dort, bei Henle, nicht wirklich ins Gewicht.

Meine persönliche Meinung ist teils divergierend, teils zustimmend:
Ich finde sie ( op. 53 ) ähnlich fordernd wie die Appassionata, aber leichter als op. 106 und op. 111.

Bei op. 109 würd ich sagen, sind beide ähnlich schwierig. Da abzustufen, ist Haarspalterei, und ich erwähnte bereits einmal in einem anderen Thread, dass ich da ( bei op. 109 ) nicht ganz mit dem Henle-Mann konform gehen kann.

Op. 110 finde ich nur teilweise schön und daher enthalte ich mich da.

Schwierigkeitseinordnungen sind selbstverständlich immer subjektiv, aber man hat auch, sofern man welche veröffentlicht in einem berühmten Verlag, eine gewisse "verantwortungsvolle Position" inne, so dass man - insgesamt, mit kleineren Abstrichen - doch einverstanden sein kann, meine ich.

Denn: "Der eine KANN ( z.B. ) trillern - der andere nicht."

Und so wird jemand, der nicht gut trillern kann, eine Sonate, die nur aus Trillern besteht, schwieriger einordnen, als eine Sonate, die nur aus einstimmigen, schnellen, langsamen und schnellen Melodeien ohne besondere Verzierungen besteht.

Gibt zu bedenken mit LG, Olli !
 
Ich persönlich halte den Klavierpart für LEICHTER als die Waldsteinsonate,
da sehe ich ebenso

WEDER Wird die Waldsteinsonate op. 53 - zumindest von Henle - als "leichter als op. 101 BIS op. 111" angesehen, sondern im Gegenteil:
Sie ist gemäß Angaben schwieriger als folgende Sonaten:

( als Les Adieux ) , als Op. 109 E-Dur, und als op. 110, As-Dur.

sie ist GENAUSO ( oder ähnlich ) schwer wie op. 101.
Sie ist lediglich leichter als DREI Sonaten, und zwar:
Appassionata, Hammerklavier und opus 111. Diese drei sind die schwersten ( Grad 9 ).
das ist Blödsinn, keine Ahnung, warum der "Henle-Mann" (wer auch immer das sein mag) derartiges schreibt.

nun gibt es drei Möglichkeiten:
1. man liest Uhde und Wolters bzgl. der Schwierigkeitsgrade der Beethovenschen Sonaten
2. man spielt das Zeugs selber im Tempo (!!!) und setzt dabei den Verstand ein
3. man macht 2) und 3)
:):):)
hat man das absolviert, wird man erkannt haben, dass die späten Sonaten (op.101-111) in einer gänzlich anderen "manuellen Liga" angesiedelt sind als die frühen und mittleren - oder vereinfacht gesagt: mag die Appassionata auch landläufig sehr schwierig sein, so kann man mit ihr im Tornister leider keine der fünf späten Sonaten noch z.B. die beiden Chopinsonaten oder die Lisztsonate schwuppdiwupp hinlegen. Das ist gemein, ich weiß, aber leider ist es so: es gibt Sachen, auch von Beethoven selber, die manuell weitaus schwieriger als op.53 oder op.57 sind.

nun kann man natürlich sagen: aber der Henle-Mann - bon, dann glaube man dem "Henle-Mann" und spiele fröhlich das Finale von op.106 mit Viertel = 144 :D schließlich muss es der Henle-Mann ja wissen...
 

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